Das Wetter hält in jedem Jahr andere Überraschungen bereit, die ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit im Ackerbau notwendig machen. Während im Vorjahr ein nasses Frühjahr Probleme verursachte, ist in diesem Jahr eine ausgeprägte und sehr früh einsetzende Trockenheit vorherrschend. Hier stellt sich die Frage, wie früh die Beregnung im Getreide beginnen sollte.
Der Bodenwassergehalt in den oberen Schichten lag laut Deutschem Wetterdienst Ende März in weiten Teilen Schleswig-Holsteins und Niedersachsens bis zu 20 % unter den langjährigen Minimalwerten. Tiefere Bodenschichten waren jedoch noch gut versorgt und auch die Grundwasserspeicher waren überwiegend aufgefüllt. Bis Mitte April ist die Bodenfeuchte für Winterungen auf sandigen Böden vielerorts auf zirka 40 bis 50 % der nutzbaren Feldkapazität (nFK) im Hauptwurzelraum (0 bis 60 cm) abgesunken, was für diese Jahreszeit extrem niedrig ist. Niederschlagsmangel bedeutet auch Nährstoffmangel, wenn der zugeführte Dünger in der oberen Bodenschicht beziehungsweise auf der Bodenoberfläche liegt und durch die Trockenheit kaum pflanzenverfügbar ist. Um die Nährstoffe an die Wurzel zu bekommen, startete daher die Beregnung auf leichten Böden vor allem in Niedersachsen in diesem Jahr teilweise schon in der zweiten Aprilwoche, deutlich früher als üblich.
Trockenstress für Kulturen
Am Versuchsstandort Hamerstorf (Nordostniedersachsen) sind im März nur 6 mm Regen gefallen. Bis Mitte April hat es gar nicht geregnet. Winterweizen und -roggen sind daher in der Variante mit guter Wasserversorgung dann bereits beregnet worden. Wie sich die frühe Beregnung unter den extrem trockenen Bedingungen in diesem Jahr auf die Erträge auswirkt, werden die Versuchsergebnisse zeigen. In der zweiten Aprilhälfte gab es in Hamerstorf 20 mm Niederschlag, die vorübergehend für Entspannung gesorgt haben, indem endlich Nährstoffe mit dem Wasser aufgenommen werden konnten. Im Mai hat sich die Trockenheit allerdings weiter fortgesetzt, weshalb auch bereits wieder beregnet werden musste. In Schleswig-Holstein ist es bis zum Beginn des letzten Maidrittels besonders trocken auf den Geestflächen in der Mitte und im Südosten des Landes. Ohne Beregnung ist die Bodenfeuchte im Wurzelraum unter Getreide und Raps bis zum 8. Mai auf unter 40 % der nFK gefallen, was starken Trockenstress für die Kulturen bedeutet.
Richtiger Zeitpunkt der Beregnung
Eine ähnliche Ausgangslage wie 2025 gab es auch in den Jahren 2011, 2012 und 2014. Ein Rückblick auf die Versuchsergebnisse dieser Jahre am Standort Hamerstorf zeigt, dass 2012 und 2014 durch eine sehr frühe Beregnung in den optimal beregneten Varianten von Raps vor der Blüte und Wintergetreide zum Schossbeginn keine oder nur geringe Mehrerträge erreicht wurden.
Durch kleinere Niederschläge im April hatte sich die Nährstoffversorgung verbessert. Die Reduktion der Triebe wurde gestoppt und die Pflanzen erholten sich. Anders im Jahr 2011: Hier führte eine sehr lange Trockenheit von März bis Anfang Juni zu erheblichen Ertragsausfällen ohne Beregnung. Aber auch ein zu später Beregnungsbeginn wirkte sich negativ auf den Ertrag aus. In Hamerstorf fielen in 100 Tagen des Frühjahrs 2011 nur 66 mm Regen, davon 11 mm im März und 27 mm im April. Hinzu kam ab Mitte April eine verdunstungsintensive Witterung. Die Kulturen gingen bereits mit geringen Bodenwassergehalten in einen viel zu trockenen Mai, was letztlich entscheidend für die Mindererträge war. Sehr ähnlich ist der Witterungsverlauf bisher auch in diesem Jahr in weiten Teilen Niedersachsens und Schleswig-Holsteins, wenn auch nicht mit ganz so hohen Temperaturen und dadurch einer geringen Verdunstung.
