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Phosphaterz: Abbauwürdigkeit entscheidend

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In Norwegen existieren Phosphaterzvorkommen im Umfang von rund 70 Mrd. t. Wie diese Zahl einzuschätzen ist und inwieweit das Phosphat nutzbar gemacht werden kann, erklärt die Deutsche Phosphor-Plattform (DPP) in einer Stellungnahme.

Nach Informationen der DPP bezieht sich die Angabe von 70 Mrd. t auf die Menge des entdeckten „vererzten Gesteines“. Hierbei handele es sich jedoch nicht um eine qualifizierte Angabe über Phosphatvorkommen. Daher seien die Angaben beispielsweise nicht mit denen des „United States Geological Surveys“ zu vergleichen, wonach die abgeschätzten weltweiten Reserven bei rund 72 Mrd. t liegen.

Der Phosphat-Gehalt der norwegischen Vorkommen liegt laut eines Berichts der „Norge Mining Limited“ zwischen 0,1 % bis 3,0 %. Das liegt laut DPP weit unter dem Phosphat-Gehalt von aktuell betriebenen Minen, was bedeute, dass der Wertstoffgehalt des Vorkommens bezüglich der Abbauwürdigkeit als gering einzustufen sei.

Norge Mining gehe davon aus, dass die gesamte Lagerstätte in einer Tiefe bis zu 4.500 m vorliegt. Aufgrund der Tiefe des Vorkommens in hartem Gestein, wäre es notwendig, Tiefbergbau zu betreiben (zum Beispiel Kammerbergbau). Dies sei mit hohem Aufwand, hohem Energieverbrauch und demnach mit sehr hohen Kosten verbunden.

Die Erschließungskosten derartiger Lagerstätten würden erheblich auf den Marktpreis für das erzeugte Produkt durchschlagen, sodass dieser deutlich über aktuellen Phosphat-Preisen liegen würde.

Laut DPP beträgt der Genehmigungszeitraum für Bergbauvorhaben dieser Art in der Regel bei 10 bis 20 Jahren. Zudem benötige der eigentliche Abbau des Rohstoffs einen technischen Vorlauf von zirka 10 Jahren (Schachtbau, Auffahren von Strecken, Aufbau von Bergehalden, Fördermaschinen).

Deutschland will sich mit der in der Novelle der Klärschlammverordnung verankerten Phosphorrückgewinnungspflicht unabhängiger von Rohstoffimporten machen. Eine Alternative zum Phosphaterzabbau ist demnach der Bau von Phosphorrückgewinnungs-Anlagen. Dies kann laut DPP deutlich schneller umgesetzt werden, als das Erschließen von Phosphaterzvorkommen in tiefen Bodenschichten. pm

Info

Die Deutsche Phosphor-Plattform (DPP) ist ein gemeinnütziger Verein. Er wurde 2015 mit dem Ziel gegründet, Wissen und Kompetenzen zu bündeln und im Netzwerk Strategien für ein nachhaltiges Phosphor-Management in den deutschsprachigen Ländern zu erarbeiten. 

Discounter bepreist Umweltfolgekosten

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Der Discounter Penny schlägt in dieser Woche bei neun Produkten die Umweltfolgekosten auf den normalen Verkaufspreis auf. Berechnet hat die Zusatzkosten ein Forschungsteam um Prof. Tobias Gaugler von der Technischen Hochschule Nürnberg und der Wirtschaftsingenieurin Dr. Amelie Michalke von der Universität Greifswald.

Wie Penny bekanntgab, wird die Differenz zwischen den „wahren Kosten“ sowie den ursprünglichen Preisen an das Gemeinschaftsprojekt „Zukunftsbauer“ des Lebensmittelhändlers und der Meierei Berchtesgadener Land gespendet. Dieses fördert Genossenschaftsmeiereien, die ihre Betriebe energetisch optimieren wollen.

