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Gemüsearten und -sorten mit Gelinggarantie

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Reiche und schnelle Ernte, auch ohne grünen Daumen – genau das versprechen einige Gemüsearten, die ganz unkompliziert im Anbau sind. Und nicht nur das, sie stecken auch so manche Wetterkapriole gut weg und legen keinen Wert darauf, ständig verhätschelt zu werden.

Bei zeitiger Aussaat Anfang bis Mitte April wächst Spitzkohl ,Express‘ allen Schädlingen einfach davon. Ab Anfang Juli ist Erntezeit. Foto: Karin Stern

Beginnen wir doch gleich mit der Kohlfamilie. Im Gartenmarkt sollte man Ausschau halten nach Jungpflanzen des Riesenkohlrabis ‚Superschmelz’. Ab Mitte April darf er unter Vlies aufs Beet. Die Ernte erfolgt ohne Zeitdruck fortlaufend ab August. Wer ihn nicht selbst probiert hat, mag kaum glauben, dass sogar 5-kg-Exemplare butterzart schmecken. Wenn noch ein bisschen Platz auf dem Kohlbeet ist, kann man den Spitzkohl ‚Express‘ pflanzen. Er macht seinem Namen alle Ehre und ist, Anfang April ausgesät, bereits Anfang Juli erntereif. Tipp: Kohlrabi und Spitzkohl bei der Pflanzung mit einem Langzeitdünger für Gemüse versorgen. Wer den Boden mit Rasenschnitt mulcht, vermindert die Verdunstung und unterdrückt Unkraut.

Radieschen ,French Breakfast‘ bildet längliche, mild schmeckende Wurzeln. Foto: Karin Stern

Für die Aussaat im zeitigen Frühjahr empfehlen sich die Radieschen ‚Rundes Rot-Weiß‘ und ‚French Breakfast’ (länglich, rot-weiß). Beide stellen die Standardsorte ‚Riesenbutter’ in den Schatten. Das schnelle Wachstum und der ausgezeichnete Geschmack sprechen für sich. Beide Sorten sind für den Sommeranbau nicht geeignet. Die Aussaat lohnt wieder ab Mitte August. Wer lieber Rettich mag, sät den frühen ‚Ostergruß‘. Er schmeckt beizeiten geerntet mild-würzig und eignet sich für den Frühjahrs- oder Herbstanbau.

Pflücksalat ,Lollo Bionda‘ ist ein idealer Sommersalat, weil er erst spät in die Blüte geht. Foto: Karin Stern

Kopfsalate wie ‚Maikönig‘ oder ‚Attraktion‘ sind im Frühjahr unkompliziert anzubauen. Von Mitte April bis Mitte Mai ins Freiland gepflanzt, liefern sie zarte Blätter und dicke Köpfe. Spätere Termine gehen schnell in die Blüte. Wer im Sommer nicht auf Salat verzichten möchte, sät ‚Ka­graner Sommer‘ oder die Pflücksalate ‚Lollo Bionda’ (grün) und ‚Lollo Rosso’ (rot). Ein zweiter Satz, Mitte Juli gepflanzt, sichert die Ernte im Spätsommer.

Ende April, Anfang Mai wird es Zeit für die Pflanzung von Porree. Wer Jungpflanzen kauft, erspart sich die etwas langwierige Anzucht. Von August bis zum Frost lassen sich die Stangen ernten, ohne auf dem Beet überständig zu werden. Herbstsorten wie ‚Hannibal/Herbstriesen 2‘ und ‚Elefant‘ sind ertragreicher als Wintersorten. Tipp: Bei Befall mit der Minierfliege das Beet komplett abernten und den Porree einfrieren. Zu Befallsbeginn ist der Schaden noch recht gering.

Mangold ,Charlie‘ bleibt kleiner als die anderen Sorten, ist aber immer noch sehr ertragreich. Foto: Karin Stern

Ernten ohne Zeitdruck funktioniert hervorragend bei Mangold. Wer nur die äußeren Blätter abpflückt und das Herz stehen lässt, kann bis zum Frost fortlaufend ernten. Erfahrungsgemäß verirren sich weder Schädlinge noch Pilze auf den Mangold. Allerdings können die äußeren Blätter bei Starkregen oder unter praller Sonne leiden. Geben Sie die betroffenen Blätter einfach auf den Kompost, es kommen viele weitere nach.

Feldsalat ,Holländischer Breitblättriger‘ wächst schnell und lässt sich mehrfach schneiden. Foto: Karin Stern

Schon ab Ende Juli ist Aussaatzeit für den Feldsalat ‚Holländischer Breitblättriger’. Er bildet zwar nicht so schöne Rosetten aus wie andere Sorten, wächst dafür aber recht schnell. Zudem lässt er sich mehrmals ernten, wenn man beim Schneiden der Blätter das Herz unversehrt lässt. Winterportulak ist ein sehr ertragreiches, spätes Blattgemüse, das Ende August, Anfang September im Freiland ausgesät wird. Die kleinen, runden Samen fühlen sich etwas ölig an. Das erschwert die Aussaat ein wenig. Bei Bedarf dünnt man nach dem Auflaufen aus. Winterportulak mag kühles Wetter. Er wächst den ganzen Winter über, sofern es die Temperaturen erlauben. Daher ist mehrfaches Ernten durch einfaches Abschneiden der Blätter problemlos möglich. Sie schmecken als Salat ebenso gut wie als Ersatz für Spinat. Schädlinge und Blattkrankheiten treten erfahrungsgemäß nicht auf.

Mitte April auf der Fensterbank vorgezogen und Anfang Mai ins Frühbeet gesetzt, trägt ,Printo‘ bereits Mitte Juni die ersten Früchte. Foto: Karin Stern

Zucchini bringt man häufig mit einer reichen Ernte in Verbindung. Dennoch treten Sortenunterschiede auf. Manche Sorte, im April im Topf vorgezogen, liefert bereits Mitte Juni die ersten Früchte. Andere lassen sich damit drei Wochen länger Zeit, nur um bereits nach den ersten kühlen Augustnächten verschnupft die Bildung neuer Früchte einzustellen. Weniger kälteempfindliche Sorten bringen bis weit in den September hinein Früchte hervor. ‚Mastil’ ist so eine „Wundersorte“: ertragreich, gesund und unempfindlich gegenüber schlechtem Wetter oder Kälteeinbrüchen. Tipp: Regelmäßig die Früchte mit einer maximalen Länge von 20 cm pflücken, das regt die Blütenbildung an. Faulen die jungen Früchte vom Ende her, einfach einige der älteren, am Boden liegenden, großen Blätter ausbrechen. Sie sitzen an den Leitungsbahnen vor den Früchten und zweigen zu viel Wasser für sich ab. Zu den ertragreichen Fruchtgemüsen zählen auch Gurken. Die Mini-Schlangengurke ‚Printo’ kann Mitte April auf der Fensterbank ausgesät werden und kommt in der ersten Maiwoche ins Frühbeet. Je nach Witterung entfernt man das Frühbeetdach ab Anfang Juni und kann ab Mitte Juni Gurken ernten. Für Freilandbeete empfehlen sich erfahrungsgemäß die Mini-Gurken ‚Paska‘ und ‚Mertus‘. Tipp: Mit Tomatenlangzeitdünger bei der Pflanzung versorgen.

Stangenbohnen sind ganz unkompliziert und bringen einen hohen Ertrag. Foto: Karin Stern

Stangenbohnen sind deutlich ertragreicher als Buschbohnen. Wer die Wärme liebenden Pflanzen im April in Töpfen vorzieht, verlängert den Erntezeitraum um vier Wochen. Jung gepflückt, schmecken die Stangenbohnen von ‚Neckarkönigin‘ genauso gut wie Prinzessbohnen. Ansonsten verarbeitet man sie als klassische Schnippelbohnen. Bleibt noch freier Raum im Gemüsegarten, wird er mit Hokkaidokürbis gefüllt. Nach der Pflanzung brauchen die Pflanzen bis zur Ernte keinerlei Aufmerksamkeit.

Zeitenwende in der Milchproduktion

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Pünktlich zum 20-jährigen Bestehen konnte die Tagung der DLG- Spitzenbetriebe im Hotelpark Hohenroda in Hessen stattfinden. Am 1. und 2. März trafen sich die Teilnehmer aus dem ganzen Bundesgebiet zum fachlichen Austausch. Die Veranstaltung stand unter der Überschrift „Zeitenwende in der Milchproduktion“ und war mit rund 260 Landwirten und Beratern ausgebucht.

