Der Grüne Weg Dänemarks (siehe Ausgaben 25 und 27) beschäftigt auch die Kieler Politik. Wie bewertet Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) die Politik der Nachbarn?
Dänemark wird grün: CO2-Abgabe für die Landwirte, Herausnahme von 10 % der Nutzflächen, Stickstoffreduktion: Sehen Sie das als Blaupause für Schleswig-Holstein?
Werner Schwarz: Dänemark geht einen sehr ambitionierten Weg. Für Schleswig-Holstein sehe ich aber eher einen Ansatz, der auf Kooperation, Praxistauglichkeit und wirtschaftliche Tragfähigkeit setzt. Klimaschutz darf nicht zur Überforderung führen. Entscheidend ist, dass Maßnahmen an der Realität der Betriebe anknüpfen. Wir brauchen Lösungen, die praktikabel, wirtschaftlich tragfähig und gemeinsam mit der Landwirtschaft entwickelt sind.
Was kann man auf Deutschland übertragen, was nicht? Wo sind wir besser als Dänemark?
Dänemark ist ein interessantes Beispiel – allerdings unterscheiden sich die Rahmenbedingungen deutlich. Als vergleichsweise kleines Land kann Dänemark zentral gesteuerte Maßnahmen schneller und einheitlicher umsetzen. Deutschland hingegen ist föderal strukturiert. Das macht Prozesse mitunter komplexer, eröffnet aber auch die Chance, gezielt regionale Lösungen zu entwickeln. Und genau darin sind wir stark: wissenschaftlich fundiert, praxisnah und angepasst an die Bedingungen vor Ort.
Ist es sinnvoll, Flächen aus der Erzeugung zu nehmen, oder bevorzugen Sie den produktionsintegrierten Naturschutz?
Naturschutz und Landwirtschaft dürfen kein Widerspruch sein. Ich halte klar abgegrenzte Schutzflächen, also eine segregative Herangehensweise, für wirksamer. So schaffen wir Raum für Artenvielfalt und ermöglichen zugleich eine effiziente landwirtschaftliche Produktion für unsere Ernährungssicherung. Beides braucht es!
Ist die CO2-Strafsteuer das richtige Prinzip oder können Sie sich sinnvolle Anreize vorstellen?
Wir brauchen einen Wandel durch Anreize. Betriebe, die in gesellschaftlich gewünschte Leistungen investieren, etwa in Umwelt- und Klimaschutz, müssen dafür angemessen honoriert werden. Das schafft Motivation und Akzeptanz. Genau dafür setze ich mich auch bei den aktuellen Verhandlungen zur Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ein.
Geht der Aktionsplan Ostsee in eine vergleichbare Richtung?
Mit dem Aktionsplan Ostseeschutz 2030 verfolgt Schleswig-Holstein einen eigenständigen, aber ambitionierten Weg. Im Zentrum steht die Reduzierung der Nährstoffeinträge – ein zentrales Ziel der Landesregierung. Wir setzen dabei auf einen kooperativen, praxisorientierten Ansatz: Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Landwirtschaft arbeiten gemeinsam an umsetzbaren Lösungen. Ein bundesweit einmaliger Rahmen ist die Zielvereinbarung zwischen Landesregierung und Landwirtschaftsverbänden. Sie schafft Verbindlichkeit, ohne auf pauschales Ordnungsrecht zu setzen. In fünf Modellregionen leisten Ostseebeiräte wertvolle Arbeit – sie entwickeln regionale Maßnahmen, die sich an den tatsächlichen Bedingungen in den Betrieben orientieren. Das stärkt die Umsetzbarkeit und die Bereitschaft zum Mitmachen.
Christian Kock, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Hauptvereins für Nordschleswig (LHN), hat seinen Betrieb wegen der drohenden CO2-Abgabe nach Jahrzehnten ökologischer Wirtschaftsweise rückumgestellt. Können Sie das nachvollziehen?
