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Strategien gegen Stängelschädlinge im Raps

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Unter den Frühjahrsschädlingen ist es besonders der Große Rapsstängelrüssler, dessen Befall zu spürbaren Ertragsverlusten im Raps führen kann. Wird die rechtzeitige Bekämpfung verpasst, kommt es durch nachfolgende Eiablage und Larvenentwicklung zu verdrehten Pflanzen und aufgeplatzten Stängeln. Um das zu vermeiden, ist ein „Bauchgefühl“ allein nicht ausreichend, sondern nach wie vor die Gelbschale auf den Acker das richtige Hilfsmittel, um sich Gewissheit zu verschaffen. Mehr dazu unter „Kammer kompakt“ in dieser Ausgabe.

Die Schaderregerüberwachung des Pflanzenschutzdienstes der Landwirtschaftskammer zeigte im Frühjahr 2024 erneut, dass der Große Rapsstängelrüssler inzwischen in Schleswig-Holstein weit verbreitet ist. Glücklicherweise wurden die Bekämpfungsschwellen an den kontrollierten Standorten nur selten überschritten (siehe Grafik 1 und 2).

Der Gefleckte Kohltriebrüssler hat einen weißen Fleck auf dem Rückenschild und rotbraune Füßchen. Die Größe allein ist kein sicheres Unterscheidungsmerkmal.

Wo die Gelbschalen aufstellen?

Der Große Rapsstängelrüssler erwacht schon bei Bodentemperaturen von zirka 5° C. Aufgrund dieser Wetterabhängigkeit ist das somit in jedem Jahr zu einem anderen Zeitpunkt der Fall. Da der Große Rapsstängelrüssler auf den vorjährigen Rapsflächen überwintert und folglich auch dort erwacht, ist es ratsam, auf angrenzenden Befallsflächen des letzten Jahres (jetzt oft mit Winterweizen bestellt) eine Schale aufzustellen. Mindestens eine weitere Gelbschale wird dann noch in den Randbereich zu den vorjährigen Rapsflächen aufgestellt, um die direkte Zuwanderung zu erfassen. Begrenzen Knicks oder Waldränder den aktuellen Rapsschlag, sollten auch dort Gelbschalen aufgestellt werden, denn dort überwintert der Gefleckte Kohltriebrüssler (und auch die Rapsglanzkäfer). Sind die Gelbschalen gut platziert, ist deren Fängigkeit deutlich höher (siehe Grafik 3).

Der Große Rapsstängelrüssler legt seine Eier in den Rapsstängel. Daraufhin verdrehen sich die Stängel an der Einstichstelle und platzen später auf. Sind die Eier abgelegt, ist es für eine Bekämpfung zu spät. Siehe folgendes Bild.
Bei dieser Pflanze ist jeder Trieb verdreht und im Stängelinneren durch den Larvenfraß verbräunt. Siehe folgendes Bild.

Der Große Rapsstängelrüssler sucht nach dem Erwachen sofort die nächstgelegenen Rapsschläge zur Eiablage auf. Die Weibchen sind sofort geschlechtsreif, sodass nach der Paarung die Eier sofort abgelegt werden können. Somit bleibt nicht viel Zeit für eine Behandlung, denn mit dem Vollzug der Eiablage beginnt auch schon die erste Schädigung des Rapses. Das Weibchen scheidet bei der Herstellung der Ei-Nischen Wuchsstoffe aus, die für die typischen Verdrehungen der Stängel verantwortlich sind. Zusätzlich sind die sich folgend im Stängel entwickelnden Larven vor den Pyrethroiden, die als Kontaktinsektizid wirken, geschützt. Die Bekämpfung muss demzufolge sofort nach dem Zuflug, bis maximal zwei bis drei Tage danach erfolgen. Das gilt auch, wenn nach dem Zuflug in die Bestände die Temperaturen sinken. Der Große Rapsstängelrüssler ist komplett schwarz gefärbt, wobei er durch seine dichte Behaarung eher grau wirkt.

Der Gefleckte Kohltriebrüssler benötigt für die Einwanderung in die Rapsbestände normalerweise etwas höhere Temperaturen. Ihn erkennt man, neben seiner geringeren Größe, auch an dem weißen Fleck auf dem Rücken und den roten Füßchen. Im Unterschied zum Großen Rapsstängelrüssler vollzieht er erst einen Reifungsfraß, bevor er mit der Eiablage startet. Somit stehen für eine eventuelle Bekämpfung, je nach Witterung, fünf bis zehn Tage zur Verfügung. Je wärmer es ist, umso zügiger muss man handeln. Nach erfolgter Eiablage wachsen die Rapsstängel in gerader Form weiter, sodass die Larven und somit der tatsächliche Befall äußerlich oft lange unentdeckt bleiben.

Unterschiedliche Bekämpfungsschwellen

Aufgrund seiner höheren Schadwirkung besitzt der Große Rapsstängelrüssler eine niedrigere Bekämpfungsschwelle von mehr als fünf Käfern je begitterter Gelbschale innerhalb von drei Tagen. Dagegen liegt sie für den Gefleckten Kohltriebrüssler im gleichen Zeitraum bei mehr als 15 Käfern je begitterter Gelbschale.

Überschreitung der Bekämpfungsschwellen

Für die Bekämpfung beider Schädlinge sind nach wie vor die Pyrethroide das Maß aller Dinge. Zwar spielen beim Gefleckten Kohltriebrüssler bundesweit zunehmend Resistenzen eine gewisse Rolle, der alternative Wirkstoff Acetamiprid im Produkt Carnadine 200 kommt aber nicht an die Wirkungsgrade der Pyrethroide heran (zusätzlich ist über die NG 405 ein Einsatz auf drainierten Flächen nicht erlaubt). Die ausgewachsenen Großen Rapsstängelrüssler reagieren noch vollsensitiv auf die Pyrethroid-Behandlung.

Treten neben den Stängelschädlingen auch gleichzeitig bekämpfungswürdige Rapsglanzkäfer im Bestand auf, kann Trebon 30 EC (B2) (Pyrethroid Klasse I) zum Einsatz kommen. Mavrik Vita/Evure (B4) sollten, neben aktuell fehlender Stängelrüssler-Zulassung, aufgrund der guten Wirkung und B4-Einstufung zur Rapsglanzkäfer-Bekämpfung vorgesehen werden.

Fazit

Um den Zuflug besonders des Großen Rapsstängelrüsslers rechtzeitig festzustellen, führt kein Weg an dem rechtzeitigen Aufstellen von Gelbschalen vorbei. Bei keinem anderen Rapsschädling liegen Zuflug und Bekämpfung zeitlich so nahe beisammen, weshalb es hier gilt, die Prioritäten richtig zu setzen.

Generell sollten jegliche Behandlungen nur nach Überschreitung von Bekämpfungsschwellen erfolgen. Die Resistenzsituation der Pyrethroide ist inzwischen bei einigen Rapsschädlingen sehr angespannt und hier gilt es, im System zu denken. So kann zum Beispiel ein an sich unnötiger Pyrethroid-Einsatz gegen den Rapsglanzkäfer eventuell nicht bekämpfungswürdige Kohltriebrüssler und/oder zusätzlich frühe Kohlschotenrüssler treffen. Außerdem befinden sich mittlerweile fast ganzjährig Rapserdflöhe in vielen Beständen. Diese Tiere sind dann als Nebeneffekt von der eigentlichen Maßnahme betroffen und der Selektionsdruck erhöht sich weiter.

Gewonnene Erkenntnisse in die Fläche bringen

Für Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) stellt eine klimafreundliche und umweltverträgliche Landwirtschaft ­keinen Widerspruch zu auskömmlichen Erträgen dar. Dies habe das Modellvorhaben Schlei ­gezeigt. Um die in der Zielvereinbarung Ostseeschutz festgelegten Reduktionsziele zu erreichen, brauche es aber Maßnahmen über die ­Erkenntnisse des ­Modellvorhabens hinaus.

Wie bewerten Sie die Ergebnisse des Modellprojekts?

Tobias Goldschmidt: Die Ergebnisse machen Hoffnung. Zu oft geht es in der landwirtschaftlichen Debatte darum, was alles nicht geht. Das Modellvorhaben hat das Gegenteil bewiesen. Es hat gezeigt, dass eine klimafreundliche und umweltverträgliche Landwirtschaft kein Widerspruch zu ordentlichen Erträgen ist. Das ist doch eine gute Nachricht für die Landwirtschaft und unsere natürlichen Lebensgrundlagen. Es war goldrichtig, von vornherein die landwirtschaftliche Praxis in das Modellvorhaben einzubinden. So war sichergestellt, dass das Vorhaben nicht im Wolkenkuckucksheim, sondern auf den landwirtschaftlichen Flächen in der Schleiregion stattfand.

Welche Ergebnisse haben Sie besonders beeindruckt?

Es ist möglich, gleichzeitig die Nitratausträge aus der Düngung und den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren, ohne die Betriebe wirtschaftlich vor übermäßige Herausforderungen zu stellen. Sowohl die schlaginterne Segregation als auch die hybride Fruchtfolge sind dafür gute Instrumente. Die dabei entstehenden Brach- und Blühflächen bieten diversen Pflanzen- und Tierarten wichtige Lebensräume in der Agrarlandschaft. So profitiert beispielsweise die Feldlerche sehr von Brachflächen in der Feldmitte. Landwirte, die das tun, schenken Leben und tragen zum Erhalt dieses gefährdeten Feldvogels bei. Das Modellvorhaben hat außerdem erfolgreich belegt, dass in vielen der 30 teilnehmenden Betriebe Anpassungsbedarf hinsichtlich des Hoftor-Bilanzsaldos für Stickstoff und Phosphor bestand. Durch die Optimierung wurden die Salden verbessert, weshalb ich weiter für die Hoftorbilanz und die Gemeinwohlprämie in der Gemeinsamen Agrarpolitik werbe.

