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Drei Parkanlagen und die Elbe immer im Blick

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Der Hamburger Hirschpark ist einer der ältesten Landschaftsgärten der Stadt und nicht nur durch seine eindrucksvollen Baumbestände, das alte reetgedeckte Witthüs und das Hirschgehege bekannt, sondern auch durch seinen hübschen Aussichtspunkt auf das geschäftige Treiben auf der Elbe. Letzteres gilt gleichermaßen für die nicht weit entfernten Parkanlagen von Baurs Park und Sven-Simon-Park, die ebenfalls mit eindrucksvoller Elbaussicht am steilen Geesthang der Elbe im Westen Hamburgs gelegen sind.

Die malerische, ursprünglich vierreihig angelegte Lindenallee, die auch heute noch eindrucksvoll den Hirschpark mit prägt, stammt bereits aus der Zeit um 1620, als auf der Fläche ein Landgut mit Park angelegt wurde. Sie existierte also bereits, als der Hamburger Kaufmann und Reeder Johann Cesar IV. Godef­froy im Jahr 1786 per Auktion den Landsitz erwarb und den zugehörigen Park im englischen Landschaftsstil entwickelte.

Die Lindenallee stammt bereits aus der Zeit um 1620. Foto: Hans-Dieter Reinke
Das ab 1789 erbaute Godeffroysche Landhaus wird heute von einer Ballettschule genutzt. Foto: Hans-Dieter Reinke
Im Zentrum des Französischen Gartens im Hirschpark steht seit 2012 ein neuer Brunnen. Foto: Hans-Dieter Reinke


Die damals Godeffroy’s Park benannte Anlage wurde im Laufe der Zeit vielfach umgestaltet und ergänzt. Der Enkel Johann Cesar VI. Godeffroy pflanzte beispielsweise Mitte des 19. Jahrhunderts zahlreiche Rhododendren aus England. Diese fanden am kargen Elbhang geeignete Bodenverhältnisse und gediehen prächtig. Sie prägen noch heute vor allem zur Blütezeit im Mai/Juni manche Parkbereiche. Den Auftrag zum Bau des Landhauses erteilte Godeffroy dem königlich dänischen Baumeister Christian Frederik Hansen. Das klassizistische Landhaus steht noch heute im Park und beherbergt seit 1972 eine Ballettschule.

1924 wurden Haus und Parkanlagen von der Gemeinde Blankenese erworben und ab 1927 machte die dann zuständige Stadt Altona sie zu dem bis heute öffentlich frei zugänglichen Hirschpark. Seit der Eingemeindung Altonas nach Hamburg im Jahre 1938 gehört der 24,5 ha große Park zum Stadtteil Nien­stedten im Bezirk Altona der Stadt Hamburg und ist ein eingetragenes Gartendenkmal.

Namensgebend für den Hirschpark ist der kleine Bestand an Dammhirschen in einem großen Gehege des Parks. Foto: Hans-Dieter Reinke

Bereits Johann Cesar IV. Godeffroy begann mit Aufforstungen der kargen, baumfreien Heidelandschaft am Elbhang westlich von Hamburg. Diese wurden von den Nachfolgern fortgesetzt. Den Waldbereich, der etwa 11 ha des Parks bedeckt, prägen heute zu 56 % Rotbuchen, 14 % Ahorne und 18 % Eichen. Bei den Aufforstungen spielte die Jagdleidenschaft der Godeffroys sicher eine Rolle, die auch zur frühzeitigen Anlage eines Wild- und Hirschgeheges führte. 1860 wurde das Hirschgatter angelegt, in dem heute noch Damhirsche umherlaufen; zu manchen Zeiten gab es auch Rentiere, Pfauen und Wasservögel in dem Gehege. Zwei Schaugärten im französischen Stil aus der Zeit um 1850 sind heute als sogenannter Französischer Garten vereinfacht bepflanzt und können seit dem Jahre 2012 wieder mit einem zentralen Brunnen aufwarten.

Eine der Hauptattraktionen des Hirschparks ist der 275 Jahre alte Bergahorn, der zu den bedeutendsten Bäumen Deutschlands gehört. Foto: Hans-Dieter Reinke
Eine der Hauptattraktionen des Hirschparks ist der 275 Jahre alte Bergahorn, der zu den bedeutendsten Bäumen Deutschlands gehört. Foto: Hans-Dieter Reinke
Das ehemalige Kavaliershaus, das heutige Witthüs, ist ein Café und Restaurant, in dem man gepflegt einkehren kann. Foto: Hans-Dieter Reinke


Vom Elbe-Aussichtspunkt sieht man auf den Fluss, das gegenüberliegende Ufer und den Leuchtturm Oberfeuer Blankenese. Foto: Hans-Dieter Reinke

Der Baumbestand aus alten Eichen, Eiben, Rotbuchen, Hainbuchen und Rosskastanien wurde aber frühzeitig und auch heute noch durch manche exotische Arten ergänzt wie Japanische Schirmtanne, Urweltmammutbaum, Magnolien, Tulpenbaum, Roteiche und Ginkgos. Besonders imposant ist der alte Bergahorn von 1750, der seit 2020 als Nationalerbe-Baum ausgezeichnet ist und damit zu den 100 eindrucksvollsten und bedeutendsten Bäumen Deutschlands gehört. Er weist mit seinen 275 Jahren einen Stammumfang von 5,5 m auf. Für eine kleine Rast empfiehlt sich das reetgedeckte ehemalige Kavaliershaus, das heutige Witthüs, mit seinem gepflegten ehemaligen Bauerngarten im Eingangsbereich. Es diente dem Schriftsteller und bekannten Orgelbauer Hans Henny Jahnn von 1950 bis zu seinem Tod im Jahre 1959 als Wohnsitz.

Besonderes Highlight eines Hirschpark-Besuches ist natürlich auch der Blick auf die Elbe. Der etwas versteckt am Geesthang liegende Aussichtspunkt bietet einen grandiosen Ausblick auf die träge dahin fließende Lebensader der Stadt Hamburg, aufs Mühlenberger Loch und bei gutem Wetter bis zu den Harburger Bergen. Das seit dem Jahr 2020 am Mühlenberger Jollenhafen in Nienstedten postierte auffällige rot-weiße Oberfeuer ist mit seiner Bauwerkshöhe von 62 m der vierthöchste Leuchtturm Deutschlands.

In der Landschaftsachse der Elbe von der Hamburger Innenstadt in Richtung Westen folgen am Elbhang nach dem Jenischpark, dem Römischen Garten und dem dargestellten Hirschpark weiter westlich Baurs Park und der Sven-Simon-Park, die ebenfalls am Steilufer der Elbe gelegen sind.

Baurs Park

Anfang des 19. Jahrhunderts kaufte der Altonaer Kaufmann und Reeder Georg Friedrich Baur sich von insgesamt elf Vorbesitzern am Elbhang in Blankenese etwa 15 ha Land zusammen und entwickelt es zu einem Landschaftspark. Hierzu beauftragte er den Architekten und Landschaftsgärtner Joseph Rammée. Der romantische Landschaftspark im englischen Stil mit seinen Serpentinenwegen, Aussichtspunkten und Blickachsen umfasste auch diverse Parkarchitekturen wie Tempel, Brücken, Waldhütten, Ruinen, einen ­Monopteros, einen chinesischen Pagodenturm und eine Grotte. Von all dem Gartenreichtum, der auf alten Gemälden und Ansichten zu bewundern ist, ist nichts geblieben außer dem Kanonenberg, der auch heute noch einen herrlichen Aussichtspunkt am Elbhang bietet. Dem Reeder Baur diente diese Anhöhe dazu, seine eigenen die Elbe befahrenden Schiffe mit Böllerschüssen zu grüßen. 1829 bis 1836 ließ Baur ein Landhaus im klassizistischen Stil erbauen, das 1923 in den Besitz des Reeders Leonhard Rudolf Müller überging, der das Gebäude nach seiner Tochter Katharinenhof benannte. Das seit 1940 unter Denkmalschutz stehende Gebäude wurde zeitweilig als Ortsamt Blankenese genutzt, gelangte in Privatbesitz und gehört heute der Baurs Park GbR, die das Gebäude renovieren und zu einem neuen Kulturort in Blankenese entwickeln möchten. Neben einer eindrucksvollen Hängebuche flankieren auch zwei Säuleneiben und eine Esskastanie den Katharinenhof.

