Etwas länger als der Entwurf der zuständigen Arbeitsgruppe, aber inhaltlich weitgehend deckungsgleich ist das Agrarkapitel im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD, den die Parteivorsitzenden Friedrich Merz (CDU), Markus Söder (CSU) sowie Lars Klingbeil und Saskia Esken (beide SPD) in der vorigen Woche in Berlin vorgestellt haben. Neu eingeführt wurde in den Verhandlungen unter anderem ein Anspruch der Landwirte auf verlässlich Rahmenbedingungen, und zwar unabhängig von der Größe der Betriebe und der Bewirtschaftungsform. Dieser gelte „von kleinbäuerlich strukturierten Betrieben bis zu regional verankerten Ag
Ausgespart im Agrarkapitel haben die Koalitionäre das Thema Neue Züchtungstechniken. Da sich die Arbeitsgruppe nicht auf eine gemeinsame Position verständigen konnte, wird das Thema nun im Wirtschaftskapitel behandelt. „Die Biotechnologie wird als Schlüsselindustrie gefördert und ihre Anwendungen werden regulatorisch erleichtert, auch mit Blick auf die Neuen Genomischen Techniken“, heißt es dort. Geeinigt hat man sich darauf, in einem Naturflächenbedarfsgesetz die Ausweisung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu erleichtern. Bei Maßnahmen zum Klima- und Umweltschutz sowie zur Klimaanpassung soll die Notwendigkeit des naturschutzrechtlichen Ausgleichs reduziert werdenFließtext
Alternative Kraftstoffe frei von Energiesteuer
Bekräftigt wird im Koalitionsvertrag das bereits im Sondierungspapier verankerte Vorhaben, die Agrardiesel-Rückvergütung vollständig wiedereinzuführen. Zudem wollen Union und SPD den Einsatz alternativer Kraftstoffe in der Land- und Forstwirtschaft von der Energiesteuer befreien. Gleichzeitig bleibt es bei dem umstrittenen Ziel, den gesetzlichen Mindestlohn 2026 auf 15 € anzuheben. Offenbar ernst machen will die schwarzrote Koalition mit ihrem Vorhaben, die Flächen der Bodenverwertungsund -verwaltungsgesellschaft den Ländern zur Verwaltung zu übertragen. Dazu wird klargestellt, dass bestehende Pachtverträge in jedem Fall für ein weiteres Jahr wirksam blieben.
Praxistaugliche Tierhaltungskennzeichnung
Nahezu unverändert blieben die Ausführungen zur Tierhaltung. Für sie werden verlässliche Rahmenbedingungen und Planungssicherheit angestrebt. Genehmigungsrechtliche Hürden beim Stallbau sollen abgeschafft werden. Für neu- und umgebaute Tierwohlställe will Schwarz-Rot Bestandsschutz für mindestens 20 Jahre schaffen. Für den tierwohlgerechten Stallumbau sollen die notwendigen Mittel auf der Grundlage staatlicher Verträge dauerhaft bereitgestellt werden. Union und SPD kündigen an, dass Tierhaltungskennzeichnungsgesetz grundsätzlich zu reformieren, um es praxistauglich zu machen. Die von der Arbeitsgruppe in Aussicht gestellte Ausweitung auf weitere Tierarten, den gesamten Lebenszyklus und die Außer-HausVerpflegung taucht nicht mehr auf. Eins zu eins übernommen haben die Koalitionäre die Formulierungen zum Pflanzenschutz. So will man die Zulassungssituation von Pflanzenschutzmitteln verbessern und für „transparente, schnelle und wissenschaftsbasierte Verfahren sowie Effizienz durch Verschlankung der behördlichen Zusammenarbeit“ sorgen. Zum Vorhaben, den Selbstversorgungsgrad mit Obst und Gemüse zu erhöhen, betont der Koalitionsvertrag, dass dafür der Einsatz von Saisonarbeitskräften benötigt werde. Im Düngerecht bleibt es bei der angekündigten Abschaffung der Stoffstrombilanzverordnung. Besonders wasserschonend wirtschaftende Betriebe sollen in Roten Gebieten von Auflagen befreit werden.
Mehr Mittel für die GAK vorgesehen
Keinen Zweifel lassen CDU, CSU und SPD daran, dass sie die Förderung für den Wald über die Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) und das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz fortführen werden. In Brüssel will man sich dafür einsetzen, dass die hiesige Forstwirtschaft bei der Anwendung der EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) entlastet wird, indem eine Null-Risiko-Variante eingeführt wird. Laut Koalitionsvertrag will Schwarz-Rot die Mittel für die GAK deutlich erhöhen. Weiterhin geprüft werden soll, Mehrgefahrenversicherung über die GAK zu fördern.
Die künftigen Koalitionäre sprechen sich für ein starkes Agrarbudget in der kommenden EU-Förderperiode aus. Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) will man als eigenständigen Politikbereich erhalten, und zwar mit der ländlichen Entwicklung als integralem Bestandteil. Geblieben ist auch die Formulierung der Arbeitsgruppe, dass die GAP in der Ersten Säule „einkommenswirksam, bürokratieärmer, transparenter und effizienter“ werden solle. Das gilt auch für das Vorhaben, die Einkommensanreize für die Erbringung von Klima-, Umwelt- und Tierwohlleistungen deutlich zu erhöhen sowie Jung- und Neulandwirte stärker zu fördern.
Als gleichwertig sehen Schwarz und Rot konventionelle und ökologische Landwirtschaft an. Angekündigt wird, die Mittel für Forschung im Biobereich zu erhöhen, das Bundesprogramm Ökologischer Landbau zu stärken und Nachfrageimpulse zu setzen, etwa bei Gemeinschaftsverpflegungen. Konkrete Fortschritte wollen Union und SPD beim Bürokratieabbau. Gemeinsam mit den Ländern und dem Berufsstand will man Agraranträge vereinheitlichen und digitale Anträge vorantreiben. Die vorgelegten knapp 200 Vereinfachungsvorschläge sollen neu bewertet werden. Neu einführen will man BürokratiePraxischecks. Das Agrarstatistikgesetz soll mit dem Ziel novelliert werden, Doppelmeldungen zu beenden. age