Inwieweit sind die Ergebnisse der Modellregion auf andere Landesteile übertragbar?

Ich halte eine Übertragung der Ergebnisse auf weite Teile Schleswig-Holsteins für sinnvoll und machbar. Der große Gewinn des Modellvorhabens Schlei ist, dass die erarbeiteten und gemeinsam mit Landwirten entwickelten und erprobten Lösungsansätze auf jedem Ackerschlag umgesetzt werden können.

Sehen Sie die in dem Modellprojekt erprobten Maßnahmen als für die Landwirte geeignet, um die Vorgaben zur Reduktion von Stickstoffüberschüssen aus der Zielvereinbarung Ostseeschutz umzusetzen?

Ja. Ich empfehle den Ostseebeiräten, diese bei den Umsetzungsplänen für die Zielvereinbarung mitzudenken. Klar ist, dass die Maßnahmen des Modellvorhabens allein nicht ausreichend sein werden, um die in der Zielvereinbarung festgelegten Reduktionsziele zu erreichen. Da muss mehr kommen und ich habe großes Vertrauen, dass da auch mehr kommen wird. Das Bekenntnis zum Ostseeschutz war ein starkes Signal der landwirtschaftlichen Verbände.

Welche Maßnahmen zur Reduktion von Stickstoffüberschüssen kommen für Sie noch in Betracht?

Um Nährstoffeinträge zu reduzieren, sind nicht nur zeitweise angelegte Gewässerrandstreifen, sondern auch mehr naturnahe Feuchtgebiete, staunasse Ackersenken und Wald extrem wichtig. Das ist nicht nur relevant für den Natur- und Gewässerschutz, sondern auch als Anpassung an den Klimawandel. Und eine Aufwertung unserer Heimat wäre es ebenso. Auch landwirtschaftliche Maßnahmen, zum Beispiel die bodennahe und damit präzisere Gülleausbringung, vermindern Stoffausträge.

Ist ein Anschlussprojekt geplant? Wo will das MEKUN weitere Förderschwerpunkte setzen?

Jetzt geht es darum, die Erkenntnisse in die Fläche zu bringen. Sie werden in das Beratungsangebot der landesweiten Naturschutz- und Gewässerschutzberatung integriert, die mein Haus finanziert. Zudem wird ein Praxisleitfaden dazu erstellt. Und natürlich nutzen wir die Erkenntnisse für unsere Mitarbeit an einer zukünftigen klima- und umweltgerechten Europäischen Agrarpolitik nach 2027. Sie muss diejenigen belohnen, die im Sinne der natürlichen Lebensgrundlagen wirtschaften.

Mehr Gewässerschutz mit Ordnungsrecht und Anreizen

Die in Berufsstand und Politik in Verruf geratene Stoffstrombilanz genießt in der Wissenschaft weiterhin hohe Anerkennung. Zumindest die Kieler Agrarwissenschaftler Prof. Friedhelm Taube und Prof. Uwe Latacz-Lohmann sehen die Stoffstrombilanz für Stickstoff und Phosphor als zentrales ordnungsrechtliches Instrument zur Honorierung nachhaltiger Landwirtschaft. Sie sprechen sich im Abschlussbericht zum Modellprojekt Schlei außerdem dafür aus, die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) um innovative Ökoregelungen und Zweite-Säule-Maßnahmen zum Schutz der Gewässer zu erweitern.

In Summe sei die Kombination aus ambitioniertem Ordnungsrecht und ökoeffizienten Fördermaßnahmen die geeignete Strategie, um die Ziele im Gewässerschutz zu erreichen, uteilten Taube und Latacz-Lohmann bereits im Anschluss an eine Ausschusssitzung des schleswig-holsteinischen Landtags im Januar. Freiwillige Maßnahmen allein reichten nicht aus.

Die Forscher präsentierten Ergebnisse des Schlei-Projekts, in dem Maßnahmen zur Verringerung der Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft in die Ostsee in der Modellregion Schlei untersucht wurden. Dabei wurden die Stoffstrombilanzen von 30 Betrieben in der Modellregion erfasst und bewertet und umfängliche Anbaualternativen zur Reduktion der Nitratkonzentrationen im Sickerwasser getestet. Danach zeigen die Stoffstrombilanzsalden, dass mehr als zwei Drittel der Betriebe die Zielgrößen entsprechend dem sogenannten 120/120-Modell einhalten, ein Drittel jedoch nicht. Taube und Latacz-Lohmann leiten daraus ab, dass die Stoffstrombilanz als Instrument zum Schutz der guten Betriebe fortgeführt werden müsse. Darüber hinaus müssten die sehr guten Betriebe, die sich durch geringe positive Salden auszeichneten, zusätzlich honoriert werden, etwa über ein Punktesystem im Rahmen einer Gemeinwohlprämie.

Im Jahr 2020 einigte sich der Landtag darauf, in einem Modellprojekt Schlei eine langfristige Verbesserung der Gewässersituation in der Region herbeizuführen. Foto: Imago

Die Sickerwasseranalysen verschiedener Ackerfruchtfolgen im Rahmen des Projekts zeigen den Professoren zufolge zudem, dass die klassische Marktfrucht-Fruchtfolge aus Raps und Weizen bei Düngung nach Düngeverordnung nicht in der Lage sei, die Nährstoffausträge über die Drainagen in die Ostsee ausreichend im Sinne der Ziele der Wasserrahmenrichtlinie und Meeresstrategierichtlinie zu reduzieren. Vorgeschlagen wird, mehrjährige Kleegrassysteme als Einstieg in eine Hybridlandwirtschaft zu fördern. Hybridsysteme seien in der Lage, den Nährstoffeintrag in die Gewässer um rund 30 % zu reduzieren und Umweltkosten in der Größenordnung von etwa 240 €/ha bei geringen Ertragsreduktionen zu vermeiden.

Plädoyer für die Stoffstrombilanz

So hält der Projektbericht zusammenfassend fest, dass die Stickstoff- und Phosphorüberschüsse auf den Projektbetrieben im Schnitt zu hoch seien. Da die Hälfte der Betriebe in den Untersuchungsjahren die Zielvorgaben einer wissenschaftlich fundierten guten fachlichen Praxis der Düngung für das Zieljahr 2030 erfüllt habe und der Aufwand zur Erstellung einer Hoftorbilanz überschaubar sei, plädieren die Autoren für die Implementierung der Stoffstrombilanzverordnung für N und P für alle Betriebe. Die Honorierung günstiger (übergesetzlicher) Hoftorsalden im Rahmen einer Gemeinwohlprämie biete entsprechende betriebswirtschaftliche Anreize und decke in der aktuellen Kalibrierung des Punktwertes und des Korrekturfaktors die durchschnittlichen Anpassungskosten. Krisenbedingt habe es in den Untersuchungsjahren positive Anpassungen unabhängig von der Honorierung der Hoftorsalden gegeben. Bei wieder zurückgehenden Betriebsmittelpreisen sei es jedoch möglich, dass die Betriebe ihren Betriebsmitteleinsatz erneut intensivierten. Um eine solche Rückentwicklung zu verhindern und zur Förderung positiver Anpassungsstrategien brauche es finanzielle Anreize, wie sie durch eine Gemeinwohlprämie geboten würden.

Mit seinen Getreideeträgen nach Kleegras unterstreiche der Demobetrieb Hobus die Potenziale eines Hybridansatzes insofern, als ein Hafer nach zwei- bis dreimal überwinterndem Kleegras nahezu frei von Unkräutern und Ungräsern sei und bei einem optimalen, frühen Aussaattermin ohne N-Düngung und chemischen Pflanzenschutz den vollen Ertrag realisiere.

Ressourceneffizienz und hohe Produktivität

Die Hybridlandwirtschaft sei ein Konzept, das durch Integration von Kleegras in eine Ackerbaufruchtfolge einerseits die Ziele der Ressourceneffizienz und andererseits eine hohe Produktivität vereine. Dies habe sich auch anhand des vorgenommenen Vergleiches von Deckungsbeiträgen mithilfe von Szenarien ergeben, der zeige, dass die hybride Fruchtfolge mit herkömmlichen Fruchtfolgen konkurrieren könne, sofern eine wirtschaftliche Verwertung des Kleegrases erfolge. Dies in Verbindung mit den positiven Vorfruchteffekten des Kleegrases und der Teilnahme an einzelnen Ökoregelungen lasse die Hybridlandwirtschaft im Vergleich zu einer dreigliedrigen Referenzfruchtfolge aus Weizen, Gerste und Raps wirtschaftlich attraktiv werden.

Im Exaktversuch in Hohenschulen sei das 90/10-Modell auf Validität geprüft worden mit dem Ergebnis, dass zumindest kurzfristig keine negativen physischen Ertragseffekte der N-Düngungsreduktion auf 90 % des Bedarfs für den Landwirt aufträten. Inbesondere sei dies dann nicht der Fall, so der Abschlussbericht weiter, wenn dies mit Anpassungen in der Fruchtfolge (Zwischenfrüchte/Sommerungen), Sortenwahl und angepasster N-Dünungsstrategie kombiniert werde. Mit Verweis auf die nicht vollständig repräsentative Stichprobe unterstrichen die betriebswirtschaftlichen Auswertungen dieses Ergebnis und verdeutlichten, dass besonders die restriktiven Bewirtschaftungsauflagen der Extensivflächen Treiber der Mehrkosten für die schlaginterne Segregation seien.

