Start Blog Seite 56

Heizen mit Holz und anderen Energieträgern

0

Über 4.000 Besucher nutzten kürzlich die Gelegenheit, sich im niedersächsischen Leese umfassend über die zukünftige Energieversorgung von Haus und Hof zu informieren. Im Fokus der Messe stand in diesem Jahr nicht nur die Aufbereitung und Verbrennung von Holz, sondern auch die Nutzung anderer alternativer Energieträger.

Neben zahlreichen Maschinen und Geräten, die mehrfach im praktischen Einsatz gezeigt wurden, boten neutrale Institutionen kompetente Beratung an. Vertreten waren die Landwirtschaftskammer Niedersachsen, das Netzwerk Nachwachsende Rohstoffe (3N), die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR), der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE), die Schornsteinfegerinnung, die Klimaschutzagentur und weitere. Die Beratermeile bot ein umfangreiches Angebot, nicht nur für Landwirte. Hier konnten sich Besucher von erfahrenen Energieberatern zu nahezu allen relevanten Themen der Energieerzeugung und -nutzung fachkompetent beraten lassen. Dies wurde durch gut besuchte Fachvorträge der Experten ergänzt.

In den Gesprächen wurde deutlich, dass Verlautbarungen der Bundesregierung und des Bundesumweltamtes in der Vergangenheit dazu geführt haben, dass die Bürger bezüglich der Nutzung von Holz als Brennstoff verunsichert sind. Durch das Hin und Her von Bedenken und Verboten sei das Thema „Heizen mit Holz“ beschädigt worden, hieß es auf der Messe. Da können auch die möglichen Förderungen kaum eine sichere Zukunft der Holzverbrennung suggerieren, was die Aussteller durchaus bemerkten.

Das Expertenteam der Beratermeile informierte über verschiedene Aspekte der Effizienz, wirtschaftlicher Rentabilität und Umweltfreundlichkeit unterschiedlicher Heiztechniken. Auch Beratungen zu Solar- und Biogastechnologien standen im Fokus. Bei der Photovoltaik ging es um die spezielleren Bereiche Freiflächen- und Agri-Photovoltaik (Agri-PV). Ferner waren rechtliche Hürden und wirtschaftliche Risiken Thema, das konnte zum Beispiel die entfallende EEG-Vergütung bei Auftreten von negativen Strompreisen am Markt sein. In den Fachvorträgen zu aktuellen Energiethemen waren Lösungen für den Weiterbetrieb von Biogas- und bestehenden PV-Anlagen besonders gefragt.

Brennholzwerbung und -aufbereitung

Auf dem direkt am Wald gelegenen Freigelände konnten die Besucher sich über verschiedene Varianten der Brennholzfäll- und Brennholzrücketechnik informieren. Die Niedersächsischen Landesforsten wiesen mit einem Simulator eindrucksvoll auf die Gefahren beim Fällen von unter Druck stehenden Bäumen hin.

Im Praxiseinsatz zeigten 13 Aussteller Techniken zur Brennholzaufbereitung. Die meisten Spaltgeräte arbeiten mit einem sogenannten Spaltkeil, der hydraulisch betrieben, waagerecht oder senkrecht ins Holz getrieben wird. In anderen Geräten wird der Stamm gegen eine feststehende Klinge gedrückt und so gespalten.

Allein 13 Aussteller zeigten Techniken zur Brennholzbereitung wie diesen horizontalen Kleinspalter von Oehler.

Bei Kurzholzspaltern (Spalthub bis 550 mm) sind 6 bis 8 t Spaltdruck meistens ausreichend. Für Holz mit Astansätzen sind Drücke von 10 bis 11 t vorteilhaft. In stehenden Spaltgeräten sind kraftaufwendige Mehrfachspaltkreuze zukünftig nicht mehr zulässig. Langholzspalter werden für maximale Holzlängen von bis zu 1,25 m und für Stammdurchmesser von bis zu 45 cm, in Einzelfällen auch darüber, angeboten. Hier ist ein Druck von über 15 t zu empfehlen, die Geräte werden auch mit 30 bis zu 55 t angeboten. Ob eine waagerechte oder senkrechte Arbeitsweise des Gerätes vorteilhaft ist, kann nicht generell beantwortet werden, sondern muss individuell nach den Einsatzbedingungen entschieden werden.

Schwerpunkt der Veranstaltung waren praktische Vorführungen wie dieser Liegendspalter bei Feige Forsttechnik mit Seilwinde, Spaltkraft 32 t.
Sägespalter für den Profi-Betrieb von Uniforest

Schneidspalter schneiden und spalten Holz in zwei aufeinanderfolgenden Arbeitsgängen und sind meistens für Stammdurchmesser von 5 bis zu 50 cm geeignet. Größere Profimaschinen verarbeiten auch Holz mit größeren Querschnitten. Das Schneiden des Holzes erfolgt über Kreis- oder Kettensägen, gespalten wird mit hydraulischem Spaltkeil (6 bis 18 t).

Holzhacker zur professionellen Hackschnitzelbereitung

Mobile Hacker zur Erzeugung von Hackschnitzeln wurden auf der Messe mit Siebanlagen kombiniert, um das Material in drei verschiedene Größen zu fraktionieren. Auch Trocknungsanlagen für die professionelle Hackschnitzelbereitung wurden vorgestellt. Zusätzlich zur Brennholzbereitung wurden auch mobile Sägewerke zur Bauholzerzeugung vorgestellt.

Nutzung von Brennholz

Elf Aussteller zeigten hochwertige Techniken zur Holzverbrennung in Zentralheizsystemen, die letztlich über die Kombination mit elektrostatischen Filtern eine umweltfreundliche Holzverbrennung gewährleisten. Großes Thema sind momentan Kamin- und Kachelöfen, weil ältere Feuerungen (vor 2010) überprüft, nachgerüstet und gegebenenfalls ausgetauscht werden müssen. Besonders diese Feuerungen stehen in der Diskussion um eine saubere Holzverbrennung.

Eine besonders innovative Entwicklung ist der Bremer Grundofen Hybrid der Ofenmanufaktur Colnrade. Durch das neu entwickelte und patentierte O’Tarc-Pyrolyse-Verbrennungssystem sowie Heizzüge im Kern des Ofens wird eine sehr gute Verbrennung erreicht. Der Ofen wird mit Holzpellets gefüllt, die, von oben angezündet, nach unten durchglühen. Der entscheidende Fortschritt liegt in der patentierten Luftführung. Eine Füllung übereinandergeschichteter Tonkugeln lenkt die Luftströmung so um, dass in der letzten Abbrandstufe die aufsteigenden Rauchgase in der Flamme verbrannt werden. Der Ofen wurde bereits vom Biomasse-Forschungszentrum in Leipzig (DBFZ) vermessen.

Unterreiner zeigte sein neues Verpackungssystem für Scheitholz. Fotos: Carsten Brüggemann

Auch E-Mobilität, die Erzeugung und die Nutzung von PV-Strom, Windkraft und Wärmepumpen spielten eine große Rolle auf der Messe. Insgesamt war die Ausstellung ein guter Erfolg. Themenauswahl, die Vielzahl der Aussteller und Berater hatten maßgebenden Einfluss darauf.

Fleischkonsum ist in der Bevölkerung „stark verankert“

0

Vertreterinnen und Vertreter der deutschen Fleischindustrie, des Fleischhandwerks, von Handel und Politik diskutierten beim diesjährigen Deutschen Fleisch-Kongress am 26. und 27. November in Mainz über aktuelle Themen wie das veränderte Konsumverhalten der Kunden, Transformationsstrategien, Tierwohl und Nachhaltigkeit sowie die Potenziale von Fleischalternativen. Eine aktuelle Studie der Universität Göttigen, die vorgestellt wurde, kam zu dem Ergebnis, dass es für 70 % der Deutschen „nomal“ ist, Fleisch zu essen.