Ich kann die Sorgen gut nachvollziehen. Unsere Landwirtschaft steht derzeit vor großen Herausforderungen, ob beim Klimaschutz, im Tierwohl oder im Umgang mit zunehmend extremen Wetterlagen. Umso wichtiger ist es, dass wir als Politik stabile Rahmenbedingungen schaffen, die den Betrieben Planungssicherheit und Entwicklungsperspektiven bieten. Dazu zählen verlässliche Förderkulissen und ein gezielter Bürokratieabbau.
Kock meint: „Wir Landwirte wollen Verantwortung übernehmen und innovativ arbeiten, aber nur mit Lösungen, die realistisch und wirtschaftlich tragfähig sind.“ Betonung auf „nur“. Gehen Sie mit?
Wir brauchen ambitionierte, aber praxistaugliche Lösungen. Nur wenn Maßnahmen wirtschaftlich tragfähig sind, können sie sich flächendeckend durchsetzen und ihre Wirkung für Umwelt, Klima und Tierwohl tatsächlich entfalten. Dazu zählen etwa die Weiterentwicklung standortangepasster Bewirtschaftungsstrategien, der gezielte Einsatz von Digitalisierung und Technik oder die Förderung klima- und ressourcenschonender Fruchtfolgen.
In Schleswig-Holstein wurde im April der Dialogprozess zur Zukunft der Landwirtschaft abgeschlossen. Bis 2040 sei nachhaltige, ressourcenschonende, klima- und tierfreundliche Landwirtschaft möglich. Wie geht es jetzt weiter?
Der Dialogprozess hat gezeigt: Landwirtschaft und Umwelt können gemeinsam Lösungen finden – das ist ein starkes Signal. Jetzt gilt es, die im Dialog erarbeiteten Vorschläge konkret weiterzuentwickeln und Schritt für Schritt in die Praxis zu bringen. Erste Schritte sind etwa die Planung und Umsetzung von Modell- und Demonstrationsvorhaben, die gezielte Förderung innovativer Bewirtschaftungskonzepte sowie die enge Begleitung durch Beratung, Wissenschaft und Verwaltung.
Gleichzeitig stärken wir den Dialog mit der Gesellschaft, unter anderem durch unsere Bildungsoffensive zu Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz. Und wir machen gute Ideen sichtbar: Mit dem Zukunftspreis Landwirtschaft zeichnen wir innovative Projektkonzepte aus. Besonders Agrarstudierende an der FH Kiel und der Uni Kiel wollen wir damit ermutigen, kreative und praxistaugliche Lösungen für die Landwirtschaft von morgen zu entwickeln.
Was ist der Lösungsweg, um Klima- und Naturschutz mit Effizienz und Wirtschaftlichkeit zu verbinden?
Wir brauchen einen ausgewogenen Ansatz. Weder pauschale Reduktionen noch rein technologische Lösungen führen allein zum Ziel. Entscheidend sind Maßnahmen, die ökologisch wirksam, wirtschaftlich tragfähig und in der Praxis umsetzbar sind. Klar ist: Umwelt- und Klimaschutz gelingen nur im Schulterschluss mit der Landwirtschaft – und sie müssen sich für die Betriebe lohnen. Deshalb ist es richtig, diese Leistungen in der Weiterentwicklung der GAP ab 2028 gezielt zu honorieren. Dafür setze ich mich ein.
Ministerpräsident Daniel Günther sagte auf dem CDU-Parteitag im Herbst: CDU und Grüne haben im Naturschutz unterschiedliche Ansätze: Wir stehen eher für Freiwilligkeit, wollen die Menschen mitnehmen. Hat er recht?
Ja, die CDU steht für ein Miteinander. Freiwilligkeit und Dialog haben für uns einen hohen Stellenwert. Wenn wir die Menschen mitnehmen, erreichen wir unsere Ziele nachhaltiger – und in vielen Fällen auch schneller.




