Am vorigen Freitag wurde die Maul- und Klauenseuche (MKS) bei Wasserbüffeln in Brandenburg festgestellt. Mehr als 35 Jahre ist der letzte Fall von MKS in Deutschland her. Die Viruserkrankung ist für Tiere hoch ansteckend. Die Wasserbüffel wurden gekeult, eine Sperrzone und ein Transportverbot verhängt. Südkorea hat umgehend einen Importstopp für deutsches Schweinefleisch verhängt.
Brandenburgs Agrarministerin Hanka Mittelstädt (SPD) informierte darüber, dass es zu einem Ausbruch der Maul- und Klauenseuche gekommen ist.
Das nationale Referenzlabor für Maul- und Klauenseuche des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) bestätigte für Proben von Wasserbüffeln aus dem Landkreis Märkisch-Oderland (MOL) in Brandenburg eine Infektion mit dem MKS-Virus. Drei Wasserbüffel waren betroffen, die verendet sind. Sie stammten aus einer Herde von insgesamt 14 Wasserbüffeln. Die übrigen Tiere wurden inzwischen gekeult.
Gemäß EU-Tiergesundheitsrecht für den Fall eines Auftretens der MKS wurden durch die zuständige Behörde umfangreiche Maßnahmen ergriffen. Neben der Sperre des Betriebes und der Tötung der empfänglichen Tiere im Betrieb wurden Sperrzonen errichtet: eine Schutzzone mit einem Radius von 3 km für mindestens 15 Tage und eine Überwachungszone von 10 km Radius für mindestens 30 Tage. Aus diesen ist die Verbringung von empfänglichen Tieren und deren Erzeugnissen verboten und es gelten weitere Vorgaben, wie Reinigung und Desinfektion.
Bund-Länder-Taskforce Tierseuchen tagte
Neben diesen Maßnahmen hat bereits am Tag der Feststellung des Ausbruchs eine Beratung der Bund-Länder-Taskforce Tierseuchenbekämpfung stattgefunden. Das BMEL hat den Zentralen Krisenstab Tierseuchen einberufen und berät mit den Bundesländern sowie der EU über das weitere Vorgehen. Der zuständige Ausschuss im Bundestag tage am Mittwoch dieser Woche in einer Sondersitzung. Auch fand bereits ein Austausch mit den Verbänden der Agrar- und Ernährungsbranche statt.
Wie das Virus in die Herde gelangte, ist bisher unklar. Außerdem wurden auf einem benachbarten Betrieb in Schöneiche (Landkreis Oder-Spree) 55 Ziegen und Schafe sowie drei Rinder gekeult. Der Hof hatte Heu von dem Büffel-Betrieb in Hönow bezogen. Es handelt sich dabei um normale seuchenschutzrechtliche Maßnahmen. Weitere bestätigte Fälle waren am Dienstag nicht bekannt.
Das Land Brandenburg hat eine Eilverordnung erlassen, die den Transport von Tieren für die Dauer von 72 Stunden untersagt. Das Gleiche gilt für Schlachtkörper oder Teile von Schlachtkörpern sowie für Gülle, die in den Zuchtbetrieben von diesen Tieren gewonnen wurden. Nicht betroffen sind Schlachtbetriebe und der Einzelhandel. Verstöße gegen das Verbot können als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.
Die Eilverordnung wurde am Mittwoch erneut um 48 Stunden verlängert und gilt bis zum 17. Januar. Darüber hinaus hat das Land Berlin veranlasst, dass Klauentiere nicht auf der Grünen Woche, die am 17. Januar offiziell beginnt, ausgestellt werden.
Seit mindestens drei Wochen sei der von der Maul- und Klauenseuche betroffene Wasserbüffelbestand bei Hönow infiziert. Darüber informierte nach der Sitzung des Krisenstabes in Seelow Dr. Ralph Bötticher, Leiter des Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamtes MOL am Sonnabend. Die Tatsache, dass einige Entzündungen im Maulbereich der Büffel bereits abgeheilt seien, spreche für eine längere Infektionszeit. Im Klauenbereich habe es keine Auffälligkeiten gegeben. Die Inkubationszeit der MKS wird mit zwei bis sieben Tagen angegeben. Dass die Büffel Kontakt zu anderen Herdentieren hatten, könne nach derzeitigem Kenntnisstand ausgeschlossen werden. Nicht auszuschließen sei dies bei Wildtieren.