Der Verzehr von Fleisch sei in der deutschen Bevölkerung „stark verankert“. Das hat Prof. Achim Spiller von der Universität Göttingen jetzt auf dem Deutschen Fleisch-Kongress 2024 erklärt. Laut aktuellen Ergebnissen seiner Forschungsarbeit fänden es 70 % der Deutschen „normal“, Fleisch zu essen. Ebenfalls 70 % werteten Fleisch als Bestandteil einer gesunden Ernährung. Drei Viertel hielten den Konsum von Fleisch für einen vernünftigen Grund, Tiere zu töten.

Besonders häufig greifen die Konsumenten in Deutschland immer noch zu Schweinefleisch. Ihr Appetit auf Geflügelfleisch wächst aber. Das berichtete Werner Lauß von YouGov unter Verweis auf das eigene Verbraucherpanel.

Demnach hatte Schweinefleisch im September einen mengenmäßigen Marktanteil von 32,6 %, Geflügelfleisch von 31,3 %. Zentrales Kriterium bei der Produktauswahl bleibe der Fleischpreis, so Lauß. Er sei 55 % der Befragten sehr wichtig.

Tierwohl für Konsumenten immer wichtiger

Die Bundestierschutzbeauftragte Dr. Ariane Kari unterstrich die Bedeutung des Tierwohls. Es werde von immer mehr Verbrauchern gewünscht. Allerdings stimme die Kaufbereitschaft oft nicht mit dem tatsächlichen Kaufverhalten überein. An dieser Stelle sei mehr Öffentlichkeitsarbeit nötig.

Der Präsident der Albert-Schweitzer-Stiftung, Mahi Klosterhalfen, forderte in einem Streitgespräch mit dem Geschäftsführer des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG), Wolfgang Schleicher, Produkte der niedrigen Haltungsformen irgendwann aus dem Angebotssortiment herauszunehmen. Dem widersprach Schleicher vehement. Der Verbraucher müsse die Wahl behalten. Eine zwanghafte Sortimentsumstellung dürfe es nicht geben.

Wirtschaft fühlt sich ausgebremst

Vertreter von Lebensmittelunternehmen unterstrichen das Engagement der Wirtschaft im Bereich Tierwohl. Dr. Carolin Winkel vom Kompetenzzentrum Landwirtschaft der Rewe Group verwies auf firmeneigene Projekte wie das Strohwohl-Projekt der Rewe-Region West, bei dem Schweine mit einem größeren Platzangebot und Auslaufmöglichkeiten auf Stroh gehalten werden.

Der Head of Public Affairs bei Tönnies Lebensmittel, Thomas Dosch, wertete die Themenfelder Fleisch und Tierhaltung als zu wichtig, um sie Kritikern zu überlassen. In der Tierwohldiskussion müssten alle offen miteinander reden. Außerdem sei es die Wirtschaft, die Lösungen schaffe. Der Vorsitzende des Agrar- und Ernährungsforums Nord-West, Sven Guericke, ergänzte, dass die Wirtschaft Themen eher aufgreife als die Politik. Vielmehr würden unternehmerische Initiativen von der Politik oft „ausgebremst“. age

Mit gutem Gewissen essen

Initiative Fleisch startet Werbekampagne für Rotfleisch

Deutschland bekommt eine Kommunikationsstrategie für den Verzehr von Rotfleisch. Mit diesem Ziel ist kürzlich die Initiative Fleisch, eine Gesellschaft des Deutschen Bauernverbandes (DBV) und des Verbandes der Fleischwirtschaft (VDF), gestartet. Darauf hat die Geschäftsführerin der Initiative, Dr. Kirsten Otto, jetzt auf dem Deutschen Fleisch-Kongress 2024 in Mainz hingewiesen.

Laut Otto reagiert die Initiative damit auf das derzeitige Image- und Absatzproblem von Rotfleisch sowie undifferenzierte Beiträge über Forschungsergebnisse. Geplant sei, Rotfleisch durch umfangreiche Werbemaßnahmen etwa im Fernsehen und in den Social-Media-Kanälen als festen Bestandteil einer gesunden Ernährung zu revitalisieren. Rotfleisch solle wieder „mit gutem Gewissen“ verzehrt werden können. Davon erhoffe man sich auch höhere Absätze für die Fleischwirtschaft.

Angesprochen werden sollen mit der Kampagne nach den Angaben Ottos Meinungsbildner und Fleischesser.

Das größte Potenzial für eine Stärkung des Fleischkonsums sieht sie bei den deutschlandweit etwa 20 Millionen „bewussten Genießern“. Diese griffen vergleichsweise selten zu Rotfleisch und kauften nach hohen Qualitätskriterien ein. Nicht zur Zielgruppe gehörten Fleischverweigerer. Auch an diesen gingen die Kommunikationsinhalte aber sicher nicht vorbei. Angaben zum Budget, das der Initiative zur Verfügung steht, machte Otto auch auf Nachfrage nicht. age

Entscheidungskriterien für einen Meierei-Wechsel

0

Alljährlich wird das Milchpreisranking der Meiereien abgedruckt und schnell kommt die Frage auf, ob man die Milch an die richtige Meierei liefert. Zudem gibt es Kündigungswellen bei einzelnen Meiereien, gerade wenn die Auszahlungspreise im Vergleich zu anderen Meiereien geringer ausfallen.

In der Tabelle 1 werden Entscheidungsparameter dargestellt. Dabei spielen für die Auswahl der Meierei vier Kerngebiete eine Rolle. Die genannten Themen können eine Hilfestellung sein, um herauszufinden, welche Parameter für den eigenen Betrieb wichtig sind.

Die Entscheidungsparameter im Detail

Kapitalbedarf

Ein Meiereiwechsel ist oftmals mit einem Kapitalbedarf verbunden. Will man an eine Genossenschaftsmeierei liefern, in der man ein Mitbestimmungsrecht hat und oftmals auch Anteile zeichnen muss, oder sieht man in Anteilen unnötigen Kapitalbedarf? Wechselt man zu einer Meierei, bei der man vorab Genossenschaftsanteile einzahlen muss? Oder können diese über einen längeren Zeitraum erworben werden? Zudem sollte geprüft werden, ob eine Nachschuss- oder Haftungspflicht der Mitglieder besteht, wenn die Meierei Kapitalbedarf hat. All diese Fragen sind zu klären.

Während einzelne Meiereien vorab einen Abschlag zur Monatsmitte auszahlen und die Abrechnung am Monatsende für den Vormonat erfolgt, zahlen andere Meiereien nur einmal im Monat das Milchgeld aus. Dies ist für die Liquiditätsplanung im Betrieb relevant.

Gegebenenfalls besteht Investitionsbedarf, wenn für Tierwohlprogramme Baumaßnahmen wie ein Laufhof, die Verbesserung des Tier-Fressplatz-Verhältnisses oder etwa die Installation von Kuhbürsten und zusätzlichen Tränken erforderlich werden. Bei zeitunabhängiger Abholung ist ein Puffertank aufzustellen.

Zuschläge

Neben dem Grundpreis und der Korrektur für die Inhaltsstoffe Fett und Eiweiß vergüten einzelne Meiereien Zuschläge für höhere Produktionsstandards wie Weidehaltung, gentechnik (GVO)-freie Fütterung, zeitunabhängige Abholung sowie Tierwohl und Nachhaltigkeitsaspekte. Ist man bereit, zusätzliche Auflagen, Audits und Checks zu erfüllen, oder nicht?