Neben verschiedenen Podiumsvorträgen konnten insgesamt sieben Arbeitskreise von den Teilnehmern besucht werden. Dabei blieb den Anwesenden auch genügend Zeit für den fachlichen Austausch mit den Berufskollegen.

Die Hessenhalle in Hohenroda war für die Tagung voll besetzt. Landwirte und Berater verfolgten gleichermaßen das abwechslungsreiche Vortragsprogramm. Foto: DLG

Ergebnisse erstmalig netto ausgewiesen

Dr. Stefan Weber von der LMS Agrarberatung GmbH aus Rostock präsentierte bereits zum siebten Mal die Ergebnisse der Vollkostenauswertung der 241 ausgewählten Betriebe. 39 der Betriebszweigauswertungen (BZA) kamen aus Schleswig-Holstein. Erstmalig wurden dabei die BZA netto ausgewiesen, da 69,2 % der Betriebe als Optierer gebucht waren. Der finanzielle Unterschied zwischen den beiden Systemen liegt bei 1,2 ct/kg ECM zugunsten der Pauschalierer.

Gleichzeitig bleibt das abgelaufene Wirtschaftsjahr das bisher erfolgreichste seit der Auswertung der Spitzenbetriebe. 82 % der Betriebe konnten ein positives kalkulatorisches Betriebszweigergebnis verbuchen, alle Betriebe erreichten einen positiven Gewinnbeitrag.

Grundlage des erfolgreichen Jahres waren die hohen Auszahlungspreise im ersten Halbjahr 2022 (durchschnittlich 46,82 ct/kg ECM), dadurch erhöht sich die Summe der Leistungen auf 47,21 ct/kg ECM (+ 9,49 ct/kg ECM). Gleichzeitig stiegen aber auch die Produktionskosten um 4,53 ct/kg ECM an und lagen bei 43,34 ct/kg ECM. Besonders erfolgreich waren daher Betriebe, die über ausreichende Futterreserven und Grundfutter in sehr guter Qualität verfügten.

Besonders in diesen Zeiten zeigen sich erneut die großen Managementunterschiede, die selbst in dieser ausgewählten Betriebsgruppe Produktionskosten von unter 30 und über 60 ct/kg ECM in den Extremfällen bedeuten.

Weiterhin kein nennenswerter Unterschied ist in den produktionstechnischen Kennzahlen zu verzeichnen. Erstkalbealter, Reproduktionsrate oder Zwischenkalbezeiten weisen in allen Auswertungsgruppen keine großen Unterschiede auf. Der Einfluss der Herdengröße und die Verwertung der betriebseigenen Faktorausstattung hingegen sind deutlich größer.

Im Unterschied zu der landesweiten Auswertung in Schleswig-Holstein kommt der Auswertung nach Rassen eine größere Bedeutung zu. Auch bei den Spitzenbetrieben ist die Gruppe der Betriebe mit Schwarzbunten Holstein-Friesian mit 182 am größten, die zweitgrößte Gruppe machen dann die Fleckviehbetriebe (34 Betriebe) aus.

Bei der Auswertung nach Rassen fällt auf, dass sich die Anteile der Direktkosten und der Arbeitserledigungskosten deutlich unterscheiden. Die Einsparpotenziale der Fleckviehbetriebe liegen eher im Bereich der Arbeitserledigungskosten, bei den Schwarzbuntbetrieben eher bei den Direktkosten.

Von Milchmarkt bis Bergsteigen

Das Vortragsprogramm und die Themen der Arbeitskreise boten den Teilnehmern ein vielfältiges Angebot an Inhalten. Am Freitag gab Jakob Brand (International Agribusiness Manager der Rabobank) den Teilnehmern einen Einblick in die Entwicklungen und Prognosen des Milchmarktes nach der Preisspitze. Der kurzweilige Vortrag bot auch Einblicke in die Entwicklung der Nachfrage am Weltmarkt und die Zunahme der Importe in Ländern ohne nennenswerte eigene Milchproduktion. Sein Vortrag endete mit einer einprägsamen Aufforderung an die Teilnehmer: „Wer zu lange nach hinten schaut, bekommt einen steifen Nacken.“

Für die folgenden Arbeitskreise hatten sich die Teilnehmer im Vorfeld angemeldet. Automatisierte Fütterung, Tierarzt- und Besamungskosten, aber auch Employer Branding und Kommunikation waren einige der Themen, die jeweils ein Berater und ein Landwirt gemeinsam anboten.

„11.000 Liter Milchleistung bei unter sechs Cent Kraftfutterkosten pro Kilogramm Milch“ war der Titel des Arbeitskreises mit holsteinischer Beteiligung, den Thies Magens (Kollmar) und Dr. Christian Koch (Hofgut Neumühle) durchführten und der sehr gut besucht war. Nach der Vorstellung seines Betriebes präsentierte Betriebsinhaber Magens die vielen kleinen Stellschrauben, auf die er in seinem Betriebsmanagement Wert legt, um die Futterkosten im Griff zu behalten. Die Qualität des Grundfutters, das sehr detaillierte Fütterungscontrolling und die daraus resultierenden zeitnahen Anpassungen der Rationsgestaltung waren nur einige der Anregungen, die die Teilnehmer mit nach Hause nahmen.

Vor dem Abendessen folgt traditionell ein Vortrag, der die Teilnehmer auffordert, über den Tellerrand zu blicken. In diesem Jahr hielt diesen Benedikt Böhm, internationaler Geschäftsführer des Skitourenausrüsters Dynafit und Board Member der Oberalp-Gruppe sowie Leistungssportler im Extremskibergsteigen. Böhm präsentierte beeindruckende Bilder und Videoaufnahmen von seinen Skitouren auf die Achttausender der Welt, aber er ließ die Zuhörer auch teilhaben an seiner Art der Unternehmensführung. Die Konzentration auf das Ziel und die Reduktion auf das Wesentliche seien dabei ebenso wichtige Erfolgsfaktoren wie die absolute Verlässlichkeit und Transparenz seinen Mitarbeitern gegenüber.

20 Jahre DLG-Spitzenbetriebe

Für den letzten Vortrag der Tagung hatte ein Schleswig-Holsteiner das Wort. Johannes Thomsen, ehemaliger Referent für Rinderhaltung der Landwirtschaftskammer, kennt die DLG-Spitzenbetriebe von der ersten Stunde an. Er berichtete, wie es zur Gründung des Forums kam und welche Entwicklung die Betriebe seitdem genommen haben. Dabei folgten nicht nur die jüngeren Teilnehmer interessiert seinem Vortrag, einige Teilnehmer konnten ebenso wie Thomsen auf eine 20-jährige Teilnahme am DLG-Forum Spitzenbetriebe zurückblicken.

Dabei spielt ein weiterer Holsteiner eine zentrale Rolle für die Spitzenbetriebe, den man aber selbst nie in Hohenroda trifft: Georg Goer­zen (act Kiel) ist seit 20 Jahren als Mitglied der BZA-Arbeitsgruppe im DLG-Ausschuss für die Auswertung und die Betreuung der BZA Rind verantwortlich.

4.400 BZA-Abschlüsse wurden dabei von den Organisatoren insgesamt ausgewertet und für die Tagungen zu Auswertungen zusammengefasst. Die Entwicklung der Spitzenbetriebe (siehe Tabelle) über die Jahre spiegelt dabei den Strukturwandel in der Milchviehhaltung wider, gleichzeitig sind die Betriebe aber nicht nur in ihren ökonomischen Leistungen überdurchschnittlich, sondern auch in ihren produktionstechnischen Kennzahlen. Besonders interessant bleibt die Entwicklung der Betriebe, weil etliche über viele Jahre zu den Spitzenbetrieben gehören und damit eine vergleichsweise stabile Auswertungsgruppe bilden.

Fazit

Die DLG-Spitzenbetriebe Milcherzeugung trafen sich im März in gewohnter Weise zu einer gemeinsamen Konferenz in Hessen. Das gesamte Programm mit einer Mischung aus Vorträgen und Arbeitskreisen fand dieses Jahr wieder sehr große Zustimmung unter allen Teilnehmern. Bei einem gemeinsamen Abend konnten fachliche Gespräche weiter vertieft werden. Die gewonnenen Erkenntnisse und der Erfahrungsaustausch können von allen Teilnehmern in die Betriebe beziehungsweise in den Beratungsalltag eingebunden werden.