Das Experiment habe ergeben, dass Landwirte bereit seien, an einem entsprechenden Förderprogramm zur schlaginternen Segregation teilzunehmen. Für die Ausgestaltung eines solchen Förderprogramms seien neben der eindeutigen ökologischen Wirksamkeit aus der Perspektive der landwirtschaftlichen Betriebe ein adäquater Fördersatz, möglichst einjährige Verpflichtungszeiträume, keine Vorgaben zur Mindestgröße der Vertragsfläche, keine verpflichtende Beratung und kein zusätzlicher Kontrollaufwand wichtig. Unter den Bewirtschaftungsauflagen der Extensivflächen hätten sich der reine Stickstoffdüngerverzicht beim Anbau derselben Kultur wie auf der Intensivfläche sowie (alternativ) das Etablieren von Blühflächen als diejenige Variante erwiesen, die auf größte Akzeptanz stießen, wobei die genannten Varianten unter dem Vorbehalt der düngerechtlichen Anerkennung stünden.

Insgesamt zeigten die Arbeiten, urteilt der Bericht abschließend, dass eine „Kombination aus ordnungsrechtlichen Basismaßnahmen (Stoffstrombilanz mit ambitionierten Zielwerten) und klug gesetzten Anreizen für Landwirte (Honorierung besonders günstiger Nährstoffsalden; Hybridlandwirtschaft) einen vielversprechenden Politikmix zur Erreichung von Umweltzielen bei hohen Produktionsniveaus darstellt“.

Der Projektbericht zum Modellvorhaben Schlei ist auf der Seite des MEKUN abrufbar unter schleswig-holstein.de/modellvorhaben-schlei

Zum Interview mit Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) über das Modellvorhaben Schlei geht es hier.

Käufer dominieren Schweinemarkt

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Volle Ställe und überschwere Schweine: Die Überhänge dominieren nun seit Monaten den Schweinehandel in Schleswig-Holstein. Viele Partien warten seit Wochen auf Abholung und werden immer schwerer. Lebendgewichte über 140 kg sind nicht selten, haben aber die dramatische Konsequenz, dass sie als Sauen abgerechnet werden, deutlich unter dem Schlachtschweinepreis, was für die betroffenen Mäster tiefrote Zahlen bedeutet.

Abbau der Kapazitäten

Im Jahr 2024 hat die deutsche Schlachtindustrie deutlich Kapazitäten abgebaut. Vion hat sich komplett aus dem deutschen Markt zurückgezogen. Zunächst wurde dabei Anfang des Jahres der Standort in Emstek geschlossen, damit verschwand eine Schlachtkapazität von zirka 70.000 Schweinen pro Woche. Perleberg in Brandenburg wurde an die Uhlen GmbH aus Nordrhein-Westfalen verkauft. Der neue Besitzer beschloss im November 2024, die Zerlegung zu schließen und sich auf den Verkauf von Schweinehälften zu konzentrieren, was 160 Arbeitsplätze kostete und auch dazu führte, dass insgesamt weniger Schweine abgenommen wurden. Im November 2024 stellte dann auch die Leine-Fleisch GmbH in Laatzen bei Hannover, die bis dahin bis zu 10.000 Schweine pro Woche abgenommen hatte, den Betrieb ein. All diese norddeutschen Betriebe waren wichtige und traditionelle Abnehmer schleswig-holsteinischer Schweine.

Überhänge seit Dezember 2024

Schon im Dezember 2024 waren die Mastställe in Schleswig-Holstein voll. Es wurde von ersten Absatzproblemen berichtet. Die Schlachtunternehmen reduzierten ihre Aktivitäten ab der dritten Dezemberwoche, weil die Lager für das Sondergeschäft zu den Festtagen gut gefüllt waren. In den beiden letzten Dezemberwochen brachen die Schlachtzahlen feiertagsbedingt um etwa 30 bis 50 % ein. Im Januar kamen die Mitarbeiter aus Südosteuropa erst nach dem orthodoxen Weihnachtsfest am 7. Januar zurück. Erst ab dem 13. Januar nahmen die Schlachtbetriebe wieder ihren Betrieb auf, allerdings nicht mit der vollen Kapazität, denn im Vorjahresvergleich kamen seit Jahresanfang etwa 12 % weniger Schlachtschweine an den Haken, mit allerdings höheren Schlachtgewichten. In anderen Ländern wie den Niederlanden wurden zusätzliche Schlachttage am Sonnabend gefahren …

Maul- und Klauenseuche

Mit dem Ausbruch der Maul- und Klauenseuche (MKS) in Brandenburg brach das nächste Unheil über die Schweinemäster herein, weil Schweinefleischexport in Nicht-EU-Länder nicht mehr möglich war. Zunächst wurden auch keine Schweine aus den brandenburger Sperrgebieten mehr abgenommen. Um den betroffenen Mästern zu helfen, wurde dort ein „Schlachttag Brandenburg“ pro Woche eingeführt. Dies reduzierte die Kapazitäten überproportional, weil nach den Schlachtungen die Anlagen aufwendig und langwierig gereinigt werden mussten.

In den letzten Monaten wuchsen die Schlachtgewichte stetig an. Inzwischen müssen pro Schlachttier 5 bis 6 kg Fleisch mehr verkauft werden. Und der Markt ist sehr ruhig, es fehlt jeder Impuls für den Schweinefleischmarkt. Dabei sind Trends wie der „Veganuary“ (veganer Januar) nicht hilfreich. Der seit Oktober 2024 um 18 % von 2 €/ kg SG auf nun 1,72 €/kg SG reduzierte Schweinepreis (plus ersatzlosem Wegfall von 3 € Bonus) hatte keinen Effekt im Markt, führte weder zu geringerer Produktion noch zu zusätzlichem Fleischabsatz. Auch wenn der Drittlandexport deutschlandweit nur zirka 7,5 % der Schweineproduktion betrifft, war doch der Export ins Vereinigte Königreich von zirka 10.000 t Fleisch monatlich für Norddeutschland relativ wichtig. Jede nicht dorthin gelieferte Tonne Fleisch drückt hier auf den Markt.

Derzeitig benötigen die Schlachtunternehmen die angebotenen Mengen nicht. Wegen der Energiekosten wollen sie noch nicht für die sommerliche Grillsaison einlagern. Auch der Export in Drittländer läuft wegen der MKS nicht. So wird der Abbau der Überhänge am Schweinemarkt sich noch einige Zeit verzögern. Längerfristig sollte berücksichtigt werden, dass im LEH vor allem Ware mit Tierwohl-Label vergleichsweise gut läuft.

Menschliches Denken – künstlich erzeugt!

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Im Rahmen der Gesamtvorstandssitzung des LandFrauen­verbandes Schleswig-Holstein Ende Januar hielt Ulrike Aumüller, Dozentin an der Fachhochschule Kiel, einen aufschlussreichen Vortrag zum Thema Künstliche Intelligenz (KI). Als Expertin auf dem Gebiet der Digitalisierung und der KI-Technologie zeigte sie den LandFrauenkreisvorsitzenden, dem Verbandsvorstand sowie der Geschäftsstelle der LandFrauen die Grundlagen, Zukunftsperspektiven, Chancen und Risiken von KI auf.

Der „Spielplatz“ der Künstlichen Intelligenz: eine Übersicht diverser Chatbots
Fotos: Meike von der Goltz

„Künstliche Intelligenz ist in aller Munde und wird uns so schnell auch nicht loslassen. Es ist ein Thema, dass die Menschheit in den nächsten Jahrzehnten begleitet!“ Mit diesen Worten eröffnete Ulrike Aumüller ihren spannenden Vortrag vor den anwesenden LandFrauen und unterstrich auch direkt die Wichtigkeit, sich mit diesem Thema – egal ob auf beruflicher oder privater Ebene – auseinanderzusetzen. „Ob wir wollen oder nicht, KI muss uns interessieren, wir kommen nicht daran vorbei.“

Die Expertin klärte zunächst darüber auf, dass Künstliche Intelligenz darauf abziele, dass Maschinen das menschliche Handeln und Denken nachahmen, wobei große Datenmengen verarbeitet und durch komplexe Algorithmen Muster erkannt werden, die dann für Entscheidungen genutzt werden können. „Also menschliches Denken, das künstlich erzeugt wird“, fasste Ulrike Aumüller zusammen, fügte aber noch an, dass unser menschliches Gehirn weiterhin eine deutlich höhere Leistung habe als die Künstliche Intelligenz. Die Referentin betonte, dass KI in vielen Bereichen unseres Lebens bereits allgegenwärtig sei, sei es in der Medizin, der Landwirtschaft, der Industrie oder im alltäglichen Konsumverhalten. Obwohl sich Ulrike Aumüller tagtäglich mit Künstlicher Intelligenz beschäftigt, hat sie selbst aber auch eine gewisse Skepsis. „Ich bin schon etwas besorgt, was Künstliche Intelligenz mit uns in beruflicher Hinsicht machen wird, vor allem in Bezug auf unsere Jobs. Aber grundsätzlich sollten wir KI als neue Technologie mit enormen Potenzialen begrüßen.“

Als Dankeschön bekam Ulrike Aumüller Blumen von LandFrauen-Präsidentin Claudia Jürgensen (li.) und Vizepräsidentin Sylke Messer-Radtke (r.).

Im Verlauf ihres Vortrags machte Ulrike Aumüller die LandFrauen aber auch darauf aufmerksam, dass sowohl die private als auch die berufliche Nutzung von KI-Tools (Chatbots) wie „Chat GPT“, „Perplexity“ und vielen mehr mit Vorsicht zu genießen sei, insbesondere im Hinblick auf Urheberrechte und Fehlinformationen. „Diese Tools sind nicht darauf ausgerichtet, Wahrheiten zu produzieren. KI-Tools berechnen mit ihren angefütterten Daten und Informationen nur Wahrscheinlichkeiten.“ Daher sollte man sie auch nicht als Recherche-Werkzeug nutzen.