Für die zeitunabhängige Abholung der Milch ist ein Puffertank erforderlich. Nachdem der Haupttank abgepumpt und gereinigt wurde, kann die Milch aus dem erhöhten Puffertank anschließend im Haupttank gelagert werden.

Sicherheit

Den Sicherheitsaspekt bei der Auswahl der Meierei kann man beleuchten, indem man such folgende Fragen stellt: Wie sind Kapitalstruktur und Ertragslage der Meierei? Hier lohnt es sich, einen Blick auf die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung zu werfen. Bei einem hohen Fremdkapitalanteil und geringen Betriebsergebnis in der Vergangenheit kann hinterfragt werden, wie langfristig die Zukunftsaussichten sind. Die Auszahlungspreise der Vergangenheit sind kein Garant für die Zukunft, jedoch lässt sich beim Vergleich mit anderen Meiereien feststellen, ob hohe Preisschwankungen vorkamen. Jetzt ist zu entscheiden, ob einem ein „Tanker“ mit geringen Preisschwankungen oder eine „Achterbahnfahrt“ mit hohen Preisschwankungen und deutlich höheren Preisspitzen eher zusagt. Einzelne Meiereien bieten auch eine Preisabsicherung an. Dies kann gerade für Verhandlungsgespräche mit der Bank und die eigene Liquiditätsplanung ein wichtiges Entscheidungskriterium sein.

Darüber hinaus sind das Produktportfolio und die Abnehmerstruktur zu prüfen. Ist es einem wichtig, an eine Meierei zu liefern, die ihre Produkte weltweit verkauft oder die sich auf Deutschland und Westeuropa konzentriert? Während in lokalen Meiereien die Geschäftsführung oft direkten Kontakt zu den Lieferanten pflegt, ist dies in großen Meiereien kaum möglich. Zu klären ist, ob man eine Meierei will, die sich auf einfache Produktlinien konzentriert, oder eine Meierei mit zusätzlichen Labels und hoher Fertigungstiefe.

Kosten

Auflagen, Kontrollen und Dokumentationsaufwand sowie der Kauf von Genossenschaftsanteilen beeinflussen die Liquidität des landwirtschaftlichen Betriebes und kosten Zeit und Arbeit. Dies sollte man im Blick haben.

Werden Melkhäuser neu errichtet, lohnt es sich unter Umständen, die Gebäudegrößen und Anordnung so zu wählen, dass eine Wendemöglichkeit für den Tankwagen berücksichtigt werden kann.

Schlanke Anforderungen oder Zusatzmöglichkeiten?

Im Wesentlichen muss man klären, ob man an eine Meierei einfach „nur“ Milch liefern möchte oder ob man bereit ist, für Zuschläge einen breiten Katalog an Maßnahmen zu erfüllen. Ob sich dies finanziell lohnen kann, wird in dem folgenden beispielhaften Vergleich dargestellt:

Bei der Meierei Barmstedt eG wird der Milchauszahlungspreis anhand des Grundpreises und einer Korrektur für Fett und Eiweiß mit den betriebsindividuellen Inhaltsstoffen berechnet. Bei der Meierei Arla Foods amba erfolgt dies anhand einer Formel, die die Fett- und Eiweißgehalte des Betriebes in den Rohwarenpreis einbezieht. Zusätzlich gibt es neun weitere Kriterien, die den Milchpreis beeinflussen: Keime, Zellzahlen, Weidemilch, gentechnikfreie Fütterung, zeitunabhängige Abholung, Zufahrtsprämie, Zufahrtspauschale, FarmAhead Check und Farm­Ahead Incentive-Audits und Produktionsstandards zur Verbesserung der Ressourceneffizienz und Klimaschonung. So können zum Rohwarenwert zirka 7 ct Zuschläge dazukommen. Die Beispiele zeigen, dass eine Vergleichbarkeit der Meiereien schwierig ist.

In den Tabellen 2 und 3 ist dargestellt, wie sich der Milchpreis der Meiereien in Abhängigkeit von unterschiedlichen Inhaltsstoffen berechnet.

Der Vergleich für unterschiedliche Inhaltsstoffe verdeutlicht, dass aktuell die Fett- und Eiweißbezahlung bei Arla deutlich höher ist (3,74 ct im Vergleich zu 1,8 ct). Bei geringen Inhaltsstoffen hat der Lieferant bei Arla trotz der Zusatzmaßnahmen für die Zuschläge einen geringeren Auszahlungspreis als bei der Meierei Barmstedt. Doch wie war in der Vergangenheit die Situation bei geringeren Milchpreisen? Dazu ein Rückblick auf den November 2023 (Tabelle 3).

Es fällt auf, dass bei hohen Inhaltsstoffen der Auszahlungspreis durch die Zuschläge bei Arla um 7 ct höher war. Bei durchschnittlichen Inhaltsstoffen war der Auszahlungspreis aufgrund der Zuschläge knapp 5 ct höher.

Berechnung der Milchgeldauszahlungspreise

• Barmstedt, Tabelle 2

Grundpreis 4,00 % Fett und 3,40 % Eiweiß 52,00 ct

Korrektur Fett 1,14 ct (4,57 – 4,00 = 0,57 x 2 ct)
Korrektur Eiweiß 1,76 ct (3,79 – 3,40 = 0,39 x 4,5 ct)

 54,90 ct

• Barmstedt, Tabelle 3

Grundpreis 4,00 % Fett und 3,40 % Eiweiß 52,00 ct

Korrektur Fett 0,38 ct (4,19 – 4,00 = 0,19 x 2 ct)

Korrektur Eiweiß 0,72 ct (3,56 – 3,40 = 0,16 x 4,5 ct)

 53,10 ct

• Arla, Tabelle 2

Rohwarenpreis (4,57 x 6,37) + (3,79 x 5,74) -1,85 = 49,01 ct

Rohwarenpreis (4,19 x 6,37) + (3,56 x 5,74) -1,85 = 45,27 ct

• Arla, Tabelle 3

Rohwarenpreis (4,57 x 4,54) + (3,79 x 4,99) -1,76 = 37,90 ct

Rohwarenpreis (4,19 x 4,54) + (3,56 x 4,99) -1,76 = 35,03 ct

Preisvolatilität – Tanker versus Achterbahnfahrt

Für die eigene Liquiditätsplanung ist die Streuung in den Milchauszahlungspreisen interessant. Weisen die Preise eine geringe Streuung auf – wie ein Tanker – oder eine hohe Streuung – wie eine Achterbahnfahrt? Dazu kann Tabelle 4 einen Überblick geben.

Dabei fällt auf, dass die Streuung bei Barmstedt und Viöl besonders hoch war, während sie sich bei Nordseemilch und Arla deutlich geringer ausprägte.

Fazit

Die Auswahlmöglichkeit an Meiereien in Schleswig-Holstein ist groß, sofern Milch gesucht wird und die Meiereien gern weitere Lieferanten aufnehmen. Da im Moment die Milch knapp ist, ist der Zeitpunkt zum Wechsel günstig, sofern bei der alten Meierei gekündigt wurde beziehungsweise kurze Kündigungsfristen vorliegen. Ein Wechsel sollte aber wohlüberlegt sein und dabei verschiedene Kriterien zur Entscheidung herangezogen werden: Man sollte sich generell entscheiden, ob man einfach nur Milch abliefern und sich auf die eigene Kernkompetenz der Milchviehhaltung konzentrieren möchte oder ob man lieber eine Meierei auswählen will, die für höhere Produktionsstandards Zuschläge bezahlt. Hierbei besteht die Chance, einen Zusatznutzen für den Verbraucher anbieten zu können, der sich in höheren Auszahlungspreisen für die Milcherzeuger niederschlägt.