Wer kann DLG-Spitzenbetrieb werden?

DLG-Spitzenbetrieb kann jeder Milchviehbetrieb werden, sofern er bestimmte ökonomische und produktionstechnische Voraussetzungen erfüllt. Der Betrieb muss zum einen zum besten Viertel des betriebswirtschaftlichen Vergleichs einer Region gehören. Außerdem sind bestimmte Leistungskriterien (je nach Rinderrasse) zu erfüllen. Die Betriebszweiganalyse wird im Allgemeinen von den regionalen Beratungsorganisationen erstellt. Für Landwirte ermöglichen die DLG-Spitzenbetriebe einen bundesweiten Austausch und Vergleich unter Berufskollegen. Generell soll bei den Betriebsleitern ein Interesse an der Mitarbeit bestehen. Als DLG-Spitzenbetrieb soll zudem eine gewisse Vorreiterrolle in der eigenen Region vertreten werden. Wer Interesse hat, hier mitzuwirken, kann gern seinen Berater oder Beratungsring ansprechen.

Getreideabkommen verlängert – Preise unter Druck

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Die Initiative für den sicheren Transport von Getreide und Lebensmitteln aus ukrainischen Häfen, kurz Getreideabkommen genannt, scheint auch weiterhin zu bestehen. Entsprechend der Nachrichtenlage zu Beginn dieser Woche haben sich die Verhandlungsparteien grundsätzlich auf einen Fortbestand geeinigt. Das bisherige Abkommen ist am 18. März ausgelaufen. Der neue Getreide-Deal geht zwar in die nächste Runde, unklar ist jedoch die Laufzeit. Die Ukraine besteht auf der bisherigen Vereinbarung einer Dauer von 120 Tagen, während die russische Seite von 60 Tagen spricht. Moskau verlangt, dass Sanktionen auf seine eigenen Exporte von Lebensmitteln und Düngemitteln zurückgenommen werden. Auch die Wiedereröffnung der russischen Pipeline für Ammoniak, die durch die Ukraine führt, wird gefordert. Dazu will man wieder an dem internationalen Zahlungssystem teilnehmen. Russland und die Vereinten Nationen haben zu diesem Teil des Abkommens bislang nur ein Memorandum unterzeichnet. Russland verlangt hier weitere, konkrete Beschlüsse.

Diese Nachricht hat die Terminkurse für Weizen in Paris unter Druck gebracht. Damit hat sich die jüngste Phase der Preiserholung nicht weiter fortgesetzt. Die US-Weizennotierungen konnten sich dagegen gut behaupten. Jetzt im Frühjahr beherrschen zunehmend Wettermeldung aus den weltweiten Anbaugebieten die Entwicklung der Terminkurse. Die Weltproduktion an Weizen wird sich nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) im laufenden Kalenderjahr wahrscheinlich um 11 Mio. t verringern. Trotzdem wäre dies immer noch die zweitgrößte Weizenmenge aller Zeiten. In den Vereinigten Staaten haben die Farmer im Herbst so viel Winterweizen wie seit 2015 nicht mehr gedrillt, angereizt durch die im vergangenen Jahr zeitweise rekordhohen Erzeugerpreise. Auch in Kanada wird mit einer großen Aussaatfläche für Sommerweizen gerechnet. In Russland ist es dagegen im Süden sehr trocken. Die niedrigen Inlandspreise bieten wenig Anreiz, im Frühjahr Weizen zu säen. Damit könnte in Russland in diesem Jahr weniger Weizen geerntet werden als im letzten Rekordjahr. Besonders drastisch dürfte die Erntemenge in der Ukraine zurückgehen. Der erwartete Einbruch um 40 % wird unter anderem auf die kriegsbedingten Schäden in der In­frastruktur und den Liquiditäts- und Personalmangel zurückgeführt. Für die EU erwartet die FAO eine Weizenanbaufläche auf Vorjahresniveau. Trotz der herrschenden Trockenheit in vielen südeuropäischen Regionen wird mit einer erneut umfangreichen EU-Weizenernte gerechnet. Ähnliches prognostiziert man auch für das Vereinigte Königreich. Relativ gute Ernten werden in Pakistan und Indien erwartet, während die Weizenernte in Nordafrika trockenheitsbedingt unterdurchschnittlich ausfallen könnte. Saudi-Arabien, Algerien und Tunesien nutzen die zuletzt reduzierten Kurse und haben größere Mengen Weizen aus der Schwarzmeerregion gekauft. Russland verstärkt zudem seine Beziehungen mit Ägypten und hat seine Stellung als wichtigster Getreidelieferant ausgebaut.

China mit großem Getreidehunger

US-Körnermais ist in China aktuell sehr gefragt. Binnen einer Woche wurden 2,1 Mio. t Mais abgesetzt. Einige Marktbeobachter glauben, dass dies erst der Beginn einer größeren chinesischen Einkaufsoffensive ist. Sollten sich die Vermutungen bewahrheiten, dann dürften die Maisnotierungen weiter steigen. Auch große Mengen an Körnermais aus Brasilien gehen aktuell Richtung China. Zudem liegen die gesamten chinesischen Weizenimporte in den ersten beiden Monaten dieses Jahres bereits jetzt 40 % über den Vorjahresmengen.

Die Erzeugerpreise für Getreide haben sich hierzulande seit dem Jahreswechsel deutlich reduziert, vor allem als Folge der umfangreichen Exporte aus Russland und der Ukraine. Dieser Angebotsdruck wird sich, nach der Verlängerung des Getreidedeals, weiter fortsetzen. Erst zur neuen Saison hin könnte eine verringerte weltweite Weizenernte die Marktlage wieder spürbar stabilisieren.

Milchgeldpreise verlassen Rekordniveau

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Im Februar wurden die Milchauszahlungspreise erneut scharf korrigiert. Der mittlere Auszahlungspreis belief sich auf 49,04 ct/kg ECM, das sind knapp 6 ct oder 11 % weniger als noch im Januar. Die Meiereien reagieren sehr unterschiedlich auf die veränderte Marktlage, die Korrekturen des Milchpreises sind mit –3 bis –8 ct breit gefächert. Für den Abrechnungsmonat März sind weitere Preissenkungen angekündigt. Währenddessen werden noch Nachzahlungen für 2022 geleistet.

Das Milchaufkommen im Bundesgebiet entwickelt sich der Saison entsprechend aufwärts. Immer wieder jedoch unterbrechen kleine Rückschritte den Trend. Im Vergleich mit der Vorjahreslinie zeigt sich ein deutliches Plus von 2,6 %. Hierin liegt der Hauptgrund für die sinkenden Milchpreise vor Ort, das vergleichsweise große Rohstoffangebot drängt in den Markt. Seit Oktober haben sich die Marktpreise für Butter, Käse und Milchpulver schwach bis fallend entwickelt. Seit einigen Wochen scheint ein Boden gefunden zu sein, zumindest bei einigen Produkten. Die Preistendenzen sind uneinheitlich.

Der Rohstoffwert Milch ab Hof für den Monat Februar wurde durch das Institut für Ernährungswirtschaft in Kiel auf 39,0 ct/kg festgelegt. Das sind 5,8 ct weniger als im Vormonat. Der Betrag geht vor allem auf die Korrektur des Fettwertes um 5,0 ct auf 22,4 ct/ kg zurück, der Nichtfettwert gab um 0,8 ct auf 18,2 ct/ kg nach. In den EU-Nachbarländern sind die Preise ebenso rückläufig, für Italien werden Mitte März 46,8 ct/ kg gemeldet. Am niederländischen Spotmarkt stabilisiert sich der Preisverfall auf einem äußerst geringen Niveau von 29,50 ct/ kg. Daten der Europäischen Kommission zeigen für Februar einen Äquivalenzpreis von 42,3 ct/kg auf Basis von Butter- und Magermilchkursen. Darüber hinaus signalisieren die Daten, dass auch in den USA und Neuseeland die Preise fallen. Die jüngste GDT-Auktion am 21. März wurde mit einem um 2,6 % verringerten Preisindex geschlossen.