Extreme Schwankungen

Vom 31. Juli bis 5. August wird in den 2.150 Märkten der Discounter-Kette auf mehrere konventionelle und Bioprodukte sowie ein veganes Schnitzel ein Zusatzbetrag zwischen 5 % und 94 % fällig. Damit sollen die über die Lieferketten anfallenden ökonomischen Auswirkungen auf Boden, Klima, Wasser und Gesundheit mit einbezogen werden. Die extreme Schwankung ergibt sich den Forschenden zufolge dadurch, dass die Biolebensmittel geringere Folgekosten als ihre konventionellen Gegenstücke haben; das pflanzliche Ersatzprodukt hat im Vergleich den mit Abstand geringsten Aufpreis von 14 ct. Am deutlichsten ist der Mehrpreis bei einem Maasdamer-Käse, für den im Aktionszeitraum 2,35 € mehr bezahlt werden muss.

Studie zu Konsumverhalten

Es gehe nicht darum, die „wahren Kosten unmittelbar für alle Lebensmittel einzuführen“, betonte die Wissenschaftlerin Michalke. Das Forschungsteam erhofft sich laut eigenen Angaben von dem Projekt einen transparenten Diskurs über die Umweltfolgen des Lebensmittelsektors. Dass bereits heute „Folgekosten an anderer Stelle anfallen, die von allen getragen werden müssen“, findet Projektleiter Gaugler ungerecht. Die erhöhten Preise sollen „zum Nachdenken anregen, und zu bewussterem Konsum“, so der Ressourcenökonom.

Das Team wird die Aktionswoche wissenschaftlich begleiten und Informationen zum Einfluss auf das Konsumverhalten und die Zahlungsbereitschaft der Kundschaft im Interesse der Umwelt erheben. „Daraus lassen sich dann Handlungsempfehlungen für die verschiedenen Akteure ableiten, um vor allem sinnvolle politische Maßnahmen zu gestalten, die zu einer nachhaltigen Transformation des Lebensmittelsektors beitragen“, so Gaugler.

Bauern äußern Kritik

Der Bauernverband Schleswig-Holstein (BVSH) kritisierte den Discounter auf seiner Facebook-Seite für seine Aktion. Penny gehe mit Halbwahrheiten auf Kundenfang, denn die Treibhausgasbilanzierung erfolge nicht auf der Basis der Nährstoffdichte. Gerade tierische Lebensmittel seien jedoch besonders nährstoffreich. Der BVSH weist zudem darauf hin, dass mittlerweile mehr als die Hälfte an Obst und Gemüse nach Deutschland importiert werden.

BVSH-Vizepräsident Dietrich Pritschau fordert einen differenzierten Blick auf das Thema. Bei der Erzeugung von 1 kg pflanzlicher Nahrung entstünden 4 kg Reststoffe, die über Tiermägen effizient in wertvolles Protein umgewandelt werden. „Die regionale Produktion tierischer Lebensmittel kann sehr nachhaltig sein“, unterstrich Pritschau gegenüber dem Bauernblatt. age/rq

Eine Woche mit Fell, Flint und Feuer

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Was muss man mitbringen, um steinzeittauglich zu sein? Kleidung und Schlafzeug aus Fell, Leder oder Fasergeflecht, ein Messer ohne Metall – vor allem aber Gemeinschaftsfähigkeit. Denn bei dem Regenwetter der vergangenen Woche musste man auch im Camp „lebendige Steinzeit“ in Albersdorf immer mal wieder eng zusammenrücken.

Es waren immerhin fluktuierend 40 bis 50 Leute, die sich für eine Woche Steinzeit im Archäologisch-Ökologischen Zentrum Albersdorf (Aöza) zusammenfanden, darunter 16 Kinder sowie internationale Gäste, etwa aus Spanien, Österreich, Norwegen und sogar aus Israel, Studierende und Fachleute der Archäologie, aber auch privat Interessierte. Viele kamen schon mehrmals, denn das Camp findet jedes Jahr in Albersdorf statt. „Sie bringen spezielle Fähigkeiten wie Töpfern, Schuhenähen, Flechtarbeiten, Flintschlagen oder Bogenschießen mit und lernen voneinander“, erklärt Museumspädagogin Kira Baumbach. Im Morgenkreis werden die Angebote des Tages besprochen, je nach Witterung. Für Tagesbesucher gab es allerdings kein Mitmachprogramm, das wurde zuvor in einer Handwerkswoche angeboten.

In der Räucherkammer werden die Fleischstücke oder Fische an Stäbe gehängt und abgedeckt.
Marvin Ekenobaye aus Kiel beschäftigt sich mit der protoindoeuropäischen Sprache.