Es gilt weiter zu prüfen, ob man sich mit einer hohen Milchpreisvolatilität arrangieren kann oder stabile Preise vorzieht mit der Konsequenz, nicht den höchsten, aber auch nicht den niedrigsten Preis zu erhalten. Wenn ein Meiereiwechsel geplant ist, empfiehlt es sich, eine Milchgeldabrechnung am eigenen Beispiel vorrechnen zu lassen und einen Mitarbeiter der Meierei einzuladen, um weitere Liefervoraussetzungen zu besprechen. Vielleicht werden zusätzliche Anforderungen längst erfüllt oder könnten mit wenig Aufwand realisiert werden, wie zum Beispiel der Weidegang oder die GVO-freie Fütterung. Andere Anforderungen wie zeitunabhängige Abholung oder ein Laufhof sind hingegen mit Investitionskosten verbunden und daher zu prüfen. Die Unternehmensberater der Landwirtschaftskammer – so auch die Autoren – stehen für entsprechende Fragestellungen beratend gern zur Verfügung.

Empfehlung für die Zukunft des Versuchswesens

0

V. li.: Kammergeschäftsführer Dr. Klaus Drescher, Dr. Tim Birr (Fachbereichsleiter Pflanzenschutz), Henning Brogmus (Fachbereichsleiter Pflanzenbau), Heino Hansen (Ausschussvorsitzender), Jan Henning Ufen und Torben Hamester

Der Fachausschuss für ökologischen und konventionellen Ackerbau traf sich am 7. November in Rendsburg, um über die zukünftige Struktur des Versuchswesens der Landwirtschaftskammer zu beraten. Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden des Fachausschusses, Heino Hansen, wurden zunächst aktuelle Neuigkeiten aus der Kammer durch den Geschäftsführer, Dr. Klaus Drescher, vorgestellt und anschließend intensiv diskutiert.

Der wichtigste Punkt der Tagesordnung war die Frage, wie das Versuchswesen künftig ausgerichtet werden sollte, um den Landwirten möglichst praxisnah und umfassend zur Seite zu stehen. Die Mitglieder des Fachausschusses erkannten die Notwendigkeit, dass nur ein breit aufgestelltes Versuchswesen – sowohl inhaltlich als auch geografisch – den Anforderungen der modernen Beratung in der Landwirtschaft gerecht werden kann. Der Ausschuss waren sich einig, dass eine Anpassung an die sich verändernden klimatischen Bedingungen unerlässlich ist, um die Resilienz der Landwirtschaft und des Versuchswesens zu stärken. Nur so kann weiterhin eine verlässliche experimentelle Datengrundlage zur Erarbeitung von Beratungsempfehlungen sichergestellt werden. Folgendes stand nach intensiver Diskussion fest und wurde von allen anwesenden Fachausschussmitgliedern so befürwortet:

Die bestehenden Standorte (Schuby/Loit, Sönke-Nissen-Koog, Futterkamp, Kastorf, Barlt und Satellit) bleiben vollumfänglich für die kommenden fünf Jahre erhalten.

Versuchsbeiräte werden für jeden Standort eingerichtet, wobei zumindest ein Ausschussmitglied in jedem der fünf Gremien vertreten sein sollte. Darüber hinaus wird angestrebt, Personen aus Beratung und Handel/Industrie für die Arbeit in diesen Gremien zu gewinnen.

Einmal im Jahr wird mittels der Kosten- und Leistungsrechnung die Wirtschaftlichkeit der Versuchsstandorte analysiert.

Maßnahmen im Bereich der Qualitätssicherung werden verstärkt, um zukünftig einen noch höheren Standard zu gewährleisten.

Diese Empfehlung wird im nächsten Schritt dem Vorstand vorgelegt, um darüber zu beschließen.

Die Sitzung endete mit der Aussicht auf weitere konkrete Schritte, um die Inhalte umzusetzen und das Versuchswesen zukunftssicher aufzustellen.

Das Mercosur-Handelsabkommen steht

0

Die politische Übereinkunft auf ein Handelsabkommen zwischen den Mercosur-Staaten und der Europäischen Union ist über der Ziellinie. Vertreter aus EU-Kommission und der südamerikanischen Staaten haben sich am Freitag in Montevideo geeinigt. Was zuvor unklar war, sprach die doch eigens nach Uruguay gereiste Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von der größten Handels- und Investitionspartnerschaft, die die Welt je gesehen hat: „Jetzt gibt es die Chance, einen Markt mit 700 Mio. Menschen zu schaffen.“

Die Einigung wird nun von beiden Seiten rechtlich geprüft und in einen Vorschlag für einen Vertragstext überführt. Allein dieser Vorgang soll laut Kommission mehrere Monate in Anspruch nehmen – mindestens. Nach wie vor scheint die Rechtsgrundlage nämlich unklar. Möglich wäre ein sogenanntes „gemischtes Abkommen“. Dann würde ein Abkommen neben dem Handelsteil beispielsweise Fragen zum Investitionsschutz enthalten. Letzterer fällt allein in die Kompetenz der Mitgliedstaaten. Dann müssten auch die nationalen Parlamente in der EU dem Vertrag ihr Plazet geben; dies wäre mit einem Veto-Recht gleichzusetzen. Konkret hieße das: Wenn Mercosur-Kritiker wie Frankreich nicht zustimmen würden, könnte der Vertrag nicht in Kraft treten.

Die zweite Option wäre ein reines Handelsabkommen, das nach der Zustimmung des Rates mit qualifizierter Mehrheit und des Europaparlaments in Kraft treten könnte. Bei dieser Variante wäre eine Zustimmung dementsprechend sehr viel wahrscheinlicher.

Stopp der Entwaldung bis 2030

Welche Änderungen im Vergleich zur vorläufigen Einigung aus dem Jahr 2019 erfolgt sind, will die Kommission dem Vernehmen nach „in Kürze“ offenlegen. Klar scheint bereits jetzt, dass ein rechtlich verbindlicher Stopp der Entwaldung in den vier Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay bis 2030 festgeschrieben werden soll. Darüber hinaus hat die Mercosur-Seite Kommissionskreisen zufolge einem Streitschlichtungspanel zugestimmt. Das Gremium soll bei bestimmten Konflikten für beide Seiten rechtlich verbindliche Urteile fällen dürfen.

Hochrangige Kommissionsbeamte stellen zudem klar, dass Brüssel weiterhin keine Kompromisse bei der Einfuhr von Rindfleisch von Tieren machen wird, die zuvor mit Wachstumshormonen behandelt worden sind. Bei den vielfach aus dem Agrarsektor geforderten Spiegelklauseln – also der Gleichwertigkeit von Produktionsstandards – sei aber Vorsicht angebracht. Hier warnen die Beamten vor überzogenen Forderungen, da andernfalls auch die Südamerikaner der EU Vorhaltungen machen könnten. So sei der Mercosur-Block beispielsweise beim Anteil erneuerbarer Energien deutlich weiter als die EU.

Einigung bei Freihandelsquoten

Was die Freihandelsquoten angeht, dürften diese den 2019 getroffenen Vereinbarungen im Wesentlichen entsprechen. Demnach soll den Mercosur-Staaten unter anderem schrittweise über fünf Jahre eine Freihandelsquote für Geflügelfleisch von 180.000 Tonnen zugestanden werden. Zudem wird – gestuft über sieben Jahre – ein Importkontingent von 99.000 Tonnen Rindfleisch zu einem Zollsatz von 7,5% eingerichtet.

Für Ethanol aus dem Mercosur-Block ist offenbar weiterhin ein Jahreszollkontingent von 650.000 Tonnen vorgesehen. 450.000 Tonnen davon sollen zollfrei von der EU-Chemieindustrie bezogen werden können. Für die darüber hinausgehende Menge von 200.000 Tonnen soll keine Zweckbindung gelten.