Eine prächtige Hängebuche und Säuleneiben flankieren den Katharinenhof. Foto: Hans-Dieter Reinke
Vom Aussichtsplateau in Baurs Park hat man einen grandiosen Blick auf die Elbe. Foto: Hans-Dieter Reinke


Nach dem Tod Baurs im Jahr 1865 führten die Angehörigen die Besitzungen als Fideikommiss weiter. 1921 verkaufte Baurs Familie den Park, nachdem bereits einzelne Parzellen mit Villen bebaut worden waren. 1939 wurde die Stadt Hamburg Eigentümer von Baurs Park, der heute durch den alten Baumbestand, geschwungene Wege und eine große Hundelaufwiese sowie die Elbeaussichtspunkte geprägt ist. Steile Treppen führen auch hier hinab zur Elbe, wo an der Kastanienallee des Elbuferweges ein historisches gusseisernes Geländer auf die früheren Ausmaße von Baurs Park hinweist, der sich einstmals bis an die Elbe erstreckte.

Sven-Simon-Park

Ein noch weiter westlich gelegener Landschaftspark am Elbsteilufer mit Mischwald und Teichen aus den 1950er Jahren ist der Sven-Simon-Park. Er war als Privatpark bis 1982 im Besitz des Verlegers Axel Cäsar Springer, der ihn in Erinnerung an seinen Sohn Axel Springer junior als Sven-Simon-Park der Stadt Hamburg schenkte. Sven Simon war das Pseudonym des Sohnes von Axel Cäsar Springer. Der international bekannte Fotograf und Journalist beging 1980 Suizid. Der Park und auch eine Tafel im Sven-Simon-Park erinnern an Axel Springer junior. Ein weiterer schöner Aussichtspunkt auf die Elbe befindet sich am Landhaus Michaelsen, einer weißen Klinkervilla von 1923-25. Das Gebäude wurde für Hermann und Ite Michaelsen errichtet und gilt als Hauptwerk des Neuen Bauens in Hamburg. Es beherbergt heute das Puppenmuseum Falkenstein mit mehr als 500 Puppen, historischen Puppenstuben und Kunstausstellungen.



Rasenfreifläche und geschwungene Wege im Sven-Simon Park. Foto: Hans-Dieter Reinke
Vom Aussichtsplateu im Sven-Simon Park kann man weit über die Elbe blicken. Foto: Hans-Dieter Reinke
Im Landhaus Michaelsen befindet sich das Puppenmuseum Falkenstein der Sammlung Elke Dröscher. Foto: Hans-Dieter Reinke


Iran und die Stickstoffdünger

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Die Rohölkurse haben sich mit der fortlaufenden Eskalation im Nahen Osten seit Monatsbeginn stetig nach oben bewegt. Zum Anfang der letzten Woche erreichten sie ihren vorläufigen Höchststand mit knapp 78 ­US-$/ bbl für die US-Sorte West-Texas-Intermediate (WTI). Grund dafür war die Befürchtung, der Iran könnte im weiteren Verlauf des Krieges die vor der iranischen Küste gelegene Straße von Hormus sperren oder verminen. Durch diese Meerenge wird ein Großteil des Öls aus der Golfregion verschifft. Man erwartete also eine deutliche Ölverknappung. Der Eingriff der USA in den Krieg zwischen Israel und dem Iran zu Beginn der letzten Woche bereitete diesem Aufwärtstrend ein schlagartiges Ende. Die Rohölkurse stürzten innerhalb eines Tages um 10 ­US-$/ bbl ab, auch weil für die Märkte dies Thema mit dem US-Einsatz und der lediglich inszenierten Antwort des Irans erst einmal beendet war. An den Rohölmärkten richtete man die Aufmerksamkeit schnell wieder auf andere Dinge wie die bevorstehende Konferenz der Opec+ und die Zollverhandlungen zwischen den USA und China.

Gas fällt ebenfalls wieder

Direkt an den Rohölpreis gekoppelt ist auch der Gaspreis. Der bedeutendste Börsenkurs für den europäischen Gashandel ist der niederländische TTF-Erdgasfuture, der an der ICE-Endex in Amsterdam gehandelt wird. Dementsprechend wurde auch dieser Kurs vom Rohöl mit nach unten gezogen. Während beim Rohöl aber in dieser Woche eher eine Seitwärtsbewegung zu verzeichnen war, fiel der Gaspreis im Wochenverlauf weiter ab und erreichte schon fast den Jahrestiefstand von Ende April. Grund für den weiteren Kursabfall des Erdgases im Vergleich zum Rohöl ist auch die saisonbedingt geringere Nachfrage nach Erdgas in Europa.

Iran großer Düngemittelproduzent

Um wieder den Bogen zur Landwirtschaft zu spannen: Bei der Herstellung von Düngemitteln spielen die Gaspreise eine sehr große Rolle, da für die Produktion viel Energie in Form von Gas benötigt wird. Somit sind auch die Düngemittelpreise vom Nahost-Konflikt betroffen und wurden von den gestiegenen Öl- und Gaspreisen mit nach oben gerissen, wenn auch mit etwas Zeitverzug. Rein theoretisch müssten die Düngerpreise nun allerdings auch wieder einbrechen, wenn der Haupt-Kostenfaktor wieder deutlich günstiger zur Verfügung steht. Allerdings gibt es da noch weitere Einflussfaktoren. So ist kaum bekannt, dass der Iran global gesehen zu den Schwergewichten in der Düngemittelproduktion, besonders in der Harnstoffproduktion, gehört. Der Iran hat mit dem Beginn der israelischen Luftangriffe die meisten seiner Harnstoff- und Ammoniakproduktionsanlagen stillgelegt. Da Israel die Erdgaslieferungen an Ägypten beispielsweise ebenfalls reduziert hat, musste dieses Land die Düngerproduktion ebenfalls drosseln. Hier tritt also eine deutliche Verknappung auf den internationalen Stickstoff-Düngemittelmärkten ein, deren Ende noch nicht absehbar ist. Ein weiteres treibendes Argument für die Düngemittelpreise in der EU sind die ab Anfang Juli einsetzenden Einfuhrzölle für russische Ware. Allerdings ist auch die Nachfrage nach Stickstoffdüngern seit der vergangenen Woche deutlich eingebrochen. Viele Nachfrager agieren zunächst abwartend. Und zu guter Letzt hat auch die chinesische Regierung die Harnstoffexportmenge für dieses Jahr um mehr als die Hälfte zurückgenommen. Es stellt sich also die spannende Frage, ob die Marktmacht der Nachfrageseite, gekoppelt mit den niedrigeren Gaspreisen, ausreicht, die Düngerpreise wieder nach unten zu drücken, oder ob sich die Düngemittelproduzenten unter dem Deckmantel der internationalen Verknappung auf dem jetzigen Niveau festbeißen.

Marktlage – für die Woche vom 30.6. bis 6.7.2025

Getreide: Weizen schloss Ende der Vorwoche an der Euronext deutlich schwächer und gab die Gewinne der kurzen Krisen-Rallye komplett wieder ab.

Raps: Das zwischenzeitlich erreichte Preisniveau wurde von einigen Erzeugern zur Vermarktung genutzt.

Futtermittel: Angesichts der nachgebenden Futtergetreide- und der auf niedrigem Niveau liegenden Sojaschrotpreise haben einige Mischfutterhersteller ihre Forderungen reduziert.

Kartoffeln: Weil neben hiesigen Frühkartoffeln auch Lagerkartoffeln und Importe vom Mittelmeer auf den Markt drängten, sanken die Preise am Frühkartoffelmarkt unter das Vorjahresniveau.

Schlachtrinder: Mit Beginn des neuen Wirtschaftsjahres war der Schlachtrindermarkt etwas ausgeglichener, die Preise stabilisierten sich in allen Kategorien.

Schlachtschweine/-sauen: Die zur Vermarktung anstehenden Tiere passten in den meisten Regionen zur aktuellen Nachfrage der Schlachtbetriebe.

Ferkel: Gegenüber der Vorwoche waren die Geschäfte schwieriger, weil die Einstallbereitschaft der Mäster spürbar nachgelassen hatte.

