Dies gleich vorweg: Es ist ein Dauerbrenner an der Westküste, und es wird immer schlimmer – das Gänseproblem. „Bei der Tierkontrolle auf der Weide sitzen die Gänse neben einem“, sagt Merle Pahl, Kreisgeschäftsführerin in Nordfriesland. „Es werden immer mehr. Bis Mai fressen sie im Dauergrünland alles weg, dann kann auf den Inseln und Halligen oft kein erster Schnitt gemacht werden, sondern erst im Juni oder Juli, wenn sie weggeflogen sind. Aber einige bleiben bereits ganzjährig und brüten hier.“ Auch Wintergetreide anzubauen sei zum Teil nur schwer möglich, es werde kahl gefressen. Es gibt den Vertragsnaturschutz für Gänse, da erhalten Landwirte unter Auflagen eine kleine Entschädigung.
Ochsenweg ade
Traditionell herrscht auf der Geest Rinderhaltung vor und in der Marsch Ackerbau. Früher wurden gerade dort die Ochsen gemästet, die von Dänemark kamen, bevor sie über die Elbe nach Süden getrieben wurden – Stichwort Ochsenweg. Ein wichtiger Bereich ist die Schafhaltung, vor allem zur Sicherung und Instandhaltung der Deiche für den Küstenschutz. „Es sind viele, manche Schafhalter haben über 1.000 Tiere.“ Der Wolf war zum Glück lange nicht da, „aber wenn er käme, wäre es ein großes Problem“ – Stichwort Selbstbedienungsbuffet.
Als Einkommensalternative zur Landwirtschaft bietet sich der Tourismus an, besonders an der Küste und auf den Inseln und Halligen. Erneuerbare Energien sind stark vertreten, vor allem Windkraft, aber auch Photovoltaik und ebenfalls Biogas, vorrangig auf der Geest.
Mitgliederstärkster Kreis
Nordfriesland ist der flächenmäßig zweitgrößte Kreis knapp nach Rendsburg-Eckernförde und der mitgliederstärkste im Bauernverband Schleswig-Holstein – auch viele Kleinbauern sind hier Mitglieder. Bis zur Fusion des KBV Nordfriesland im Herbst 2022 war er geteilt in die KBV Südtondern und Husum-Eiderstedt. Bis 1973 war der zusätzlich in zwei KBV geteilt. Bis Anfang dieses Jahres führten die Geschäftsführer Armin Reiche (Südtondern) und Boris Fridriszik (Husum-Eiderstedt) gemeinsam den KBV Nordfriesland weiter, bis sie in Ruhestand gingen und Merle Pahl am 1. April die Geschäftsführung übernahm. Gut, dass sie ein großes Team zur Unterstützung hat: Sina Heinrich, Susanne Lassen, Olaf Boysen, Heinke Clausen-Hansen und Hilke Petersen. Sie führen nicht nur organisatorische Aufgaben aus, sondern auch fachliche wie etwa Steuerberatung, Dünge- oder Agrardieselanträge. Es ist vorgesehen, dass die neue Kreisgeschäftsführeranwärterin Gesa Rasmussen das Team verstärkt.
Inseln und Halligen
Eine Besonderheit im Kreis sind die Inseln und Halligen. Besonders auf Sylt, Föhr und Pellworm wird Landwirtschaft betrieben, auf Amrum gibt es nur einen Vollerwerbslandwirt.
Für die Landwirte dort gibt es regelmäßige Sprechstunden: in Oevenum auf Föhr und in Morsum auf Sylt, auf Pellworm, dazu auf dem Festland in Leck und in Garding auf Eiderstedt. „Vor allem auf Föhr und in Leck kommen viele“, sagt Kreisgeschäftsführerin Merle Pahl. Aber, so betont sie: „Die Landwirte sollten sich anmelden! Wenn keine Anmeldungen vorliegen, fällt der Sprechtag aus.“
Wi snackt Platt
Und eine weitere Besonderheit: Bei der Beratung wird viel Platt gesprochen. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sofern nicht ohnehin muttersprachlich, können es gut verstehen. „Das ist wichtig für die Arbeit mit den Mitgliedern, so entsteht gleich eine Vertrautheit“, weiß Merle Pahl.
Friesisch allerdings kann sie nicht. „Das ist kurios, wenn auf Föhr ein Paar kommt und es spricht miteinander Friesisch und mit mir dann auf Plattdeutsch.“Tonio Keller
Sohn darf den Treckerführerschein mit 15 machen
Eigentlich dürfen junge Leute den Treckerführerschein erst ab dem Alter von 16 Jahren machen. Aber die Hilfe von Leif Marco auf dem Betrieb von Vater Kim Steensen im Ortsteil Trollebüll von Stedesand ist wichtig. Die 84 ha Grünland und 20 ha Acker liegen zum Teil weit auseinander, einige Flächen in Summe von 19 ha sind etwa 5 km vom Hof entfernt. Da muss der Trecker über öffentliche Straßen fahren. Das ist auch der Fall beim Holen und Bringen von Fahrzeugen der Maschinengemeinschaft, an dem Familie Steensen beteiligt ist, und zum Düngerlager.
„Es ist schwierig, geeignete qualifizierte Arbeitskräfte zu finden“, sagt Kim Steensen. „Sie werden oft spontan und bei Arbeitsspitzen gebraucht, oft auch am Wochenende. Mein Sohn kennt die Maschinen gut, und zwar von Kindesbeinen an, das ist bei Aushilfskräften nicht immer so.“
Die Erlaubnis zum Treckerführerschein mit 15 muss gut begründet werden. Kreisgeschäftsführerin Merle Pahl hat den Antrag formuliert und erklärt, dass der Kreisbauernverband das Anliegen unterstütze. Dazu musste dem Verkehrsamt eine ausführlichere Begründung vorgelegt werden. Die lieferte Merle Pahl anhand von Flächenkarten des Betriebes und Wegbeschreibungen nach, was letztlich Erfolg hatte.
„Ohne diese Hilfe hätte das nicht geklappt“, ist Kim Steensen überzeugt. Und was ihm besonders wichtig ist: „Leif Marco hat Bock auf Landwirtschaft. Wenn junge Leute eine Aufgabe haben, ist das gut für ihr Selbstbewusstsein.“