Produktenmärkte uneinheitlich

Zwischen dem besagten Mehrangebot an Rohstoff und einer teilweise anziehenden Nachfrage zeigen sich die Preise für Butter und Käseprodukte unentschieden. Auf der einen Seite kurbelt das Ostergeschäft den Absatz von Butter und Sahne an, auch das Außer-Haus-Geschäft der Gastronomie läuft recht gut und nimmt Käse aus dem Markt. Auf der anderen Seite läuft der Mengenabsatz auf Ladenebene weiterhin geschwächt durch die Inflation und der Verarbeitungsbereich hält sich bedeckt aufgrund von Unsicherheiten bezüglich des weiteren Marktverlaufs. Die Hannoveraner Notierung für Schnittkäse bewegt sich seitwärts, Gouda als Blockware kostet 3,20 bis 3,50 €/kg. In der Kemptener Notierung ist lose Markenbutter auf 4,65 bis 4,85 €/ kg angehoben worden, Emmentaler und Vierkanthartkäse verharrt bei 6,10 bis 7,15 €/kg.

Pulverpreise tendieren schwächer

Die Pulverpreise lagen im Februar einheitlich niedriger als im Januar. Die Kemptener Börse hält folgende Durchschnittspreise fest: 3.522,50 €/t für Vollmilchpulver, 2.335 €/t für MMP in Futtermittelqualität, 878,75 €/t für Süßmolkenpulver in Lebensmittelqualität. Seither hat sich preislich relativ wenig getan, Mitte März liegen die Notierungen leicht darunter. Am internationalen Markt regt sich Interesse, einige Importeure haben bisher nur den nötigen Bedarf gedeckt und zeigen jetzt Aufholbedarf. Vor allem für den Absatz nach China werden Erwartungen geschürt. Bevor sich aus diesen Gründen eine feste Preistendenz ergeben kann, dürften die Kurse zunächst weiter schwanken.

Gemeinsam gegen psychische Belastungen

Die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein (LKSH) und die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) gehen seit Anfang des Jahres gemeinsame Wege, um Menschen in der Land-, Forstwirtschaft und im Gartenbau, die unter psychischen Belastungen gesundheitlich leiden, zu unterstützen.

Das Konzept „Mit uns im Gleichgewicht gegen psychische Belastungen in der Landwirtschaft“ wurde nun der Öffentlichkeit im Lehr- und Versuchszentrum in Futterkamp vorgestellt. Parallel dazu fand dort ein Workshop der beteiligten Beratungskräfte statt, um sich für diese präventive Aufgabe noch besser zu vernetzen und weitere Absprachen über Strukturen zu treffen.

Jeder kennt Betroffene, und sie kommen in allen Gesellschaftsschichten und Branchen vor, auch im Agrarbereich. Die Zahl der an Depressionen und Burn-out Erkrankten ist nach Angaben der SVLFG auch im landwirtschaftlichen Bereich gestiegen. Um hier präventiv zu unterstützen, haben sich Landwirtschaftskammer und SVLFG zu einer Kooperation entschlossen, um in solchen Belastungssituationen wirksam zu beraten.

Denn psychische Belastungen sind oft mit großen Herausforderungen im Umfeld gekoppelt, wie zum Beispiel familiären Konflikten, unklarer Betriebsnachfolge, finanziellen Problemen oder auch Pflegesituationen et cetera, die krank machen können.

Das gemeinsame Projekt „Mit uns im Gleichgewicht“ richtet sich an Mitglieder der Landwirtschaftlichen Alterskasse (LAK), denen nun beispielsweise anteilig die Kosten für die sozioökonomische Beratung und Mediation der Landwirtschaftskammer erstattet werden. Erfahrene Beratungskräfte der Kammer begleiten Unternehmerinnen, Unternehmer und Familienmitglieder durch schwierige betriebliche und familiäre Situationen. Im Fokus steht dabei immer der Mensch.

Im Rahmen eines Pressegespräches wurde das Kooperationskonzept der SVLFG und der LKSH „Mit uns im Gleichgewicht gegen psychische Belastungen in der Landwirtschaft“ in Futterkamp der Öffentlichkeit vorgestellt. Nach Bayern und Niedersachsen geht auch Schleswig-Holstein diese Kooperation ein.

Belastungsfaktoren reduzieren

Auf den folgenden Seiten schildert zum einen ein Betroffener, wie er aus der Krankheitsspirale wieder hinausgekommen ist (Seite 48, Bauernblatt Ausgabe 12/23), und es erläutert ein Wissenschaftler, wie wirksames Stressmanagement funktioniert (Seite 49, Bauernblatt Ausgabe 12/23). Vielleicht findet sich der eine oder andere in diesen Schilderungen wieder. Dann lohnt es sich, das Angebot der SVLFG, gekoppelt mit den Dienstleistungen der Landwirtschaftskammer, näher in Augenschein zu nehmen.

Die Präsidentin der Landwirtschaftskammer, Ute ­Volquardsen, begrüßt die Kooperation mit der SVLFG außerordentlich: „Wir haben nun ein Instrument in der Hand, um Landwirten und Landwirtinnen und ihren Familien noch konkreter Hilfe an die Seite zu stellen, die auch finanziell unterstützt wird. Denn unsere Erfahrungen mit Veränderungsberatung (Changemanagement), Mediation und Hofübergabegesprächen und auch der sozioökonomischen Beratung sind sehr gut. Kommt es zur Lösung einer Situation im Vorfeld, kann es gelingen, dass Menschen ihre Resilienz zurückgewinnen und gar nicht erst krank werden – sozusagen Gesundheitsprävention durch Beratung.“

Der Vorstandsvorsitzende der SVLFG, Walter Heidl, ergänzt: „Wir bieten dieses präventive Gesundheitsangebot an, weil solche Belastungen wesentlich zu chronischen psychischen und physischen Krankheiten beitragen. Werden die Belastungsfaktoren reduziert, ist dies ein wertvoller Beitrag zur Gesunderhaltung der Menschen in der Grünen Branche.“

Regina Eichinger-Schönberger, Stabsstelle Gesundheitsangebote, verantwortlich für das Projekt sozioökonomische Beratung und Mediation bei der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG), und Sönke Harders, langjähriger Berater der Landwirtschaftskammer unter anderem in den Bereichen Prozessberatung, Coaching und sozioökonomische Beratung, vermitteln, worauf es in Belastungssituationen in der Landwirtschaft bei präventiven Maßnahmen ankommt.

Teilfinanzierung der Beratungsstunden

Die SVLFG übernimmt in dieser Kooperation die Finanzierung von bis zu zehn Beratungsstunden pro Präventivmaßnahme für Mitglieder der LAK – also zum Beispiel bis zu zehn Stunden Konfliktberatung und bis zu zehn Stunden für ein anderes Angebot. Sönke Harders, langjähriger Berater der Landwirtschaftskammer, berichtet, dass komplexe Fälle mitunter 40 bis 50 Gesprächsstunden bis zu einer Lösung in Anspruch nehmen könnten und dies eine gute Anschubfinanzierung durch die SVLFG sei.

Und Enno Karstens, Abteilungsleiter Bildung, Betriebswirtschaft und Beratung, ergänzt, dass die sozioökonomische Beratung der Landwirtschaftskammer auch in Teilen durch das Land finanziert werde. Eine Doppelförderung sei hier nicht gegeben und ausgeschlossen.

Auf die Frage, was jetzt neu sei an den Aufgaben, sagt Karstens: Die Zusammenarbeit zwischen SVLFG und Landwirtschaftskammer werde nun institutionalisiert und das gegenseitige Miteinander noch besser verwoben.

Erfolge durch gezielte, präventive Beratung messbar

Ergebnisse der SVLFG zeigen bei einer zu Beginn sehr hohen Belastung der Betroffenen, dass sich deren Gesundheitszustand durch die Beratung signifikant verbessert. Dies schildert Regina Eichinger-Schönberger aufgrund von Auswertungen unter den Mitgliedern der SVLFG in Bayern und Niedersachsen. Aufgrund der Wirksamkeit habe man sich jetzt auch entschieden, in Schleswig-Holstein diese Kooperation – hierzulande mit der Landwirtschaftskammer – einzugehen.

Ähnliche Kooperationen bestehen schon in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sowie in Bayern und Niedersachsen. Weitere Bundesländer sollen folgen. Eine Voraussetzung sei dafür die Sicherstellung einer hohen Qualität der Beratung. Die Ergebnisse der SVLFG zeigen eine nachhaltige Verbesserung der Gesundheit bei einer Begleitung durch Fachexperten. „Bei dieser Kooperation bringen beide Partner ihre Kernkompetenzen ein“, so Eichinger-Schönberger.