Milch: Die Milchanlieferung in Deutschland nahm Mitte Juni marginal zu und setzte damit ihren saisonalen Rückgang kurzzeitig aus.

Schlachtlämmer/-schafe: Das An­gebot an frischen Lämmern nimmt weiter zu, wenn auch langsam.

Markttendenz – für die Woche vom 7. bis 13.7.2025

Getreide: In vielen Regionen ist die Getreideernte 2025 mit Wintergerste auf leichten Böden in vollem Gang, Erzeuger haben bisher deutlich weniger Getreide vertraglich gebunden als in den Vorjahren.

Raps: Der feste Euro und bessere Vegetationsbedingungen in der EU belasten die Rapskurse.

Futtermittel: Die rückläufige Preisentwicklung im Bereich der Sojaschrote führt zu Preisdruck bei Rapsschrot.

Kartoffeln: Das Frühkartoffelangebot übertrifft die Nachfrage der Verbraucher derzeit deutlich.

Schlachtrinder: Bei Schlachtkühen stehen sich Angebot und Nachfrage ausgeglichen gegenüber, die Stückzahlen haben geringfügig zugenommen, der Bedarf ist nach wie vor nur knapp zu decken.

Schlachtschweine/-sauen: Lebend- und Fleischmarkt entwickeln sich weiter auseinander, aber angebotene Schlachttiere laufen nach wie vor zügig ab.

Ferkel: Wegen der schleppenden Nachfrage wird kurzfristig mit einem moderaten Preisrückgang gerechnet.

Milch: Mit der Erholung der Preise für Verarbeitungsprodukte und Milch auf dem Spotmarkt dürfte es mit den Preisen auf Erzeugerebene weiter nach oben gehen.

Schlachtlämmer/-schafe: Kostengünstige Importe, insbesondere aus Großbritannien, belasten den Markt, deshalb kommt es zu moderaten Preisabschlägen.

„Käse trifft Wein“ am Kieler Bootshafen

Vom 11. bis zum 13. Juli treffen in Kiel erneut süddeutsche Winzer auf norddeutsche Käserinnen und Käser. Käsespezialitäten aus Kuh-, Schaf- und Ziegenmilch werden nach Herzenslust mit den verschiedensten Weinen in Rot, Weiß oder Rosé kombiniert.

Am Gütezeichenstand präsentiert das schleswig-holsteinische Weingut Ingenhof zahlreiche heimische Weine. Als Neuzugang im Gütezeichen werden verschiedene Sorten der Trollebüller Eiscremerei vorgestellt. Für die Fans von Eiskugeln gibt es außerdem Eis der Meierei Geestfrisch. Verschiedenste Interaktionen und Informationen rund um die landwirtschaftliche Direktvermarktung bietet der „Gutes vom Hof“-Stand.

Kurswechsel ist mehr als Kuscheln

Das hat es schon lange nicht mehr gegeben: ein Bauerntag und zwei Minister, die sich verstehen. Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) und Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) sprachen beide am Donnerstag voriger Woche vor über 750 Delegierten und Gästen des Deutschen Bauernverbands. Dass ein Umweltminister auf dem Deutschen Bauerntag spricht, war bislang keine Selbstverständlichkeit. Jetzt hieß es schon im Vorfeld aus dem Bundesumweltministerium (BMUKN), für die Umweltpolitik sei die landwirtschaftliche Klientel ein wichtiger Ansprechpartner. Wie wichtig Alois Rainer die landwirtschaftliche Klientel nimmt, zeigte er mit einem regelrechten Geschenkepaket. Er kam gut vorbereitet, die Choreografie stimmte. Zwei Tage vor dem Bauerntag wurde der Veranstaltung Protestwind aus den Segeln genommen. Rainer und sein Haus haben rechtzeitig geliefert.

Die Landwirtschaftliche Unfallversicherung (SVLFG) wird höhere Zuschüsse erhalten, die einen Teil der höheren Beiträge wegen Anerkennung von Parkinson als Berufskrankheit kompensieren sollen. Die AgrardieselRückvergütung wird wiedereingeführt, die das Fass für die Bauern in der alten Koalition zum Überlaufen brachte und letztlich mit zu den Neuwahlen führte. Und per Kabinettsbeschluss wurde am Montag der Wegfall der Stoffstrombilanz beschlossen. Bauernpräsident Joachim Rukwied hatte tags zuvor in seiner Grundsatzrede eine klare Einordnung geben, wo die Landwirtschaft steht nach dreieinhalb Jahren Krieg in der Ukraine und in einer damit komplett veränderten geopolitischen Lage. Ernährungssicherheit steht wieder ganz oben im Fokus und Systemrelevanz bekommt eine neue Bedeutung. Das sollte sich auch bei den Haushaltsverhandlungen im Agrarbudget widerspiegeln und in den Arbeitsbedingungen, die nicht unwesentlich durch die Politik bestimmt werden. Darauf zahlte auch das Motto des Bauerntags ein: „Mehr Politikwechsel wagen“.

Alois Rainer hat bislang keine Geschenke verteilt – er hat geliefert, was der Koalitionsvertrag versprochen hat. Schnell sogar: Beim Deutschen Bauerntag war er erst 51 Tage im Amt. Die Delegierten fühlten sich ernst genommen, sowohl von ihm als auch vom Umweltminister (s. Seite 12). Rainer kennt die Sorgen kleiner und mittlerer Betriebe, spricht ihre Sprache, präsentiert sich bodenständig, nah an der Praxis.

Doch gerade diese Nähe brachte ihm bereits erste Kritik ein: zu viel Verständnis für die Agrarlobby, so der Tenor in der Publikumspresse. „Agrarminister schleimt sich beim Bauernverband ein“ schrieb die linksgerichtete Tageszeitung taz. Rainer darf nicht übersehen, dass er Teil einer Koalition ist, in der Landwirtschaft auch kritisch gesehen wird. Zwar hat sich Rainer als Teamplayer der Verbände präsentiert, doch das allein wird nicht reichen. Er muss auch den Rest der Gesellschaft mitnehmen und für zentrale Fragen wie die Finanzierung des Tierwohls oder die Tierhaltungskennzeichnung braucht er belastbare Mehrheiten. Auch beim Pflanzenschutz führt kein Weg am Koalitionspartner vorbei.

Rainers Start beim Bauerntag war überzeugend – doch die eigentlichen Bewährungsproben stehen erst bevor.

Bundesregierung im Verschiebungsmodus

Gut sieben Wochen nach ihrem Start hat die schwarz-rote Koalition ihre ersten beiden Agrargesetze durchs Ziel gebracht. Mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD hat der Bundestag am Donnerstag vergangener Woche das Erste Gesetz zur Änderung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes und das Erste Gesetz zur Änderung des GAP-Direktzahlungen-Gesetzes beschlossen

Mit der Anpassung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes wird die Frist für die Umsetzung der Kennzeichnung von frischem Schweinefleisch vom 1. August 2025 auf den 1.  März 2026 verschoben. In einer Entschließung nennen die Koalitionsfraktionen Einzelheiten zur notwendigen Überarbeitung des Gesetzes und legen ihre Pläne zur Ausweitung der Kennzeichnung dar, die bis zur Mitte der Legislaturperiode abgeschlossen sein soll (siehe Kasten). Das zweite Gesetz regelt die Umsetzung der Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP). Die noch von der Ampel beschlossene Einführung von zwei neuen Ökoregelungen für Weidehaltung in Milchbetrieben sowie für die Förderung von Biotopverbunden wird um ein Jahr auf den 1. Januar 2027 verschoben.

Kennzeichnung wichtig für Erzeuger und Verbraucher

„Wir starten jetzt mit dem Bürokratierückbau für die Land- und Ernährungswirtschaft“, erklärte der agrarpolitische Sprecher der SPDBundestagsfraktion, Johannes Steiniger. Zum einen öffne die Koalition ein Zeitfenster für eine praxistaugliche Überarbeitung des staatlichen Tierhaltungskennzeichens, um wichtige Themen wie das Downgrading und einen einheitlichen Vollzug anzugehen. Zum anderen könnten mit der Verschiebung des Inkrafttretens der zwei neuen Ökoregelungen erfolgreiche Programme in den Ländern zunächst weiterlaufen.