Allein im Laufe der letzten anderthalb Jahre kamen weit mehr als 1.000 verschiedene KI-Tools auf den Markt, wobei Ulrike Aumüller den LandFrauen riet, erst einmal zu sichten, zu filtern und vor allem vorsichtig mit sensiblen Daten umzugehen. „Etwas, das privat bleiben soll, sollte auch niemals in einen Chatbot eingegeben werden.“ Dann könne aber gern quer durch den mittlerweile riesigen KI-Tool-Kosmos ausprobiert werden!

Tierwohl und CO2-Effizienz gehen Hand in Hand

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Die Landestagung der Arbeitsgemeinschaft der Rinderspezialberatung und der Landwirtschaftskammer ist als jährlich wiederkehrende Veranstaltung Magnet für Landwirtinnen und Landwirte sowie Beraterinnen und Berater.

Ute Volquardsen, Präsidentin der Landwirtschaftskammer, begrüßte zur alljährlichen Vortragsveranstaltung. Traditionell beginnt die Landestagung mit einem Rückblick auf das vorige Wirtschaftsjahr und dem Überblick über die Vollkostenauswertungen der Betriebe der Rinderspezialberatung. Volquardsen nutzte die Gelegenheit, dem jüngst berufenen Prof. Dr. Andreas Melfsen zur Professur Verfahrenstechnik in der Tierproduktion an der Fachhochschule Kiel zu gratulieren, und übergab im Anschluss an Prof. Dr. Kathrin Mahlkow-Nerge, die die Moderation der Veranstaltung übernahm. Den Auftakt machte Dr. Thomas Bahr (Agrarberatung Mitte e. V.) mit der Präsentation der Vollkostenauswertung des Wirtschaftsjahres 2023/2024, eine ausführliche Zusammenfassung folgt in der nächsten Woche.

Ute Volquardsen, Präsidentin der Landwirtschaftskammer, sprach anlässlich der Landestagung die Grußworte. Foto: Isa-Maria Kuhn

Es folgten drei Impulsvorträge zum Thema der diesjährigen Landestagung „Lohnen sich Investitionen in Tierwohl und CO2-Effizienz?“.

Lösungen gegen Emissionen

Wie können bautechnische Lösungen für mehr Tierwohl und CO2-Effizienz aussehen? – Dieser Frage widmete sich Prof. Dr. Andreas Melfsen und klärte zunächst die Begrifflichkeiten Tierwohl und Tiergerechtheit. Während Tierwohl den Zustand des Tieres selbst beschreibt, bezieht sich Tiergerecht­heit auf die Qualität der Haltungsbedingungen. Tierwohl kann also über bauliche Verbesserungen der Tiergerechtheit, sei es in der Ermöglichung von mehr Bewegungsfreiheit oder einer geeigneteren Fressplatzgestaltung, unterstützt werden. Diese und weitere Maßnahmen für mehr Tiergerechtheit können jedoch zu baulich bedingt höheren Emissionswirkungen führen, da ein höheres Platzangebot im Stall oder auf Auslaufflächen genau wie ungenügend gema­nagte Einstreubereiche die emittierende Fläche vergrößern kann und so trotz eines Mehrs an Tierwohl die CO2-Effizienz auf den ersten Blick reduziert wird.

Prof. Dr. Andreas Melfsen (FH Kiel) setzte Impulse für bauliche Lösungen. Foto: Isa-Maria Kuhn

Durch mehr Tierwohl zeige sich jedoch auch weniger Stress bei den Tieren und folglich seien insgesamt höhere Leistungen, verbesserte Langlebigkeit und folglich weniger Notwendigkeit zur Remontierung zu erwarten, so Melfsen. Dies führt dann wiederum zu verbesserter CO2-Effizienz, da unter anderem weniger Jungvieh aufgezogen werden muss.

Direkte bauliche Lösungen für die Minderung von Treibhausgasen wie Lachgas und Methan aus der Landwirtschaft, die zu großen Anteilen aus dem Wirtschaftsdüngermanagement stammen, können schon durch die Verlegung der Güllelagerung gegeben sein. Wird mit Gülleaußenlagern inklusive gasdichter Haube gearbeitet, werden Emissionen eingespart.

Ein weiterer wichtiger baulicher Aspekt betrifft die Gestaltung der potenziell emittierenden Flächen, die durch Reduzierung der Verschmutzung auch weniger Schadgase wie Ammoniak emittieren. Als Beispiel nennt Melfsen den Bau erhöhter, durch Trennbügel getrennter Fressplätze. Die erhöhte Standfläche wird weniger durch Kot und Harn verunreinigt.

Zusätzlich zur Einsparung von Emissionen darf aber das Tierwohl auch baulich nicht aus dem Blick geraten, sei es bei Optimierung des Luftwechsels, des Dachaufbaus oder der Neigung des Daches, um Hitzestressstunden zu reduzieren. Eine bisher noch nicht sehr weit verbreitete Möglichkeit bieten hier mehrschichtige Gründächer, die durch Evapotranspiration kühlend wirken. Ergänzend kann auf technische Lösungen wie Ventilatoren gesetzt werden, die aber nicht notwendigerweise die Ursachen des Wärmeeintrags kompensieren könnten. Baulich könne eine Grundlage geschaffen werden, das Management sorge dann für das Tierwohl, so Melfsen abschließend.

Milchwirtschaft und Nachhaltigkeit

Welche Wege geht die Milchwirtschaft beim Thema Nachhaltigkeit? – „Welchen Weg geht Arla?“, ergänzte Dr. Thomas Kröber (Arla Foods Deutschland GmbH) und zeigte in seinem Vortrag ebendiesen Weg auf. Arla ist eine Genossenschaft und legt großen Wert auf nachhaltige Produktion und Bezifferung dieser Nachhaltigkeit durch die Berechnung des CO2-Fußabdrucks der Milch. Dieses Vorgehen ist unter anderem der Nachfrage nach Nachhaltigkeitskennzahlen aus dem Lebensmitteleinzelhandel und der Milch verarbeitenden Industrie geschuldet. Außerdem sieht sich Arla verpflichtet, ihren Teil zu nationalen und EU-Klimazielen beizutragen.

Dr. Thomas Kröber (Arla Foods Deutschland GmbH) beschrieb, wie Meiereien die Nachhaltigkeit der Betriebe unterstützen können. Foto: Isa-Maria Kuhn

Die wissenschaftlich abgeleitete Berechnung des CO2-Fußabdrucks offenbart zunehmend eine Reduktion der ausgestoßenen CO2-Äquivalente je Kilogramm fett- und eiweißkorrigierter Milch. Mit dem Leitspruch „It’s not the cow, it’s the how” verweist Kröber auf den großen Einfluss des Managements und Betriebs auf die CO2-Produktion. Denn es ist nicht die Kuh, sondern vor allem das Management um sie herum, das zu mehr Nachhaltigkeit führen kann. In diesem Sinne hat Arla auf ihren Betrieben regelmäßige Klimachecks etabliert, die sich auf eine jährliche Datenerfassung mittels umfangreichen Fragenkatalogs stützt.

In 240 Fragen werden vor allem Daten zur Herde und der Tierhaltung an sich, zur Landnutzung und zu den eingesetzten Futtermitteln erfasst. Zum CO2-Fußabdruck gebe es eine Faustregel, so Kröber, die laute: „Alles, was in den Betrieb einfließt, hat einen CO2-Fußabdruck und alles, was den Betrieb verlässt, verlässt den Betrieb auch wieder mit einem CO2-Fußabdruck.“ Dies gilt auch für die sogenannten Treiber der Emissionen auf den Betrieben, zum Beispiel das aus der Pansenfermentation stammende Methan, Emissionen aus der Fütterung, hier insbesondere die Herkunft und Produktionsweise sowie den Umgang mit Wirtschaftsdüngern.

Über diese und weitere Informationen etwa zur Milchleistung beziehungsweise dem Erstkalbealter wurden die „Big 5“ abgeleitet, die universelle Themen umschreiben, die optimiert den CO2-Fußabdruck senken können und für alle Betriebstypen anwendbar sind. Zu den „Big 5“ gehören die Futter- und Proteineffizienz der Herde, die Kuhsterblichkeit, der Verbrauch an Düngemitteln und die Landnutzung. In ihnen finden sich Stellschrauben wieder, die sich positiv auf die CO2-Emissionen auswirken können, sei es durch den Einsatz nachhaltig produzierter Futtermittel, bessere Haltungsbedingungen und erhöhte Nutzungsdauer oder den nachhaltigen Einsatz von Düngemitteln.

Für die Betriebe der Arla kann sich ein guter CO2-Fußabdruck auch monetär lohnen, da bei 80 erreichten Punkten 2,40 ct/kg fett- und eiweißkorrigierter Milch zusätzlich ausgezahlt werden.

Kombination Vollweide und AMS

Kann die Kombination aus automatischem Melken und Vollweide eine nachhaltige Alternative sein? – Über seine Erfahrungen dazu berichtete Jörg Riecken (Landwirt aus Großbarkau) in einem Impulsvortrag. Der Weg zur Vollweide ergab sich laut Riecken aus dem Wunsch nach verbesserter Klauengesundheit und weniger Aufwand für die Klauenpflege.

Jörg Riecken (Landwirt Großbarkau) berichtete aus seiner täglichen Praxis zu mehr Tierwohl und Nachhaltigkeit. Foto: Isa-Maria Kuhn

Seine Herde mit 140 Holstein-Friesian-Kühen läuft von April bis Oktober auf der Weide und produziert rund 11.770 kg Milch je Kuh und Jahr. In der weidefreien Zeit werden die Kühe auf dem Grünhof in einem geförderten Tierwohlstall mit 10%iger Unterbelegung gehalten. Der Weg zur Weidehaltung brachte zudem eine Änderung im Abkalbemanagement, denn die Kühe kalben im Block über vier Monate im Herbst ab. Bis Heiligabend seien bereits 100 Abkalbungen durch, berichtet Riecken.