Nachfrage nach Beratung steigt

Die SVLFG stellt zudem fest, dass ihre Krisenhotline immer mehr in Anspruch genommen wird, dass die Einschreibezahlen beim Telefoncoaching steigen und dass der Anteil an bereits psychisch Erkrankten, die gerne ein Präventionsangebot in Anspruch nehmen würden, deutlich höher ist als erwartet. Über die Hälfte der Krisenhotline-Anrufer sowie der Telefoncoaching-Teilnehmenden sind Männer. Dies betont auch Enno Karstens. Für Männer sei es oft leichter, sich anonym telefonisch zu melden als direkt zu einem persönlichen Gespräch zu gehen.

Insgesamt stellen beide Institutionen fest, dass in der Landwirtschaft ein hoher Druck zur Veränderung bestehe, vielleicht sogar höher als in anderen Branchen. Die Kammer berichtet zudem, dass die Nachfrage nach Beratung insgesamt deutlich gestiegen sei. Der Bedarf an sozioökonomischer Beratung sei aufgrund der hohen Agrarpreise zuletzt zwar etwas zurückgegangen, die Zahl der Beratungsfälle rund um das Thema Konflikte und Mediation steige aber.

An Bedeutung gewinne auch der Bereich der Prozessberatung, der die Menschen in den Mittelpunkt stellt im Kontext mit Umfeld und Wirkungsgebiet. Für diese Beratungsbereiche steht ein extra ausgebildetes Beraterteam bei der Kammer zur Verfügung (siehe auch Bild oben rechts). Man ist jetzt gespannt, wie gut das neue Präventionsangebot von SVLFG und Landwirtschaftskammer „Mit uns im Gleichgewicht gegen psychische Belastungen in der Landwirtschaft“ angenommen wird.

Weitere Fachinformationen unter: www.svlfg.de/gleichgewicht, Tel.: 05 61-785-1 05 12 (Telezentrum SVLFG), gleichgewicht@svlfg.de und unter www.lksh.de/­beratung sowie bei Sönke Harders (sharders@lksh.de) oder Enno Karstens (ekarstens@lksh.de) von der Landwirtschaftskammer und unter www.lksh.de/beratung


„Mit uns im Gleichgewicht“ –
ein kurzer Überblick

Eine Auswahl der Angebote:

Krisenhotline Tel.: 05 61-785-1 01 01 (24 Stunden an sieben Tagen die Woche)

Trainings- und Erholungswoche für ­pflegende Angehörige

Auszeit für pflegende Eltern

gesunder Umgang mit Stress / Seminar Stressmanagement

• Seminar „Gesprächsführung nach ­traumatischen Erlebnissen“

Seminar „Gesund führen“

Präventionsprogramm „Stark gegen Stress“

intensives Einzelfallcoaching


Aufgaben der Landwirtschaftskammer
als Kooperationspartner

Unterstützung der Kunden bei Lösung von ­Konflikten mit ausgebildeten Mediatoren

Einsatz von ausgebildeten systemischen ­Coaches bei Themen wie Strategien, ­Mitarbeiterführung, schwierigen Entscheidungen, Teambildung, ­Veränderungsprozessen

Beratung zu zukünftigen Geschäftsmodellen durch Prozessberatung

mehrtägige Betriebsleiterseminare zu Themen wie „Zusammenarbeit zwischen den ­Generationen“ et cetera

sozioökonomische Beratung mit klassischem ­Aufgabenprofil


Was bietet die sozioökonomische Beratung der Kammer?

Die sozioökonomische Beratung richtet sich an landwirtschaftliche Betriebe und landwirtschaftliche Familien, die aufgrund finanzieller, persönlicher, familiärer oder gesundheitlicher Probleme unter Druck stehen und sich dadurch in einer schwierigen betrieblichen Situation befinden. Die sozioökonomische Beratung umfasst folgende Aufgaben:

Überprüfung auf Ressourcen und Anpassungsmöglichkeiten innerhalb der Familie beziehungsweise des Betriebes zur Entwicklung langfristig stabiler Lösungen

Unterstützung bei der Klärung persönlicher/familiärer Konflikte/Krisen

Unterstützung bei Verhandlungen und Gesprächen (unter anderem mit Banken)

Beratung existenzgefährdeter Betriebe bei notwendigen Konsolidierungs- und Anpassungsmaßnahmen (unter anderem wenn die Eigenkapitalbildung der vorigen drei Jahre negativ ausgefallen ist)

Hilfestellung bei der Aufgabe oder Umstellung eines Betriebes

Unterstützung bei Fragen der Hofübergabe nach der Höfeordnung sowie von Betrieben ohne direkten Hofnachfolger mit dem Ziel einer effektiven und stabilen Fortführung des Betriebes

Einkommens- und Vermögenssicherung für Familien in der Landwirtschaft – Wie geht es mit unserem Betrieb weiter?

Erstellung eines Sanierungsgutachtens in Anlehnung an den IDWS-6-Standard

Boxen hilft bei Integration

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„Hallo, ich bin Aminata, ich freu mich auf das Training mit euch“, mit diesen Worten begrüßte Schleswig-Holsteins Sozial- und Integrationsministerin Aminata Touré (Grüne) vergangene Woche ganz unbefangen die Teilnehmerinnnen und Teilnehmer am gemeinsamen Training beim Verein Unlimited Boxing in Kiel-Ellerbek. Die meisten der Kinder und Jugendlichen hatten zuvor noch keine Ministerin persönlich gesehen oder mit einer gesprochen. Dass es sich um einen besonderen Termin mit einer wichtigen Person handeln musste, merkten sie am Presserummel, denn an diesem Nachmittag wimmelte es nur so von Leuten mit Kameras, Handys und Schreibblöcken in der Hand.

Auspowern und Freunde treffen – für Samad (li.) und Rais ist Boxen mehr als nur ein Kampfsport.

Im Rahmen ihrer Tour „Schleswig-Holstein. Sozial. Stark.“ folgte Touré einer Einladung des Boxvereins, an einem Training mit Kindern und Jugendlichen aus den umliegenden Stadtteilen teilzunehmen, um die integrative und soziale Arbeit des Vereins kennenzulernen. Viele der jungen Leute haben einen Migrationshintergrund, leben in einem sozial problematischen Umfeld. „Wir werden hier täglich mit dem Ärger, den Sorgen und Problemen der jungen Leute konfrontiert“, erklärte Akbulat Uzuev, Boxer und Bruder von Boxstudio-Inhaber Zelim Uzuev. „Wir sind mit vielen Vereinen hier in Kiel vernetzt. Es ist wie eine eigene Welt hier. Die Kinder und Jugendlichen trainieren und treffen neue Freunde, anstatt draußen Blödsinn zu machen“, so Uzuev. Beim Forum für Migrantinnen und Migranten Kiel, das einmal im Monat im Kieler Rathaus stattfindet, hatten sie Aminata Touré angesprochen, mal vorbeizuschauen. Das machte sie und schaute nicht nur zu, sondern machte eine Stunde lang bei dem äußerst schweißtreibenden Training mit. Nebenbei blieb kurz Zeit, mit den Kindern und Jugendlichen zu sprechen. Deutlich wurde, dass Boxen viel mehr ist als nur mit den Fäusten um sich zu schlagen. Schon beim Betreten des Studios fiel auf, wie höflich, respektvoll und freundschaftlich alle miteinander umgingen. Das Training selbst ist fordernd, neben Kraft braucht es vor allem Ausdauer, Köpfchen und Kondition. „Boxen hilft uns, den Kopf frei zu bekommen“, erklärte Jura-Studentin Acelya Alic. Man sei nach dem Training ausgepowert und zufrieden. Ein Aspekt, den auch Oxana Bilkenroth, Vorstandsmitglied beim Forum für Migrantinnen und Migranten Kiel, hervorhob: „Den meisten fällt das Einleben als Migrant oder Migrantin schwer, vor allem wenn es mit der deutschen Sprache noch nicht gut funktioniert. Anstatt ihren Frust an anderen auszulassen, lernen sie hier, ihre Angst abzulegen. Durch das Boxen lernen sie ihre Stärken kennen und entwickeln ein Selbstbewusstsein. Dadurch gehen sie im Alltag anders in Konflikte hinein, handeln besonnener, weil sie wissen, dass sie stark sind und nicht angreifen müssen, um sich zu verteidigen.“

Boxen verbindet und macht stark



Natur und Alltag, zeitlos schön und doch real

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Mit gleich drei Ausstellungen startet die Herbert-Gerisch-Stiftung in Neumünster in die neue Saison. Vergangenen Sonntag fand die Frühjahrseröffnung mit Führungen durch die Ausstellungen von Rainer Gröschl in der Villa Wachholtz, Renate Löding im Gerisch-Souterrain sowie herman de vries in der Remise statt.