Sowohl das Getreide als auch der Raps können geringe Bestandesdichten zumindest teilweise durch eine bessere Ausbildung der Ertragsorgane (Ähren beziehungsweise Schoten) und hohe Korngewichte kompensieren. Das ist natürlich nur möglich, wenn eine gute Wasser- und Nährstoffversorgung im weiteren Entwicklungsverlauf gegeben ist.
Bestimmte Sorten im Vorteil
Auf schwächeren Standorten mit häufiger Frühsommertrockenheit sollten daher nur Sorten ausgewählt werden, die ein besonders gutes Kompensationsvermögen aufweisen. In den Beregnungsversuchen waren bei mangelnder Wasserversorgung außerdem häufig Sorten mit einem hohen und sicheren TKG beziehungsweise Einzelährengewicht im Vorteil, weil sie keine hohe Bestandesdichte benötigen. Daher kann die Beregnung etwas später einsetzen und in manchen Jahren eine Gabe eingespart werden. Die Bekörnung der Ähre und die Kornentwicklung müssen dann allerdings bei trockenen Bedingungen in der weiteren Entwicklung besonders gefördert werden, was in der Beregnungsplanung berücksichtigt werden sollte. Bestandesdichtetypen ohne sicher erreichbares TKG haben bei früher Trockenheit das Problem einer zu geringen Bestandesdichte. Bei später Trockenheit und hoher Korndichte reicht die Wasserversorgung oft nicht für eine gute Kornfüllung aus. Zudem verdunsten dichte, blattreiche Bestände häufig mehr Wasser, das eventuell in einer späteren Phase fehlt, sodass zusätzlich beregnet werden muss.
Beste Sorte kann Beregnung nicht ersetzen
Auch die beste Sorte kann jedoch die Beregnung auf Trockenstandorten nicht ersetzen, was die Beregnungsversuche mit acht Sorten deutlich gezeigt haben. Eine wirklich trockenresistente Sorte wurde bisher nicht gefunden.
Die Versuchsergebnisse aus den Jahren 2011 mit früher und 2010 mit später Trockenheit machten auch deutlich, dass frühe Sorten durch eine frühe Trockenheit besonders negativ betroffen sind, während späte Sorten mehr Zeit für die generative Entwicklung haben. Dafür reagieren diese empfindlicher auf eine späte Trockenheit, wenn sie noch in der Kornausbildung sind (siehe Grafik 2).
Bei der Sortenauswahl sollte daher auch berücksichtigt werden, ob am Standort häufiger frühe oder eher späte Trockenphasen zu erwarten sind. Zur Senkung des Risikos kann die Auswahl sowohl von frühen als auch späteren Sortentypen beitragen. Bei einem hohen Hackfruchtanteil in der Fruchtfolge können frühe Getreidesorten oder -arten (Wintergerste) die Konkurrenzsituation um knappe Ressourcen (Wasser, Technik, Arbeitskräfte) im Juni etwas entschärfen, da sie nicht so lange beregnet werden müssen.
Versuche unabhängig von der Witterung
Der Frage, zu welchem Zeitpunkt sich Trockenstress besonders negativ auf den Ertrag auswirkt oder in welcher Entwicklungsphase die Beregnung eine besonders hohe Effizienz aufweist, ist die Kammer Niedersachsen zwei Jahre lang in dem 2022 neu erbauten Rainshelter auf dem Versuchsfeld in Hamerstorf nachgegangen. Beregnungsversuche unter diesem Regenschutzdach sind unabhängig von der Witterung, weil der Regen durch ein Schließen des Daches ferngehalten wird. Bei trockenem Wetter ist das Dach dagegen offen, sodass weitgehend normale Freilandbedingungen herrschen. Zeitpunkt und Menge der Wasserzufuhr können so gemäß der Fragestellung des Versuches gesteuert werden. Die Beregnung erfolgt mit einem Gießwagen, der je nach Vorgabe nur bestimmte Parzellen mit Wasser versorgt, andere dagegen nicht.
