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Schutz landwirtschaftlicher Flächen gefordert

Der Deutsche Bauernverband (DBV) hat seine Forderung bekräftigt, beim Ausbau der Photovoltaik (PV) vorrangig auf den Ausbau auf Dächern und Gebäuden zu setzen. „Den PV-Ausbau auf die Fläche zu schieben, ist der falsche Ansatz und wird auch die Akzeptanz von Photovoltaik schädigen“, erklärte DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken am vergangenen Donnerstag in Berlin zur Photovoltaik-Strategie des Bundeswirtschaftsministeriums.

Ertragreiche Landwirtschaftsflächen müssten geschützt werden. Der ländliche Raum dürfe nicht verbaut werden, um für die Städte Strom zu produzieren. Krüsken zufolge zählen Landwirte zu den führenden Investoren in Photovoltaik. Etwa 15 % der PV-Anlagen würden von Landwirten betrieben.

„Wenn der Ausbau der Photovoltaik bis 2030 zur Hälfte in herkömmlichen Freiflächenanlagen erfolgt, ist mit einem zusätzlichen Flächenverlust der Landwirtschaft von etwa 80.000 Hektar bis 2030 zu rechnen“, warnte der DBV-Generalsekretär. Das entspreche einem Flächenverlust von rund 20 ha pro Tag. Für übertrieben hält Krüsken die Erwartungen an die Agri-PV. Diese werde unter den jetzigen Bedingungen nur eine Nische bleiben.

„Landwirtschaftliche Flächen dürfen nur unter eng begrenzten Bedingungen für PV-Freiflächenanlagen genutzt werden“, heißt es in einem Forderungskatalog des Bauernverbandes. Hier müssten eine regionale Differenzierung sowie eine Abwägung örtlicher agrarstruktureller Belange erfolgen.

Der DBV schlägt eine Außenbereichsprivilegierung für kleine PV-Anlagen im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit landwirtschaftlichen Betrieben bis 1 MW/ha vor. Die 500-m-Streifen an Autobahnen und Eisenbahnen sollten dem Bauernverband zufolge künftig aus der EEG-Förderung gestrichen werden. Agrarstrukturell nachteilige Flächenzerschneidungen und der Verlust hochproduktiver Flächen könnten so gemindert werden. Notwendig sei eine steuerrechtliche Klarstellung, dass eine mit einer PV-Freiflächenanlage bebaute landwirtschaftliche Fläche bewertungsrechtlich für Zwecke der Grundsteuer sowie der Erbschaft- und Schenkungsteuer weiter dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zugeordnet bleibe.

Abgelehnt wird eine Duldungspflicht der Grundeigentümer für Netzanschlussleitungen zu PV- und Windparks, weil sie den Anschlussprozess verzögere. Der Bauernverband spricht sich außerdem dafür aus, ein besonderes Augenmerk auf den Ausbau der Verteilnetze zu legen. Dieser Engpassfaktor müsse in der Photovoltaik-Strategie als erfolgskritisch eingestuft werden.

Weiter abgebaut werden müssten Hindernisse beim Eigenverbrauch und bei der Nahstromvermarktung. Speicherlösungen und Sektorkopplungen seien zu unterstützen. Bürgerenergieprojekten sei im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) weiter Vorrang einzuräumen. Dessen Definition sollte laut DBV auch Landwirte und Grundeigentümer einschließen, die sich als Betreibergesellschaften zusammenschließen.

Knackpunkt: Aufbereitung des Ernteguts

Die Wiedervernässung von Niederungen soll einen erheblichen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele in Schleswig-Holstein leisten. Dafür ist die Entwicklung alternativer Nutzungskonzepte entscheidend. Um diesen Prozess zu unterstützen, startete das Kieler Landwirtschaftsministerium (MLLEV) mit Unterstützung des Bildungszentrums für Natur, Umwelt und ländliche Räume (BNUR) vergangene Woche Donnerstag (4. Mai) eine Veranstaltungsreihe auf der Klimafarm in Erfde, Kreis Schleswig-Flensburg.

Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) erklärte: „Als Ministerium wollen wir mitreden, wenn es darum geht, die Niederungen zu entwickeln.“ Die Veranstaltungsreihe solle eine Plattform bieten zu diskutieren, was möglich ist. Sicher sei, dass sich die Landwirtschaft auf Veränderungen einstellen müsse. Dabei gelte es noch viele Fragen zu beantworten: „Sollen alle Flächen in den Naturschutz? Bauen wir nur noch Paludikulturen an? Was passiert mit den Werten, den Gebäuden und der Infrastruktur im ländlichen Raum?“ Ganz wichtig ist aus Sicht von Schwarz, Absatzmöglichkeiten für das Erntegut von vernässten Flächen zu finden.

Anpassungen notwendig

Dr. Thorsten Reinsch aus dem MLLEV betonte: „Bei der Entwicklung der Niederungen muss es auch um den Erhalt der Landwirtschaft gehen.“ Wertschöpfung durch Bewirtschaftung müsse möglich bleiben. Die Landwirte in der Region hätten große Erfahrung mit der Moorbewirtschaftung.