Für die agrarpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Dr. Franziska Kersten, und den zuständigen Berichterstatter Jens Behrens ist eine verlässliche und klare Tierhaltungskennzeichnung die Basis dafür, „dass Verbraucherinnen und Verbraucher bewusst auswählen und sich für mehr Tierwohl entscheiden können“. Mit den Beschlüssen mache die Koalition noch einmal deutlich, dass die Kennzeichnung komme und weiterentwickelt werde. „Alle Tierhalterinnen und Tierhalter wissen, dass sie sich mit ihren Haltungsformen entsprechend einordnen werden – zukünftig auch für weitere Nutztierarten“, stellen Kersten und Behrens fest.

Branche begrüßt Fristverschiebung

Das vom Bundestag beschlossene Erste Gesetz zur Änderung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes ist in der Branche auf Zuspruch gestoßen. Der Deutsche Raiffeisenverband (DRV), die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) und der Bundesverband Rind und Schwein (BRS) begrüßten im Nachgang unisono die damit einhergehende Verlängerung der Frist für die Umsetzung der Kennzeichnung von frischem Schweinefleisch. Gleichzeitig mahnten alle Verbände weitere Anpassungen am Gesetz an. Für die ISN ist entscheidend, „dass das Gesetz erst dann in den Einsatz kommt, wenn es auch praxistauglich ist“. Es sei wichtig, die gewonnene Zeit zu nutzen, um „Webfehler“ zu korrigieren, darin waren sich alle einig. Unter anderem drängen die Verbände auf eine bundesweit einheitliche Auslegung des Gesetzes, um zusätzlichen Bürokratieaufwand in den Betrieben zu vermeiden. age

Deutsche Standards auch für importierte Ferkel

Die Koalitionsfraktionen wollen den Geltungsbereich des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes bis zur Mitte der laufenden Legislaturperiode ausweiten. Geplant ist eine Einbeziehung der weiteren Tierarten, des gesamten Lebenszyklus der Tiere, ferner von verarbeiteten Produkten sowie der Außerhausverpflegung. Das geht aus einer Entschließung hervor, die Union und SPD mit der Änderung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes verabschiedet haben. So soll der Kriterienkatalog insbesondere für die Haltungsformen „Stall+Platz“ und „Frischluftstall“ mit Blick auf das Tierwohl klarer formuliert und bundeseinheitlich ausgestaltet werden.

Flexibilisiert werden soll die 20-%-Grenze, ab der die Kennzeichnung einer Beimischung aus anderen, tierwohlgerechteren Haltungsformen vorgeschrieben ist. Auf diese Weise soll das sogenannte Downgrading vereinfacht werden. Einbinden in die staatliche Haltungskennzeichnung will man die Datenbanken privater Siegelsysteme. Schließlich will man sicherstellen, dass die Regelungen einheitlich vollzogen werden. Dazu beitragen sollen Datenaustauschmöglichkeiten zwischen den Behörden.

Gelöst werden müsse dem Antrag zufolge das Problem, dass betäubungslos kastrierte ausländische Ferkel nach Deutschland eingeführt würden und hier anschließend in hohen Haltungsstufen gemästet werden könnten. Die Bundesregierung soll daher bei staatlichen Tierwohlprogrammen sicherstellen, „dass bei Tieren aus dem Ausland, die in Deutschland aufgezogen werden, zumindest die gesetzlichen deutschen Standards eingehalten werden müssen“. Schließlich soll sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene dafür einsetzen, ein vergleichbares System zu etablieren, um eine Benachteiligung der heimischen Landwirtschaft auf dem europäischen Binnenmarkt zu vermeiden. age

Träge Demokratie als Stärke

In einer offenen Diskussion mit den Delegierten stellte Präsident Joachim Rukwied die Arbeit des Deutschen Bauernverbandes (DBV) zur Diskussion.

Andrea Rahn-Fahr aus Hessen fragte, welche Folgen der Strukturwandel für den Verband habe. Landvolk-Präsident Dr. Holger Hennies sieht im DBV einen „Zukunftsbauernverband“, der anhand eigener Analysen Lösungen anbiete. Das mache den Verband attraktiv fürs Ehrenamt.

Johannes Hahn von der Niedersächsischen Landjugend übte Kritik an der Jugend-Initiative Next Generation. Rukwied versuchte, die Wogen zu glätten. Es gehe um ein Netzwerk mit der Landjugend und jungen Unternehmern.

Der Emsländer Landwirt und Agrarblogger Bernhard Barkmann wollte wissen, wie man Landwirte, die dem Verband den Rücken gekehrt hätten, wieder „reinholen“ wolle. Der hessische Präsident Karsten Schmal erklärte, mit politischen Erfolgen zeige man, dass die gemeinsame Anstrengung lohne.

Siegfried Jäger, niederbayerischer Bezirkspräsident, beobachtet, dass die Bauernproteste zwar Geschlossenheit gezeigt hätten, aber keinen Mitgliederzuwachs im Verband. Der sächsische Präsident Torsten Krawczyk forderte: „Ladet den DBV ein, damit er sich erklärt.“

Karl Werring aus Sendenhorst ist Präsident der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. Er forderte eine schlagkräftige Kampagne auf Bundesebene. DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken zufolge ist die Zeit des „großen Kommunikators, der alles erledigt“, vorbei. Er verwies auf die Initiativen zur Milch und zum Fleisch. Daneben sei Schwarmintelligenz gefragt, die aus vielen Initiativen der Landes- und Kreisverbände komme.

Antonius Tillmann, Kreisvorsitzender in Höxter, macht sich Sorgen um die Demokratie. Bezogen auf den Verband erklärte Krawczyk, dass sich eine gemeinsame Meinung aus der Vielfalt bilde, mache den Verband oft träge, sei aber gelebte Demokratie. Für Andreas Westermann, Kreisvorsitzender in Warendorf, beginnt der Zuständigkeitsbereich des Verbandes „am Ortsausgangsschild“. Der Verband sei die Stimme des ländlichen Raums. Rukwied sieht den DBV weiter als Unternehmerverband. Der DBV müsse zu den „Big Five der Verbände“ in Berlin zählen.

Sabine Firnhaber, Vizepräsidentin im Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern, lobte abschließend, der Verband habe sich in den vergangenen Jahren irrsinnig bewegt, was die Diskussionskultur betreffe. sh

Umweltminister Schneider verspricht Freiwilligkeit

Die frühere Blockadepolitik zwischen Landwirtschafts- und Umweltministerium, als die Hausspitzen Julia Klöckner (CDU) und Svenja Schulze (SPD) hießen, ist vielen Landwirten noch negativ im Gedächtnis. Die Sorge vor einer Wiederholung versuchte Umweltminister Carsten Schneider (SPD) den Delegierten des Deutschen Bauerntages in der vergangenen Woche in Berlin zu nehmen.

Der Umweltminister betonte die Bedeutung der Landwirtschaft, auch für die Artenvielfalt. Landwirtschaft und Umweltschutz seien eng miteinander verwoben. Er versprach: „Landwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) und ich wollen konstruktiv an guten Lösungen arbeiten.“ Man wolle das Land wieder auf Wachstumskurs bringen. „Wir stehen an der Seite all derer, die sich jeden Tag anstrengen und arbeiten“, betonte Schneider. Den Nachwuchs auf den Höfen zu fördern sei ihm ein Anliegen. Junge Menschen hätten das Recht, dass Politik heute Entscheidungen so treffe, dass sie in Zukunft noch gut arbeiten könnten. Natur- und Klimaschutz seien wichtig, um die natürlichen Grundvoraussetzungen für das Wirtschaften zu schützen. Explizit lobte Schneider, dass die Landwirtschaft die bisherigen Klimaziele eingehalten habe. Das sei nicht in allen Wirtschaftsbereichen der Fall

„Landwirtschaft und Umweltschutz müssen Hand in Hand gehen“, so Schneider. Er wolle dazu den „guten Weg“ weitergehen, den die Zukunftskommission Landwirtschaft aufgezeigt habe. Für die Wiederherstellung von Ökosystemen wolle er Synergien zwischen Landwirtschaft und Umweltschutz heben. Als Beispiel nannte er den Schutz bestäubender Insekten. Er kündigte an: „Ich möchte, dass wir bei der Umsetzung des Naturwiederherstellungsgesetzes vor allem auf Freiwilligkeit setzen.“ Zudem soll die Gemeinsame Agrarpolitik seiner Meinung nach ein eigenständiger Politikbereich der EU bleiben, mit einer starken Zweiten Säule. Außerdem wolle er daran arbeiten, dass die Landwirte für die umfangreichen Naturschutzdienstleistungen angemessen honoriert würden.