Serotyp des Virus festgestellt
Bei den betroffenen Wasserbüffeln hat das FLI das MKS-Virus vom Serotyp O nachgewiesen. Nahe verwandte MKS-Viren kommen im Nahen Osten und in Asien vor. Die genaue Herkunft und der Weg, auf dem sie in die Tierbestände gelangt sind, sind auch nach Kenntnis des Serotyps noch unklar. In der MKS-Antigenbank Deutschland stehen gegen diese Viren geeignete Impfstoffe zur Verfügung. Die MKS-Antigenbank kann, von den Bundesländern aktiviert, innerhalb weniger Tage die benötigten Impfstoffe herstellen.
Abgesehen davon, einen geeigneten Impfstoff herzustellen, sei derzeit entscheidend, alle Klauentiere in der Umgebung des betroffenen Betriebs zu untersuchen, um die tatsächliche Verbreitung zu kennen. Davon hänge ab, welche Maßnahmen gegebenenfalls noch ergriffen würden und ob und wie geimpft werde. Wichtig sei, dass der Impfstoff genau auf die MKS abgestimmt ist, da Impfstoffe gegen andere Serotypen die Tiere nicht schützten.
Keine Veterinärbescheinigungen für Wiederkäuer
Mit der Bestätigung der MKS verliert Deutschland seinen Status als „frei von MKS ohne Impfung“ bei der Weltorganisation für Tiergesundheit (WOAH). Die amtliche Mitteilung des Falles im nationalen Tierseuchennachrichtensystem, die Meldungen an die EU-Kommission (ADIS) sowie an die Weltorganisation für Tiergesundheit (WAHIS) wurden abgesetzt.
Durch den Verlust des MKS-Freiheitsstatus nach WOAH sind zudem ab sofort zahlreiche Veterinärbescheinigungen für den Export insbesondere der Produkte von Wiederkäuern und Schweinen nicht mehr ausstellbar. Dies bedeutet, dass der Export von beispielsweise Milch und Milchprodukten, Fleisch und Fleischprodukten, aber auch Häuten und Fellen, gesalzenen Naturdärmen, Samen und Blutprodukten oder empfänglichen Tieren stark eingeschränkt werden wird.
Als erstes Land hat Südkorea in Reaktion auf den Ausbruch sämtliche Schweinefleischimporte aus Deutschland gestoppt. Zusätzlich werden MKS-Tests an allen Schweinefleischprodukten durchgeführt, die seit dem 27. Dezember geliefert wurden.
Auch die Niederlande reagierten auf den Vorfall. Neben einem landesweiten Transportverbot für Kälber wurde ein Besuchsverbot für Kälberställe verhängt. Nach Angaben des niederländischen Landwirtschaftsministeriums wurden seit dem 1. Dezember rund 3.600 Kälber aus Brandenburg in die Niederlande geliefert, die sich nun in 125 Mastbetrieben befänden. Obwohl bisher keine Infektionen festgestellt wurden, wolle man auf Nummer sicher gehen, hieß es.
Bislang signalisierte nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums neben Südkorea auch Mexiko Importbeschränkungen. Im Handel mit den EU-Partnern gelte das Prinzip, dass nur Importe aus betroffenen Regionen beschränkt würden. Laut Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands (DBV), ist der Druck auf die Märkte bereits heute beträchtlich. Das Umsatzvolumen deutscher Landwirtschaftsbetriebe mit tierischen Produkten in Drittländern liege bei jährlich 5 Mrd. €. Singapur und Kanada gaben Importrestriktionen bekannt, Großbritannien hat Einfuhren von Rindern, Schweinen und Schafen verboten.
Biosicherheitsmaßnahmen unbedingt beachten
Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) appellierte, die Viruskrankheit sei hoch ansteckend und es gebe für die erkrankten Tiere keine Behandlungsmöglichkeiten. Höchste Vorsicht sei geboten, um einen Eintrag nach Schleswig-Holstein unbedingt zu verhindern. „Daher fordere ich alle Halterinnen und Halter gefährdeter Tierarten auf, ihre Biosicherheitsmaßnahmen zu überprüfen und konsequent einzuhalten. Wir beobachten die Lage genauestens und stehen mit den entsprechenden Behörden und Verbänden im Austausch.“
Sollten Halterinnen und Halter virustypische Krankheitssymptome wie Fieber, vermehrten Speichelfluss, eine gerötete Mundschleimhaut oder Bläschen an der Innenfläche der Lippen, am Zahnfleischrand, an Klauen und Zitzen entdecken, muss dies umgehend von einem Tierarzt abgeklärt werden. Insbesondere kleine Wiederkäuer sind zu beobachten, da sie häufig keine schwere Symptomatik zeigen. Da die Symptome der MKS denen der Blauzungenkrankheit ähneln, sollte bei diesen Verdachtsfällen eine entsprechende Abklärungsuntersuchung vorgenommen werden.