Es gebe aber neue Herausforderungen. Der Meeresspiegel steige, was die Entwässerung erschwere. Dazu kämen mehr Niederschläge im Winter und weniger Niederschläge im Sommer. Reinsch unterstrich: „Das Wassermanagement wird noch wichtiger, sowohl beim Thema Abtransport als auch bei der Haltefähigkeit.“ Er berichtete, dass in Schleswig-Holstein rund 20 % der Fläche 2,5 m unter Normalnull lägen, also als Niederungen zu bezeichnen seien. Nach Berechnungen des Ministeriums seien landesweit 85.000 ha – verteilt auf 4.000 Betriebe – besonders von den neuen Herausforderungen betroffen. Bei zirka 500 Betriebe machten Niederungsflächen mehr als 80 % der Gesamtfläche aus. Diese Betriebe seien vielfältig, was individuelle Anpassungsstrategien erfordere. Helfen soll hierbei das derzeit entstehende Kompetenzzentrum klimaangepasste Landwirtschaft des MLLEV.

Mehr Wertschöpfung in den Niederungen könne neben der Produktvermarktung durch Förderung im Rahmen der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik entstehen, so Reinsch. Eine andere Möglichkeit sei Agri-PV, zumindest in Bereichen, die nicht naturschutz- und wasserrechtlich geschützt seien. Er stellte klar: „Die Landesregierung zielt auf kooperative, freiwillige Maßnahmen.“ Es gehe nicht darum, die Milchviehhaltung zu verdrängen.

Flächentausch möglich?

Daniel Viain von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein berichtete von einer Befragung von 72 Landwirten aus dem Sorgekoog. Die überwiegend Rinder haltenden Betriebe hätten angegeben, dass nur 8 % ihrer Flächen schwer zu bewirtschaften seien, nur 2 % seien unwirtschaftlich. Zwei Drittel der Betriebe zeigten Bereitschaft zum Flächentausch. „Das ist ein Hebel, der angesetzt werden kann“, betonte Viain. Landwirte zeigten sich grundsätzlich offen, an der Entwicklung der Niederungen mitzuwirken.

Die Stiftung Naturschutz halte Flächen, die zwar theoretisch für einen Flächentausch infrage kämen. Problem ist hier allerdings laut Stiftung, dass der Flächenkauf mit einem Schutzzweck verbunden ist, der sich nicht auf andere Flächen übertragen lasse. Schwarz erklärte, dass das Ministerium, die Stiftung und die Landgesellschaft ins Gespräch kommen wollten, um Möglichkeiten des Flächentausches zu erörtern.

Fokus auf Nasswiesen

Die Projektleiterin der Klimafarm, Dr. Elena Zydek, stellte klar: „Dieses Projekt ist ein Landwirtschafts- und kein Naturschutzprojekt.“ Es gehe darum, durch Vernässung und extensive Grünlandnutzung Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Parallel würden Wertschöpfungsketten aufgebaut. Zusätzliche Arbeitsfelder seien die Entwicklung von Erntetechnik und der Wissenstransfer. Zydek erklärte: „Paludikultur funktioniert.“ Der Knackpunkt sei, was mit dem Ernteprodukt geschehe. Der Schwerpunkt in Erfde liege auf der Bewirtschaftung von Nasswiesen. Das passe nach Schleswig-Holstein und zum Landesprogramm biologischer Klimaschutz. Andere Paludikulturen wie Torfmoose, Röhrichte oder auch Erlen würden an anderen Standorten in Deutschland untersucht. Besonders wichtig ist aus Sicht von Zydek die Begleitforschug durch die Universität zu Kiel. „Wir produzieren hier Moorbiomasse“, so die Projektleiterin. In Wert gesetzt werden müssten aber auch andere positive Effekte der Moorbewirtschaftung wie intakte Kohlenstoffspeicher beziehungsweise der Erhalt des Torfkörpers, Verbesserungen beim Wasserhaushalt und des Lokalklimas sowie die Nährstofffilterfunktion. „Landwirte auf vernässten Moorböden sind biologische Klimaschützer“, untermauerte Zydek. Für eine Etablierung in der Praxis müssten Paludikulturen aus ihrer Sicht zudem in der Berufsausbildung eine größere Rolle spielen. 

Mit Stachelwalzen sind die vernässten Flächen befahrbar. Die Erntemenge auf den Nasswiesen beträgt zwischen 2 und 4 t TM/ha. Die Pflanzen haben dabei einen Trockensubstanzgehalt von rund 20 %. Fotos: rq
Für Moorbiomasse kommen verschiedene Verwertungen infrage. Aktuell getestet werden zum Beispiel die Verwendung als Verpackungsmaterial, als Spielzeug (zum Beispiel Legosteine) oder für Textilien. 
Werner Schwarz
Dr. Thorsten Reinsch
Daniel Viain


Weitere Termine der MLLEV-Veranstaltungsreihe:

12. Juni: Nasse, extensive Weidewirtschaft – Rentabilität, Management und Herausforderungen

5. Juli: Photovoltaik auf Moor – geht das?

5. September: Anbau und Ernte von Paludikulturen – Ertragserwartungen und Ansprüche

Kniffe fürs Filmen mit dem Smartphone

Digitale Netzwerke sind von Menschen für Menschen. Daher sollte man authentisch sein und seiner Zielgruppe bei der Erstellung von Inhalten auf Augenhöhe begegnen. Diese Empfehlungen gaben die Referenten Matthias Süßen und Ulrich Koglin beim von der Rentenbank und dem Bauernblatt unterstützten Agrarblogger-Camp Schleswig-Holstein am Montag in Rendsburg.

„Wenige aktive Follower sind besser als viele Inaktive“, stellte Süßen klar. Der Social-Media-Experte riet den rund 20 Teilnehmenden zur Anschaffung von Zubehör. Externe Mikrofone seien beispielsweise für „kleines Geld“ erhältlich und verbesserten die Tonqualität von Videos deutlich. Er betonte: „Tiergeräusche oder Wind können sehr problematisch sein.“

Koglin, freiberuflicher Filmemacher für den NDR, erklärte, dass verschiedene Perspektiven Spannung schafften und Bewegung simulierten. So nehme man den Zuschauer mit. 