Mit Blick auf die Bundesebene sprach er das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz an. Dieses bleibe ein wichtiges Instrument, um unter anderem Hecken und Agroforst zu fördern oder auch Maschinen für die umweltschonende Bewirtschaftung. „Langfristig hilft die Wiederherstellung von Ökosystemen uns allen“, betonte er und bat die Anwesenden, das Verbindende zu stärken.

Der direkten Frage von Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied, wie er sich die Umsetzung des geplanten Naturflächenbedarfsgesetzes vorstelle, antwortete Schneider jedoch ausweichend. Er stehe dafür, dass sowohl die Landwirtschaft als auch der Naturschutz Flächen brauchten, um die natürlichen Lebensgrundlagen zu sichern. Kritisch bewertet der Umweltminister in diesem Zusammenhang den nach wie vor sehr hohen Flächenverbrauch von bundesweit 66 ha pro Tag. rq

Eine heimische Pflanze mit ökologischem Wert

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Das Jakobskreuzkraut (Senecio jacobaea), kurz JKK, gehört zur Familie der Korbblütler und zur Gattung der Greis- oder Kreuzkräuter. Alle Arten dieser Gattung enthalten Pyrrolizidinalkaloide (PA), die im tierischen Organismus zu giftigen Substanzen umgewandelt werden. Diese Gifte können irreversiblen Schäden an Leber und Stoffwechsel verursachen. Sie reichern sich mit jeder aufgenommenen Dosis an und werden im Gegensatz zu manchen anderen Substanzen nicht abgebaut. Akute Vergiftungen sind selten, doch chronische, schwer erkennbare Vergiftungen stellen ein größeres Problem dar.

Pferde reagieren besonders empfindlich gegenüber den PA, gefolgt von Rindern. Schafe und Ziegen zeigen in der Regel weniger starke Reaktionen. Eine Studie der Tierärztlichen Hochschule Hannover ergab, dass Schafe erhebliche Mengen JKK ohne erkennbare Gesundheitsschäden fressen können. Im frischen Zustand werden die Pflanzen aufgrund ihrer bitteren Inhaltsstoffe meist gemieden. Doch im getrockneten oder silierten Zustand, etwa im Heu oder in Silage, werden die Bitterstoffe abgebaut, während die Giftstoffe erhalten bleiben. Junge, unerfahrene Tiere fressen gelegentlich auch frische Pflanzen, was das Risiko erhöht.

Für Menschen besteht nur beim Verzehr von Honig aus Regionen mit hohem JKK-Vorkommen eine geringe Gefahr. Laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung ist eine akute Gesundheitsgefährdung durch PA im Honig jedoch sehr unwahrscheinlich. Belasteter Honig wird in Deutschland sehr selten nachgewiesen.

Merkmale des Jakobskreuzkrauts

Das Jakobskreuzkraut lässt sich anhand der folgenden Merkmale leicht erkennen:

leuchtend gelbe Blütenköpfchen, 15 bis 20 mm groß, in dichten, schirmförmigen Rispen

13 gelbe Zungenblüten pro Blütenkopf

kantiger, gedrillter, starker Stängel, oft mit rotem Überlauf

Wuchshöhe zwischen 30 und 120 cm

Hüllblätter mit schwarzer Spitze

fiederteilige, ­wechselständige Blätter mit spinnwebartigem Flaum auf der Unterseite

charakteristischer, strenger Geruch beim Zerreiben der Blätter

Nach der Blüte bildet die Pflanze flugfähige Samen, die wie beim Löwenzahn vom Wind verbreitet werden.

Lebenszyklus des Jakobskreuzkrauts

Das Jakobskreuzkraut ist eine zwei- bis mehrjährige Pflanze, die in der Natur vor allem in lückigen Beständen gute Wachstumsbedingungen findet. Als konkurrenzschwacher Lichtkeimer benötigt es offene Stellen, in denen es sich ausbreiten kann. Besonders überweidete Pferdeweiden mit lückigem Bewuchs bieten ideale Bedingungen. Im ersten Jahr bildet das Jakobskreuzkraut eine Rosette, die im zweiten Jahr zur Blüte kommt. Nach der Blüte stirbt die Pflanze in der Regel ab. JKK weist eine hohe Samenproduktion von bis zu 150.000 Samen pro Pflanze auf. Der Hauptverbreitungsweg ist der Wind, wobei die Samen nur in einem Umkreis von etwa 50 m verteilt werden. Allerdings können sie durch Anhaftungen an Maschinen, Pflegegeräten, Autos, Zügen, Kleidung, Fell- und Federkleid von verunreinigten Flächen weiterverbreitet werden. Ein entscheidendes Problem ist die lange Überlebensfähigkeit der Samen im Boden: Sie können bis zu 25 Jahre keimfähig bleiben. Dadurch besteht ein erhebliches Samenpotenzial im Boden, das bei schlecht gepflegten Grünlandbeständen oder bei der Umstellung auf extensive Nutzung zu einer starken Verbreitung führen kann.

Spätestens jetzt sollte eine chemische Behandlung gegen Jakobskreuzkraut erfolgen. 

Ökologische Bedeutung und Verbreitung

Das Jakobskreuzkraut ist eine heimische Pflanze und wichtige Nahrungsquelle für viele Insekten und somit ein wichtiger Bestandteil des heimischen Ökosystems. In den letzten Jahren wurde jedoch eine verstärkte Ausbreitung beobachtet, was auf verschiedene Faktoren zurückgeführt wird. Zum einen kommt es bei der Extensivierung der Bewirtschaftung vorübergehend zu einem vermehrten Auftreten von JKK, bis sich ein ökologisches Gleichgewicht eingestellt hat. Zudem schafft die Zunahme trockener Witterungsverhältnisse günstige Bedingungen für das Wachstum. Zum anderen kann die Einführung nichtheimischer Genotypen in Saatgut für Begrünungen die Verbreitung begünstigen.

Jakobskreuzkraut bevorzugt sonnige, eher trockene Standorte wie Böschungen, Weg- und Waldränder, Ödland, Kies- und Geröllflächen, Autobahnstreifen sowie extensiv genutztes Grünland und wenig gepflegte Weiden. Auf intensiv geführten, gut bewirtschafteten Flächen mit regelmäßiger Düngung und Nachsaat ist die Verbreitung eher gering.

Eine vollständige Ausrottung des JKK ist weder möglich noch ökologisch sinnvoll, da es Teil des heimischen Ökosystems ist und indirekt auch Vögeln, Amphibien, Reptilien und Kleinsäugern zugutekommt, die sich von Insekten ernähren. Die Regulierung sollte sich daher auf landwirtschaftlich genutzte Flächen konzentrieren.

Präventive Maßnahmen und Pflege

Die wichtigste Strategie im Umgang mit dem JKK ist die Prävention. Auf intensiv genutztem Grünland, das regelmäßig gemäht, gedüngt und nachgesät wird, hat die Pflanze kaum eine Chance. Eine dichte Grasnarbe und das schnelle Schließen von Lücken durch Nachsaat verhindern die Keimung. Überweidung, Tritt- oder Narbenschäden sollten vermieden werden, da sie die Ausbreitung begünstigen können.

Die Knospen beginnen sich zu bilden – jetzt sollte die Bekämpfung abgeschlossen sein.

Einzelne Pflanzen sollten frühzeitig entfernt werden. Die regelmäßige Kontrolle der Flächen im Frühjahr ist unerlässlich. Bei geringem Befall können sie durch Ausstechen im vegetativen Stadium oder durch Ausziehen und Ausreißen vor der Samenbildung entfernt werden. Die manuelle Entnahme ist eine effektive Methode, um JKK bei vereinzeltem Vorkommen zu bekämpfen. Wichtig ist, die Pflanzen vollständig zu entfernen, um ein erneutes Austreiben zu verhindern.

