Harsche Kritik an der Politik von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) äußerte Klaus-Peter Lucht, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, am Donnerstag (21. September) im Rahmen einer Kundgebung, die anlässlich der Agrarministerkonferenz auf dem „Platz der Kieler Matrosen“ am Kieler Hauptbahnhof stattfand.
„Die Landwirtschaft macht Angebote und ist bereit, auf Wünsche der Gesellschaft zu reagieren. Dafür brauchen wir die Unterstützung der Politik und keine Blockadehaltung, wie wir sie derzeit im Berliner Agrarresort wahrnehmen“, so Lucht vor rund 1.000 Demonstrierenden aus dem gesamten ländlichen Raum.
Gesellschaftlich breit getragene Lösungen lägen mit den Ergebnissen des Kompetenznetzwerks Nutz-tierhaltung und der Zukunftskommission Landwirtschaft auf dem Tisch, würden aber nicht umgesetzt.
„Stattdessen setzt Berlin auf Ordnungsrecht“, stellt Lucht fest und mahnt Minister Özdemir: „Mit Ord-nungsrecht löst man keine Krisen, schafft nicht mehr Tierwohl und sichert keine heimische Lebensmit-telproduktion“.
Die Landwirtschaft sei lösungsorientiert und bereit für die Zukunft, nun benötige man verlässlichen Rückenwind vonseiten der Politik: „Wir brauchen Rechtssicherheit für Investitionen und die Honorierung von Leistungen, die nicht über den Markt entlohnt werden“, so die zentralen Forderungen. pm
Zitate
Friedrich-Otto Ripke, Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft: „Die deutsche Geflügelwirtschaft ist eine Wachstumsbranche. Es gibt kein Nachfrageproblem. Aber es hapert an den politischen Rahmenbedingungen. Mit einer Verschärfung bei den Besatzdichten in Deutschland, fördert man den Import. Auch die Durchsetzung des Mercosur-Abkommens mit Südamerika würde uns hart treffen. Mit Versorgungssicherheit hat das nichts zu tun.“
Hans-Jürgen Kock, Präsident des Lohnunternehmerverbandes Schleswig-Holstein: „Wir müssen weg von ideologischer Politik und hin zu wissenschaftlich fundierten Entscheidungen. Lohnunternehmer sind nach dran an Natur, Wind und Wetter, und Vorreiter beim Einsatz neuer Technologien. Wir sind gerne bereit unser Know-how zu teilen.“
Peter Köninger, Milchpräsident des Bayerischen Bauernverbandes: „Das Tierschutzgesetz trifft viele Betriebe in Bayern. Mit Blick auf das geplante Verbot der Anbindehaltung werden ganze Regionen ausbluten. Wir brauchen deswegen die Möglichkeit der Kombinationshaltung für die Tiere, mit Stall im Winter und Auslauf im Sommer.“
Jennifer Müller, Sprecherin des Unternehmerinnennetzwerks Schleswig-Holstein: „Es ist entscheidend, dass Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir mit uns über die Tierhaltung spricht. Wir haben momentan der Eindruck, dass er sie abschaffen will. Es kann außerdem nicht sein, das Glyphosat auf EU-Ebene eine Zulassung erhält und einzig Deutschland an einem Verbot festhalten will.“
Jan Urthel, Landesfischereiverband Schleswig-Holstein: „Wir wollen hier die Bauern unterstützen, haben aber natürlich auch eigene Anliegen. 2030 soll die bodengebundene Fischerei verboten werden, obwohl wir immer bodenschonender arbeiten. Dadurch lassen sich unsere Boote und Betriebe nicht mehr verkaufen. Die Erlöse aus den Verkäufen machen aber in unserer Branche einen bedeutenden Teil der Rente aus.“
Laura Stolley, Sprecherin des Agrarausschusses im Landjugendverband Schleswig-Holstein: „Es ist wichtig, dass wir jungen Landwirtinnen und Landwirte hier sind. Wir stehen motiviert in Startlöchern. Aber wir müssen Planungssicherheit von der Politik bekommen. Vorgaben müssen mit und und nicht gegen uns entwickelt werden.“
Lars Kuhlmann, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Pinneberg: „Es ist wichtig, hier im Rahmen der Agrarministerkonferenz Flagge zu zeigen. Wir sehen, dass sich der gesamte ländliche Raum versammelt hat, um ein Zeichen zu setzen. Ob die Bundespolitik aber schon begriffen hat, wie ernst die Lage im ländlichen Raum ist, vage ich zu bezweifeln.“
Hubertus Zirkel, Geschäftsführer des Waldbesitzerverbandes Schleswig-Holstein: „Die aktuelle Forstpolitik ist kaum nachzuvollziehen. Extremwetterereignisse nehmen zu, aber Fördermittel zur Beseitung von Schäden durch Extremwetterereignisse sollen gestrichen werden. Das passt nicht zusammen. Das Bundesumweltministerium will Waldflächen stilllegen oder einen Umbau ausschießlich mit heimischen Arten zulassen. Diese Arten sind aber oft nicht klimaresilient. Außerdem gilt es zu bedenken, dass jeder Festmeter Holz, der hier nicht mehr unter hohen Nachhaltigkeitsstandards erzeugt wird, aus dem Ausland importiert werden muss.“