Mehr Tipps von Matthias Süßen zum Filmen mit dem Smartphone im Video:

Kartenverlosung

Das Bauernblatt verlost jeweils 5 x 2 Karten für das Deutsche Spring- und Dressurderby am Donnerstag, Freitag und Sonnabend. Die Preisfrage lautet: Wer hat im vergangenen Jahr das Springderby gewonnen?

Die richtige Antwort mit Absenderadresse und Telefonnummer entweder an:
redaktion@bauernblatt.com oder per Post an: Bauernblatt GmbH, Stichwort „Pferdeseiten“, Grüner Kamp 19-21, 24768 Rendsburg. Einsendeschluss ist Mittwoch, 10. Mai. 

Spargelsaison bis Johanni

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Auch in diesem Jahr ist Spargel bei den Konsumenten beliebt. Sonniges Wetter steigert nicht nur die Erntemengen des Spargels, auch die Nachfrage erfuhr jüngst eine Belebung. Das lange Wochenende mit dem Maifeiertag zieht eine Absatzsteigerung nach sich.

2022 umfasste die Anbaufläche in Schleswig-Holstein knapp 480 ha. Marktbeteiligte gehen davon aus, dass der Anbauumfang rückläufig ausfällt. Nur 10 % der Spargelernte werden über Discounter oder den LEH vermarktet. Die anderen 90 % finden ihren Weg über die Direktvermarktung zum Konsumenten. Seit Ostern wird hierzulande schon geerntet.

Im Bundesgebiet liegt die Anbaufläche bei rund 25.000 ha. Ein Bundesbürger verzehrte im Durchschnitt 1,2 kg Spargel. Deutschlandweit wurden 2022 rund 82.000 t Spargel produziert. Mit etwa 6.000 t aus Spanien und 4.000 t aus Griechenland sowie jeweils 2.000 t aus Italien und Peru wurde das Angebot durch im Importe erweitert. Der Selbstversorgungsgrad in Deutschland lag 2022 bei 86 %.

Aktionsware im Discounter

Insgesamt wird von einem bis zuletzt übersichtlichen Angebot berichtet. Die Mengen sind bisher gut abgeflossen. Zudem haben viele Discounter und der LEH Spargel als Angebotsware platziert. Auch in dieser Woche ist das wieder der Fall, die Aktionsware nimmt zu und die Preise geben nach. Weißer Spargel schwankt zwischen 2,99 und 4,44 €/400 g. Umgerechnet ergibt sich ein Preis von 7,48 bis 11,10 €/kg. Es werden aber auch tagesfrische Preise aufgerufen. Spargel ist sogar im Kombipack mit Kartoffeln erhältlich. 1 kg Spargel und 2 kg ägyptische Frühkartoffeln werden dabei gemeinsam angeboten und sind für knapp 10 € erhältlich. Währenddessen setzen andere Discounter darauf, das Gesamtpaket als Aktionsware zu fahren – ein spezieller Kochtopf zum Spargelkochen, Sauce hollandaise, Butter und Schinken.

Der grüne Spargel ist sogar noch günstiger erhältlich. Dabei handelt es sich jedoch um Importware, beispielsweise aus Spanien. Er kann zu einem Kurs von 6,98 €/kg gekauft werden. Der Agrarmarkt Informationsgesellschaft zufolge wurden in KW 17 noch 87 % des grünen Spargels importiert. Beim weißen Spargel sind es zum gleichen Zeitpunkt gerade einmal 3 % gewesen. Viele Konsumenten kaufen aus Prinzip deutsche Ware. Sie schätzen die regionale Produktion.

In den beiden ersten Corona-Jahren 2020 und 2021 waren die Konsumenten bereit, verstärkt teurere Lebensmittel zu kaufen. 2022 war dies schon anders, Verunsicherung machte sich breit. Aufgrund der starken Inflation schauen Konsumenten auch in diesem Jahr mehr auf Aktionsware. Doch heimische Spargelstangen sind vermehrt ab Hof, an Verkaufsständen oder auf dem Wochenmarkt erhältlich. Verarbeitet erfreut sich das hiesige Gemüse auch höchster Beliebtheit in Restaurants.

Trotz niedriger Temperaturen seit Ostern verfügbar

Im Februar und März wurden Folien und Dämme vorbereitet. So wird ein verfrühter Erntezeitpunkt möglich. Die Vorteile des Folieneinsatzes sind zudem leichtere Erntebedingungen durch lockere Erde, eine geringere Notwendigkeit der Bewässerung, da weniger Austrocknung des Bodens stattfindet. Dadurch ist auch ein geringerer Spargelpreis möglich. Zum Teil werden drei Folien übereinandergelegt, da kann man sich fragen, was mit all dem Müll passiert. Doch sollte man wissen, dass die Folien sieben bis acht Jahre wiederverwendet werden. Es folgt eine Nutzung als Agrarkunststoff beispielsweise als neue Folie oder Müllbeutel.

Kühle Wochen mit nur wenigen Sonnenstunden prägten das Frühjahr. Doch freundliche Tage kurz vor Ostern brachten auch die ersten Spargelstangen mit – seitdem läuft die Spargelsaison. Erst kleinere Mengen, nun auch mehr. Heimische Betriebe werden durch Saisonarbeitskräfte unterstützt, denn viel Handarbeit ist nötig. Es sind überwiegend Arbeitskräfte aus Polen, Bulgarien und Rumänien, die unter hohen Standards und wenigstens zum Mindestlohn arbeiten. In diesem Jahr kommen ukrainische Kräfte dazu. Mit dem Verlauf der Saison werden die Preise weiter nachgeben. Bis zum 24. Juni geht die Erntezeit, hoffentlich ein Vergnügen für alle: Produzenten und Konsumenten.