Nun leben, essen und schlafen die Teilnehmer eine Woche lang in den Hütten – so historisch korrekt wie möglich. Bei der Ernährung hat das natürlich seine Grenzen, denn Jagen ist für Laien nicht erlaubt, schon gar nicht mit Pfeil und Bogen. „Wir kaufen die Lebensmittel im Supermarkt“, räumt Ingolf Pfeifer ein, „da vermeiden wir solche, die es damals nicht gab, etwa Tomaten oder Kartoffeln.“ Für 40 Leute kocht er dann hinten in der modernen Küche: „Das würde sonst viel zu lange dauern.“

Allerdings kennt Pfeifer sehr wohl steinzeitliche Kochtechniken, etwa die Zubereitung von Eintöpfen im Tontopf. „Da muss immer genug Flüssigkeit drin sein, sonst springt er.“ Oder er baut einen Schwenkgrill aus Holzstäben, „der über dem Feuer immer in Bewegung bleiben muss“. Besonders stolz ist er auf den Räucherofen.

„Vielleicht bekommen wir diese Woche noch ein ganzes Wildschwein“, freut er sich. Das könnte in einem Grubenofen gegart werden – mit Steinen ausgelegt, die durch ein Feuer erhitzt werden, die Glut wird entfernt, das Schwein in Blätter gewickelt darauf, mit Sand und Erde bedeckt und darüber noch mal ein Feuer – etwa zwölf Stunden Garzeit.

Heute gibt es hingegen geistigen Input: Marvin Ekenobaye aus Kiel erklärt der Gruppe die protoindoeuropäische Sprache, die älteste rekonstruierbare Sprache als Vorgängerin der meisten Sprachen Europas bis nach Indien. „Man hat daraus Rückschlüsse gezogen, dass sich Wörter etwa für Rad, Wiese oder Achse in den heutigen Sprachen ähneln“, sagt er. Man könne das sogar sprechen: „Su dajri ti-yi“ – für „gut – Tag – dich – für“, anders gesagt: „Ich wünsche dir einen guten Tag.“

Siehe auch Editorial 

Blattgemüse füllt freie Lücken im Gemüsebeet

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Schnellwüchsige Blattgemüse wie Spinat, Winterportulak, Feldsalat, Rucola, Kresse und Mangold eignen sich prima, um freie Reihen oder geräumte Beete im Gemüsegarten neu zu füllen. Mit überschaubarem Aufwand gibt’s schnelle Vitamine für Herbst und Winter. Und wer Endivien, China- und Grünkohl sowie Kopfsalat als Setzlinge kauft, bringt noch mehr Abwechslung auf den Tisch.

In heißen und regenarmen Sommern wie den vergangenen kann die Direktsaat ins Beet heikel sein. Im trockenen Boden bleiben die Samen liegen, ohne zu keimen. Großmutters Tipp, mit aufgelegten Kartoffelsäcken die Feuchtigkeit im Boden zu halten, funktioniert auch heutzutage noch bestens. Sinnvoll ist es, bereits einen Tag vor der geplanten Aussaat das Beet gründlich zu wässern und die Säcke als Verdunstungsschutz aufzulegen. Eine oberflächliche Beetvorbereitung ist bei Sommersaaten völlig ausreichend. Tipp: Nach der Aussaat die Säcke wieder auflegen und sofort abräumen, sobald sich die ersten Keimblätter zeigen. Auch für Setzlinge kann der Boden bei anhaltender Trockenheit auf diese Weise vorbereitet werden. Sie machen dann nicht gleich nach der Pflanzung schlapp, sondern wachsen zügig an.