Überdies wird weiter ein zollfreies Lieferkontingent von 180.000 Tonnen Zucker jährlich zugestanden. Zusätzlich darf Paraguay 10.000 Tonnen Feinzucker einführen. Daneben soll es für den Mercosur-Block ein zollfreies Jahreseinfuhrkontingent von 45.000 Tonnen Honig geben.

Null-Zollsatz für EU-Milchprodukte

Ferner sieht die Übereinkunft für garantiert hormonfreies Schweinefleisch eine Quote von 25.000 Tonnen zu einem reduzierten Einfuhrzoll vor. Im Gegenzug haben die vier südamerikanischen Länder einer Öffnung ihres Schweinefleischmarktes für EU-Ware zugestimmt. Details wurden am Freitag noch nicht bekannt gegeben.

Schwächer fallen die Zugeständnisse der EU für Milchprodukte aus. An Käse sollen die Mercosur-Staaten 30.000 Tonnen, an Magermilchpulver 10.000 Tonnen liefern dürfen. Allerdings erklären hochrangige Kommissionsbeamte, dass für Milchpulver, bestimmte Käsearten sowie Kindernahrung die Mercosur-Zölle für EU-Importe bei 0% liegen sollen. Auch sollen Handelsschranken für Wein, Spirituosen und Olivenöl reduziert werden. Zudem werden 350 geografische Angaben aus der EU im Mercosur-Block vor Nachahmung geschützt; darunter Parmesankäse und  Comté.

Geteilte Meinungen bis zum Schluss

Noch zu Anfang dieser Woche hieß es die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) werde nicht an dem Gipfel in Montevideo teilnehmen, so die neue Kommissionssprecherin Paula Pinho in Brüssel. In Frankreich hatten sich die Regierung sowie auch das Parlament des Landes am späten Dienstagabend gegen das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den südamerikanischen MercosurStaaten ausgesprochen. Aus Brüssel hieß es zu diesem Zeitpunkt, die Gespräche auf technischer Ebene hielten an. Zuvor hatte es geheißen, von der Leyen könnte zu dem Gipfel in Uruguays Hauptstadt Montevideo reisen und dort im Namen der EU das lange geplante Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Ländern paraphieren, also vorläufig unterzeichnen.

Das Abkommen soll eine der weltweit größten Freihandelszonen mit über 715 Millionen Einwohnern schaffen. Dazu gehören auf südamerikanischer Seite Uruguay, Argentinien, Brasilien und Paraguay. Die Bundesregierung und große Teile der deutschen Wirtschaft sind für den Abschluss. Frankreich und Polen sind dagegen. Beide Länder fürchten Konkurrenz für heimische Landwirte, unter anderem durch günstigeres Geflügel- und Rindfleisch aus Südamerika.

Bedenken bei Copa Cogeca

Auch bei den EU-Ausschüssen der Bauernverbände (Copa) und ländlichen Genossenschaften (Cogeca) stieg mit Blick auf das geplante Mercosur-Abkommen die Anspannung. In der Vorwoche tagte das Präsidium in Brüssel. Dabei sollen nahezu alle Vertreter der nationalen Delegationen ihre Bedenken respektive ihre Ablehnung zum Ausdruck gebracht haben. Auch der neue EU-Agrarkommissar Christophe Hansen war vor Ort. Etwas zurückhaltender sollen die Äußerungen vonseiten der Landwirtsvertreter der Iberischen Halbinsel gewesen sein. Traditionell gibt es zwischen Portugal und Spanien vor allem mit dem Mercosur-Mitglied Brasilien engere Handelsbeziehungen. Gleichwohl hält die überwiegende Mehrheit den landwirtschaftlichen Teil eines potenziellen Abkommen für unausgewogen.

Beklagt wrden die „großen Unterschiede“ in den Produktionsstandards. Zudem enthält das Abkommen nach Darstellung von Copa und Cogeca keine ausreichenden Ausgleichs- oder Notfallmechanismen. Kritik wurde geäußert an möglichen Plänen der EU-Kommission, einen Ausgleichsfonds für die Landwirtschaft anzulegen. Der Vorschlag wurde als „Almosen“ abgetan.

Die Gespräche über das Abkommen dauern bereits seit 25 Jahren an. Kritiker führen neben Bedenken der Landwirte auch die fortschreitende Abholzung des Regenwaldes am Amazonas an. Kommentatoren stellen die Frage, ob die EU-Kommissionschefin zögert, weil sie den Eindruck vermeiden wolle, dass Brüssel ein unpopuläres Handelsabkommen gegen den Willen der europäischen Bauern durchdrückt. Dies, so die Sorge, wäre eine Vorlage für Rechtspopulisten.

In Europa sind die Länder am skeptischsten, in denen Rechtspopulisten besonders stark sind: Frankreich, Polen, Österreich und die Niederlande. Auch die italienische Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat Bedenken geäußert. Sollten die fünf Länder im EU-Rat gegen das Abkommen stimmen, hätten sie die nötige Sperrminorität. Der Deal wäre damit gescheitert.

Härterte Wettbewerbsposition für EU Landwirte

Rolf J. Langhammer, Handelsexperte am Kieler Institut für Weltwirtschaft, zeigte Verständnis für die Ängste der Landwirte: „Es käme auf jeden Fall mehr Rindfleisch aus diesen Ländern in den Markt hinein – in einen Markt, in dem sowieso zurzeit insgesamt weniger Rindfleisch konsumiert wird. Und das bedeutet natürlich, man muss sich auf eine härtere Wettbewerbsposition einstellen.“ Zum Vergleich: Innerhalb der EU-27 wurden allein in Frankreich im Jahr 2023 1,3 Mio. t Rindfleisch verzehrt. Neben Rindfleisch gehe es um Hähnchenfleisch und auch um Zucker. Insgesamt ist der Kieler Handelsexperte ein Unterstützer des Mercosur-Abkommens. Die EU laufe Gefahr, zwischen den beiden Riesen USA und China zerrieben zu werden. Die Chance, aus dieser Situation herauszukommen, sei ein Freihandelsabkommen mit möglichst vielen Ländern, so Langhammer. age, mbw

Rukwied: Mercosur-Einigung geht auf Kosten der Landwirtschaft

EU-Rat und Parlament dürfen Abkommen in dieser Form nicht annehmen (DBV) Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, zeigt sich enttäuscht, dass das Mercosur-Abkommen ohne wesentliche Veränderungen des Agrarteils zum Abschluss gebracht wurde: „Wir Bauern wurden nicht gehört. Dieses Abkommen geht einseitig zu Lasten der europäischen Bauern und schwächt unsere Betriebe massiv im Wettbewerb. Damit ist es das Gegenteil der von der EU-Kommission zugesagten Stärkung der europäischen Landwirtschaft. Die geplanten Mechanismen zum Schutz europäischer Standards für Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung sind nach wie vor völlig unzureichend. Das Europäische Parlament und der Europäische Rat als nun entscheidende Institutionen dürfen das Abkommen in dieser Form nicht annehmen!“ (DBV)

Kommentar zur ZKL: Viel Konsens, kein Geld und Neuwahlen

0

Die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) hat vor einer Woche ihre strategischen Leitlinien für die künftige Agrarpolitik vorgelegt. Unter der Überschrift „Zukunft Landwirtschaft. Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe in schwierigen Zeiten“ betont das Gremium die dringende Notwendigkeit, innovative Lösungen für eine nachhaltige Agrar- und Ernährungspolitik zu entwickeln.