Bei einem Aufkommen in hoher Dichte ist eine regelmäßige Mahd vor der Samenreife sinnvoll, um die Vermehrung zu verhindern. Wird das Jakobskreuzkraut während der Blüte gemäht, können die Pflanzen durch Notreife dennoch keimfähige Samen bilden. Bei einer frühzeitigen Mahd entwickeln sich jedoch zahlreiche Seitentriebe, die zu einer intensiven Nachblüte führen können. Das führt dazu, dass die Pflanzen im Folgejahr noch kräftiger auftreten und die Verbreitung verstärkt wird. Daher empfiehlt sich eine zweite Mahd, um die Pflanzen zusätzlich zu schwächen. Das Mahdgut darf nicht als Futter oder Einstreu verwendet werden, sondern muss entsorgt werden. Nach der Mahd sind Nachsaat, Narbenpflege und eine angepasste Bewirtschaftung entscheidend.

Kleine Mengen an Jakobskreuzkraut können über die Restmülltonne entsorgt werden. Bei größeren Mengen ist die Entsorgung über Müllverbrennungsanlagen oder Bioabfallverwertungsanlagen ratsam. Alternativ ist eine Verwertung in Nass- oder Trockenfermentern möglich. Eine Entsorgung über Kompost oder Mist ist unbedingt zu vermeiden. Die Samen bleiben hier keimfähig und können so die Verbreitung der Pflanze erheblich fördern. Eine unsachgemäße Entsorgung würde somit das Problem verschärfen und die Ausbreitung in der Umgebung begünstigen.

Chemische Bekämpfung

Reicht das händische Entfernen nicht aus, kann eine chemische Regulierung notwendig werden. Dabei sollte die Behandlung einzelner Pflanzen im Vordergrund stehen. Damit der Einsatz von Herbiziden erfolgreich ist, muss der richtige Zeitpunkt getroffen werden. Je nach Herbizid sollte eine Maßnahme zwischen dem Rosettenstadium und dem Schieben des Blütenstandes erfolgen. Nesterweises Auftreten von Jakobskreuzkraut und Einzelpflanzen können mit einer 1%igen Simplex-Lösung mit der Rückenspritze behandelt werden. Bei einem vermehrten Aufkommen von Jakobskreuzkraut sollte eine flächige Herbizidanwendung durchgeführt werden. Folgende Produkte könnten eingesetzt werden:

2,0 l/ha Simplex; ab dem Rosettenstadium bis zum Schieben des Blütenstandes

3,0 l/ha Kinvara; bis zum Ende des Rosettenstadiums

Das Produkt Simplex besitzt die beste Wirkung gegen das Jakobskreuzkraut und kann flexibler in der Vegetation eingesetzt werden, ist jedoch mit sehr vielen Anwendungsbestimmungen und Auflagen versehen (siehe https://www.lksh.de/fileadmin/PDFs/Landwirtschaft/Pflanzenschutz/Pflanzenschutzmittel_Ackerkulturen/Herbizide/Gruenland_H_Abstandsauflagen.pdf). Das Produkt Kinvara hingegen hat weniger Auflagen, ist in der Wirkung jedoch etwas schwächer. Nach jeder chemischen Behandlung darf die Fläche erst nach vollständigem Verrotten der Jakobskreuzkrautpflanzen beweidet werden.

Biologische Regulierung

Da JKK in Deutschland heimisch ist, sind auch einige natürliche Fraßfeinde (Antoganisten) vorhanden. Hier ist der Kreuzkraut- oder Blutbär (Tyria jacobaeae) der wohl bekannteste. Die natürlichen Fraßfeinde sind insbesondere auf Naturschutzflächen von Bedeutung, da eine Mahd sich negativ auf die Entwicklung der Population der Antagonisten auswirkt. Meist stellen sich die Ausbreitung und Vermehrung der Fraßfeinde mit einer Verzögerung ein, da die Vorkommen sehr isoliert sind. Eine gezielte Ansiedlung beispielsweise des Blutbären ist möglich. Grundsätzlich ist jedoch festzuhalten, dass durch die biologische Bekämpfung eine stark belastete Fläche in der Regel nicht vollständig von JKK befreit wird. Sie kann jedoch die weitere Verbreitung eindämmen. Das Dulden von Jakobskreuzkraut auf Naturschutzflächen kann ein wichtiger Bestandteil der Erhaltung und Förderung von natürlichen Gegenspielern sein, muss aber immer im Einklang mit der Gesundheit von Weidetieren erfolgen.

Schutz für das Tierwohl

Erntegut von Grünland mit Jakobskreuzkraut-Vorkommen darf weder als Futter noch als Einstreu genutzt werden. Die giftigen PA können bei Tieren schwere Vergiftungen verursachen. Eine sorgfältige Kontrolle und Entfernung der Pflanze in erster Linie auf Futterflächen, aber auch auf Weiden ist daher unerlässlich. Ein gutes Grünlandmanagement mit angepasster Nutzung und Düngung, regelmäßiger Pflege und Nachsaat ist die wirksamste Maßnahme, um einer Ausbreitung des JKK vorzubeugen.

Lösen Agrargroßdrohnen die Sämaschine ab?

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Mitten auf dem Getreidefeld surrt es laut. Es ist Sommer, aber es ist nicht der Mähdrescher. Es ist eine Drohne. Sie bringt die Saat aus, noch bevor die Ernte beginnt. Was nach Zukunft klingt, wird in Schleswig-Holstein erprobt. Am 19. Juni stellte die Landwirtschaftskammer auf dem Ackerbaubetrieb von Projektleiter Ruben Soth in Lockstedt, Kreis Steinburg, das Europäische Innovations-Projekt (EIP) „Flugsaat“ der Öffentlichkeit vor.

Bei der Flugsaat handelt es sich um die Ausbringung von Saatgut (vornehmlich für Zwischenfrüchte und Untersaaten) aus der Luft. Die Drohne ermöglicht die Ausbringung des Zwischenfrucht-Saatguts bereits wenige Wochen vor der Ernte in den stehenden, abreifenden Getreidebestand. Geschützt vor starker UV-Strahlung und Hitze kann die Saat dank der Restfeuchte im stehenden Getreidebestand dann keimen. Zum Drusch ist die Zwischenfrucht im besten Falle bereits wenige Zentimeter aufgewachsen und genießt so einen Vegetationsvorsprung zu den bisherigen Verfahren, wo in der Regel zunächst nach der Ernte ein Stoppelumbrechen folgt und anschließend erst die Aussaat per Drillmaschine.

Agrargroßdrohnen können Saat unabhängig vom Bodenzustand ausbringen. „Wir verleihen dem Saatgut Flügel“, bringt es Projektleiter und Drohnenpilot Ruben Soth von der Landwirtschaftskammer auf seinem Betrieb bei der Flugdemonstration des europäischen Versuchsvorhabens auf den Punkt.

Klimawandel braucht neue Maßnahmen auf dem Acker

Ein bearbeiteter Acker (nach der Ernte) kann sich sehr stark erhitzen, wenn der Niederschlag fehlt, sodass die Keimung der Zwischenfruchtsaat dann weitgehend ausbleibt. Die Folge: Der Boden bleibt länger unbedeckt, Erosionen und Wasserverlust nehmen weiter zu.

Die Präsidentin der Landwirtschaftskammer, Ute Volquardsen, betonte die große Bedeutung dieses Innovationsprojekts für eine zukunftsfähige Landwirtschaft im Klimawandel und sagte: „Flugsaat ist eine praktische und bodenschonende Lösung für ein immer drängenderes Problem, gleichzeitig die Erträge zu sichern und die Böden zu schützen bei zunehmenden Wetterextremen.“

Zwischenfrüchte und Untersaaten, so erklärte sie weiter, übernähmen dabei eine zentrale Rolle: Sie sorgten im Winter für eine geschlossene Bodenbedeckung, verhinderten Erosion, förderten den Humusaufbau und hülfen, Nährstoffe im Boden zu halten.