Der Hauptpreis des Weihnachtspreisausschreibens wurde in Glasau an den Gewinner übergeben

Landwirt Jürgen Stolten konnte ­seinen Hauptgewinn aus dem Weihnachtspreisausschreiben der zehn landwirtschaftlichen Fachverlage (AOL) auf seinem Hof in ­Glasau, Kreis Segeberg, in Empfang nehmen. Der John-Deere-Traktor 6R 110 mit 110 PS wurde vorigen Dienstag von der Verlagsleitung des Bauernblatts übergeben.

Kein Weihnachtspreisausschreiben des Bauernblatts hat der Landwirt verpasst. „Jedes Jahr habe ich die Lösungspostkarte meines Mannes abgeschickt und jedes Jahr sagte er: Ich gewinne den Trecker“, erinnert sich Seniorchefin Heike Stolten. Dieses Mal hat es geklappt. Bundesweit haben 112.000 Leserinnen und Leser am jährlichen AOL-Weihnachtspreisausschreiben der landwirtschaftlichen Wochenblätter in Deutschland teilgenommen, und die Karte von Jürgen Stolten wurde gezogen. Nachdem der Anruf von Julia Schröder, Anzeigenleiterin des Bauernblattes, den Seniorchef erreichte, behielt er die gute Nachricht als Geheimnis für sich und sagte seiner Familie nur: „Nach dem Mittagessen gibt es eine Überraschung.“ Die sei gelungen, schmunzelt der Seniorchef.

„Der Schlepper passt perfekt auf den Betrieb“, bescheinigt Marco Stolten, der Betriebsleiter. Die Maschine wird direkt bei den Frühjahrsarbeiten zum Einsatz kommen. Vorher hat er die Zugmaschine nach seinen Vorstellungen beim örtlichen Rebo-Vertriebspartner Christopher Schwarck mit zusätzlicher Ausstattung ausrüsten lassen. Stolten bewirtschaftet 130 ha Acker und 50 ha Grünland, dazu Bullen- und Färsenmast mit 80 Tieren. Die Milchviehhaltung mit 30 Kühen läuft aus. „Der Schlepper hat eine handliche Größe auch für den Wirtschaftszweig Lohnunternehmen“, freut sich Stolten.

Das breite Einsatzspektrum unterstreichen die Landtechnikprofis Steffen Krippahl und Stefan Reinermann. Die neue Maschine wird künftig bei der Futterernte, Bodenbearbeitung, im Pflanzenschutz und beim Transport zum Einsatz kommen. Mit dem 6R 110 wird Stolten diese Woche die Maisflächen für die Aussaat vorbereiten, die Grasernte startet und das Heuwenden kann beginnen. mbw

Wählen gehen: Politik fängt im Dorf an

Fünf Jahre sind verstrichen seit der vergangenen Kommunalwahl. Am 14. Mai ist es wieder so weit. In rund 1.080 kreisangehörigen Gemeinden, in den vier kreisfreien Städten und in den elf Kreisen wird gewählt. Knapp 2,4 Millionen Menschen dürfen in Schleswig-Holstein am 14. Mai wählen gehen und ihr Votum zur Kommunalpolitik abgeben. Aber: In den vergangenen Jahrzehnten ist die Wahlbeteiligung ständig weiter gesunken.

Während 1974 die Wahlbeteiligung bei den Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein bei fast 79,2 % lag, haben bei der jüngsten Kommunalwahl im Jahr 2018 gerade mal 47,1 % aller Wahlberechtigten abgestimmt. Gerade Landwirtinnen und Landwirte sollten den Wahltermin nicht verpassen. Denn dabei geht es um etwas. In der Kommunalpolitik werden Entscheidungen getroffen, die die Bäuerinnen und Bauern direkt vor Ort angehen und sie in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung maßgeblich beeinflussen. 

„Überlassen Sie Ihre Stimme nicht anderen“

Durch die Wahl hat jeder die Möglichkeit, über die Besetzung der Gemeindeparlamente mitzubestimmen. In den Gemeinderäten wird nicht zuletzt ganz konkret über die Entwicklungschancen landwirtschaftlicher Betriebe entschieden. Gibt es in den Räten niemanden mehr, der für die Bäuerinnen und Bauern das Wort ergreift, sind Entwicklungsmöglichkeiten wie Stallbauten schwierig. Welche Vorschriften und Bedingungen werden mit einer Genehmigung verbunden? Auch diese Fragen werden auf kommunaler Ebene mitentschieden. Den großen Rahmen gibt die Politik in Berlin und Brüssel vor. Aber die konkrete Umsetzung muss jeder Landwirt und jede Landwirtin mit den Genehmigungsbehörden vor Ort ausdiskutieren.

Landwirtinnen und Landwirte sollten am besten nicht nur zur Wahl gehen, sondern sie sollten für die Kommunalwahlen selbst kandidieren. Es ist wichtig, dass sie direkt in den Kommunalparlamenten vertreten sind. Sonst fehlen Sachverstand und der Blickwinkel des bäuerlichen Berufsstandes, gerade wenn es um Entscheidungen geht, die die Land- und Forstwirtschaft betreffen, zum Beispiel bei Bauleitplanung, Genehmigungen, Bau und Unterhaltung von Straßen und Wegen, Flurbereinigung oder die Ausweisung von Schutzgebieten.