Das ist die Version ZKL 2.0 und klingt nach Déjà-vu. Denn die ZKL besteht schon länger. Das Gremium wurde nach den Bauerndemonstrationen am 2. Dezember 2019 von der damaligen Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) an einem „Agrargipfel“- Gespräch mit 40 Verbänden und Organisationen initiiert. Merkel hat es damit geschafft, in einer aufgeheizten Stimmungslage schnell für Ruhe und Arbeitsatmosphäre zu sorgen. Die Kommission sollte unter Einbindung von Praktikern, Wissenschaftlern und gesellschaftlichen Akteuren Empfehlungen für eine praxistaugliche Transformation hin zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft zusammentragen. Am 6.  Juli 2021 wurde der Abschlussbericht vom Vorsitzenden Prof. Peter Strohschneider an die Bundeskanzlerin übergeben. Nach der Bundestagswahl bat der neue Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir  (Grüne) im September 2022 die Mitglieder, ihre Arbeit fortzusetzen. Am 11. April 2024 hat sich die Kommission bei Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Kanzleramt getroffen und am Freitag voriger Woche wurden die strategischen Leitlinien vorgestellt.

Die ZKL hat es wieder geschafft eine Einigung zu erzielen. Die strategischen Leitlinien der „neuen“ ZKL bestärken den Abschlussbericht der „alten” ZKL vom Herbst 2021. Das spricht dafür, dass es trotz ideologischer Kontroversen möglich ist, Konsens zu finden und Gräben zu überwinden. Allein die Anzahl der aufgeführten zehn Handlungsfelder – Weiterentwicklung der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik, Regulationsabbau, Tierhaltung, Biodiversität, Pflanzenbau, Digitalisierung und Technik, Resilienz, steuerliche Maßnahmen und Absicherung des Sektors – zeigt, wie groß die Aufgaben sind, die vor der Agrarbranche und der Gesellschaft liegen, das Agrar- und Ernährungssystem zukunftsfest und krisensicher zu gestalten.

Der nächste Schritt wäre jetzt: Die Bundesregierung muss ins Handeln kommen. Aber da geht gerade nichts mehr. Bundeskanzler Olaf Scholz wird nach dem Bruch der AmpelKoalition am 11. Dezember im Bundestag die Vertrauensfrage stellen und als Wahltermin für den neuen Bundestag steht der 23. Februar 2025.

Geld, politischer Wille und Entscheidungsfähigkeit sind gerade Mangelware. Auch hier ein Déjá-vu. Das lähmt die Transformation der Landwirtschat vor allem in der Tierhaltung. Dabei ist es schon erstaunlich, dass so viele berufsständische, umwelt- und gesellschaftliche Organisationen zweimal hintereinander zum gleichen konsensgetragenen Ergebnis kommen. Das wäre unter anderen Umständen eine Steilvorlage. Aktuell muss man leider von einem Vertrag zulasten Dritter sprechen, denn wie eine Finanzierung der Vorschläge erreicht werden soll, bleibt offen. Hoffentlich braucht es nicht noch eine ZKL 3.0, wenn die neue Regierung erst gebildet ist. Die nächste Bundesregierung muss den Umbau beherzt anpacken.

BMEL will Milchlieferbeziehungen regeln

0

Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) verfolgt weiter sein Ziel, die Lieferbeziehungen zwischen Milcherzeugern und Meiereien staatlich zu regeln. Am Dienstag hat das Ressort seinen Verordnungsentwurf der nationalen Anwendung von Artikel 148 der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) in die Länder- und Verbändeanhörung gegeben. Danach sollen Meiereien künftig für ihre Rohmilchlieferungen zu schriftlichen Verträgen verpflichtet werden, die Bestimmungen unter anderem zu Preis und Menge enthalten. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir  (Grüne) begründete den Schritt damit, er wolle Planungssicherheit für Milchbauern schaffen. Er berief sich dabei auf eine Empfehlung der Zukunftskommission Landwirtschaft. Genossenschaften sollen allerdings von der Vertragspflicht ausgenommen sein, sofern ihre Lieferordnungen oder Satzungen Bestimmungen enthalten, die in ihrer Wirkung den Bestimmungen für verpflichtende Verträge ähnlich sind.

Der Deutsche Bauernverband (DBV) und der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) haben den Vorstoß des Bundeslandwirtschaftsministeriums kritisiert. DBV-Vizepräsident Dr. Holger Hennies, zugleich Mitglied der ZKL, stellte klar, dass die ZKL die nationale Anwendung des Artikels 148 GMO „explizit ausgeschlossen“ habe. DBV-Milchpräsident Karsten Schmal warnte, dass eine Anwendung des 148ers die Milcherzeuger nicht stärken, sondern zu niedrigen Erzeugerpreisen führen würde. Auch nach einer Studie des Kieler Instituts für Ernährungswirtschaft sind Festpreismodelle für Milcherzeuger mit erheblichen Kostenrisiken verbunden. Eine Besserstellung am Markt werde nicht erreicht. Auf der Seite der Meiereien drohe ein verstärkter Strukturwandel. Die Forscher sehen kein Marktversagen, das einen staatlichen Eingriff in die Vertragsbeziehungen rechtfertigen würde.

Sozialpolitischer Ausschuss: LKK immer noch günstiger

0

In der vergangenen Woche tagte in Rendsburg der sozialpolitische Ausschuss des Bauernverbandes Schleswig-Holstein (BVSH). Unter dem Vorsitz von Thomas Schröder beschäftigte er sich zunächst mit den von der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) angekündigten Beitragserhöhungen in der Kranken- und Unfallversicherung.

Zunächst stellte für die SVLFG Andreas Sandig die Entwicklung der Beiträge in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung für das kommende Jahr 2025 dar. Dabei komme zum ersten Mal der neue Beitragsmaßstab zur Anwendung, den die Vertreterversammlung der SVLFG bereits im vergangenen Jahr beschlossen habe.

Teils erhebliche Änderungen

Künftig werde der Beitrag anhand von Standarddeckungsbeiträgen erhoben, aus denen sich Standardeinkommen ermitteln ließen. Dieser Maßstab, in dem nunmehr auch die Tierhaltung Berücksichtigung finde, verspreche eine gerechte Bewertung der Leistungsfähigkeit der Betriebe. Es könne dabei zu erheblichen Beitragsveränderungen kommen, was er anhand von verschiedenen Beispielbetrieben in Schleswig-Holstein darstellte. In zahlreichen Fällen komme es auch zu einem Wechsel innerhalb der 20 bestehenden Beitragsklassen, so Sandig. Da der Beitragsbedarf für das Jahr 2025 rund 950 Mio. € betrage, sei mit einer Anhebung der Beiträge in den Beitragstabellen von etwa 14,5 % zu rechnen. Nach intensiver Diskussion wurde vom Ausschuss die immer noch bestehende Vorzüglichkeit der eigenständigen landwirtschaftlichen Krankenversicherung  (LKK) gegenüber der allgemeinen Krankenversicherung bekräftigt. Infolge der erhöhten Beitragsbemessungsgrenze und des angekündigten durchschnittlichen Beitragssatzes 2025 von 17,1 % fällt dort ein Höchstbeitrag von 942,64 € an. Auf dieser Basis belaufe sich der Beitrag der Beitragsklasse 20 auf 87,8  % des Höchstbeitrages der allgemeinen Krankenversicherung, so der Vorsitzende.

Umgang mit Parkinson

Anschließend referierte Frank Wellhausen von der SVLFG über Anträge wegen einer durch Pestizide hervorgerufenen Parkinson-Erkrankung, die nach einer entsprechenden Empfehlung des ärztlichen Sachverständigenbeirates wie eine Berufskrankheit zu behandeln sei. Dies habe nach seiner Darstellung zu mehr als 8.000 Meldungen im Bundesgebiet geführt, von denen aktuell noch mehr als 3.000 in Bearbeitung beziehungsweise Prüfung seien. Eine konkrete Zahl von Leistungsempfängern könne daher derzeit noch nicht genannt werden. Deshalb seien vorsorglich Rückstellungen in Höhe von 100 Mio. € für die Umlage 2024 eingeplant worden. Hierdurch sei es bei den im vergangenen Sommer versandten Beitragsbescheiden zu deutlichen Erhöhungen gekommen.