Unter den aufgelegten Kartoffelsäcken bleibt der Boden schön feucht. Foto: Karin Stern

Der Anbau von Feldsalat ist nicht nur wegen der hohen Preise im Supermarkt interessant, denn er ist leicht zu kultivieren und ertragreich. Von Mitte Juli bis September kommen die Samen in Reihen mit 10 bis 15 cm Abstand in den Boden. Im Gewächshaus ist eine Aussaat noch bis Oktober möglich. Tipp: Gut andrücken und bis zur Keimung feucht halten. Als Verdunstungsschutz eignen sich auch Vlies oder Lochfolie. Wer im September und Oktober ernten möchte, sät bis Mitte August. Spätere Aussaaten reifen je nach Witterungsverlauf zwischen November und Januar. Wer die Blätter vorsichtig mit einem scharfen Messer abschneidet und dabei das Herz der Pflanze stehen lässt, kann zweimal ernten, da neue Blätter nachwachsen. Während der Wachstumsphase ist auf ausreichende Feuchtigkeit zu achten – doch nicht übertreiben, sonst kommt es schnell zu Pilzkrankheiten. Tipp: ‚Vit‘, ‚Elan‘ und ‚Favor‘ sind widerstandsfähig gegen Falschen Mehltau. Feldsalat braucht als Nachkultur und Schwachzehrer keine zusätzliche Düngung.

Spinat ‚Emilia‘ ist resistent gegen Mehltau und steckt feuchte Herbstnächte daher gut weg. Foto: Karin Stern

Die Frühjahrs- und Herbstsorten von Spinat kommen von August bis Mitte September ins Beet (Sortentipps ‚Monnopa‘, ‚Matador‘). Erfahrungsgemäß ist die Aussaat in der dritten bis vierten Augustwoche am günstigsten. Dank der kürzeren Tage bilden sich nur Blätter und keine Blüten. Allerdings begünstigen feuchte Herbstnächte Pilzkrankheiten. Wer dies vermeiden möchte, findet mit ‚Emilia F1‘ eine gegen Falschen Mehltau resistente Sorte. Die Samen kommen dünn verteilt in Reihen von 20 bis 25 cm Abstand 2 cm tief in die Erde. Erntereif ist der Spinat sechs bis acht Wochen später.

Winterportulak schmeckt frisch als Salat oder gedünstet als Gemüse. Foto: Karin Stern
Abgeernteter Winterportulak treibt wieder neu aus. Foto: Karin Stern


Den ganzen Winter über liefert Winterportulak frische Salatblätter. Das Blattgemüse sollte nicht mit Sommerportulak verwechselt werden, der völlig andere Witterungsverhältnisse bevorzugt. Von Mitte August bis Mitte September, im Gewächshaus auch bis Anfang Oktober, sät man in Reihen von 10 bis 15 cm Abstand einen halben Zentimeter tief in den Boden. Es ist gar nicht so leicht, die sich ölig anfühlenden, sehr kleinen Samen gleichmäßig auszubringen. Manche Gärtner vermischen aus diesem Grund die Samen mit Sand. Die Keimung erfolgt erst bei Temperaturen unter 12 °C. Geerntet werden kann bereits sechs Wochen später. Tipp: 2 cm oberhalb des Bodens abschneiden, dann wachsen neue Blätter nach. Bei Frost stellt Winterportulak das Wachstum ein, bei frostfreiem Wetter wächst er weiter. Die Blätter schmecken roh im Salat oder wie Spinat zu­bereitet.

Bis September bleibt noch Zeit für die Aussaat zweier Schnellstarter: Rucola und Kresse. Beide Blattgemüse können ab April ganz nach Bedarf gesät werden. Für Rucola empfiehlt sich die Reihensaat im Abstand von 15 bis 20 cm. Vier bis sechs Wochen später sind die Blätter erntereif. Sortentipp: ‚Speedy‘ wächst schnell und schmeckt würzig. Kressesamen keimen unglaublich schnell und die Keimlinge wachsen ebenfalls in atemberaubendem Tempo weiter. Tipp: Nur samendick mit Erde bedecken. Bereits ein bis zwei Wochen nach der Aussaat können die Blätter geschnitten werden. Sie schmecken auf dem Butterbrot ebenso gut wie in Salaten. Für die laufende Versorgung empfiehlt sich der satzweise Anbau in 14-tägigem Abstand.