DBV lehnt Notimpfung noch ab
Der DBV ruft zu besonnenem Vorgehen auf. DBV-Generalsekretär Krüsken lehnte Notimpfungen vorerst ab. Die Größenordnung des Geschehens erfordere dies noch nicht. Das würde die Diagnostik erschweren, da geimpfte nicht von infizierten Tieren zu unterscheiden seien und anschließend ebenfalls getötet werden müssten. DBV-Präsident Joachim Rukwied fordert nach dem Ausbruch der MKS Bund und Länder auf, alles daranzusetzen, das Seuchengeschehen mit aller Kraft und konsequent zu bekämpfen: „Jetzt zählen Schnelligkeit und Entschlossenheit! Es muss alles darangesetzt werden, um diesen Ausbruch einzudämmen.“ Bund und Länder müssten mit der Wirtschaft eng zusammenarbeiten. „Obwohl das Virus für den Menschen völlig ungefährlich ist, ist der wirtschaftliche Schaden für die Tierhalter erheblich, weil Exportmärkte wegfallen werden“, so Rukwied. age, mbw
Biosicherheit in der Rinderhaltung
Konzept
1. Äußere Absicherung: Schutz vor Einträgen von außen (zum Beispiel durch Besucher oder Schadnager)
2. Innere Absicherung: Verhinderung der Verbreitung von Erregern innerhalb des Betriebs
Infektionswege
• Direkter Kontakt: Übertragung zwischen Tieren (zum Beispiel Atemluft, Sekrete)
• Indirekte Übertragung: Über Personen, Fahrzeuge oder Geräte
Maßnahmen
3. Personal
• Zugangsbeschränkung, Hygieneschleusen, saubere Kleidung, Handhygiene, Einwegkleidung
4. Tiermanagement
• Tägliche Tierkontrollen, Trennung kranker Tiere, hygienische Gerätschaften, regelmäßige Stalldesinfektionen, Abkalbehygiene, Zukauf mit Quarantäne, bei Weidegang Tierkontakt verhindern, keine kreuzenden Arbeitswege, sicheres Kadaverlager
5. Fahrzeugverkehr
• Minimierung von Verkehr, Trennung von Fahrzeugrouten bei An- und Ablieferung, Fahrzeugreinigung und -desinfektion
6. Schadnager- und Fliegenbekämpfung
• Futterangebot (Reste) reduzieren, Reduktion der Nagerpopulation und Insektenkontrolle
Prophylaxe und Tiergesundheitsmanagement
Regelmäßige eigene Tierkontrollen, eine tierärztliche Betriebsbetreuung und gegebenenfalls Impfungen können Erkrankungen minimieren.
Grundlage für Regionalisierung geschaffen
Die EU-Kommission hat am Mittwoch in einem Durchführungsbeschluss die von Brandenburg bereits eingerichteten 3- beziehungsweise 10-km-Zonen bestätigt und damit die Grundlage für die Regionalisierung geschaffen. Dazu erklärte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne): „Bei den Nachrichten der vergangenen Woche ist die Entscheidung aus Brüssel ein Lichtblick für die Landwirtinnen und Landwirte. Die Kommission hat den von Brandenburg gesperrten Bereich nicht vergrößert. Fleisch und auch Milchprodukte, die außerhalb der Sperrzone erzeugt wurden, können damit weiter in der EU gehandelt werden.“ Özdemir appellierte an Drittstaaten, dieses EU-Prinzip ebenfalls anzuerkennen. Unter anderem Großbritannien, Südkorea und Mexiko haben Einfuhren aus Deutschland gestoppt.
Nach Angaben Özdemirs wurden keine weiteren Infektionsherde gefunden. Er verwies darauf, dass die betroffenen Landwirte vom Land Brandenburg entschädigt würden.
Der Landesbauernverband Brandenburg sieht durch den MKS-Ausbruch die Existenz vieler Tierhalter insbesondere in den derzeit als Sperrbezirk und Beobachtungsgebiet ausgewiesenen Regionen bedroht.
Problematisch seien unter anderem die seuchenbedingten Mehraufwendungen etwa für zusätzliche Aufstallungen oder die Fütterung von Tieren, die nicht transportiert werden dürften. age
MKS-Impfung ist problematisch
Die Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche (MKS) wird dadurch erschwert, weil das Virus sich ständig wandelt und neue Stämme ausbildet, was zur Entwicklung immer neuer Impfstoffe zwingt. Allerdings wird seit gut zehn Jahren in Europa nicht mehr generell geimpft. Die EU hat im Jahr 1991 die sogenannte Flächenimpfung gegen MKS eingestellt.