Drei Künstler, die unterschiedlicher nicht sein könnten, und doch einen alle in irgendeiner Form die Natur und der Alltag, die sich thematisch wie ein roter Faden durch die Ausstellungen ziehen. Der Kieler Grafiker und Maler Rainer Gröschl möchte mit seinen Werken Geschichten erzählen, will aber mit seiner Symbolhaftigkeit den Betrachtern genug Raum für eigene Interpretationen geben. Seine „Musterunterbrechungen“, wie die Ausstellung in der Villa Wachholtz betitelt ist, reduzieren sich auf Formen und Farbe. Stilisierte Umrisse, Linien, Andeutungen lassen Objekte wie ein Haus, eine Waldlichtung, Köpfe oder Muster erkennen, gleichzeitig wirken sie durch Weglassen und Aussparen wenig konkret, laden dadurch zum Hinschauen, Entdecken, Interpretieren und Nachdenken ein.

Einige der Bilder haben keinen Titel: „Um die Besucher damit nicht zu sehr zu beeinflussen, jeder soll für sich selbst die Bilder deuten“, erklärt der Künstler, der aus dem grafischen Genre kommend die Malerei mit in sein Werk integriert hat und die vielfältigen Möglichkeiten von beidem nutzt. Viele seiner Arbeiten sind erst kurz vor Ausstellungsbeginn fertig geworden wie das Werk „Der Traum ist aus“, in dem er den Ukraine-Krieg thematisiert. Es wirkt farbenfroh und leuchtend, sei aber ein Protestbild. „Aktiv zu malen und Kunst zu machen, hilft mir, belastende Situationen aufzulösen“, erklärt Rainer Gröschl.

Lichtung von Rainer Gröschl

Zur Ausstellungseröffnung ließ er die Besucher selbst am Anfertigen eines Kunstwerkes teilhaben, indem er eine Tiefdruckplatte auslegte, auf der die Besucher mit entsprechendem Werkzeug Botschaften und Wünsche an die Politik formulieren konnten. Diese Platte geht in die Druckerei, das Ergebnis auf Papier wird in einigen Wochen zu sehen sein. Eine Idee, die auch Brigitte Gerisch, Vorsitzende der Herbert-Gerisch-Stiftung, begeisterte: „Durch die interaktive Teilnahme beziehen wir unsere Besucher in die Kunst mit ein.“

Zeitlos wie die Natur stellen sich auch die filigranen Porzellanarbeiten der Neumünsteraner Künstlerin Renate Löding im Gerisch-Souterrain dar. Schalen, Wandobjekte und Installationen, zum Teil in Kombination mit Glas, orientieren sich an der vielfältigen Schönheit der Natur.

Paperporzellan mit geschmolzenem Glas von Renate Löding

Die Oberflächen und Strukturen der hauchdünnen Arbeiten weisen Risse, Brüche, Materialeinschlüsse, Poren und offene Ränder auf. „Dadurch vermitteln die Objekte den Eindruck von Vergänglichkeit und Gebrochenheit“, erklärt Brigitte Gerisch, die sich für die Arbeiten der Keramikerin begeistert und selbst einige ihrer Werke ihr Eigen nennt.

„Ich töpfere seit mehr als 40 Jahren und habe eine eigene Werkstatt mit Ofen im Haus“, erzählt Renate Löding. Sie töpfere aus Freude, das Handwerk verschaffe ihr ein tiefes Gefühl von Zufriedenheit. Sie setze dabei verschiedene Themen künstlerisch um. Ihr bevorzugtes Material sei dabei das Paperporzellan. „Dazu mische ich Porzellanpulver mit Papier und Wasser und bringe diese Mischung in dünnen Schichten auf“, erläutert sie ihre Arbeitsweise. Durch das Papier verändere sich die Eigenschaft der Masse. Sie reiße nicht so leicht beim Trocknen und Brennen und habe eine höhere Formbeständigkeit. „Beim ersten Brand verbrennt das Papier, die Keramik wird dadurch leichter und fester. Dann reibe ich die Objekte mit Oxiden, Engoben oder Glasuren ein und brenne sie ein zweites Mal.“ Einem ihrer ausgestellten Objekte hat sie Glasscherben mit beigegeben. Durch das geschmolzene Glas wirken die Paperporzellanförmchen je nach Lichteinfall so, als ob Wasser darin schimmert.

Der Titel der Ausstellung des niederländischen Künstlers herman de vries lautet „aus der natur”. Sie wurde 2006 das erste Mal in der Stiftung gezeigt und präsentiert sich nun erneut in der Remise mit Objekten aus der eigenen Sammlung, ergänzt um Leihgaben. Wer den Raum betritt, wird sogleich von einem bezaubernden Lavendelduft empfangen, der von einem kreisrunden Lavendelblütenteppich stammt, den de vries auf dem Boden in der Mitte des Raumes ausstreuen ließ. „In Anlehnung an seine bekannten Damaszener Rosenfelder“, erläutert Brigitte Gerisch. Nur, dass der Lavendel auch farblich besser zu den ausgestellten Werken und zum Boden passe als die Rosen. Zu sehen sind Zeichnungen, Erdausreibungen und Blattcollagen sowie die Steigerwalder Holzbibliothek als eine Leihgabe der Galerie Müller-Roth aus Stuttgart. Der leidenschaftliche Naturphilosoph und Mitbegründer der Zero-Gruppe „nul“ lege Wert auf eine ganzheitliche Betrachtung der Natur. Sein Leitspruch laute dabei „Zeigen, was ist“, erklärt Gerisch. Er verarbeitet Naturmaterialien wie Blätter, Gräser, Blüten und andere Strukturen zu Collagen, ohne sie in ihrer Form zu verändern. „So lenkt er den Blick auf das Wesentliche. Wie oft laufen wir über Blätter hinweg, ohne genau zu sehen, wie schön sie sind? So aufgereiht als Bild an der Wand, bekommt man einen ganz anderen Blick auf die Schönheit der Natur“, findet die Stiftungsvorsitzende. Weltweit sammelte der Künstler mehr als 8.000 verschiedene Erden, von denen er Hunderte als Erdausreibungen auf Papier festhielt.

Erdausreibung von herman de vries

Er sei bekannt dafür, sich bis heute keinem ideologischen Diktat zu beugen, und lege Wert auf die Kleinschreibung seines Namens und seiner Texte: „indem ich dinge aus der primären wirklichkeit, aus der natur präsentiere, lenke ich den blick auf dinge, die geschehen, und auf die poesie, die darin liegt, auf die erstaunlichen vorgänge, die zu sehen wir nicht fähig sind …“, lautet ein Zitat. Weitere Informationen unter gerisch-stiftung.de 

„Who is gonna catch me…“ von Rainer Gröschl
Fotos: Iris Jaeger
„Musterunterbrechung“
Rainer Gröschl
Druckgrafiken von Rainer Gröschl
Filigranes Porzellanhandwerk von Renate Löding
Schalen aus Paperporzellan
Renate Löding
Stiftungsvorsitzende Brigitte Gerisch
Blattcollage von herman de vries
Steigerwalder Holzbibliothek von herman de vries
Wandobjekt aus Paperporzellan


1,5 Grad war einmal – zieht euch warm an, es wird heiß

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Der Weltklimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) schlägt Alarm. Das Ziel wurde aufgegeben, die Erderwärmung auf 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau (1850-1900) zu begrenzen. Sie liegt jetzt schon bei rund 1,1 Grad. Die 1,5 Grad könnten bereits in der ersten Hälfte der 2030er Jahre überschritten werden, hieß es am Montag in Interlaken (Schweiz) bei der Vorstellung des aktuellen Berichtes. 

Hitzewellen, Überschwemmungen und Dürren häufen sich und werden extremer. Die aktuellen Pläne der Regierungen, das Tempo und der Umfang der bisherigen Klimaschutzmaßnahmen genügten nicht, um das Ziel zu erreichen, die Erderwärmung zu begrenzen, betont der Weltklimarat. Die Folgen würden häufigere und intensivere Wetterereignisse sein. Erwärme sich die Erde weiterhin, würden die Gefahren eskalieren, warnt der IPCC. Klimabedingte Dürren würden zu noch mehr und höheren Ernteausfällen und Wasserknappheiten führen, als wir sie bereits in den vergangenen Jahren gesehen haben. 