Als Sprinter sorgt Kresse bereits wenige Tage nach der Aussaat für frisches, würziges Grün. Foto: Karin Stern
Im warmen Augustboden keimt Rucola ,Speedy‘ innerhalb weniger Tage. Foto: Karin Stern


Junge Mangoldblätter bereichern den Salat.  Foto: Imago

Wer jetzt noch Mangold säen möchte, greift zur Sorte ‚Charlie‘. Die Samen sollten so bald wie möglich in den Boden, damit im September zarte, etwa 10 bis 15 cm hohe Blätter geerntet werden können. ‚Charlie‘ vereint die Vorzüge von Blatt- und Schnittmangold. Die jungen Blätter schmecken sowohl klein geschnitten im Salat wie auch als Blattgemüse zubereitet. Im Frühjahr zieht man die Pflanzen am besten einzeln in Topfplatten vor und pflanzt sie auf 25 x 25 cm aus. Dies erlaubt eine fortlaufende Ernte der Blätter den ganzen Sommer über. Jetzt im August sät man eher in Reihen im Abstand von 25 cm und erntet die Blätter ähnlich wie Schnittsalat. 

Rallye an den Börsen

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Seit dem 18. Juli ist alles wieder anders. Vergangene Woche ist die Verlängerung des Getreidedeals, welcher sichere Getreideexporte aus der Ukraine ermöglichte, nach der Dauer von einem Jahr geplatzt. Russland wollte seine Forderungen für die eigenen Getreide- und Düngerexporte durchsetzen, was bis zu dem Zeitpunkt nicht in ausreichendem Maße geschehen sei. Anfangs schien die neue Situation keine großen Folgen zu haben. Die Börsenausschläge waren moderat. Man dachte, auch ohne Getreidedeal würde Getreide exportiert werden können. Per Schiene oder Schiff wären der logistische Aufwand sowie die Transportkosten höher. Man hatte sich jedoch auch vorstellen können, dass weiterhin Schiffe Getreide exportieren, dann jedoch mit höheren Versicherungsprämien wegen des größeren Risikos.

Laut Prognose für die aktuelle Saison 2023/24 wird die Getreideproduktion der Ukraine geringer ausfallen. Somit sollte wegen beispielsweise verringerter Anbauflächen, fehlender Rohstoffe, aber auch Arbeitskräfte auch weniger Getreide für den Export zur Verfügung stehen.

Angriffe auf die Handelsrouten

Doch die Marktlage änderte sich, nachdem Russland die ukrainischen Häfen in Odessa und Mykolajiw mehrfach angegriffen hat. In den vergangenen Nächten zielten Raketen und Drohnen auf den Süden und Osten der Ukraine, russische Luftangriffe auf die Infrastruktur. Es scheint, dass Russland die Ukraine vom weltweiten Handel langfristig abschneiden will und damit auch Einnahmen ausbleiben dürften. Durch die Luftangriffe wurden zudem Menschen getötet und Zehntausende Tonnen Getreide vernichtet.

Mit dem Ende des Getreidedeals gibt es keine Sicherheitsgarantien für die ukrainischen Getreideausfuhren mehr. Außerdem bergen schwimmende Minen ein hohes Risiko. Im Laufe der vorigen Woche erklärte Russland dann, dass Schiffe, die die Häfen der Ukraine verließen, als Träger militärischer Fracht, beispielsweise von Waffen, beurteilt werden könnten. Schiffe unter anderer Flagge würden als Konfliktpartei betrachtet. Sie würden als Kriegsbeteiligte angesehen. Mittlerweile haben Reedereien die Transporte über das Schwarze Meer eingestellt.

Die Verschärfung der Situation, einhergehend mit der Besorgnis hinsichtlich der weltweiten Versorgungslage, brachte deutliche Kursanstiege an den Börsen mit sich. Seit Kriegsbeginn im Februar 2022 erfuhr der Weizenkurs an der Börse in Chicago den größten Kursanstieg innerhalb einer Woche. Zu Wochenbeginn notiert Weizen an der Matif bei knapp 265 €/t und damit rund 30 €/t über der Vorwoche. Anders ist es beim Raps. Die Kurse schnellten erst hoch, beruhigten sich dann wieder und liegen Anfang der Woche bei 452 €/t, also wieder unter dem Niveau der Vorwoche.