Am 14. Mai zählt es, seine Stimme abzugeben. Denn das Wahlrecht ist in einer Demokratie die vornehmste Bürgerpflicht. Wer nicht wählt, überlässt seine Stimme nur anderen und lässt die über seine Zukunft entscheiden.

SVLFG-Mitgliedschaftsnachweis entfällt für  Direktzahlungsanträge

 

Die Möglichkeit einen Antrag für Direktzahlungen zu stellen, wird erweitert. Die Bindung an die SVLFG-Mitgliedschaft entfällt künftig für den Nachweis „akiver Landwirt“.

Bislang war die Mitgliedschaft in der Sozialversicherung für Landwirtschaft (SVLFG) Voraussetzung für den Nachweis „aktiver Landwirt“ bei die Beantragung von Direktzahlungen.  Aufgrund einer aktuellen Diskussion über die SVLFG-Mitgliedschaft für den  Nachweis „aktiver Landwirt“ wird nun auch denjenigen, die in einer anderen gesetzlichen Unfallversicherung als der SVLFG versichert sind, empfohlen, einen Antrag für die Direktzahlungen zu stellen.

Dies kann weitere Voraussetzungen mit sich bringen, wie zum Beispiel den Nachweis einer im landwirtschaftlichen Betrieb tätige Person. Die Regelungen hierzu sind derzeit noch nicht bekannt. Diese kurzfristige Änderung aus dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) wurde heute vom Kieler Landwirtschaftsministerium (MLLEV) mitgeteilt.

Zwischenüberschrift

Fließtext

Die Reise seines Lebens

„In den Urlaub brauche ich jetzt nicht mehr, denn meine Lebensreise habe ich schon längst gemacht“, sagt Fritz Kunkelmoor und lächelt zufrieden. Der 77-Jährige aus Wacken im Kreis Steinburg erfüllte sich im fortgeschrittenen Lebensalter einen lang gehegten Herzenswunsch. Vor einiger Zeit wanderte er in 82 Tagen von Flensburg nach Innsbruck. Noch heute schwingt sein „ganz persönlicher Jakobsweg“ in ihm nach.

Fritz Kunkelmoor holt eine Kiste hervor, in der er alle Schätze seiner Fußwanderung verwahrt: Reisetagebücher, Land- und Postkarten, Prospekte sowie einen 10-€-Schein, den ihm ein Freund als Notgroschen mitgab. Ein selbst geschnitztes Kreuz, damals als Reisetalisman von einer Freundin und ihrem Sohn überreicht, hängt an der Wand. Erinnerungen! Er nimmt eines der Reisetagebücher zur Hand und schlägt es auf. Sofort ist er gedanklich wieder mittendrin in seiner abenteuerlichen Reise, die ihn quer durch Deutschland bis nach Tirol/Österreich führte und auch in seinem Innersten etwas in Gang setzte. Aber von vorn.

Als Bauernsohn verbringt Fritz Kunkelmoor seine Kindheit und Jugend mit drei jüngeren Geschwistern auf einem kleinen Geestbauernhof in Bokhorst bei Schenefeld. „Meine Eltern betrieben Ackerbau, hatten Kühe, Hühner und zwei Holsteiner Pferde. Sie arbeiteten hart und klagten nie, obwohl es finanziell oft eng war“, blickt er zurück. Damals habe er durch Vater und Mutter eines gelernt: in jeder noch so herausfordernden Situation das Gute zu sehen und die Zuversicht zu behalten. Eine Haltung, die ihm auf seiner späteren Wanderung noch oft zugutekommen wird. Im Alter von 19 Jahren heiratet er, bekommt mit seiner Frau einen Sohn und eine Tochter und verdient als Postbeamter den Lebensunterhalt für die Familie. Doch er fühlt sich in seinem Beruf unterfordert und entdeckt die Kunst als Ausgleich und Ausdrucksform für sich. Autodidaktisch beginnt er ab 1971 mit Holzschnitzereien. 1998 beendet er „nach einem Lebensbruch“ seine Beamtenlaufbahn und widmet sich fortan völlig dem künstlerischen Schaffen, bevorzugt Skulpturen in Stein. Ebenso ist er literarisch und als Trauerredner tätig. Nach zwei Ehen lebt er heute allein.

Startpunkt in Harrislee

Wie es zu seiner Wanderung kam? „Im Kopf plante ich sie schon fast zehn Jahre. Mich zog es zu den Orten, die ich vor Jahrzehnten während glücklicher Familienurlaube kennengelernt hatte. Irgendwann meinte mein Sohn, ich solle mal langsam losgehen, bevor ich es gesundheitlich nicht mehr schaffe.“

Start der Wandertour in Harrislee nahe der Alten Zollstraße 67
Foto: Privat

Da er sportlich ungeübt ist, beginnt er 65 Tage vor der Tour mit einem sich steigernden Gehtraining. Nach vier Wochen füllt er seinen Rucksack mit Wasserflaschen, um seinen Rücken an das Gewicht des Reisegepäcks zu gewöhnen. An einem Sonntag, dem 1. Juni, ist es endlich so weit. „Ausgestattet mit dem Reisesegen der mir vertrauten Pastorin, brachte mich mein Sohn zum Startpunkt in die Gemeinde Harrislee unmittelbar an der dänischen Grenze.“

Die Wanderroute führt ihn zunächst an seine jeweiligen Tagesziele in Schleswig-Holstein. Er steuert Flensburg, Sankelmark, Jübek, Bünge, Erfde, Hamdorf, Spannan, Aukrug-Bargfeld, Bad Bramstedt und Ellerau an. Zum Abend kehrt er in Pensionen oder Jugendherbergen ein. Seine erste Nacht in der Flensburger Jugendherberge nach einer Wegstrecke von 9 km ist ihm genau in Erinnerung geblieben.