Leguminosen wie Sommerwicke könnten Stickstoff aus der Luft binden – ein Vorteil für Klima und Betriebskosten. Besonders hob sie hervor, dass das Projekt aus der Praxis heraus entstanden sei: Landwirtinnen und Landwirte aus ganz Schleswig-Holstein haben gemeinsam mit Wissenschaft, Beratung, Saatgutwirtschaft und der Landwirtschaftskammer die Idee entwickelt und setzen sie nun gemeinsam um. „Unser Ziel ist es, in den nächsten drei Jahren ein praxistaugliches Verfahren für die Gegebenheiten in Schleswig-Holstein zu entwickeln, das Ökonomie und Ökologie verbindet – und Landwirtinnen und Landwirte konkret entlastet.“ Wird diese Technik also den Schlepper ablösen?

Prof. Eberhardt Hartung, Institut für landwirtschaftliche Verfahrenstechnik der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, sagte dazu: „Die Drohne wird den Schlepper sicherlich nicht ersetzen, sondern ihn gut in der Praxis ergänzen und sich im alltäglichen Einsatz etablieren. Das Potenzial zum Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln und Dünger wird besonders dort von Drohnen voll ausgeschöpft werden können, wo große, zusammenhängende Flächen und optimale Einsatzlogistik vorhanden sind. Da die effiziente Nutzung darüber hinaus geschultes Bedienpersonal, eine adäquate Infrastruktur sowie die Beachtung rechtlicher und sicherheitstechnischer Vorgaben und Genehmigungen voraussetzt, wird der Einsatz von Agrargroßdrohnen eher von Maschinenringen/Lohnunternehmern oder speziellen Dienstleistern übernommen werden.“

Ruben Soth befüllt die Drohne.
Der Saatguttank (70 l) – mit Saatgut von Ölrettich und Sommerwicken.

Starker Aufwuchs durch Drohnensaat

In dem Projekt unter Federführung der Landwirtschaftskammer und wissenschaftlicher Begleitung der ­Christian-Albrechts-Universität zu Kiel werden mehrere Feldversuche auf neun landwirtschaftlichen Betrieben (siehe Liste am Ende), in verschiedenen Naturräumen Schleswig-Holsteins (Hohe Geest, Vorgeest, Östliches Hügelland, Marsch) zur Erprobung angelegt. Hierbei wird in randomisierten Streifenversuchen untersucht, inwieweit die Drohnensaat einer stärkeren Zwischenfrucht-/Untersaataufwuchs als herkömmliche Aussaatverfahren erreicht und ob Bestände aus der Drohnensaat mehr Nährstoffe vor der Auswaschung im Winter schützen. Des Weiteren werden verschiedene Saatgutmischungen und Saatzeitpunkte per Drohnenausbringung verglichen. Außerdem wird in den dreijährigen Projektzeitraum geprüft, inwieweit eine Strohbergung nach der Drohnensaat möglich ist. Hierauf aufbauend sollen ein Flugsaat-Leitfaden für Schleswig-Holstein, eine Flugsaatmischung sowie ein ökonomischer Vergleich erstellt werden, um das Verfahren in die Praxis zu tragen.

Technik und Kosten

Im Projekt wird eine eigene ­Agras-T50-Drohne genutzt. Die Drohne mit einer Spannweite von knapp 3,20 m kostet mit Streu- und Sprühtechnik sowie drei Flugakkus etwa 20.000 €. Obwohl ein Flugakku mit einem Gewicht von zirka 12 kg eine Ladekapazität von 30 Ah (zehnmal so viel wie ein gängiger Handyakku) besitzt, reicht die Leistung unter voller Last nur für etwa 7 min, ehe die Drohne wieder landen muss. In dieser Zeit müssen die übrigen Akkus am Boden mittels Stromaggregaten geladen werden. Entsprechende Stromerzeuger schlagen mit zirka 2.200 € zu Buche.

Da die Drohne im Einsatz mit bis zu 36 km/h fliegt, ist der Saatguttank mit 70 l Fassungsvermögen innerhalb der vom Akku begrenzten Einsatzzeit auch geleert. Hieraus ergibt sich eine realistische Flächenleistung von 6 bis 8 ha/h. Die Flächenleistung kann durch eine durchdachte Logistik, die das Wiederbefüllen und Tauschen des Akkus beschleunigt, gesteigert werden. Zum Transport von Drohne, Stromerzeuger, Ladegeräten, Akkus und eventuell Saatgut wird ein Sprinter oder auch größerer Pkw mit Anhänger benötigt.

Erste Erfahrungen aus dem Süden Deutschlands zeigen, dass die Drohnensaat nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Vorteile bringt. Dort wird die Drohnensaat mit etwa 30 €/ha angesetzt, während eine Mulchsaat etwa 55 €/ha und eine Aussaat mit der Drillmaschine nach einem Stoppelbruch etwa 93 €/ha kostet. Wird nach dem Stoppelbruch mit Kreiselegge gedrillt, erhöhen sich die Kosten sogar auf rund 120 €/ha.

Rechtliche Vorgaben

Der Einsatz der Agrar-Großdrohne im Projekt „Flugsaat“ ist rechtlich anspruchsvoll – einfacher Abflug ist nicht möglich. Im Gegensatz zu herkömmlichen Landmaschinen, bei denen in der Regel der T-Führerschein für den Fahrer genügt, erfordert der Drohneneinsatz umfangreiche Genehmigungen und spezielle Qualifikationen:

Die Drohne fällt mit über 100 kg Startgewicht in die „spezielle Betriebskategorie“ nach EU-Drohnenverordnung – vergleichbar mit Drohnen für Paketlieferungen.

Erforderlich sind unter anderem der A2-Drohnenführerschein, eine praktische Schulung sowie eine individuelle Betriebsgenehmigung des Luftfahrtbundesamts.

Für jede Fläche muss eine ­SORA-Risikoanalyse erstellt werden – zur Bewertung von Boden- und Luftrisiken (für unbeteiligte Personen, Tiere und die Umwelt sowie durch den Zusammenstoß mit anderen Luftfahrzeugen: Fallschirmspringern, Segelflugzeugen, Rettungshubschraubern und so weiter).

Das Genehmigungsverfahren für die Befliegung einer Fläche kann aktuell mehrere Monate dauern.

Kostenpunkt für Lizenzen und Genehmigungen: rund 9.000 €

Auch beim Abschlussfeuerwerk der Kieler Woche waren kleinere Drohnen im Schwarm im Einsatz.

Chancen und Risiken

Dieses sehr trockene Frühjahr zeigt erneut, dass die Landwirte von den Folgen des Klimawandels bereits betroffen sind und in den kommenden Jahren zunehmend betroffen sein werden. Der Klimareport SH prognostiziert eine Änderung der Extreme: mehr Sommertage und heiße Tage, weniger Frost- und Eistage. Die Prognosemodelle modellieren zudem eine Zunahme der Tage mit Niederschlag von mindestens 10 l/m2 pro Tag – die Häufigkeit von Starkregenereignissen nimmt somit leicht zu. Die Flugsaat ermöglicht eine klimaangepasste Bewirtschaftung durch das Etablieren gut entwickelter Zwischenfrüchte und Untersaaten, die vor Erosionen, Nährstoffverlusten und Verdunstung schützen, ohne Ertragseinbußen der Hauptkultur zu provozieren. Zeitgleich wird der Energie- und Zeitaufwand um ein Vielfaches gesenkt und es werden Arbeitsspitzen durch das Verlegen des Saatzeitpunkts gebrochen. Mögliche Risiken sind ein schlechtes Auflaufverhalten aufgrund fehlenden Bodenschlusses, durch Fraßschäden oder auch durch den Einfluss des Herbizidmanagements in der Hauptkultur. Andersherum können stark entwickelte Bestände Probleme bei der folgenden Ernte bereiten und zu Qualitätseinbußen führen.