Durch die Weidehaltung aller Tiere über viele Monate hat sich besonders die Klauengesundheit verbessert. „Ich habe eigentlich keine Mortellaro mehr“, beschreibt Riecken die Situation. Färsen kämen das erste Mal zum ersten Trockenstellen in den Klauenstand.

Neben dem tiergesundheitlichen und damit auch Tierwohlaspekt sei vor allem die Arbeitseffizienz deutlich gestiegen. Zwar ergibt sich durch die saisonale Abkalbung eine Arbeitsspitze, diese ist jedoch so gelagert, dass die eigenen Arbeiten in der Außenwirtschaft abgeschlossen sind. Zeit für die Außenwirtschaft, bauliche Maßnahmen und Erholung nimmt Riecken sich in der Zeit zwischen März und Mitte September.

Durch die Ausnutzung der herausragenden Grasqualität in Frühjahr und Sommer ergibt sich für die Herde des Grünhofs eine sehr gute Grundfutterleistung von 5.000 bis 6.000 kg. Vor dem Start in die Weidesaison werden die Kühe während der ersten Laktationshälfte schon im Stall voll ausgefüttert. Die Milchleistung wird dann von April bis Juni durch das junge, nährstoffreiche Gras hochgehalten. Mit sinkendem Bedarf in der Spätlaktation bietet das Gras im Sommer weiterhin genug Inhaltsstoffe, um die Kühe leistungsgerecht zu versorgen. Als „Dürrepuffer“ empfiehlt Riecken, Maissilage bereitzustellen.

Das Melken der Tiere wird während der gesamten Laktation durch drei Melkroboter geleistet. Kühe, die nicht ausreichend ausgemolken sind, werden nicht auf die Weiden entlassen, sondern mittels Drei-Wege-Tor in einen Separationsbereich geleitet. Sobald sie den Melkroboter erneut aufgesucht haben und ausgemolken sind, dürfen die Kühe auf die Tages- oder Nachtweide.

Insgesamt beschreibt Riecken, dass sich durch die Vollweide das Tierwohl gesteigert habe, sei es durch gesündere Klauen oder die wenigen Fälle von Verletzungen wie Technopathien. Im Sinne der Nachhaltigkeit ist die Weide ebenso wertschöpfend, da Ammoniakemissionen und Energieverbräuche durch Diesel vergleichsweise reduziert sind.

Fazit

Die Vortragenden konnten mit ihren Impulsen einige Fragen aufwerfen, die im Anschluss an eine Kommunikationspause in einer Podiumsdiskussion beantwortet wurden. Die Ergebnisse der Podiumsdiskussion werden im zweiten Teil der Berichterstattung aufgegriffen.

Lesen Sie hier Teil 2 der Landestagung 2025: https://www.bauernblatt.com/dem-landwirt-darf-der-spass-nicht-genommen-werden/

Landessortenversuche Speisekartoffeln in Niedersachsen

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Die Kartoffelsaison 2024 war in Niedersachsen im Mai und Juni relativ feucht, was an vielen Standorten zu einem frühen Befall mit Krautfäule führte. Durch gezielte Maßnahmen hatten die Landwirte diese aber gut im Griff. Beregnung war erst im Juli und August nötig. Bei einigen Pflanzgutpartien bereitete die Schwarzbeinigkeit Probleme, sowohl im Auflauf als auch im Bestand der Kartoffeln.

Seit über 20 Jahren führt die Landwirtschaftskammer Niedersachsen Landessortenversuche durch. An zwei Standorten (­Celle und Suderburg) laufen Versuche für frühe und mittelfrühe Sorten. Das Sortiment ist mit mehreren anderen Bundesländern abgestimmt. Nachdem eine Sorte drei Jahre geprüft wurde und somit die Prüfung abgeschlossen ist, erfolgt eine bundesweite Beurteilung der Sorte (am Ende des Artikels). Bei den einjährig und zweijährig geprüften Sorten finden sich nur die Ergebnisse der Versuche in Celle und Suderburg wieder. Beides sind typische Heidestandorte mit zirka 30 Bodenpunkten, die bei Bedarf beregnet werden.

Grundsätzlich ist die Sortenwahl so aufgebaut, dass sich die neuen Sorten mit drei guten etablierten Sorten unterschiedlicher Kochtypen messen müssen. Das sind zum Beispiel im frühen Sortiment ‚Belana‘, ‚Sunita‘ und ‚Wega‘. Diese Sorten stellen auch die Bezugsbasis für die Berechnung der Erträge und Sortierungen in Relativzahlen dar. Jede Sorte wird drei Jahre geprüft, es sei denn, die Sorte war nicht lieferfähig oder zeigte im ersten Versuchsjahr schon so gravierende Schwächen, dass sie aus dem Sortiment gestrichen wurde. Deshalb gibt es in den Tabellen nicht von jeder Sorte zweijährige Ergebnisse, weil entweder die Prüfung 2023 abgeschlossen oder eine Sorte erst 2024 neu aufgenommen wurde. 2024 standen im frühen Sortiment elf und im späteren vierzehn Sorten. Neu aufgenommen wurden bei den frühen Sorten ‚Artemis‘ und ‚Jutta‘. In der Reifegruppe 3 gingen erstmals die Sorten ‚Elise‘, ‚Lotta‘‚ ‚Samoa‘ und ,Thalia‘ an den Start. Von den 34 in den Jahren 2023 und 2024 geprüften Sorten waren zehn festkochend, 22 vorwiegend festkochend und zwei mehligkochend. Die Stickstoffdüngung wurde mit 150 kg/ha Nmin durchgeführt. Bei Kali, Phosphor und Magnesium wurde nach der Bodenuntersuchung und den Empfehlungen der Landwirtschaftskammer gedüngt.

Starke Sortenunterschiede gibt es beim Schorf.

Die Kartoffeln wurden je nach Standort am 16. oder 22. April gepflanzt. Die Herbizidbehandlung erfolgte mit einer metribuzinfreien Tankmischung, damit metribuzin­unverträgliche Sorten nicht unter der Herbizidmaßnahme litten. Die Fungizidmaßnahmen gegen Krautfäule und Alternaria sowie Insektizidmaßnahmen gegen Kartoffelkäfer und Läuse wurden so durchgeführt, dass die Bestände gesund blieben. So werden die eigentlichen Versuchsfragen nicht durch einen pilzlichen oder tierischen Schaderreger überlagert. Eine reifegruppenspezifische, praxisnahe Krautregulierung Anfang bis Mitte August war die Grundlage für die Ernte schalenfester Ware.

In den Versuchen fand eine Vielzahl von Bonituren statt. Im Bestand wurden der Aufgang, die Fehlstellen sowie die Krankheiten Rhizoctonia, Schwarzbeinigkeit und Krautfäule festgehalten. Sofort nach der Ernte ermittelten wir den Ertrag, die Sortierung, den Stärkegehalt und hohle Knollen an Übergrößen. Später bonitierten wir am Erntegut Fäulen, Schorf, Rhizoctonia, Eisenfleckigkeit, Wachstumsrisse und ergrünte Knollen. Ein Kochtest Anfang November gab Aufschluss über Kochtyp, Fleischfarbe und insbesondere Geschmack der einzelnen Sorten. In diesem Artikel stehen die wichtigsten praxisrelevanten Parameter im Vordergrund.

Erträge, Sortierung und Stärkegehalte

Die Erträge (dt/ha) lagen 2024 aufgrund der guten Wasserversorgung über denen von 2023. An den relativen Erträgen ist gut zu erkennen, dass die meisten Sorten eine genetische Veranlagung zu hohen oder niedrigen Erträgen haben. Überdurchschnittliche Erträge (Tabelle 1 und 2) erzielten in beiden Jahren in der frühen Reifegruppe die Sorten ‚Adorata‘, ‚Fabricia‘, ‚Florentina‘, ‚Wega‘ und ‚4 You‘. Auch die beiden neuen Sorten Artemis‘ und Jutta‘ brachten einen hohen Ertrag. In der Reifegruppe 3 hatten ‚Columbia‘, ‚Merle‘ und insbesondere ,Taormina‘ die Nase vorn. Nach der Ertragsfeststellung wurden die Kartoffeln sortiert. Ein erhöhter Anteil an Drillingen (kleine Knollen) wurde in den beiden Jahren nur bei der Sorte ‚Gerona‘ ermittelt. Diese Eigenschaft muss aber nicht unbedingt von Nachteil sein, für bestimmte Verwertungsrichtungen ist sie sogar ein erklärtes Zuchtziel, genauso wie ein hoher Anteil an Übergrößen, der je nach Vermarkter als Vor- oder Nachteil angesehen werden kann. Extrem viele Übergrößen (über 30 %) hatten ‚Adorata‘, ‚Axenia‘, ‚Columbia‘, ‚Petra‘, ‚Sandra‘, ‚Sunita‘, ‚Polly‘, ‚Taormina‘ und im Jahr 2024 ‚Fabricia‘. Wenn Übergrößen nicht explizit erwünscht sind, sind die Konsequenzen für die Praxis eine geringere Stickstoffdüngung, ein engerer Pflanzabstand und/oder ein früherer Krautregulierungstermin. Tabelle 3 zeigt die Stärkegehalte der Sorten. Auch hier ist zu erkennen, dass die Sorten eine genetische Veranlagung zu mehr oder weniger Stärke haben, da sich die Ergebnisse in den Jahren ähneln.