„Dort sichtete ich meine Gefühle und Gedanken, die wie auf einer Achterbahn heftig in Bewegung waren. Ich spürte, dass ich an diesem Tag ein für mich großes Vorhaben startete, das vielleicht mein letztes ist.“ Während Kunkelmoor seines Weges zieht, hält er immer wieder Rückblick auf sein kunterbuntes Leben mit Höhen und Tiefen. „Das Gestern meiner Jahre wurde lebendig. Ich stellte für mich fest, dass es im Leben darauf ankommt, den vom Schicksal zugedachten eigenen Weg möglichst frühzeitig zu erkennen, ihn für sich zu akzeptieren, ihn anzunehmen und bewusst zu gehen. Dazu gehörte für mich auch meine Fußwanderung durch unser Deutschland.“

Ballast abwerfen

Am vierten Tag seiner Reise weiß Kunkelmoor: Wer höher fliegen will, muss Ballast abwerfen. Sein gepackter Rucksack ist ihm zu schwer. In einem Jübeker Postshop sortiert er kurzerhand Gegenstände aus und schickt 3,4 kg wieder nach Hause. Mit einer Rückenlast von 10,5 kg setzt er seine Wanderung ohne eine zuvor festgelegte Route fort. Doch sein Körper ist die Dauerbelastung nicht gewohnt und macht sich regelmäßig mit Schmerzen in den Füßen, Gelenken und Herzproblemen bemerkbar. „Im Nichtbeachten physischer Beeinträchtigungen habe ich jahrelange Erfahrung. Ich entschloss mich, trotzdem zuversichtlich weiter voranzuschreiten.“ Nicht überall kann er eine passende Unterkunft für die Nacht finden, muss Umwege gehen und sich als Wanderer mit widrigen, teils lebensgefährlichen Situationen an stark befahrenen Straßen arrangieren. Zusätzlich schlägt das Wetter Kapriolen. Einmal mehr lehrt ihn all das unbedingtes Gottvertrauen.

Sieht er Kirchen am Wegesrand, geht er hinein, erfreut sich an den Kunst- und Kulturschätzen und der meditativen Stimmung. Draußen genießt er die freie Natur, Gottes Schöpfung, die so viel Schönes für ihn bereithält. Seine Gedanken wandern dabei auch in die Kindheit zurück. Schon als kleiner Schuljunge packte er tatkräftig auf dem elterlichen Bauernhof mit an. Manchmal fiel ihm das schwer. Er ist traurig, dass seine Eltern gestorben sind und er die Reiseerlebnisse nicht mit ihnen teilen kann.

Über Hamburg erreicht er auf seiner Tour Dibbersen in Niedersachsen, durchwandert hier 16 Orte, um am 31. Tag im thüringischen Heilbad Heiligenstadt anzukommen. Noch elf Orte wird er in Thüringen anlaufen, Martin Luthers Wartburg in Eisenach besuchen, um am 45. Tag in Bad Königshofen Rast zu machen. 32 weitere Stationen in Bayern folgen. Er durchwandert Rothenburg ob der Tauber, Augsburg und Oberammergau.

Zufällige Begegnungen

Seinen Weg kreuzen die unterschiedlichsten Menschen. Manchmal ergeben sich aus zufälligen Begegnungen tiefgründige Gespräche. Es gibt skurrile Momente und solche, die ihn zum Schmunzeln bringen. So werden ihm von weiblichen Zufallsbekanntschaften romantische „Schäferstündchen“ angeboten, die er jedoch dankend ablehnt. Am 17. August bricht sein 78. Tag in der Gemeinde Oberau an, und er zieht eine Zwischenbilanz. „Die bis dahin vergangenen 77 Tage meines Lebens waren für mich zu einer inneren Pilgertour geworden. In meiner Seele geriet währenddessen etliches in Bewegung. Wie oft war ich gedanklich bei Gott, sodass ich mich nunmehr stets geborgen und unendlich frei, stark und zuversichtlich fühlte.“ Und noch etwas habe er gelernt: „Anfangs fiel es mir schwer, mich allein an Dingen, die ich sah und erlebte, zu erfreuen. Ich wollte sie mit einem Gegenüber teilen. Doch im Laufe meiner Wanderschaft gelang es mir, mich auch allein zu freuen.“

Inneren Frieden gefunden

Über Seefeld erreicht er am 82. Tag Innsbruck, das Endziel seiner Route. Er hat geplant, hier etwas zu verweilen und die Christuskirche wiederzusehen, in der er früher mit seiner jungen Familie war. Aber das Kirchentor ist verschlossen. Er erkennt: „Ich kann in meinem Leben nicht einen vergangenen, glücklichen Moment zurückholen, denn er ist einmalig.“ Am 84. Tag, nach einer Wegstrecke von insgesamt 1.196 km, tritt er mit der Bahn die Rückfahrt an. „Diese Reise zu mir selbst hat mir wichtige Erkenntnisse beschert, die mir noch heute einen tiefen inneren Frieden schenken“, resümiert er. Mehr unter ­skulpturen-kunkelmoor.blogspot.com

Über seine Wanderung hat Fritz Kunkelmoor ein Buch geschrieben: „Zu Fuß – allein – durch unser Land, Flensburg-Innsbruck, Vom Wandern zum Pilgern“ Anfragen per Mail an fritz.a.kunkelmoor@gmx.de

Junges Gemüse für junge Gesellen

Seit November des vergangenen Jahres steht es fest: Die Jomsburg in Dänisch-Nienhof (Gemeinde Schwedeneck) wurde von den freireisenden Gesellinnen und Gesellen für die Sommerbaustelle 2023 ausgewählt.