In dem Rainshelter-Versuch sind vier Varianten der Wasserversorgung angelegt worden: 1. nach Bedarf, 2. geringe Wasserversorgung während des Schossens oder 3. zur Kornausbildung sowie 4. immer eine stark reduzierte Beregnung.
In Grafik 3 ist zu sehen, zu welchen Entwicklungsstadien Trockenstress auftrat und wie viel beregnet wurde.
Im Vergleich zur guten Wasserversorgung musste die Variante „früher Trockenstress“ mit 50 mm (2024) bis 80 mm (2023) weniger Wasser auskommen. Dadurch ergaben sich jedoch nur relativ geringe Ertragsverluste zwischen 5 und 10 % (siehe Grafik 4).
Die Verluste waren 2023 etwas höher als 2024, weil im April gar nicht beregnet wurde und der gedüngte Stickstoff daher schlecht verfügbar war. Der späte Trockenstress hat sich mit 15 bis 25 % Verlust deutlich negativer auf den Ertrag ausgewirkt. 2024 war der Ertrag in der Variante „später Trockenstress“ noch stärker von Verlusten betroffen als 2023, weil ab Mitte der Blüte gar nicht mehr beregnet wurde. Er sank wegen des stark verringerten Korngewichts sogar unter das Niveau der Variante mit ständigem Trockenstress ab, obwohl der Wasseraufwand insgesamt der gleiche war. Eine gleichmäßige Wasserversorgung auf geringem Niveau war also besser als ein zu Beginn „verwöhnter“ Bestand mit vielen Trieben und hoher Verdunstung, aber geringerer Wurzelentwicklung, der später bei Trockenheit stark gelitten hat.
Beregnung von Wintergetreide
Der Beregnungsbeginn in Wintergetreide und Raps sollte zwar rechtzeitig, aber nicht zu früh erfolgen. Zur Bestimmung des optimalen Termins ist eine genaue Beobachtung der Wetterlage, des Bodens und der Bestände notwendig. Bei einer frühen Trockenphase im April mit geringen Niederschlägen, aber sonst normalen Wetterverhältnissen und guter Bewurzelung der Pflanzen ist eine Beregnung im Raps vor der Blüte und im Wintergetreide bis ins Zweiknotenstadium kaum ertragswirksam und damit nicht wirtschaftlich. Eine über mehrere Tage anhaltende hohe Verdunstung (hohe Sonneneinstrahlung, Temperatur und Windgeschwindigkeit), sehr sandige oder flachgründige Böden sowie eine schlechte Wurzelentwicklung können jedoch einen zeitigen Start der Beregnung notwendig machen. Auch die vorhandene Beregnungskapazität muss berücksichtigt werden, damit alle wasserbedürftigen Flächen bei schnell zunehmender Trockenheit ausreichend versorgt werden können.
Die Auswahl von Sorten mit angepasster Reifegruppe und gutem Kompensationsvermögen beim Getreide, verbunden mit einer rechtzeitigen Aussaat im Herbst, kann die negativen Effekte einer Frühjahrstrockenheit verringern und zur Einsparung von Wasser durch einen späteren Beregnungsstart beitragen.
Fazit
In Niedersachsen und Schleswig-Holstein, hier vor allem in den südlichen Landesteilen auf den leichten Böden, wird im Ackerbau auch Getreide beregnet. Diese Folgerungen aus den Versuchsergebnissen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen gelten für diesen Klimaraum:
• Zu frühe Beregnung verwöhnt die Pflanzen und kann zu dichte Bestände hervorbringen, die später viel Wasser benötigen.
• Wintergetreide: Beregnungsbeginn nicht vor Ablauf des Zweiknotenstadiums
• Winterraps: Beregnungsstart nicht vor Blühbeginn
• Ausnahme: früher beregnen bei extrem trockenen und verdunstungsintensiven Bedingungen und deutlicher Stockung im Wachstum
• Sortenwahl an Standortbedingungen und Wasserverfügbarkeit anpassen
• Wasserrechte beachten, sparsam und umsichtig vorgehen