Anbaueigenschaften im Überblick

Einige Eigenschaften sind in Tabelle 4 dargestellt. Für die Vermarktung können die äußeren und inneren Mängel entscheidend sein. Zu den wichtigsten äußeren Mängeln zählen der gewöhnliche Schorf und Rhizoctonia-Pocken auf der Schale. Bei den inneren Mängeln können Eisenflecken für eine erfolgreiche Vermarktung entscheidend sein. Da in den Jahren 2023/24 kaum Eisenflecken in den Kartoffeln unserer Versuchsstandorte zu finden waren, muss auf die Darstellung dieser Eigenschaft in Tabelle 4 verzichtet werden.

Beim gewöhnlichen Schorf waren in den letzten Versuchsjahren starke Sortenunterschiede zu bonitieren. Diese Ergebnisse sind in Tabelle 4 eingeflossen. Insbesondere die Sorten ‚Artemis‘, ‚Axenia‘, ‚Chateau‘, ‚Emiliana‘, ‚Florentina‘, ‚Franca‘, ‚Lotta‘, ‚Luna Rossa‘, ‚Polly‘, ‚Regina‘ und ‚Samoa‘ hatten reichlich Schorf auf der Schale. Deshalb sollten sie nur auf Standorten angebaut werden, die intensiv beregnet werden können und einen nicht zu hohen pH-Wert aufweisen. Sehr geringen Schorfbesatz zeigten ‚Belana‘, ‚Camelia‘, ‚Gerona‘, ‚Jutta‘, ‚Lea‘, ‚Lilly‘, ‚Sandra‘ und ‚Sunita‘. Auch Sorten, die stabil gegen Schorf in den Versuchen waren, sollten nicht zu spät beregnet werden (Stolonenverdickung). Frühes Beregnen unter trockenen Bodenverhältnissen kann für eine Minimierung von Schorf mit entscheidend sein.

Rhizoctonia trat in den letzten Versuchsjahren immer wieder auf, trotz einer Flüssigbeizung mit Moncut. Die Ergebnisse finden sich in Tabelle 4.

Nematodenresistenz gegen Globodera pallida

Für den Landwirt ist es wichtig, zu wissen, ob er Nematoden auf seinen Flächen hat und, wenn ja, welche Art und Menge. Danach kann er planen, welche Sorte auf welchem Standort passt. Sollten weiße Nematoden (Pallida 2, 3) auf der Fläche sein, eignen sich die vorwiegend festkochende Sorte ‚4 You‘ (Pa 2, 3) und die festkochende Sorte ‚Vindika‘ (Pa 2, 3). Diese Sorten sind auch zur Nutzung im Rahmen von Bekämpfungsprogrammen in Deutschland geeignet.

Speiseeigenschaften getestet

Beim Testessen bestätigte sich meistens die bekannte Sorteneinstufung der Kochtypen festkochend, vorwiegend festkochend und mehligkochend. Die Fleischfarbe „tiefgelb” gekochter Kartoffeln (Tabelle 5) zeigten die Sorten ‚Belana‘, ‚Emiliana‘, ‚Merle‘, ‚Regina‘, ‚Santera‘ und ‚Wega‘ am intensivsten. Wozu ist die Fleischfarbe wichtig? Die Antwort ist einfach: Das Auge isst mit, und Tiefgelb ist einfach schöner als Hellgelb.

Bei der Prüfung auf den Geschmack wird nicht in „gut” und „schlecht” schmeckende Sorten unterschieden. Vielmehr werden bestimmte definierte „Mängel im Geschmack” (zum Beispiel bitter, fade) festgestellt. Besonders geringe Mängel und somit einen sehr guten Geschmack hatten ‚Belana‘, ‚Chateau‘, ‚Emiliana‘, ‚Lea‘, ‚Merle‘, ‚Regina‘, ‚Samoa‘, ‚Santera‘, ‚Vindika‘ und ‚Wega‘.

Empfehlenswerte Sorten des geprüften Sortiments

Aus diesen vielen Daten die passenden Sorten für den Betrieb zu finden ist nicht einfach. Tabelle 6 zeigt eine Übersicht der empfehlenswerten Sorten, die mindestens dreijährig geprüft wurden und deren Prüfung somit abgeschlossen ist. Diese Beurteilung wurde länderübergreifend durchgeführt. Der Parameter Speisequalität wurde ermittelt aus der Fleischfarbe und dem Geschmack gekochter Knollen. Um in die Empfehlung zu kommen, sollten mindestens zwei Versuchsjahre, besser drei vorliegen. Deshalb sind die neu geprüften Sorten noch nicht in dieser Tabelle aufgeführt. In der gesamten Sortenempfehlung für 2025 befinden sich noch wesentlich mehr Sorten, die jedoch 2023 und 2024 nicht mehr im Sortiment standen. Neu in der Tabelle ist der Parameter „Festigkeit gegen grüne Knollen“. Mit dieser Eigenschaft soll ein Hinweis auf die Pflanztiefe gegeben werden. Sorten, die zu grünen Knollen neigen, sollten etwas mehr Erdbedeckung bekommen.

Fazit

Jede Sorte hat in bestimmten Parametern Vorteile, aber auch Nachteile. Das Paket der Eigenschaften führt zur richtigen Sorte. Guter Geschmack und gutes Aussehen sind wichtig, damit der Konsum von Speisekartoffeln nicht weitersinkt, sondern wieder steigt. Die Vermarktungsfähigkeit kann die Auswahl einschränken. Noch unbekannte Sorten sind nicht so einfach zu vermarkten wie bekannte Sorten. Der Anbau sollte mit der aufnehmenden Hand abgesprochen werden. Nematoden sind auf einigen Standorten ein Problem, deshalb sollte auf die Nematoden-Resistenz geachtet werden, wobei noch wenige Sorten mit einer Pallida-Resistenz im Speisebereich vorhanden sind. Wünschenswert ist eine Nematoden-Untersuchung vor dem Anbau von Kartoffeln.

Pflanzenschutzgerätekontrolle alle drei Jahre verpflichtend

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Dass die Pflanzenschutzgerätekontrolle, umgangssprachlich auch Spritzen-TÜV genannt, alle sechs Kalenderhalbjahre verpflichtend ist, sollte jeder sachkundige Anwender wissen. Besonders wichtig für den Anwender von Pflanzenschutzgeräten ist jedoch auch das Wissen über die korrekte selbstständige Wartung der Geräte. Welche Maßnahmen innerhalb der amtlichen Prüfintervalle wann zu ergreifen sind, wird in diesem Artikel ­behandelt.

Mit Einführung der regelmäßigen Sachkundefortbildungen für Anwender von Pflanzenschutzmitteln (PSM) wurde aus politischen Gründen das Prüfintervall für Pflanzenschutzgeräte von vier auf sechs Kalenderhalbjahre erhöht. Aus fachlicher Sicht ist das eher riskant, da die Fehlerhäufigkeit bei den Geräten natürlich eine Funktion aus Anwendungsintensität und Zeit ist. Was hat der Verfügungsberechtigte oder Besitzer eines Pflanzenschutzgerätes also in Eigenregie zu unternehmen, damit er trotz des langen Zeitraumes sicher unterwegs ist?

Das Jahr beginnt in aller Regel mit dem Auswintern des Pflanzenschutzgerätes, hieran schließen sich bald die erste Befüllung und die regelmäßigen und vorschriftsmäßigen Reinigungen nach den Anwendungen an. Voraussichtlich wird auch die eine oder andere Reparatur der Geräte in der Saison selbstständig ausgeführt.

Auswintern und Auslitern

Je nach Betriebsart und -größe überwintern die Pflanzenschutzgeräte mit Frostschutz in Tanks und Leitungen, wenn sie nicht frostfrei stehen können. Das Frostschutzmittel sollte so vollständig wie möglich aufgefangen und wiederverwendet werden. Dafür werden die vorgeschriebenen Ablassvorrichtungen der Tanks genutzt. Auch an den Frischwassertank und die Einspülschleuse, wenn vorhanden, muss gedacht werden. Das Gestänge kann oft durch Anheben einer Seite und Öffnen des dann tiefer gelegenen Tropfstopps geleert werden. Um auch die Leitungen frei zu bekommen, können Planen unter das Gestänge gehängt werden, in die bis zum Luftausstoß über die Düsen die Leitungen entleert werden. Dann entfällt die vorher genannte Entleerung des Gestänges. In jedem Fall sollte die anzunehmende Restmenge im System mindestens mit der zehnfachen Menge Wasser verdünnt werden und auf biologisch belebter Ackerfläche gut verteilt mit zirka 150 l/ha ausgebracht werden.

Aktuelle Prüfplakette mit ­Fälligkeit 2028

Düsen müssen nicht im Gestänge überwintern. Die applikationsfreie Zeit kann genutzt werden, um sie zu reinigen. Dies kann zusätzlich zum Spülen mit Spezialreiniger und -bürsten mit weicher Bürste in einem Ultraschallbad erfolgen. Die Membranen der Tropfstopps sollten vor der erneuten Inbetriebnahme ebenso kontrolliert und gegebenenfalls gereinigt oder gewechselt werden.