Mehr tödliche Unfälle

Schließlich beschäftigte sich der Ausschuss mit dem Bereich der Prävention. Dabei wurde von Johannes Höper, ebenfalls von der SVLFG, ein Überblick über das Unfallgeschehen im Jahr 2023 gegeben. Nach seinen Angaben sei zwar die Zahl der meldepflichtigen Unfälle leicht rückläufig, während allerdings die Zahl der tödlich verlaufenden Unfälle sogar leicht ansteigend sei. Bei den für das Jahr 2023 gemeldeten Unfällen seien wiederum das Arbeiten mit Maschinen, Dacharbeiten und das Baumfällen als häufige Unfallursache zu nennen. Im Ausschuss wurde die Notwendigkeit der Präventionsarbeit wie schon in den vergangenen Jahren ausdrücklich hervorgehoben. Hans-Heinrich von Maydell, BVSH

Landwirt vermacht seinen Hof der SVLFG

Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) ist von einem ehemaligen Mitglied mit einer Spende in Millionenhöhe bedacht worden. Der 2017 verstorbene kinderlose Landwirt Johann Metzger aus dem bayerischen Merching hat der Sozialversicherung sein gesamtes Vermögen vermacht. In seinem Testament begründet Metzger seine Entscheidung mit Dankbarkeit und Wertschätzung für die Leistungen, mit denen ihn die SVLFG umsorgt habe. Zunächst hatte die Sozialversicherung geplant, mit dem Erlös aus dem Verkauf der Hofstelle und der Flächen Metzgers einen Spezialfonds einzurichten, aus dem Härtefälle unterstützt werden sollten. Aus rechtlichen Gründen konnte das Vorhaben nicht realisiert werden. Die Mittel sind stattdessen in den Haushalt der SVLFG geflossen. Der Gesamthaushalt der vier Zweige der Sozialversicherung liegt in diesem Jahr insgesamt bei rund 7,86 Mrd. €. Die SVLFG ehrt ihren Spender mit einer Baumpflanzung und einer Ehrentafel in der neuen Gartenanlage an einem ihrer Verwaltungsgebäude in Kassel. age

Umweltministerkonferenz – Meeres- und Hochwasserschutz gestärkt

Die Umweltministerkonferenz (UMK) unter Vorsitz von Rheinland-Pfalz ist am vergangenen Freitag im Ahrtal mit starken Forderungen insbesondere zum Hochwasserschutz zu Ende gegangen. Am Ort der verheerenden Hochwasserkatastrophe von 2021 forderten die Umweltminister den Bund auf, den Hochwasserschutz ins überragende öffentliche Interesse zu stellen.

Die UMK fordert unter anderem vom Bund, die Novelle des Hochwasserschutzgesetzes schnell zu verabschieden. Um die Maßnahmen finanzieren zu können, beschlossen die Minister zudem, dass eine Gemeinschaftsaufgabe Naturschutz, Klimaanpassung und Klimaschutz errichtet werden solle, über die nötige Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden könnten. Schleswig-Holstein als Co-Vorsitz werde dieses Thema gemeinsam mit dem Bund innerhalb der UMK weiter voranbringen. „Wir müssen einen Umgang mit der Realität der Klimakrise finden. Deiche zu verstärken, Flussauen zu renaturieren und Überflutungsflächen zu schaffen, lohnt sich mehrfach: Es rettet Menschenleben, schützt Sachwerte in Milliardenhöhe und lässt die Natur unserer Heimat wieder entstehen. Völlig klar ist: Nichthandeln wäre auf jeden Fall teurer“, sagte Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne).

Russische Schattenflotte Gefahr für die Ostsee

Ein weiteres Schwerpunktthema der Konferenz war der Meeresschutz. Hier ging es insbesondere um die russische Schattenflotte, die das Risiko einer verheerenden Ölkatastrophe aktuell stark erhöht. Um diese Gefahr einzugrenzen, nahm die UMK den von Schleswig-Holstein eingereichten Beschlussvorschlag an. Darin fordert die UMK, umfassende Versicherungspflichten für die Tanker durchzusetzen, damit die Bergung und Schadensbeseitigung auch im Ernstfall einer Havarie wirklich abgedeckt ist. Zu dem Beschluss gehört auch, eine Lotsenpflicht einzuführen und das Havariekommando zu stärken. „Seit dem völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die ohnehin geschwächte Ostsee ein Problem mehr: Russland unterläuft das Handelsembargo mit einer großen Schattenflotte aus alten und unterversicherten Tankern. Auf unseren Vorstoß hin fordern nun alle Umweltminister gemeinsam auf dieser Konferenz umfassende Versicherungs- und Lotsenpflichten und ein gestärktes Havariekommando, um die Gefahr einer Ölkatastrophe einzudämmen“, erklärte Goldschmidt.

EU-Wiederherstellungsverordnung umsetzen

Auch um die Wiederherstellung der Natur ging es der UMK: Die Umweltminister forderten eine schnelle Umsetzung der EU-Wiederherstellungsverordnung. Diese schreibt vor, bis 2050 alle geschädigten Ökosysteme in der EU wiederherzustellen und bis 2030 auf 20 % aller betroffenen Land- und Meeresflächen geeignete Maßnahmen zu ergreifen. In ihrem Beschluss bekennt sich die UMK zu den Zielen dieses Gesetzes, um die natürlichen Lebensräume, die biologische Vielfalt und damit die Lebensgrundlagen der Menschen zu erhalten. Um die Wiederherstellungsverordnung interdisziplinär umzusetzen, forderten die Länder vom Bund die Gründung einer BundLänder-Arbeitsgruppe. Hier sollten unter Federführung des Bundesumweltministeriums alle Gremien bei der Durchführung der Wiederherstellungsverordnung koordiniert werden. Außerdem forderten sie den Bund auf, sich auf EU-Ebene für die Einrichtung geeigneter Finanzierungsinstrumente für die Umsetzung einzusetzen. MEKUN

Wolf: Europarat stimmt Herabstufung zu

Der Europarat stimmte am Dienstag einer Herabstufung des Schutzstatus des Wolfes in der Berner Konvention zu. Mit dem veränderten Status „geschützt“ gelten weiter strenge Regeln, der Abschuss bestimmter auffällig gewordener Wölfe wäre künftig aber einfacher. Hintergrund sind die steigenden Wolfsbestände und zunehmende Nutztierrisse.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) erklärte dazu: „Die Entscheidung des Europarates, den Schutzstatus des Wolfs anzupassen, begrüße ich ausdrücklich. Weidetierhaltung und Wolfsschutz können so besser in Einklang gebracht werden. Denn klar ist, mehr Wölfe können zu mehr Rissen von Schafen oder Ziegen auf der Weide führen. Das belastet unsere Weidetierhaltenden sehr.“ Mit dem angepassten Schutzstatus könne nun beides gelingen: die Zahl der Wölfe zu regulieren und sie zu schützen. Schließlich brauche es klare, fundierte Regeln für den Umgang mit auffälligen Wölfen, ohne den Artenschutz zu gefährden, so Özdemir. „Unsere Ziegen, Schafe und Rinder fühlen sich auf der Weide besonders wohl. Jedes Weidetier stärkt die Artenvielfalt und erhält wertvolle Kulturlandschaften. Mit klaren, rechtssicheren Regeln für den Umgang mit problematischen Wölfen kann die tragfähige Balance zwischen dem Schutz landwirtschaftlicher Existenzen und dem Naturschutz besser gelingen“, betonte der Minister.