2018 stellte der Weltklimarat fest, es sei gefährlicher als zuvor gedacht, wenn die Erderwärmung um mehr als 1,5 Grad ansteigt. Um das zu verhindern, müssten die CO2-Emissionen bis 2030 fast halbiert werden. Von ehemals zwölf Jahren sind bereits fünf um, und die Zahlen haben sich kaum geändert. Seit 2019 sind die globalen Emissionen eher noch weiter angestiegen. Das Problem wird also größer statt kleiner. 

Wir müssen anfangen, uns ernsthaft mit der Welt jenseits von 1,5 Grad Erderhitzung zu beschäftigen: mit der Zunahme von Wetterex­tremen, einem drastischeren Anstieg des Meeresspiegels und der Gefährdung von Milliarden Menschen durch Hitzewellen, Wassermangel und Nahrungsmittelknappheit. Wir müssen damit rechnen, dass viele Menschen aus dem globalen Süden alles auf sich nehmen werden, um diese Veränderungen in gemäßigten Breitengraden überleben zu können. Große Flüchtlingswellen sind zu erwarten.

Während die Klimabehörde der Vereinten Nationen mit seriöser Wissenschaft vor dem Klimawandel warnt, versuchen die politischen Entscheidungsträger das Klimawissen strategisch für ihre Parteiideologie einzusetzen. Dabei sollten politische Bemühungen auf internationaler Ebene noch stärker gefragt sein, um den Hebel an großen Industrien ansetzen zu können. 

Dass ein Teil der Lösung in einer angepassten Landwirtschaft liegt, ist vollkommen unbestritten. Diskussionen über einen Umbau der Tierhaltung und Landnutzungssystemen sind vor diesem Hintergrund berechtigt. Doch werden die Regionen, die eine leistungsfähige Landwirtschaft ermöglichen, in diesem Szenario in den kommenden Jahren kleiner. Für eine ausreichende Nahrungsmittelproduktion wird in Zukunft mehr gebraucht als Verbote, Erlasse und Ordnungsrecht. Auch eine pflanzlich basierte Ernährung kann nicht ohne Landwirte produziert werden, die mit intelligenter Technologie bodenschonend Pflanzen anbauen, die züchterisch an die sich ändernden Umweltbedingungen angepasst wurden und hoffentlich auch dann noch in ausreichender Menge heranwachsen werden, wenn wir uns jenseits der 1,5-Grad-Erwärmung einrichten müssen.

Erdrutschartiger Wahlsieg für die Partei vom Land

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Bei den Provinzwahlen in den Niederlanden konnte die Partei Bauern-Bürger-Bewegung (BBB, BoerBurgerBeweging) einen überwältigen Sieg feiern. Unter Führung von Parteichefin Caroline van der Pals gewann die bislang kaum bedeutende BBB aus dem Stand in sechs von zwölf Provinzen die meisten Stimmen. Zu den großen Zielen der Partei gehört eine Anpassung der Stickstoffpolitik.

Der Aufstieg der BBB wird als Absage an die Umweltpolitik der niederländischen Regierung interpretiert, was vor allem die Pläne zur Verringerung des Ausstoßes von Stickstoffverbindungen durch die Landwirtschaft betrifft. Wenn das niederländische Oberhaus am Sonntag, 30. Mai, gewählt wird, dürfte die BBB nach jetzigen Prognosen 15 von insgesamt 75 Sitzen erlangen. Bislang war die 2019 gegründete Partei im Senat nicht vertreten. Das Oberhaus wird von den Provinzparlamenten gewählt.

Die niederländisch-irische Journalistin Caroline van der Pals gründete die BBB im Oktober 2019 als Reaktion auf die Bauernproteste in den Niederlanden. Sie sitzt seit März 2021 für die BBB im Repräsentantenhaus. Sjaak van der Tak, der Vorsitzende des niederländischen Bauernverbandes LTO (Land en Tuinbouw Organisatie), sagte: „Dieses Ergebnis ist ein Gewinn für unsere Landwirte. Es erfordert einen echten Kurswechsel. Das Kabinett und die Länder müssen jetzt ihre großen Stickstoffpläne anpassen.“

Die BBB verdankt ihren Wahlsieg dem seit längerem bestehenden Unbehagen auf dem Land, das durch die Stickstoffkrise zum Vorschein kam, folgern Wissenschaftler der Universität Amsterdam, die die Entwicklung der BBB analysieren. Der Eindruck, von Politikern und der urbanen Bevölkerung ignoriert zu werden, sei schon vor einiger Zeit auf dem Land entstanden. Van der Plas verstehe es auch Gruppen im städtischen Umfeld anzusprechen, so die Wissenschaftler. Dies erkläre, warum die BBB auch in Großstädten wie Den Haag und Rotterdam viele Stimmen gewinnen konnte.

Der Sieg der BBB kam nicht ganz unerwartet, berichtete der niederländische Agrar- und Parlamentsjournalist René Bouwmeester. Wahlumfragen zeigten im Vorfeld, dass die BBB eine Rolle spielen würde. Die Partei konnte im ganzen Land punkten, wobei die Unterstützung unter den Landwirten besonders hoch war.

Mit den Provinzwahlen habe die Partei sich verbreitert, das zeige die Herkunft der Wähler, so der Journalist. Wechselstimmen kommen nicht nur von der mitte-rechts orientierten christdemokratischen CDA mit traditionell großer Anhängerschaft auf dem Land. Die Stimmen für die BBB stammen Umfragen zufolge von Wechselwählern fast aller Parteien, so von der rechtspopulistischen PVV und der rechtsliberalen VVD von Ministerpräsident Mark Rutte. Die sozialistische Partei SP und die linksliberale D66 verloren ebenfalls Stimmen an die BBB. Die Recherche zeige nicht, dass Wähler der rechtsextremen FvD massenhaft gewechselt seien, wie befürchtet wurde, berichtet Bouwmeester. age, mbw

Energiepflanzen zur Biogaserzeugung

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In Schleswig-Holstein gibt es 863 Biogasanlagen (Stand: Oktober 2021), die auch aus Energiepflanzen vom Acker vielseitig einsetzbares Biogas produzieren. Dabei ist Mais für Biogasanlagen zur Strom- und Wärmeerzeugung oder in aufbereiteter Form als erdgasgleiches Biomethan noch immer die wichtigste Kultur. Zu den ergänzenden Energiepflanzen zählen unter anderem Getreide-Ganzpflanzen, Gräser von Acker- und Dauergrünland, Leguminosen-Gras-Gemenge, Sorghumhirsen und Durchwachsene Silphie.

Die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein prüft auf dem Versuchsfeld Schuby, Kreis Schleswig-Flensburg, die genannten Energiepflanzen schon seit vielen Jahren. Der Versuchsstandort liegt im Naturraum Geest auf dem Mittelrücken. Der vorherrschende Bodentyp ist Feuchtpodsol, die Bodenart humoser Sand mit 22 bis 24 Bodenpunkten. Die klimatischen Verhältnisse zeigen im langjährigen Mittel eine Tagestemperatur von 8,3 °C, 1.600 Sonnenstunden und 803 mm Niederschlag pro Jahr.

Silomais ist wichtigste Energiepflanze

Der Ausbau von Erneuerbaren Energien und somit auch die Förderung der Nutzung von Nachwachsenden Rohstoffen zur Energiewende traten mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz im Jahr 2000 (EEG 2000) erstmals in Kraft. Strom aus Erneuerbaren Energien wurde gefördert. Es folgte ein rasanter Anstieg der Anbaufläche von Silomais auch in Schleswig-Holstein (siehe Grafik).

In Biogasanlagen liefert Mais von den Ackerpflanzen immer noch den höchsten Gasertrag bei hohen Biomasseerträgen und guter Silierbarkeit. Veränderte gesetzliche Rahmenbedingungen seit 2012 haben dazu geführt, dass sich die Maisanbaufläche für die Biogaserzeugung seitdem nicht mehr wesentlich erhöht hat.

