Die Vermarktungsgemeinschaft für Zucht- und Nutzvieh eG (ZNVG) lud Anfang Dezember zu ihrer traditionellen Wintertagung und Abschlussveranstaltung des EIP-Agri-SH-Projekts „Smart Service Zukunft“ ein. Geschäftsführer Dr. Achim Münster betonte, das Vermarktungsvolumen der ZNVG liege erneut über einer Million Tieren. In Zusammenarbeit mit der Tochter Viehvermarktung Nord (VVN) in Verden wurden 2024 mehr als 1,5 Millionen Schlachtund Nutztiere vermarktet. Wichtige Vermarktungsschiene ist das Gutfleisch-Programm zusammen mit der Fleischwerk Edeka Nord GmbH, das seit fast 35 Jahren besteht.
Erstmals auf der ZNVG-Wintertagung sprach Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU). Er begrüßte, dass die Wintertagung gemeinsam mit der Abschlussveranstaltung des EIP-Agri-SHProjekts „Smart Service Zukunft“ stattfand. Schwarz betonte die Bedeutung von Stakeholder-Prozessen in der Landwirtschaft. Sie könnten Chancen bieten durch intensive Kommunikation zwischen den einzelnen Akteuren und brächten Impulse, die in der Schweinehaltung dringend benötigt würden. Die Borchert-Kommission stellte ebenfalls einen Stakeholder-Prozess dar, so Schwarz. Das Expertengremium hat Empfehlungen zum Umbau der landwirtschaftlichen Tierhaltung unterbreitet und damit der agrarpolitischen Diskussion Impulse gegeben.
Als weiteren Stakeholder-Prozess nannte Schwarz die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL). Die ZKL ist davon überzeugt, dass der Landwirtschaft, bedingt durch den Klimawandel und andere ökologische, ökonomische und soziale Veränderungen, ein durchgreifender Transformationsprozess bevorsteht und dieser Prozess aufgrund seiner Ausstrahlung auf die gesamte Gesellschaft aktiv gestaltet werden muss. Zudem sprach sich Schwarz dafür aus, eine Abwanderung der Tierhaltung ins Ausland zu verhindern, und für den Erhalt der inländischen Schweineproduktion.
Abschluss des EIP-Agri-SH-Projekts
Frederik Mende als Leadpartner zu Smart Services stellte den Abschluss des EIP-Agri-SH-Projekts „Smart Service Zukunft“ vor. Das Projekt hatte sich als Ziele gesetzt, eine schnelle Umsetzung von digitalen Innovationen für und mit Schweine haltenden Betrieben in Schleswig-Holstein zu ermöglichen und damit die doppelte Transformation in der schweinefleischerzeugenden Wertschöpfungskette zu erleichtern. Das Zusammenspiel digitaler Systeme sollte verbessert und der strukturierte Dialog zwischen Marktpartnern, Dienstleistern und öffentlichen Stellen zu den Handlungsfeldern Tierwohl, Nachhaltigkeit und Digitalisierung gefördert werden. Somit konnten passgenaue Systembausteine erarbeitet werden. Diese umfassen unter anderem den neuen Q-Farm-HUB, die Funktionalität des digitalen Lieferscheins, einen neuen Quick-Check für die Wirksamkeit des betrieblichen Biosicherheitssystems, neue Weiterbildungsangebote und Möglichkeiten der strukturierten Datenaufnahme durch Sprachverarbeitung. Der Q-Farm-HUB gibt eine Struktur vor, wie gesetzlich geforderte Erklärungen, Nachweise und Zertifikate an öffentliche Stellen weitergeleitet und entscheidungsrelevante Daten für Public-Private-Management-Aufgaben geteilt werden können. Des Weiteren wird der Zugang zu leistungsstarken webbasierten Cloud-Features ermöglicht.
Process Pig – Künstliche Intelligenz im Schweinestall
Prof. Dr. Andreas Melfsen von der Fachhochschule Kiel präsentierte eine automatisierte Verhaltensanalyse von Mastschweinen zur Bewertung von Stallklimabedingungen in frei belüfteten Schweineställen, Process Pig, das vor 1,5 Jahren gestartet ist. Ziel des Projektes ist die Entwicklung eines Monitoringwerkzeuges von Verhaltensmustern in frei belüfteten Schweineställen mit baulich getrennten Funktionsbereichen in Abhängigkeit von klimatischen Bedingungen. Abschließend wird deutlich, dass die Übertragung der Methode auf frei belüftete Buchen mit Auslauf und strukturierten Funktionsbereichen einen ersten vielversprechenden Ansatz zeigt.
Eine kritische und unternehmerische Analyse seines landwirtschaftlichen Betriebs stellte Christoph Becker vom Hof Becker aus Reddingen vor. Der Betrieb ist vielfältig aufgestellt. Neben dem Ackerbau, wo auf 140 ha Mais, Zuckerrüben und Ganzpflanzensilage für die Biogasanlage angebaut werden, werden Schweine gemästet. Bereits 2001 wurde ein Außenklimastall mit Strohauslauf und mehr Platz gebaut. Becker hat den Betrieb 2010 übernommen. Von da an nahm er unter anderem am Tierschutzlabel, an der Initiative Tierwohl und an der Ringelschwanzprämie teil.
Die Buchten auf dem Hof Becker sind strukturiert, um den Schweinen das Wühlen mit der Rüsselscheibe auf dem Boden zu ermöglichen. Außerdem ersetzt der Mist den Mais in der Biogasanlage 2:1, eine weitere Aufbereitung des Strohs ist nicht notwendig. Becker ist die Öffentlichkeitsarbeit wichtig. Er nimmt an tierwohl.tv teil. Hierbei sendet eine Kamera im Stall das aktuelle Geschehen in einem Livestream direkt auf einen Bildschirm im Supermarkt. Ökonomisch betrachtet hat sich die Weiterentwicklung in Richtung mehr Tierwohl für diesen landwirtschaftlichen Betrieb gelohnt. Allerdings betont Christoph Becker, dass dies nur der Fall sei, weil er seit zehn Jahren einen Festpreis für seine Mastschweine bekomme und diesen mit Förderungen kombiniere. Insbesondere die Ringelschwanzprämie vom Land Niedersachsen habe sich als sehr profitabel herausgestellt. Abschließend ermutigt Becker seine Berufskollegen, proaktiv zu werden. Liza-Marie Haufe, ZNVG