Konflikte nehmen zu

Nach der Entscheidung des Europarates steht der rechtliche Prozess auf EU-Ebene noch aus. Weitere Arten sind von der Änderung des Schutzstatus nicht betroffen. Die Wolfsbestände in Europa sind in den vergangenen zehn Jahren stark gewachsen – von 11.200 Tieren im Jahr 2012 auf mehr als 20.300 im Jahr 2023. Parallel dazu häufen sich Konflikte mit der Landwirtschaft: Jährlich werden rund 65.500 Nutztiere, überwiegend Schafe und Ziegen, von Wölfen gerissen, zum Teil trotz der weiterhin wichtigen Schutzmaßnahmen wie Zäunen und Herdenschutzhunden. Angesichts dieser Entwicklung hat der Europarat einer Herabstufung des Wolfs von „streng geschützt“ auf „geschützt“ zugestimmt. Diese Änderung würde ein Bestandsmanagement auffälliger Wölfe erleichtern. Bevor dies in Deutschland umgesetzt werden kann, sind jedoch Änderungen im EURecht erforderlich. Ein entsprechender Vorschlag der EUKommission muss noch die Zustimmung der EU-Staaten und des Europaparlaments erhalten. Die Regierungsparteien hatten sich im Koalitionsvertrag verständigt, die Weidetierhaltung aus ökologischen, kulturellen und sozialen Gründen sowie zum Erhalt der Artenvielfalt und Kulturlandschaft zu erhalten. Im Vorwege bewertete die Umweltministerkonferenz in der vorigen Woche in Rheinland-Pfalz eine mögliche Übernahme des Wolfs aus dem Anhang II in Anhang III der Berner Konvention positiv.

Wolf breitet sich weiter aus

Dass sich der Wolf in Deutschland immer weiter ausbreitet, zeigen auch die Zahlen zum Monitoringjahr 2023/24, die jetzt vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) veröffentlicht wurden. Im Rahmen des Monitorings wurden in bestätigten Territorien insgesamt 1.601 Wolfsindividuen nachgewiesen; im Vorjahr waren es 1.339. Das entspricht einem Zuwachs von fast 20 %. Im Einzelnen wurden 535 ausgewachsene Tiere, 781 Welpen im ersten Lebensjahr sowie 162 Jährlinge im zweiten Lebensjahr erfasst. Bei 123 Individuen konnte keine eindeutige Zuordnung erfolgen. Laut Bericht gab es 2023/24 insgesamt 209 Wolfsrudel in Deutschland. Zudem wurden 46 Wolfspaare sowie 19 sesshafte Einzelwölfe bestätigt. Im Vorjahr waren 185 Rudel, 58 Paare und 22 sesshafte Einzelwölfe nachgewiesen worden. Nach Angaben des BfN zeigen die Daten der vergangenen beiden Monitoringjahre einen geringeren Anstieg der Anzahl an Wolfsterritorien als in den Jahren davor. Die meisten Wolfsrudel, nämlich 58, lebten im Monitoringjahr 2023/24 in Brandenburg, gefolgt von Niedersachsen mit 48 und Sachsen mit 37 Rudeln. Das Wolfsvorkommen in Deutschland konzentriert sich dem Bericht zufolge – wie in den Vorjahren – auf das Gebiet von Sachsen in nordwestlicher Richtung über Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern nach Niedersachsen. Auch in Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen wurden Wolfsterritorien nachgewiesen. In Baden-Württemberg gab es 2023/24 den ersten Nachweis einer Rudelbildung.

Mehr tote Wölfe

Zugenommen hat im Berichtsjahr auch die Zahl aufgefundener toter Wölfe; deren Gesamtzahl belief sich auf 193, nach 159 im Vorjahr. Ein Großteil der Tiere, insgesamt 150, ist dabei durch Verkehrsunfälle gestorben. Bei elf Wölfen war die Todesursache natürlichen Ursprungs, und bei acht Tieren war die Todesursache nicht zu ermitteln. Insgesamt fünf Wölfe wurden im Rahmen von Managementmaßnahmen entnommen, und bei zwei Wölfen waren andere, vom Menschen verursachte Umstände für den Tod verantwortlich, beispielsweise das Verfangen in einem Weidenetz. Insgesamt 13 Wölfe wurden illegal getötet. Bei neun tot aufgefundenen Wölfen wurde illegaler Beschuss festgestellt, der aber nicht ursächlich tödlich war. Erstellt wurde der Monitoringbericht vom BfN zusammen mit der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf in Abstimmung mit den Bundesländern. Die Grundlage dafür bildeten Meldungen der Bundesländer, die dafür mehr als 40.000 Hin- und Nachweise auswerteten. Das Monitoringjahr 2023/24 erstreckte sich vom 1. Mai 2023 bis zum 30. April 2024. pm/age

Rufe nach strengerer Regulierung

Wachsende Wolfspopulation und veraltete Zahlen

Mit der gestiegenen Zahl der Wölfe in Deutschland werden auch die Rufe nach einer strengeren Regulierung der Population lauter. Alarm schlägt der Förderverein der Deutschen Schafhaltung. Dessen Vorsitzender Wendelin Schmücker wies darauf hin, dass die vorgelegten Wolfszahlen auf veralteten Daten basierten. So seien die Welpen aus diesem Jahr, deren Zahl auf über 1.000 geschätzt werde, nicht berücksichtigt worden. „Solche Schönrechnereien helfen niemandem und verzerren die Wirklichkeit“, monierte Schmücker. Mit mehr als 3.000 Wölfen  – inklusive der 2024er Welpen  – drohe die Situation völlig außer Kontrolle zu geraten. Auch die Schäden zeigten eine alarmierende Entwicklung, so der Vorsitzende. 5.727 Nutztiere seien im Monitoringjahr 2023 vermisst, verletzt oder getötet worden; im Vergleich zum Vorjahr sei das ein Anstieg von fast 30 %.

Die Zahl der Übergriffe habe sich von 1.136 auf 1.268 erhöht. Für den jagdpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Jürgen Thies, sind die jetzt vorgelegten Bestandszahlen zum Wolf ein klarer Beleg dafür, dass die bisherigen Ansätze nicht ausreichten. Der Schutz von Weidetierhaltern und die Sicherung ihrer Existenzgrundlagen seien zentrale Aufgaben der Politik, erklärte Thies. Gleichzeitig müsse die Regulierung der Wolfspopulation so gestaltet werden, dass sie in Einklang mit den Prinzipien des Artenschutzes stehe. Kritik kommt auch vom Deutschen Jagdverband (DJV). Auch er monierte, dass auf Basis veralteter Zahlen eine verfehlte Wolfspolitik betrieben werde. Es fehle der komplette Wolfsnachwuchs aus dem Jahr 2024 und damit die aktuelle Anzahl der Rudel. „Die Menschen bekommen systematisch veraltete Zahlen aufgetischt. Das trägt wesentlich dazu bei, dass sie ihr Vertrauen in staatliches Handeln verlieren und vor allem im ländlichen Raum die Akzeptanz schwindet“, erklärte DJV-Präsident Helmut Dammann-Tamke.

Alles dem Schutzstatus einer Art unterzuordnen, die als Großraubtier an der Spitze der Nahrungspyramide stehe und bewiesen habe, dass sie in der hiesigen Kulturlandschaft gut zurechtkomme, gefährde zudem die Artenvielfalt, insbesondere bei den weidegebundenen Pflanzengesellschaften, so Dammann-Tamke. Offensichtlich hätten diese aber in den Umweltministerien keine Lobby. age