Noch immer hat Mais als Substrat für Biogas die größte Bedeutung, und seit Jahren nimmt Silomais die größte Fläche für Ackerfrüchte in Schleswig-Holstein ein. Im vergangenen Jahr wurde hierzulande auf rund 163.800 ha Mais angebaut (654.400 ha Ackerfrüchte insgesamt laut Statistikamt Nord). Der Landwirt kann dabei beim Silomais aus einem großen Sortenspektrum je nach Zweck und Standortbedingungen auswählen. Weitere Informationen zu Sorten und Anbau unter www.lksh.de/Landwirtschaft/Ackerkulturen/Mais

Getreide-GPS – ertraglich gute Ergänzung zu Mais

Eine gute Option für den Einsatz in Biogasanlagen ist auch Getreide-Ganzpflanzensilage (GPS), wie die Tabelle zeigt. Auf dem leichten Versuchsstandort Schuby ist mit Blick auf den Ertrag vor allem Winterroggen geeignet. Das tatsächliche Ertragspotenzial von Wintertriticale zeigt sich auf besser geeigneten Böden.

Im Unterschied zu Druschgetreide per Mähdrescher wird die Getreide-GPS-Ernte bereits im Stadium der Milchreife durch Häckseln und Einsilieren der gesamten Pflanze vorgenommen. Während der Abreife sind der tägliche Zuwachs an Trockenmasseertrag und der Anstieg des Trockensubstanzgehaltes bei kühler Witterung niedriger als bei warmer Witterung.

Zur Ernte sollte der Trockensub­stanzgehalt (TS) nicht unter 28 % liegen, um Sickersaftbildung zu vermeiden. Der optimale Erntezeitpunkt liegt zwischen 28 und 33 % TS in der Gesamtpflanze. Der Anbau von Wintergetreide für die Ganzpflanzensilage-Produktion in einer Biogasfruchtfolge mit Silomais ist zu empfehlen. Ergebnisse zu Getreide-Ganzpflanzensilage stehen unter: https://www.lksh.de/landwirtschaft/futter-und-substratkonservierung/energiepflanzen/

Sorghumhirsen – zu exotisch oder interessant?

Das Interesse an Sorghumhirsen in der Biogasbranche steigt derzeit an. Hohes Biomassepotenzial, gute Wasser- und Nährstoffeffizienz sowie Trockenheitstoleranz zeichnen Sorghumhirsen aus. Letzteres Merkmal äußert sich darin, dass bei Dürre das Wachstum ohne Chlorophyllabbau unterbrochen und unter günstigeren Bedingungen wieder fortgesetzt wird.

Sorghumhirsen (li.) sind später reif als Silomais, die Trockenmasseerträge pro Hektar können bei den Hirsen noch zulegen.

Sorghumhirsen bilden ein weitverzweigtes, feines und tief reichendes Wurzelsystem aus, Wasser und Nährstoffe können noch aus tieferen Schichten aufgenommen und in Biomasse umsetzt werden. In Deutschland werden seit einigen Jahren Sorghumhirsen zu energetischen Zwecken angebaut und seit zwei Jahren auch als Energiepflanze auf dem Versuchsstandort Schuby geprüft.

Sorghumhirsen gehören wie auch Mais in die Gruppe der C4-Pflanzen und weisen damit eine sehr hohe Photosyntheseleistung auf. Zur Biomasseproduktion werden Sorghum bicolor (Mohren-, Futter- und Zuckerhirse), Sorghum sudanense (Sudangras) und die Kreuzung beider Arten, Sorghum bicolor x Sorghum sudanense (Sudangrashybride), angebaut. Sorten der Art Sorghum bicolor bilden wenige kräftige Bestockungstriebe aus, besitzen sehr dicke Halme und meist kompakte Rispen. Sorten der Art Sorghum sudanense hingegen bestocken sich stärker, besitzen dünnere Halme und zumeist lockere, schilfartige Rispen.

Eine Zwischenstellung nehmen Mischtypen aus Sorghum bicolor x sudanense ein. Bei den erzielten Versuchserträgen von überwiegend Dualtypen (Sorghum bicolor) blieb Sorghumhirse zweijährig geprüft hinter Mais zurück (siehe Tabelle). Auch die Abreife ist später als bei Silomais. Für einen erfolgreichen Sorghumanbau ist die Aussaat sehr wichtig. Die Aussaattemperatur für diese Sommerkultur ist mit mindestens 12 °C sehr hoch.

Ackergras und Leguminosen-Grasgemenge

Biogasbetriebe können die Energiepflanzen-Fruchtfolge auch mit mehrjährigem Ackergras und Leguminosen-Gras-Gemengen (Kleegras) ergänzen. Die Ackerflächen werden nach ein- bis dreijähriger Nutzung mit Ackerfutterbau wieder umgebrochen. Mit dem Anbau von Ackergräsern in Reinsaat, von Mischungen aus Ackergräsern und von Leguminosen-Gras-Gemengen wird die Produktion von mehrschnittigen Aufwüchsen mit hohem Ertragsniveau an Biomasse und hochverdaulicher organischer Substanz angestrebt.

Die Vielzahl von Grasarten und -sorten ermöglicht eine Vielzahl an Kombinationen, somit können Mischungen an jeweilige regionale Standortbedingungen angepasst werden. In mehrschnittigen Ackerfutter-Gemengen werden vorrangig kurzlebige Weidelgräser und kleinkörnige Leguminosen gemischt. Die Schnitthäufigkeit liegt zwischen drei und fünf Mal pro Jahr, wobei die dreischnittige Nutzung bei insgesamt höheren Trockenmasseerträgen und niedrigeren Erntekosten einer größeren Häufigkeit vorzuziehen ist. Zur jeweiligen Ernte sind gute Silierbarkeit und niedriger Rohfaser- beziehungsweise Ligningehalt wichtig, um gute Vergärbarkeit garantieren zu können. Bei gräserbetonten Mischungen ist das Erntezeitfenster eng, da der ansteigende Rohfasergehalt die Vergärbarkeit herabsetzt. Allerdings ist das Risiko sich entwickelnder Resistenzen der Gräser gegenüber Herbiziden in Fruchtfolgen nicht zu unterschätzen.

Die Durchwachsene Silphie konnte auf dem Versuchsstandort Schuby der Landwirtschaftskammer eine ausgeprägte Trockenheitstoleranz nicht bestätigen, eher durchschnittliche bis niedrige Trockentoleranzen beziehungsweise Wassernutzungseffizienz wurden beobachtet.

Ein weiteres wichtiges Substrat für die Biogasproduktion sind Aufwüchse des absoluten Dauergrünlands. Standortgerechte Mischungsempfehlungen können unter anderem dem Faltblatt für Ackerfutterbaumischungen entnommen werden (https://bit.ly/3T0mPDP).

Energie aus Durchwachsener Silphie?

Der Anbau der ausdauernden Energiepflanze Durchwachsene Silphie ist mehrjährig, eine wirtschaftliche Nutzung kann durchaus über 15 Jahre erfolgen. Noch per Pflanzung wurde 2011 auf der Versuchsstation Schuby ein Silphiebestand etabliert. Durch züchterische Erfolge ist mittlerweile ausreichend keimfähiges Saatgut für eine Aussaat mit herkömmlicher Sätechnik vorhanden. Nach dem Etablierungsjahr entfällt die jährliche Bodenbearbeitung.

Bisher wurde nur im Anlagejahr 2011 im Versuch eine Herbizidmaßnahme durchgeführt. Allerdings kann diese Dauerkultur nicht mit klassischen, züchterisch intensiv bearbeiteten und weitverbreiteten Energiefrüchten auf dem Standort mithalten. Die aufgeführten Ergebnisse in der Tabelle weisen die geringsten Ertragsleistungen der Durchwachsenen Silphie gegenüber den anderen geprüften Energiepflanzen auf. Langjährige Erfahrungen der Kammer auf dem Versuchsstandort Schuby zeigen außerdem, dass sich die früher beschriebene ausgeprägte Trockenheitstoleranz der Silphie nicht bestätigt hat. Es konnte eine durchschnittlich bis niedrige Trockentoleranz beziehungsweise Wassernutzungseffizienz beobachtet werden.

Fazit

Silomais ist nach wie vor die wichtigste Kultur zur Biogasproduktion. Wintergetreide-Ganzpflanzensilagen sind vom Trockenmasseertrag her aber nicht zu unterschätzen, wie es auf dem Geest-Versuchsstandort mit Winterroggen deutlich wird. Sorghumhirsen, Ackergras und Leguminosen-Gras-Gemenge können in der Ertragsleistung noch zulegen. Die Durchwachsene Silphie als Dauerkultur ist dagegen keine Alternative für den Anbau von Energiepflanzen für die Biogasproduktion.