Derzeit keine Einigung in Sicht

Im Zuge des Getreidedeals konnten 32,9 Mio. t Agrarprodukte aus der Ukraine exportiert werden. Es waren etwa 8,9 Mio. t Weizen und 16,9 Mio. t Mais. In den EU-Nachbarländern, durch die die ukrainischen Getreideexporte gelaufen sind, kam es zu Unruhen bei den Erzeugern vor Ort. In Bulgarien, Ungarn, Polen, Rumänien und der Slowakei wurde der Verkauf von ukrainischem Weizen, Mais, Raps und Sonnenblumenkernen verboten und ausschließlich die Durchfuhr gestattet. Bis 15. September gilt diese Regelung noch. Doch die entsprechenden Länder haben bei der EU-Kommission eine Verlängerung erbeten.

Marktteilnehmer schließen nicht aus, dass es zum Lieferstopp von Getreide aus dem Süden der Schwarzmeerregion kommen könnte. Für die nordafrikanischen Länder, die sonst Getreide aus der Ukraine erhalten haben, könnte Russland der Helfer in der Not werden.

Russlands Aggression führte zu Irritation an den Weltgetreidemärkten. Wie sich die Preise weiterentwickeln, bleibt schwer kalkulierbar. Steigende Preise könnten für Russland zu höheren Einnahmen führen, was sicherlich in diesen Zeiten nicht irrelevant ist.

Ob es noch zu einer Einigung hinsichtlich der Weiterführung des Getreidedeals kommen wird, bleibt abzuwarten. Sie wird jedoch derzeit als unwahrscheinlich eingestuft. Konsequenzen könnten weltweit steigende Nahrungsmittelpreise, -knappheit und Migrationswellen sein.

Frankreich legt nationale Biodiversitätsstrategie vor

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Auch Frankreich will den Kampf gegen den Verlust der Artenvielfalt verstärken. Den Rahmen dafür stellt die jüngste nationale Biodiversitätsstrategie (SNB3), die am Montag von der Regierung in Paris vorgestellt wurde.

Das Maßnahmenpaket zielt darauf ab, den Druck auf die Biodiversität zu verringern und degradierte Ökosysteme wiederherzustellen. Paris will dabei alle relevanten Akteure einbeziehen und ausreichende finanzielle Mittel bereitstellen.

Konkret soll unter anderem der „agrarökologische Wandel“ beschleunigt werden. Oben auf der Agenda stehen dabei die Verringerung der Umweltverschmutzung durch Plastik, eine Eindämmung der Lichtverschmutzung sowie der Kampf gegen invasive Arten.

Eingebettet ist die SNB3 in die von Staatspräsident Emmanuel Macron bei den vorigen Wahlen versprochene „ökologische Planwirtschaft“. Dazu wurden die nationalen Strategien in den Bereichen Klima, Energie, Biodiversität und Kreislaufwirtschaft bei einem eigens eingerichteten Generalsekretariat (SGPE) im Verantwortungsbereich von Premierministerin Élisabeth Borne gebündelt. Die Vorlagen des Generalsekretariats sind dabei aktuellen Gesetzesvorschlägen der Europäischen Kommission nicht unähnlich.

So sollen die in den Ecophyto-Plänen gebündelten Bemühungen zur Verringerung des Pflanzenschutzmittelaufwandes im Rahmen ihrer Neuauflage die Einsatzmenge an chemischen Pflanzenschutzmitteln bis 2030 spürbar verringern; in diesem Zusammenhang wird sogar ausdrücklich auf die Brüsseler Pläne verwiesen. Ferner sieht die SNB3 vor, perspektivisch mindestens 30 % des französischen Staatsgebietes unter Naturschutz zu stellen, wobei ein Zehntel der Fläche von einem besonders strengen Schutz profitieren soll. Bis 2027 sollen mehr als 400 neue Schutzgebiete entstehen, wobei Feuchtgebieten besonderes Augenmerk gelten soll. Bis zum Ende dieses Jahrzehnts will Paris außerdem die Lichtverschmutzung halbieren.

Nicht zuletzt geht die Biodiversitätsstrategie davon aus, dass der Anteil der nach den Kriterien des Ökolandbaus bewirtschafteten landwirtschaftlichen Nutzfläche (LF) bis 2030 auf mindestens 21 % wächst. Gegenüber dem Stand von 2022 würde das in etwa eine Verdoppelung bedeuten. Nicht eindeutig ist, ob die Regierung damit ihre Ambitionen zurückschraubt – zumindest wird nach derzeitigem Stand angestrebt, den Anteil der Ökofläche bereits bis 2027 auf 18 % zu bringen.