Wenn die gereinigten Düsen wieder eingebaut sind, wird es spannend. Die Spritze sollte nun etwa zur Hälfte mit Frischwasser befüllt werden. Nach einer Überprüfung der sicherheitsrelevanten Teile des Spritzenanbaus wie der Zapfwelle geht es hinaus auf eine bewachsene, biologisch aktive Fläche. Hier werden alle verbauten Düsensätze visuell kontrolliert. Dabei sollten alle für die jeweiligen Düsen infrage kommenden Drücke von Minimal- über Optimal- bis zum Maximaldruck überprüft werden. Bei Maximallast der Pumpe müssen auch alle Leitungen auf Leckagen überprüft werden – besser, ein Schlauch platzt beim Test ab als bei einer Fahrt mit Pflanzenschutzmitteln. Bei der visuellen Überprüfung kommt es natürlich auf die gleichmäßige Spritzfächerausbildung an. Unregelmäßigkeiten einzelner Düsen müssen durch Reinigen oder Austauschen behoben werden. Ist optisch alles in Ordnung und es werden keine Geräteteile angespritzt, muss noch ausgelitert werden. Hierfür wird bei Optimaldruck 1 min lang ein Messbecher unter eine Düse gehalten. Den Optimaldruck gibt der Hersteller an. Die dazugehörige Flüssigkeitsmenge findet man in den Tabellen der Hersteller oder in der „Universaltabelle der verlustmindernden Düsen“ des Julius-Kühn-Instituts (JKI). Diese Messung wird mindestens an einer Düse jeder Teilbreite durchgeführt. Eine Abweichung vom Mittelwert aller getesteten Düsen von 10 % ist akzeptabel. Bei hochmodernen Geräten mit Einzeldüsenschaltung und 36 m Arbeitsbreite wird es mit dem Auslitern der Düsen schwierig. Im Zweifelsfall sollte hier jährlich zur Querverteilungsprüfung in eine amtlich anerkannte Werkstatt gefahren werden.

Pumpe und Regelarmaturen

Die Leistung der Pumpe und die Genauigkeit der Gleichregelarmatur kann relativ einfach überprüft werden. Die Spritze läuft hierfür bei normalem Arbeitsdruck und appliziert auf allen Teilbreiten. Nun werden alle Teilbreiten nacheinander weg- und wieder hinzugeschaltet. Der am Manometer angegebene Druck darf bei weggeschalteter Teilbreite nicht variieren. Abweichungen können in der Regel durch Justierung nach Gebrauchsanweisung behoben werden. Gelingt dies nicht, so muss eine Werkstatt aufgesucht werden.

Die Pumpenleistung sollte bei in Gebrauch befindlichen Geräten noch mindestens 90 % der Werkleistung betragen. Ohne entsprechendes Gerät kann die notwendige Leistung bei den meisten Geräten (mit hydraulischer Umwälzung) folgendermaßen überprüft werden: Größte verbaute Düse bei maximalem Arbeitsdruck applizieren lassen. Nun muss im Tank bei mindestens halber Befüllung noch deutlich sichtbare Umwälzung stattfinden. Ist dies nicht der Fall, muss das Gerät in die Werkstatt.

Sicheres Arbeiten am Pflanzenschutzgerät

Sind alle vorbereitenden Prüfmaßnahmen zur Zufriedenheit durchgeführt, geht es ans Befüllen. Dies, alle oben genannten und die nachfolgenden Arbeiten finden in persönlicher Schutzausrüstung (PSA) statt. Minimum sind dabei geeignete Handschuhe und beim Hantieren mit unverdünntem Pflanzenschutzmittel Kittelschürze, Schutzbrille und Gummistiefel. Das Befüllen, Reinigen und alle Reparaturmaßnahmen sollten dringend auf bewachsener, biologisch aktiver Fläche vorgenommen werden. Vor dem Einfüllen der PSM werden hier auch in der Saison regelmäßig mit Frischwasser visuell die Spritzfächer kontrolliert.

Wann ist die Prüfung fällig?

Abschließend hier die wichtigsten Infos zur amtlichen Kontrolle: Auf der Prüfplakette ist das Datum der Fälligkeit der nächsten Prüfung angegeben, nicht der letzte Prüftermin. Eine Plakette und das dazugehörige Prüfprotokoll sind europaweit anzuerkennen, wenn nachweislich nach EN ISO 16122 geprüft wurde. Dies muss aber explizit aus den Unterlagen und der Plakette hervorgehen. Achtung: Die Fälligkeit der nächsten Prüfung ist zum Beispiel in Frankreich erst nach zehn Kalenderhalbjahren. Die französische Prüfung ist anerkannt, der nächste Prüftermin in Deutschland hat dennoch sechs Kalenderhalbjahre nach der letzten Prüfung stattzufinden.

Dem Verfügungsberechtigten eines Pflanzenschutzgerätes sollte die Gründlichkeit der Kontrolle sehr wichtig sein. Für eine herkömmliche Feldspritze sind es 48 Prüfpunkte, die auf der Webseite des JKI detailliert dargestellt sind (https://tinyurl.com/tksw2n2y). Eine solche Prüfung braucht Zeit. Die Kommunikation zwischen Verfügungsberechtigtem und amtlichem Prüfer ist für eine erfolgreiche Prüfung von großer Bedeutung.

Weitere Informationen zur Pflanzenschutzgerätekontrolle und zur Anwendungstechnik im Pflanzenschutz unter https://t1p.de/dsmmq

Die Universaltabellen des JKI finden sich unter: https://t1p.de/q1jl7

Fazit

Pflanzenschutztechnik muss alle sechs Kalenderhalbjahre geprüft werden. In der Zwischenzeit hat der Verfügungsberechtigte die Verantwortung für die gründliche und regelmäßige Überprüfung der Pflanzenschutzgeräte. Die im Text besprochenen Maßnahmen haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Auch in den Gebrauchsanweisungen finden sich Wartungsanweisungen, die regelmäßig durchgeführt werden müssen. Es muss ständig auf die korrekte Funktion der Pflanzenschutzgeräte geachtet werden, da sonst kostspielige Anwendungen nicht den gewünschten Erfolg erzielen. Umweltbelastungen oder Kontaminationen der Anwender können die Folge von schlechter Wartung sein. Es ist zu bedenken, dass das Prüfintervall von sechs Kalenderhalbjahren sehr lang ist. In diesem Zeitraum können sich viele Fehler in der Technik einschleichen.

Aktuelles im ökologischen Ackerbau

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Friedlich grasen die Schafe im Mondschein auf der ökologischen Versuchsfläche in Barlt (Foto). Aber der Schein trügt. Die Vorbereitungen zur Saat der Sommerungen laufen auf Hochtouren. In den Hallen wird Saatgut abgewogen, Drillpläne werden erstellt und letzte Versuchsvarianten abgestimmt.

Auch auf Praxisflächen sieht man, dass der eine oder andere die Frosttage zum Pflügen genutzt hat. Dies sollte auch bei den nächsten Minusgraden priorisiert werden, denn Sommerungen danken einen frühen Saattermin durch bessere Bewurzelung und stabilere Bestandesdichten.

Sowohl die für angedachten Sommerungen als auch die etablierten Winterungen ist die Nährstoffversorgung zu konkretisieren. Auch bei regelmäßiger organischer Düngung sind ökologisch bewirtschaftete Flächen oft schlecht mit Kali versorgt. Besonders Leguminosen (auch Kleegras), aber auch Stoppelgetreide profitieren von einer Düngung. Der Schwefelbedarf von Getreide und Leguminosen liegt bei zirka 25 kg S/ha. Mit Schwefel in Sulfatform sollte bis Anfang März gewartet werden, da bei wenig Wachstum und viel Niederschlag eine Verlagerung in tiefere Bodenschichten droht.

Wirtschaftsdünger dürfen wie alle stickstoff- und phosphathaltige Düngemittel nicht auf gefrorenen Boden gefahren werden. Bereits Anfang Februar gab es Ausbringgelegenheiten ohne Frost. Generell gilt für die Wirksamkeit von organischen Düngern, dass ein früher Zeitpunkt von Vorteil ist. Zu beachten ist, dass bei niedriger Luftfeuchte und Wind die Ausgasung von Ammoniak am höchsten ist. Gärreste sind hier besonders gefährdet. Um möglichst viel des wertvollen Stickstoffes für die Pflanzen zur Verfügung zu haben, sollte man Verluste vermeiden. Dies geschieht am besten durch verlustarme Ausbringtechnik, schnelles Einarbeiten (eine Stunde ist Pflicht) und regnerische Witterung nach der Maßnahme. Ein Wissen um die Nährstoffgehalte von Wirtschaftsdüngern, hilft diese zielgerichtet einzusetzen. Daher empfiehlt es sich Proben zur Analyse zu ziehen.

Die im Herbst bestellten Bestände präsentieren sich aktuell ausreichend üppig. Auf den Ökoversuchsfeldern der LKSH erreicht die am 21. September gedrillte Wintergerste in Futterkamp bis zu 95 % Bodenbedeckung. Restverkrautung nach den Striegelgängen im Herbst hatte in den Warmphasen im Dezember Zeit, sich weiterzuentwickeln. Hier heißt es, bereitzustehen für die nächsten mechanischen Maßnahmen bei abgetrocknetem Boden.

Verstorbenen Frauen die Würde zurückgeben

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In der Kieler Medizin- und Pharmaziehistorischen Sammlung der Christian-Albrechts-Universität ist seit 2020 die Ausstellung „Female Remains – Frauenschicksale und die Vermessung der Geburt“ zu sehen. Sie zeichnet den Lebensweg von fünf armen, ledig schwangeren Patientinnen der früheren Hebammenlehr- und Gebäranstalt zu Kiel nach.

In der Präsentation befindet sich auch ein Vitrinenschrank aus dem 19. Jahrhundert mit 31 weiblichen Beckenknochen. Sie wurden im Namen der Forschung Verstorbenen entnommen, bei denen die Geburt aufgrund ihrer Beckenform Komplikationen verursachte.

Elisabeth Heimann

Ein Lebensweg in der Ausstellung erinnert an Elisabeth Heimann (1819-1847), eine Magd in der Landwirtschaft. Sie wird als Tochter eines Gutstagelöhners geboren. Ihre Mutter stirbt, als Elisabeth neun Jahre alt ist. Sie und die vier Geschwister wachsen in prekären Lebensumständen auf. Die junge Frau beschreitet deshalb den typischen Weg eines Dienstmädchens.