Für den kleinen Verein der Jomsburg-Pfadfinder ist das wie ein Sechser im Lotto. Denn die freireisenden Gesellen organisieren jedes Jahr bundesweit genau eine Sommerbaustelle. Die etwa 100 Handwerksgesellen der unterschiedlichsten Gewerke arbeiten auf der Burg vier Wochen lang ehrenamtlich, nur für Kost und Logis. Zu diesen Sommerbaustellen sind auch reisende Gesellen willkommen, die in Schächten organisiert sind.

Die Unterstützung der freireisenden Gesellen kann die Jomsburg gut gebrauchen, denn sie ist längst in die Jahre gekommen. Ab Ende der 1970er Jahre von den Jomsburg-Pfadfindern in Eigenleistung gebaut, lechzt die Burg inzwischen nicht nur nach frischer Farbe. Die Jomsburg-Pfadfinder befinden sich dabei in einem Dilemma. Sie wollen Kindern und Jugendlichen auf ihrer Burg einen preiswerten Aufenthalt ermöglichen, sodass es sich wirklich alle leisten können. Aber genau dann bleibt nicht das Geld übrig, das nötig wäre, um dem Sanierungsstau zu Leibe zu rücken.

Wie ein Sechser im Lotto

Doch dann kam der berühmte Sechser im Lotto: Etwa 100 Handwerksgesellen verschiedenster Gewerke – vom Koch bis zum Zimmermann – werden im Sommer dieses Jahres für insgesamt vier Wochen auf die Jomsburg kommen, um zu sanieren, zu renovieren und das eine oder andere neu zu bauen, auch eine neue Freiluftküche. „Während dieser Zeit planen wir auch einen Tag der offenen Burg, an dem sich Schüler über Handwerksberufe informieren können“, verrät Jule Lüthje, Bundesführerin Jomsburg Freier Pfadfinderbund.

Seit die Entscheidung für die Sommerbaustelle Jomsburg gefallen ist, laufen die Vorbereitungen auf allen Ebenen auf Hochtouren. Denn bei so einem großen Projekt muss an vieles gedacht werden, von den nötigen Genehmigungen, über Baumaterial bis hin zur Verpflegung der freireisenden Gesellen.

Kost und Logis für 100 Handwerksgesellen, die voraussichtlich durchschnittlich für drei Wochen auf der Burg bleiben werden – das will organisiert sein. „Das Logis ist nicht das Problem“, sagt Jule Lüthje. „Wir haben Platz auf der Burg.“ Die Verpflegung ist eine größere Herausforderung für den gerade 60 aktive Mitglieder zählenden Verein. Der startete im vergangenen Herbst eine extra Spendenaktion für die Sommerbaustelle. Noch ist das Spendenziel von 15.750 € nicht erreicht und der Verein freut sich über weitere Spenden. Neben Geldspenden sind inzwischen erste Sachspenden eingegangen. „Wir haben bereits Zahnpasta, Zahnbürsten und eine Palette Dosenpfirsiche gespendet bekommen“, so Hauke Hass, Vorsitzender des Vorstandes Jugendburg Jomsburg.

Gemüseanbau für Sommer

Für die Verpflegung starteten kürzlich einige Jomsburg-Pfadfinder und einige freireisende Gesellen eine ganz besondere Aktion auf dem Gut Birkenmoor. 360 m² wurden mit schnell wachsendem Gemüse bepflanzt und besät. Spinat, verschiedenen Salate, Radieschen, Zuckerschoten, Kräuter – alles, was bis zum Sommer erntereif ist – werden dann auf dem Feld des Gutes wachsen.

Die freie und fremde Landwirtin Jana managt das Gemüseprojekt der Sommerbaustelle.

Gemanagt wird das Gemüseprojekt durch die fremde und freie Landwirtin Jana. („Fremd“ nennen sich die Gesellen, die sich auf der Walz, also in der Fremde befinden. Die Redaktion) Sie ist seit 2021 auf der Walz. Das Gemüseprojekt soll den Speisezettel der etwa 100 reisenden Gesellen bereichern. Für Jana ist es nicht das erste Gemüseprojekt, seit sie auf der Walz ist. Auch im vorigen Jahr konnten die Gesellen der Sommerbaustelle, die sich damals im Ahrtal befand, auf selbst gezogenes und geerntetes Gemüse zurückgreifen. Jana managte auch da das Gemüseprojekt. Sie hatte bereits einen Teil ihrer Ausbildung zur Landwirtin auf einem kleinen Biobauernhof mit eigener Gärtnerei absolviert.

Nach der Walz will sich die 26-Jährige, die ursprünglich aus Konstanz am Bodensee kommt, ihren eigenen landwirtschaftlichen Betrieb mit Schwerpunkt Biogemüseanbau aufbauen. Auf der Walz nutzt sie jede Gelegenheit, um neue Erfahrungen in Biogemüsebetrieben zu sammeln.