Neben der SNB3 wurden jetzt auch weitere geplante Zielmarken der „ökologischen Planwirtschaft“ bekannt. So soll der Einsatz von mineralischen Düngemitteln nach den Vorstellungen des SGPE bis 2030 auf rund 1,4 Mio. t verringert werden; im vergangenen Jahr wurden etwa 1,8 Mio. t ausgebracht. Ferner ist vorgesehen, den Umfang des Grünlandes um 900.000 ha auszuweiten, mehr Hecken zu pflanzen und die Treibhausgasemissionen der Landtechnik zu verringern. age

Ganz weit vorne – Kommentar zum Klimaschutzprogramm 2030

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Höher, schneller, weiter, das sind nicht nur hehre Ziele beim Sport. Wenn es um den Klimaschutz geht, kann die Latte nicht hoch genug liegen, schließlich geht es um die Zukunft. Mit der Novellierung des Energiewende- und Klimaschutzgesetzes (EWKG) 2021 wurden die Klimaschutzziele für Schleswig-Holstein, analog zu denen auf Bundesebene, verschärft. Mit der Änderung des Klimaschutzgesetzes hat die Bundesregierung das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 verankert. Das reicht der Schwarz-Grünen Regierungskoalition in Kiel nicht, sie will ganz vorne sein und setzt ehrgeizigere Ziele.

Schleswig-Holstein soll das erste klimaneutrale Industrieland werden und dieses Ziel schon bis 2040 erreichen, so steht es im Koalitionsvertrag. Und weiter: „Wir werden uns aktiv dafür einsetzen, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Koalitionspartner sind überzeugt, dass in der Klimaneutralität eine große Chance für den Wohlstand, die Versorgungssicherheit, die Wertschöpfung und Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes liegt.“ Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) legt damit mehr Tempo vor als die Bundesregierung.

Jetzt ist mit dem Klimaschutzprogramm 2030 (siehe Seite 10) ein erster Aufschlag gemacht. Jedes für einen Emissionssektor verantwortliche Ministerium hat einen Maßnahmenfahrplan vorgelegt, wie die vorgesehenen sektoralen Minderungsquoten für seine Bereiche erfüllt und möglichst übertroffen werden können.

Die Problemzonen zur Zielerreichung der Klimaneutralität sind schnell ausgemacht. Landwirtschaft, Gebäude und Verkehr tragen zurzeit jeweils rund 5 Mio. t CO2-Äquivalente im Jahr aus. Knapp darunter liegen die Energiewirtschaft mit zurzeit 4,7 und die Industrie mit 3,3 Mio. t CO2-Äquivalenten. Insgesamt bläst Schleswig-Holstein pro Jahr rund 24 Mio. t Treibhausgase in die Atmosphäre. Damit steht das Land zwischen den Meeren im Vergleich zu anderen Bundesländern noch recht gut da. Aber es sind dicke Bretter zu bohren bis zur Klimaneutralität. Der Sektor Landwirtschaft wird einiges leisten müssen. Mit knapp einer Million Rindern auf einer Landesfläche von 15.805 km2 hat Schleswig-Holstein bundesweit die höchste Rinderdichte. Und das Methan aus deren Mägen entspricht einer Menge von 3 Mio. t CO2 pro Jahr.

Schleswig-Holstein steht auch in einem anderen Bereich an der Spitze: als das Bundesland mit dem größten Anteil an Mooren, die knapp 15 % der Landesfläche bedecken. Trockengelegte Moore stoßen CO2 aus, das vorher in den Böden gespeichert war. Pro Jahr geben trockengelegte Moore in Deutschland etwa 7 % CO2 an die Atmosphäre ab. Im nassen Zustand speichern sie große Mengen an CO2. Maßnahmen zur CO2-Reduktion sind hinlänglich bekannt, von gezielter Fütterung bis zur Wiedervernässung. Die jetzt vorgestellten Maßnahmen enthalten noch einige Fußangeln. Ein sicher wichtiges Kompetenzzentrum und der Dialogprozess werden nicht unmittelbar zu Einsparungen führen. Lösungen aus dem Bereich der Digitalisierung wie Precision Farming sind kostenintensiv und wecken womöglich zu hohe Erwartungen. Die Menge und Kombination an Maßnahmen muss schließlich zum Ziel führen. Was allen gemeinsam ist: Die Reduktionsmaßnahmen kosten Geld und beeinträchtigen in vielen Fällen Leistung, Einkommen und Wettbewerbsfähigkeit der Landwirte.