Teilnehmende Projektpartner sind:

Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein, Ruben Soth

Julius Voss, ökologischer Ackerbau- und Gemüsebetrieb

Eckhardt-Heinrich Hartmann, konventioneller Ackerbaubetrieb

Matthias Schiller, ökologischer Ackerbaubetrieb

Florian Bornholdt, konventioneller Futterbau-Milchvieh-Betrieb

Henning Münster, konventioneller Futterbau-Milchvieh-Betrieb

Henry Kühl, konventioneller Energieerzeuger, Biogasbetrieb

Peter Hagge, konventioneller Ackerbau- und Gemüsebetrieb

Jan Lausen, konventioneller Futterbau-Milchvieh-Betrieb

Futterbau-Milchvieh-Betriebe der Insel Föhr, vertreten durch den Wasserbeschaffungsverband Föhr

CAU Kiel, Institut für landwirtschaftliche Verfahrenstechnik, Prof. Dr. Eberhardt Hartung

Gewässerschutzberatung Nord, Dr. Thomas Räbiger

Saaten-Union GmbH, Jonas Fahrenkrog

Das Projekt „Flugsaat“ wird im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft (EIP Agri) Schleswig-Holstein durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (Eler) gefördert. Es läuft seit dem 1. Oktober 2024 noch bis zum 30. September 2027. Weitere Infos unter: https://t1p.de/ek6fq

Bessere Brunsterkennung

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Kann man die Brunsterkennung durch die Kombination verschiedener Kenngrößen in Sensorsystemen verbessern? Prof. Steffen Hoy von der Universität Gießen ist dieser Frage nachgegangen.

Die wichtigste Anwendung von Sensorsystemen bei Kühen ist nach wie vor die Erkennung der Brunst. Jede nicht erkannte Brunst kostet über 60 €. Neben der Messung von Aktivität und Wiederkaudauer werden seit einigen Jahren neue Techniken angeboten, die Aussagen zum Liegeverhalten und zur Futteraufnahme bieten. Mit welchen Kombinationen von Messgrößen lässt sich die Trefferquote bei der Erkennung brünstiger Kühe erhöhen?

Untersuchungen auf einem Betrieb

Die Untersuchungen fanden auf dem Milchviehbetrieb der Universität Gießen statt. Hier wurden die Systeme Heatime Pro (SCR/Allflex), und BayernWatch (Track a cow, ENGS, Rosh Pina, Israel) genutzt. Für den Zeitraum eines Jahres erfassten wir folgende Parameter:

Mit Heatime Pro: Wiederkauen und Aktivität und mit BayernWatch: Aktivität, Aufenthaltsdauer am Futtertisch, Anzahl Besuche am Futtertisch, Liegezähler, Liegedauer und Dauer des Stehens – alle Werte pro Tag. Liegedauer und Stehen addieren sich dabei immer zu 24 Stunden. Die Brunst wurde dann registriert, wenn die Sensorsysteme einen Alarm gegeben hatten oder wenn das Stallpersonal eine brünstige Kuh entdeckt hatte und danach eine Besamung erfolgte – unabhängig davon, ob daraus eine Trächtigkeit resultierte oder nicht.

Die Brunst führt zu Veränderungen

In die Untersuchung wurden 76 Brunsten einbezogen. Es wurden für jeden Parameter der Zeitraum vier Tage vor der Brunst, der Tag der Brunst (Tag der Besamung) und vier Tage nach der Brunst ausgewertet. Für jeden Tag wurde der Mittelwert für jede Messgröße grafisch dargestellt (Abbildungen 1 und 2).

Alle Kenngrößen zeigten einen typischen Verlauf im brunstnahen Zeitraum – entweder mit einem Anstieg oder einem Rückgang des betreffenden Parameters. Am deutlichsten war die brunstbedingte Veränderung bei der mit BayernWatch gemessenen Aktivität zu erkennen: Die Aktivität am Tag der künstlichen Besamung (KB) stieg um fast 80 % gegenüber dem Vergleichszeitraum (Mittelwert der Tage 4 bis 2 vor und 1 bis 4 nach der Brunst) an. Ähnlich war die Dynamik der mit Heatime Pro gemessenen Aktivität – der Anstieg war mit etwa 35 % lediglich nicht so hoch (Abbildung 1). Deutlich reagierte auch der Liegezähler auf den Eintritt der Brunst. Die Zahl der Abliegevorgänge erhöhte sich am Brunsttag um fast 50 % (Abbildung 2). Die jeweilige Dauer des Liegens und Stehens reagiert systembedingt spiegelbildlich (Abbildung 2). Der brunstbedingte Anstieg beziehungsweise Rückgang betrug bei beiden Messgrößen etwa 20 %.

Die Aufenthaltsdauer am Futtertisch ging am Tag der Brunst nur leicht um 8 % zurück. Gleichzeitig stieg die Anzahl der Besuche am Futtertisch um zirka 15 %. Die Wiederkaudauer verkürzte sich am Brunsttag um etwa 14 % (Abbildung 1 und 2). 

Welche Kenngrößen zeigen die Brunst an?

Dazu wurden die prozentualen Abweichungen im jeweiligen Parameter am Tag der Brunst (Tag 0) gegenüber dem Vergleichszeitraum berechnet. Bei manchen Messgrößen ist dieser Wert negativ (die Wiederkaudauer geht am Tag der Brunst zurück), bei anderen positiv (die Aktivität steigt am Brunsttag an). Je höher dieser Wert (unabhängig vom Vorzeichen) ist, umso besser lässt sich die Brunst erkennen. In Abbildung 3 wurden diese Werte für die einzelnen Parameter (ohne Vorzeichen) absteigend dargestellt. Die stärkste Auslenkung während der Brunst gab es bei der mit BayernWatch erfassten Aktivität, gefolgt vom Liegezähler und der durch Heatime Pro gemessenen Aktivität. Die geringsten Veränderungen am Tag der Brunst wurden beim Wiederkauen und der Aufenthaltsdauer am Futtertisch („Fressdauer“) registriert.

Ein zweites Merkmal zur Beurteilung der Qualität der Brunsterkennung ist der Anteil „falscher“ Anzeigen. Damit ist Folgendes gemeint: Bei der Brunst steigt normalerweise die Aktivität und die Wiederkaudauer sinkt ab. Es gibt jedoch einzelne Kühe, die während der Brunst in diesen Parametern überhaupt nicht oder „in die falsche Richtung“ reagieren – mit verminderter Aktivität und/oder gestiegener Wiederkaudauer. Solche Brunsten wurden als „falsche Anzeige“ bezeichnet, und wir berechneten die Häufigkeit dieser Werte (Abbildung 3). Bei beiden Aktivitätsmessungen gab es die geringsten Häufigkeiten falscher Anzeigen. Beim Liegezähler trat zwar im Mittel eine deutliche Auslenkung während der Brunst auf, es wurden aber auch vergleichsweise viele falsche Alarme registriert. Die höchste Fehlerquote wurde bei der Aufenthaltsdauer am Futtertisch („Fressdauer“) nachgewiesen. Die Messung der Aktivität ist somit die sicherste Methode der Brunsterkennung.

Wie lassen sich Messgrößen kombinieren?

Die beste, weil ergebnissicherste Kombination ist die gleichzeitige Messung von Aktivität und Wiederkaudauer: Fast 96 % der Brunsten ließen sich durch eine Erhöhung der Aktivität und/oder eine Verringerung der Wiederkaudauer (Heatime Pro) erkennen. Eine Trefferquote in gleicher Höhe (etwa 96 %) ergab sich bei der Kombination von Aktivität und Anzahl der Besuche am Futtertisch (BayernWatch). Eine 100%ige Sicherheit der automatischen Brunsterkennung ließ sich auch dann nicht erzielen, wenn vier Messgrößen kombiniert wurden (Aktivität, Liegezähler, Liegedauer, Anzahl Besuche am Futtertisch). Etwas weniger als 6 % der Kühe beziehungsweise Brunsten zeigten in keiner der vier Messgrößen eine Veränderung. Deshalb ist die Brunstbeobachtung bei Kühen auch weiterhin unverzichtbar.

Fazit

Verschiedene neuere Sensor-­Techniken messen mehrere Parameter gleichzeitig. Am häufigsten ist die Aktivitätsmessung, die durch fast alle Systeme genutzt wird. Die Kombination verschiedener Messparameter führt zu Brunsterkennungsraten von 93 bis fast 96 %. Außerdem bieten die Systeme Vorschläge zum optimalen Besamungszeitraum an. Eine 100%ige automatische Erkennung brünstiger Kühe wird jedoch auch bei der Kombination mehrerer Messgrößen nicht erreicht. Daher sollte auch weiterhin die direkte Beobachtung der Kühe im brunstnahen Zeitraum erfolgen.