Pachtfreier Acker

Tobias Brauns vom Gut Birkenmoor, der auch Mitglied der Gemeindevertretung Schwedeneck ist, erfuhr früh von den Plänen der Sommerbaustelle auf der Jomsburg. „Es war nie eine Frage, ob wir das Projekt unterstützen, sondern nur die Frage, wie wir es unterstützen.“ Mit seinem Angebot eines pachtfreien Ackers für den Gemüseanbau rannte er bei den Gesellen offene Türen ein, zumal auch Landwirte auf der Walz sind. Zur Jahresbaustelle haben sich vier Landwirte angemeldet, von wahrscheinlich insgesamt nur fünf Landwirten aus dem deutschsprachigen Raum, die derzeit auf der Walz sind. Bevor das große Pflanzen und Säen losging, gab Tobias Brauns dem zukünftigen Gemüsefeld mit seinem Grubber den letzten Schliff. Das Gut Birkenmoor verfügt bereits über Erfahrungen mit Gemüse-Pachtgärten für ganz normale Bürger, die jeweils von Mai bis Dezember verpachtet werden.

Tobias Brauns vom Gut Birkenmoor unterstützt die Gesellen mit einem pachtfreien Gemüsefeld.

Erste Berührungspunkte

Auch die Gemeinde Schwedeneck unterstützt die freireisenden Gesellen, indem sie die reisenden Gesellen ohne Kurtaxe an ihre Strände lässt. Beim gemeinsamen Start der Pflanzaktion wies Hauke Hass, Vorsitzender des Vorstandes Jugendburg Jomsburg, auf bereits vorhandene Berührungspunkte zwischen Pfadfindern und reisenden Handwerksgesellen hin. „Pfadfinder werden schon als Kinder und Jugendliche mit handwerklichen Tätigkeiten vertraut. Viele von ihnen machen eine handwerkliche Ausbildung. Einige von ihnen gehen auch auf die Walz. Später bringen sie ihre Kompetenzen in den Verein ein. So haben wir im Trägerverein Jugendburg Jomsburg unter anderem einen Architekten, einen Bauingenieur und einen Zimmerermeister. Eine Gemeinsamkeit zwischen reisenden Handwerksgesellen und Pfadfindern ist das gemeinsame Singen. Wir singen zum Teil die gleichen Lieder.“

Lust auf Walz

Wer mit dem Gedanken spielt, selbst auf die Walz zu gehen, ist im Sommerlager willkommen, um sich zu informieren. Und vielleicht wird ja mehr daraus, wie bei der freien und fremden Landwirtin Jana: „Ich habe einfach einmal eine Sommerbaustelle besucht. Dort habe ich dann auch den Altgesellen kennengelernt, der mich später auf die Straße gebracht hat – ein Zimmermann. Der Altgeselle muss nicht dem eigenen Gewerk angehören.“ Die Sommerbaustelle auf der Jomsburg findet vom 12. Juni bis 10. Juli 2023 statt.

Die freireisenden Gesellen suchen sich für ihre Sommerbaustelle immer ein gemeinnütziges Projekt aus. „Die Jomsburg – ein Ort für Kinder- und Jugendarbeit – ist ein toller Ort, den wir unterstützen können“, so Jana. Am Schluss jeder Sommerbaustelle versammeln sich die freireisenden Gesellen zum Plenum und entscheiden über die nächste Sommerbaustelle.

Info

Insgesamt sind derzeit zwischen 400 und 600 Gesellen aus dem deutschsprachigen Raum von zirka 50 Gewerken auf der Walz. Etwa die Hälfte der Wandergesellen ist in sogenannten berufsgruppenspezifischen Schächten organisiert. In manche Schächte haben nur junge Männer Zugang, andere haben sich inzwischen auch für Frauen geöffnet. Wer in einem Schacht organisiert ist, verpflichtet sich, an einigen verbindlichen Veranstaltungen des jeweiligen Schachtes teilzunehmen. Derzeit gibt es (noch) keinen Schacht für Landwirte, nur einen für Lebensmittel verarbeitende Berufe. Die Landwirte, die sich derzeit auf der Walz befinden, sind deshalb wahrscheinlich ausschließlich als freireisende Gesellen unterwegs. Auf die Jomsburg kommen vorwiegend freireisende Gesellen, die in keinem Schacht organisiert sind. Die Beteiligung von jungen Frauen ist bei den freireisenden Gesellen selbstverständlich. Auf der jährlichen Sommerbaustelle trifft sich ein großer Teil der freireisenden Gesellen. Hier findet Vernetzung untereinander statt und der Blick über den Tellerrand des eigenen Gewerkes. Die Teilnahme an den Sommerbaustellen ist freiwillig. Was für alle Gesellen auf der Walz – egal ob frei oder in einem Schacht organisiert – gleich ist, ist die Mindestdauer der Walz von drei Jahren und einem Tag. In dieser Zeit sind der Heimatort und eine Bannmeile von 50 km rund um den Heimatort tabu. Ausnahmen gibt es nur bei Todesfällen in der Familie. Treffen mit Familie und Freunden außerhalb der 50-km-Zone sind möglich. Am Beginn der Walz muss sich jeder Geselle von einem Gesellen, der bereits länger auf der Walz ist, auf die Straße bringen lassen. Die ersten drei Monate verbringen beide gemeinsam. Computer und Handy sind während der Walz tabu. Kommunikation per E-Mail ist trotzdem erlaubt, nur nicht über ein eigenes Gerät. Andere Menschen anzusprechen und um Hilfe zu bitten, ist nicht nur bei der E-Mail-Kommunikation gewollt. Briefeschreiben geht ohnehin immer. In einem Betrieb darf ein reisender Geselle höchstens drei Monate bleiben. Die Walz gilt rechtlich als Bildungsreise, sodass die Gesellen auch dann versichert sind, wenn sie gerade keine Anstellung ­haben. sq