Das erste Treffen der Agri Benchmark Academy startete am Montag im niedersächsischen Stadthagen. Agri Benchmark ist ein globales Netzwerk von landwirtschaftlichen Erzeugern, Beratern und Ökonomen und organisatorisch dem Thünen-Institut angegliedert. In der Academy trafen sich in dieser Woche Schweinehalter aus verschiedenen europäischen Ländern.
Deutliche Unterschiede wurden während der Vorstellung der Betriebe sichtbar. In Finnland ist es nicht selten, auf Antibiotika zu verzichten und dieses Produkt aktiv zu vermarkten, vor allem nach Japan. Großer Wert wird auf die Verfütterung von Nebenprodukten gelegt, sei es die Ration mit 80 % Buttermilch oder die Verfütterung von Gerstenprotein aus der Wodkaherstellung. Langschwänze sind ebenso üblich. Viel Platz, nahezu Ad-libitum-Fütterung und Spielzeug waren die Tipps der Finnen, um ein Schwanzbeißen zu verhindern. Bei den täglichen Zunahmen lagen alle Betriebe über 1.100 g.
Ungarn setzt immer noch auf Antibiotika
Das krasse Gegenteil wurde aus Ungarn berichtet. Dort scheint die stallweise Behandlung mit Antibiotika über das Tränkewasser noch Standard zu sein. Es gibt wenig Information über die Verwendung der Tierarzneimittel, ein Grund kann die geringe Zahl der Tierärzte sein. Durch striktere Organisation und genauere Kontrolle mittels eines Gesundheitsmonitorings mit 180 Fragen versucht man, eine Übersicht und Verbesserungen zu schaffen. Westliche Zuchtrichtungen bestimmen den Markt, ebenso gibt es ausländisches Interesse an der Tierhaltung in Ungarn.
Ein großes Problem ist die Konzentration der Tierhaltung, gut 100 Landwirte halten 80 % der Schweine, vor allem an der Grenze zu Rumänien und der Ukraine. Ungarn ist PRRS-frei, die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist jedoch in drei Regionen des Landes endemisch im Wildschweinebestand. Ungarn verkauft viele Ferkel nach Rumänien.
Innovativ zeigten sich die Niederlande. Professionelle Tierhaltung mit einem gesonderten Blick auf das Management der Gülle zeigte der Bericht. Im Versuchsstadium ist die Separation der Gülle mit anschließender Bakterienbehandlung der flüssigen Phase. Durch eine Umkehrosmose erzeugt man ein Produkt, das mineralischen Dünger ersetzen soll.
Aus Deutschland wurde am Beispiel der Weg in die Haltungsstufe 3 beschrieben. Auf die Probleme der Biosicherheit bei Stroheinstreu und Außenkontakt und eine geringere Futterverwertung wurde hingewiesen. Es braucht feste Kontrakte, um diesen Schritt zu gehen. Aus dem deutschsprachigen Raum berichtete der Agrarblogger Stadtkind im Schweinestall. Die Schweinehaltung in Deutschland sei sehr divers aufgestellt. Es herrsche eine große Verunsicherung durch die Politik: „Viele Gesetze sehen auf dem Papier gut aus, machen aber keinen Sinn in der Praxis“, so sein Urteil.
Haltungsgrenze in der Schweiz
Die Schweiz zeichnet sich durch kleine Betriebsstrukturen aus. Es gibt ein verordnetes Limit von 250 Sauen oder 1.500 Mastschweinen je Betrieb. Eine Ausnahme gilt, wenn Nebenprodukte verfüttert werden. Der Ringelschwanz ist Pflicht. Unterstützung erfolgt durch staatliche Direktzahlungen. PRRS kommt dort nicht vor, allerdings widmen viele Betriebe der Biosicherheit nicht genug Aufmerksamkeit.
Im Österreich ist man besonders reserviert, was Betriebsbesuche betrifft. Tierwohl ist ein wichtiges Thema, auch hier verbunden mit der Frage: „Wer zahlt?“ Das Fazit eines Agrarbloggers aus insgesamt 260 Stallbesuchen: „Ich habe nicht erwartet, dass hinter einem Schnitzel so viel Arbeit steckt.“
Die Hofkampagne „Agrill“ hat die Veranstaltung unterstützt. Jörn Ehlers, Vizepräsident im niedersächsischen Landvolk, besuchte die Academy beim abendlichen Grillen unter dem Motto „Gemeinsam genießen“ und erklärte die Bedeutung dieser Aktion. Grillen verbinde Menschen, dies sei in einer Zeit, in der vieles auseinanderlaufe, wichtiger denn je. Heimische Erzeugnisse seien ein wichtiger Wert, den es zu erhalten gelte. Sönke Hauschild
Internationale Vergleiche
Agri Benchmark ist ein globales Netzwerk von Agrarökonomen, Beratern und Produzenten. Es vergleicht mit international standardisierten Methoden Produktionssysteme, ihre Wirtschaftlichkeit, Rahmenbedingen und Perspektiven für die wichtigsten Agrargüter und Agrarmärkte weltweit. Seit rund 20 Jahren leitet das Thünen-Institut für Betriebswirtschaft dieses weltweite Non-Profit-Netzwerk. Durch international einheitliche Methoden und in enger Zusammenarbeit mit Beratern und Produzenten macht das ExpertenNetzwerk internationale Daten und Informationen für alle vergleich- und bewertbar.
Für typische Produktionssysteme und Betriebe wird untersucht, wie produziert wird, welche Kosten und Erlöse dabei entstehen, welche Rahmenbedingungen jeweils maßgeblich sind und in welche Richtung sich die Produktion voraussichtlich bewegen wird. Agri Benchmark umfasst über 60 Länder, vor allem in den Branchen Rinder- und Schafhaltung, Ackerbau, Schweinehaltung, Gartenbau und Aquakultur. mbw