Gustav Adolph Michaelis
Repro: Silke Bromm-Krieger

Nach verschiedenen Beschäftigungen tritt sie am 1. Mai 1844 ihre Stelle als Magd auf einem großen Milchbauernhof in Neu-Bokhorst bei Schillsdorf an. Doch wegen einer Schwangerschaft, Kindsvater unbekannt, wird sie am 8. Februar 1847 entlassen. Am 31. Mai nimmt sie die Gebäranstalt auf. Wehen setzen am 18. Juni ein, aber nach drei Tagen ist ihr Kind immer noch nicht geboren. Ihr Becken ist sehr eng, der Kindskopf groß. Der damalige Leiter der Gebäranstalt, Gustav Adolph Michaelis (1798-1848), entscheidet sich für einen Kaiserschnitt. Das Ungeborene stirbt aber bereits vor dem Eingriff im Mutterleib. Am 22. Juni ist auch die 28-jährige Elisabeth tot. Die Obduktion bestätigt eine massive Entzündung des Unterleibs und schwere Verletzungen durch die Entbindung des toten Säuglings. Das Obduktionsprotokoll endet mit den Worten „Becken conserviert“.

In Schleswig-Holstein und anderswo sind zu dieser Zeit Leichname von im Wochenbett gestorbenen, unehelich Schwangeren für den Gebrauch zu anatomischen Zwecken freigegeben. Im allgemeinen Bewusstsein werden derlei Sektionen als Strafe empfunden.

Die tragische Geschichte von Elisabeth Heimann ist kein Einzelfall. Im 19. Jahrhundert gibt es für arme, ledige, schwangere Frauen, ob in der Stadt oder auf dem Land, fast keine Unterstützungsangebote. Auf die Schwangerschaft einer unverheirateten Frau aus benachteiligten Gesellschaftsschichten reagieren Obrigkeit und Umfeld mit Härte und Unverständnis. Häufig verliert die Betroffene nicht nur die Arbeitsstelle, sondern ihren sozialen Ruf. Eine eigene Heimstatt, in der sie ein Kind zur Welt bringen könnte, hat sie oft nicht. Die Kosten für eine Hebamme kann sie nicht zahlen. In vielen Fällen als Halb- oder Vollwaise aufgewachsen, als Kostkind in eine oder mehrere Pflegefamilien gegeben, fehlt ihr ein zuverlässiges familiäres oder soziales Hilfsnetz. Zudem droht bis in das Jahr 1857 hinein eine sogenannte Unzuchtsstrafe.

Die genaue Einrichtung des Entbindungszimmers im Gebärhaus ist nicht bekannt. Entbindungsbetten wie dieses, waren aber verbreitet. Repro: Silke Bromm-Krieger

Gebäranstalten wie die 1805 in Kiel eröffnete zielen darauf ab, diese Verhältnisse langfristig zu ändern. Sie sind für manche betroffene Frauen, die hier kostenlose Geburtshilfe erhalten, der einzige Ausweg. Ein Attest über eine dort erfolgte Geburt und Taufe des Kindes ermöglicht ihnen zudem Straffreiheit.

Die Mediziner, die den Anstalten vorstehen, sehen jene zunächst hauptsächlich als Stätten der Forschung an. „Dementsprechend wurden die dort unterkommenden Frauen immer auch als Versuchspersonen verstanden und gebraucht. Ein Mitspracherecht wurde ihnen dabei kaum zugestanden. Und auch in den Gebärhäusern blieb der Tod trotz und zum Teil gerade durch die medizinische Versorgung ein ständiger Begleiter von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett“, schreiben Prof. Dr. Ibrahim Alkatout und Dr. Christian Hoffarth im Vorwort ihres Buches zur Ausstellung mit dem Titel „arm ledig schwanger – Die Kieler Gebäranstalt des 19. Jahrhunderts als Spiegel medizinischer und sozialer Herausforderungen“.

Wibke Butenschön

Diese traurige Erkenntnis trifft ebenso auf das Dienstmädchen in der Landwirtschaft Wibke Butenschön (1828-1860) zu. Sie wird am 23. Oktober 1828 in Nortorf geboren. Die Familie leidet Not. Der Vater stirbt 1838 im Armenhaus. Alle fünf Kinder sind an Rachitis erkrankt, einer Störung des Knochenstoffwechsels. Diese zeigt sich in weichen Knochen, die sich unter der Last des Körpergewichts verformen.

Im 19. Jahrhundert treten unter der armen Bevölkerung ausgeprägte Formen der Krankheit auf. Sie äußern sich zum Beispiel in einem Buckel, O- oder X-Beinen, einem eingefallenen Brustbein oder einer Beckenverformung. Die Geschwister von Wibke erreichen lediglich das Kindesalter. Sie selbst bewegt sich bis zum 12. Lebensjahr nur kriechend fort. Mit 14 Jahren schafft sie es, langsam und wackelnd ohne Stütze zu gehen. Mit ihrer körperlichen Behinderung arbeitet sie dennoch als Dienstmädchen, zunächst in Nortorf, später in Borgdorf.

Mit 31 Jahren erwartet die Unverheiratete ein Kind vom Webergesellen Heinrich Brandt. Daraufhin verliert sie vermutlich ihre Arbeit auf einem Hof des Gutes Emkendorf. Wibke weiß nicht wohin. Acht Wochen vor der Geburt sucht sie die Kieler Gebäranstalt auf. Sie ist sehr klein (120 cm), blass und hat einen ausgeprägten Hängebauch. Die Vermessung des Beckens ergibt eine hochgradige Verengung. Schwierigkeiten bei der Niederkunft sind absehbar.

Carl Conrad Litzmann
Repro: Silke Bromm-Krieger

Am 23. Oktober 1860 wird Wibke durch einen damals hochriskanten Kaiserschnitt von Carl Conrad Litzmann (1815-1890), Leiter der Gebäranstalt von 1849-1885, entbunden. Drei Tage später stirbt sie, doch ihre kleine Tochter Caesarine Caroline lebt. Sie wird zunächst von anderen Wöchnerinnen gestillt. Am 15. Dezember 1860 teilt die Gutsverwaltung Emkendorf dem Pastorat Nortorf mit, dass sie die Heimatrechte des Mädchens anerkennt. Damit verpflichtet sich das Gut, für seinen weiteren Unterhalt zu sorgen.

Im gesamtgesellschaftlichen Kontext waren die armen, unverheirateten Schwangeren, die in die Gebäranstalt kamen, eine überschaubare Gruppe. Meist stammten sie aus ländlichen Gebieten, waren von früher Jugend an als Gesinde tätig, arbeiteten bei wechselnden Arbeitgebern als Hilfskräfte für Kost und Logis in Landwirtschaft, Handwerk und Haushalt.

Noch heute ist wenig über sie und ihre beklemmenden sozialen Bedingungen bekannt. „Zum einen wurde in den ländlichen Regionen und über ihre Bewohner wesentlich weniger Schriftgut produziert als im städtischen Raum, zum anderen ist auf dem Land zumeist weniger davon bewahrt worden. In den Archiven und Bibliotheken Schleswig-Holsteins und seiner Nachbarländer finden sich folglich nur relativ wenige Unterlagen, die einen tiefen Einblick in die Lebensumstände armer Menschen im 19. Jahrhundert, insbesondere in den ländlichen Regionen, erlauben“, bemerken Alkatout und Hoffarth in ihrer Publikation.

Litzmann untersuchte die seltensten Beckenformen. Dieses schräg-verschobene Becken überließ ihm ein Kollege aus Dresden.
Repro: Silke Bromm-Krieger

Trotzdem gelang es den Autoren, 14 Lebenswege von Wöchnerinnen der Gebäranstalt, denen man posthum das Becken entnommen hatte, als ein Zeugnis ihrer Existenz zu rekonstruieren. Unter ihnen sind die fünf Patientinnen aus der Ausstellung: Elisabeth, Wibke, Magdalena, Engel und Katharina.

Die sehenswerte Schau beschäftigt sich außerdem mit dem Verhältnis zwischen Patientinnen, Hebammen und Geburtshelfern und erläutert die historische Forschung zum Verständnis des Geburtsvorgangs. Sie regt die Museumsbesucher interaktiv an, den Umgang mit den Frauen und ihren sterblichen Überresten zu diskutieren und sich selbst eine Meinung zu bilden. Mehr Infos unter ­med-hist.uni-kiel.de

Literatur

Ibrahim Alkatout und Christian Hoffarth: „arm ledig schwanger – Die Kieler Gebäranstalt des 19. Jahrhunderts als Spiegel medizinischer und sozialer Herausforderungen“, Solivagus Verlag, 28 €

ISBN: 978-3-947064-19-9

Die Autoren vollziehen in 14 Patientinnengeschichten ihr Leben und Sterben nach. Sie erklären die gesetzlichen Bedingungen, unter denen sich ledige Schwangere bewegten, und informieren über Geburtshilfe ab dem 19. Jahrhundert.

Ein Blick in die Ausstellung
Foto: Silke Bromm-Krieger
Kamen bei der Geburt zum Einsatz: Hörrohr, Chloroform-Besteck, Dusche und eine Mühle für Mutterkorn, das als Wehenmittel diente
Foto: Silke Bromm-Krieger
Lange führten Hebammen Geburten allein durch. Die Karikatur von Isaac Cruikshank (Wellcome Collection London, 1784) polemisiert gegen den damals neuen, männlichen Geburtshelfer.
Repro: Silke Bromm-Krieger
OP-Instrumente waren für eine Entbindung bei verengtem Becken unentbehrlich. Die Zange wurde zum Symbol der medizinischen Geburtshilfe. Foto: Silke Bromm-Krieger