Unter den Frühjahrsschädlingen ist es besonders der Große Rapsstängelrüssler, dessen Befall zu spürbaren Ertragsverlusten im Raps führen kann. Wird die rechtzeitige Bekämpfung verpasst, kommt es durch nachfolgende Eiablage und Larvenentwicklung zu verdrehten Pflanzen und aufgeplatzten Stängeln. Um das zu vermeiden, ist ein „Bauchgefühl“ allein nicht ausreichend, sondern nach wie vor die Gelbschale auf den Acker das richtige Hilfsmittel, um sich Gewissheit zu verschaffen. Mehr dazu unter „Kammer kompakt“ in dieser Ausgabe.
Die Schaderregerüberwachung des Pflanzenschutzdienstes der Landwirtschaftskammer zeigte im Frühjahr 2024 erneut, dass der Große Rapsstängelrüssler inzwischen in Schleswig-Holstein weit verbreitet ist. Glücklicherweise wurden die Bekämpfungsschwellen an den kontrollierten Standorten nur selten überschritten (siehe Grafik 1 und 2).
Wo die Gelbschalen aufstellen?
Der Große Rapsstängelrüssler erwacht schon bei Bodentemperaturen von zirka 5° C. Aufgrund dieser Wetterabhängigkeit ist das somit in jedem Jahr zu einem anderen Zeitpunkt der Fall. Da der Große Rapsstängelrüssler auf den vorjährigen Rapsflächen überwintert und folglich auch dort erwacht, ist es ratsam, auf angrenzenden Befallsflächen des letzten Jahres (jetzt oft mit Winterweizen bestellt) eine Schale aufzustellen. Mindestens eine weitere Gelbschale wird dann noch in den Randbereich zu den vorjährigen Rapsflächen aufgestellt, um die direkte Zuwanderung zu erfassen. Begrenzen Knicks oder Waldränder den aktuellen Rapsschlag, sollten auch dort Gelbschalen aufgestellt werden, denn dort überwintert der Gefleckte Kohltriebrüssler (und auch die Rapsglanzkäfer). Sind die Gelbschalen gut platziert, ist deren Fängigkeit deutlich höher (siehe Grafik 3).
Der Große Rapsstängelrüssler sucht nach dem Erwachen sofort die nächstgelegenen Rapsschläge zur Eiablage auf. Die Weibchen sind sofort geschlechtsreif, sodass nach der Paarung die Eier sofort abgelegt werden können. Somit bleibt nicht viel Zeit für eine Behandlung, denn mit dem Vollzug der Eiablage beginnt auch schon die erste Schädigung des Rapses. Das Weibchen scheidet bei der Herstellung der Ei-Nischen Wuchsstoffe aus, die für die typischen Verdrehungen der Stängel verantwortlich sind. Zusätzlich sind die sich folgend im Stängel entwickelnden Larven vor den Pyrethroiden, die als Kontaktinsektizid wirken, geschützt. Die Bekämpfung muss demzufolge sofort nach dem Zuflug, bis maximal zwei bis drei Tage danach erfolgen. Das gilt auch, wenn nach dem Zuflug in die Bestände die Temperaturen sinken. Der Große Rapsstängelrüssler ist komplett schwarz gefärbt, wobei er durch seine dichte Behaarung eher grau wirkt.
Der Gefleckte Kohltriebrüssler benötigt für die Einwanderung in die Rapsbestände normalerweise etwas höhere Temperaturen. Ihn erkennt man, neben seiner geringeren Größe, auch an dem weißen Fleck auf dem Rücken und den roten Füßchen. Im Unterschied zum Großen Rapsstängelrüssler vollzieht er erst einen Reifungsfraß, bevor er mit der Eiablage startet. Somit stehen für eine eventuelle Bekämpfung, je nach Witterung, fünf bis zehn Tage zur Verfügung. Je wärmer es ist, umso zügiger muss man handeln. Nach erfolgter Eiablage wachsen die Rapsstängel in gerader Form weiter, sodass die Larven und somit der tatsächliche Befall äußerlich oft lange unentdeckt bleiben.
Unterschiedliche Bekämpfungsschwellen
Aufgrund seiner höheren Schadwirkung besitzt der Große Rapsstängelrüssler eine niedrigere Bekämpfungsschwelle von mehr als fünf Käfern je begitterter Gelbschale innerhalb von drei Tagen. Dagegen liegt sie für den Gefleckten Kohltriebrüssler im gleichen Zeitraum bei mehr als 15 Käfern je begitterter Gelbschale.
Überschreitung der Bekämpfungsschwellen
Für die Bekämpfung beider Schädlinge sind nach wie vor die Pyrethroide das Maß aller Dinge. Zwar spielen beim Gefleckten Kohltriebrüssler bundesweit zunehmend Resistenzen eine gewisse Rolle, der alternative Wirkstoff Acetamiprid im Produkt Carnadine 200 kommt aber nicht an die Wirkungsgrade der Pyrethroide heran (zusätzlich ist über die NG 405 ein Einsatz auf drainierten Flächen nicht erlaubt). Die ausgewachsenen Großen Rapsstängelrüssler reagieren noch vollsensitiv auf die Pyrethroid-Behandlung.
Treten neben den Stängelschädlingen auch gleichzeitig bekämpfungswürdige Rapsglanzkäfer im Bestand auf, kann Trebon 30 EC (B2) (Pyrethroid Klasse I) zum Einsatz kommen. Mavrik Vita/Evure (B4) sollten, neben aktuell fehlender Stängelrüssler-Zulassung, aufgrund der guten Wirkung und B4-Einstufung zur Rapsglanzkäfer-Bekämpfung vorgesehen werden.
Fazit
Um den Zuflug besonders des Großen Rapsstängelrüsslers rechtzeitig festzustellen, führt kein Weg an dem rechtzeitigen Aufstellen von Gelbschalen vorbei. Bei keinem anderen Rapsschädling liegen Zuflug und Bekämpfung zeitlich so nahe beisammen, weshalb es hier gilt, die Prioritäten richtig zu setzen.
Generell sollten jegliche Behandlungen nur nach Überschreitung von Bekämpfungsschwellen erfolgen. Die Resistenzsituation der Pyrethroide ist inzwischen bei einigen Rapsschädlingen sehr angespannt und hier gilt es, im System zu denken. So kann zum Beispiel ein an sich unnötiger Pyrethroid-Einsatz gegen den Rapsglanzkäfer eventuell nicht bekämpfungswürdige Kohltriebrüssler und/oder zusätzlich frühe Kohlschotenrüssler treffen. Außerdem befinden sich mittlerweile fast ganzjährig Rapserdflöhe in vielen Beständen. Diese Tiere sind dann als Nebeneffekt von der eigentlichen Maßnahme betroffen und der Selektionsdruck erhöht sich weiter.