Eine Wiederaufnahme würde jedoch keinen sicheren Schutz gegen neue Ausbrüche bieten. Es gibt sieben Sero- und mehr als 65 Subtypen des MKS-Virus. Auch wenn es theoretisch möglich sein dürfte, gegen jeden in der Welt vorkommenden Typ einen Impfstoff zu entwickeln, kann man nicht gegen alle diese Stämme, einzeln oder auch mit Kombinationsvakzinen, prophylaktisch impfen.
Darüber hinaus sind im vorliegenden Fall bei den weiteren im Umkreis von 1.000 m getöteten Tieren keine zusätzlichen positiven Funde aufgetreten. Nach bisheriger Kenntnis der Behörden gibt es auch keine positiven Fallwildfunde. Das Wild wird jedoch im Überwachungsbereich und Sperrgebiet deutlich stärker beobachtet. Der Landesjagdverband hatte bereits am Wochenende seine Mitglieder noch einmal besonders sensibilisiert.
In Niedersachsen wurden mittlerweile Veranstaltungen mit Klauentieren untersagt. So fallen Zuchtviehschauen und Auktionen aus. Auch in Hessen wurden mehrere Veranstaltungen abgesagt. mbw
Der Seuchenausbruch ist eine wirtschaftliche Bedrohung für die Betriebe –Jetzt Biosicherheitsmaßnahmen verschärfen und Versicherung checken
Die Maul- und Klauenseuche (MKS) wurde nach Deutschland eingeschleppt. In einer kleinen Wasserbüffelherde in Brandenburg wurde das Virus nachgewiesen. MKS ist hochgradig infektiös und gehört zu den anzeigepflichtigen Tierseuchen. Da außer am genannten Fundort bis jetzt keine weiteren Fälle bekannt sind, wird derzeit von einer Impfung abgesehen. Da die Ausbreitung des Erregers aber nicht sicher verhindert werden kann, sollten Tierhalter ab sofort sämtliche Biosicherheitsmaßnahmen streng befolgen, um einem möglichen Eintrag in den eigenen Tierbestand zuvorzukommen.
Tierhalter, die sich in der Vergangenheit bereits gegen Ertragsschäden bei Tierseuchen versichert haben, können im Schadenfalle mit Versicherungsschutz rechnen. Wichtig ist, dass die Versicherung sowohl bei direkter Betroffenheit (Ausbruch im eigenen Tierbestand oder Sperre et cetera) als auch bei indirekter Betroffenheit (Schaden durch Betroffenheit eines Zulieferers oder Abnehmers) leistet. Ebenso sollte der Versicherer für alle Ertragseinbußen und zusätzlichen Kosten im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Tierseuche aufkommen. Zu den Kosten gehören etwa Aufräumungs-, Entsorgungs-, Labor-, Medikamenten-, Reinigungs- und Desinfektionskosten sowie Ausgaben für den Tierarzt oder für weitere amtstierärztliche Auflagen (zusätzliche Schutzmaßnahmen). Zu den entgangenen Erträgen gehören Einnahmenausfälle durch Tierverluste und/oder Verminderung der Produktionsleistung der Tiere, Wertminderung der tierischen Produktion, Unterbrechung des Produktionsverfahrens sowie Lieferverbote und Verkaufsbeschränkungen. Bei der Ertragsschadenversicherung der R+V sind alle oben genannten Kosten und Ertragseinbußen abzüglich des vereinbarten Selbstbehalts mitversichert.
Sofern noch nicht geschehen sollten Betriebe mit der Hauptproduktionsrichtung Schweine- oder Rinderhaltung jetzt eine Ertragsschadenversicherung abschließen. Denn falls sich die Seuche tatsächlich ausbreitet, obliegt es dem Versicherer, wann er einen Zeichnungsstopp für weitere Vertragsabschlüsse vornimmt. Daher sollten Betriebsleiter, die sich ohnehin mit dem Gedanken eines Abschlusses tragen, jetzt schnell handeln. Im Falle eines Abschlusses sollten alle Tiere versichert werden, also bei Rindern nicht nur das Milchvieh, sondern auch die Nachzucht. Nach Vertragsabschluss gilt eine dreimonatige Wartezeit. Ertragsschäden, die innerhalb dieser Frist eintreten und über diesen Zeitraum hinaus andauern, sind dann nicht mitversichert. Nach Ablauf der Frist gilt der volle Versicherungsschutz für alle Schäden, deren Ursache nicht in die dreimonatige Wartezeit fällt.
Wolf Dieter Krezdorn, BVSH