Es wäre nicht nur schön, es ist notwendig und für viele Beteiligte existenziell, dass die Koalitionspartner ihr Versprechen umsetzen und die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen. Die können nicht nur aus Beschränkungen und Verordnungen bestehen. Innovationen, Wissenschaft und ein ordentliches Budget sind gefragt. Ganz weit vorne ist Schleswig-Holstein, wenn alle mitgenommen werden in die Klimaneutralität. mbw

Sonderheft Erneuerbare Energien

Das Sonderheft „Erneuerbare Energien“, das mit dem Bauernblatt Ausgabe 30/2023 erschienen ist, können Sie hier herunterladen.

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Nachhaltigkeit im Ackerbau messen und verbessern

Zum Thema „Einfluss der Anforderungen für Nachhaltigkeit auf die Betriebsentwicklung im Ackerbau“ referierte Erik Guttulsröd, DLG Frankfurt, Bereichsleiter für Betriebsführung und Nachhaltigkeit, kürzlich beim Ökonomieseminar der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein. Der Artikel beschreibt, was aktuell die Praxis bewegt.

Ein Bild vorweg: Man befindet sich in unwegsamem Gelände. Die Zeit drängt, das Ziel muss bald erreicht werden. Ein heftiges Unwetter droht, erste Gewitterschauer haben bereits heftige Spuren hinterlassen. Es gilt, sich schnell zu orientieren und voranzukommen.

Übertragen auf die aktuelle Situation: Das Thema Nachhaltigkeit im Ackerbau ist komplex, von Zeitdruck getrieben und von Zielkonflikten geprägt. Der Klimawandel hält unsere Gesellschaft, auch die Landwirtschaft, in Atem. Wie das Spannungsfeld zwischen Ökologisierung, Klimaschutz und Ernährungssicherheit zu lösen ist, ist eine der zentralen Fragen.

Maßnahmen zeigen Wirkung

Die in die Wege geleiteten Anpassungsmechanismen zeigen bereits Wirkungen. Die politischen Vorgaben im Rahmen der GAP 2023, das Sustainable Finance System (nachhaltiges Finanzsystem) oder das Lieferkettensorgfalts­pflichtengesetz, sind dafür prägnante Beispiele. In der Produktion wird intensiv über Fruchtfolgeerweiterungen nachgedacht. Wie können die Biodiversität gesteigert, das Resistenzmanagement gefördert und die Nutzung phyto-sanitärer Effekte vorangetrieben werden? In der Wertschöpfungskette sind die Label in der Lebensmittelproduktion gesetzt. Der Umbau ist in vollem Gange.

Doch wie soll Nachhaltigkeit im Ackerbau und nicht nur dort messbar gemacht werden? Die Frage ist mittlerweile sehr dringlich geworden. So hat die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) in den östlichen Bundesländern in diesen Tagen optional die Vergabe von Pachtflächen von der Vorlage eines solchen Nachweises abhängig gemacht. Seit geraumer Zeit beschäftigten sich verschiedene Expertengruppen der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) mit diesem Themenkomplex.

Doch nicht nur in der DLG ist man mit Hochdruck dabei, eine standardisierte Fassung für die Bereiche Ackerbau, Schweinehaltung und Milchproduktion fertigzustellen. Auch die Regionalwert AG Deutschland, das Deutsche Institut für Agrarkultur (Dinak) und das Forschungsinstitut für biologischen Landbau in der Schweiz und andere namhafte Institute arbeiten an einem bundeseinheitlichen Standard.

Indikatoren zur Bewertung gefunden

Im DLG-Programm für den Ackerbau kann anhand von 23 Indikatoren aus den vier Bereichen Ökologie, Soziales, Ökonomie und Management für jeden Betrieb ein Nachhaltigkeitsprofil erstellt werden. Die Noten 5 und 6 gelten wie bei den Schulnoten als nicht ausreichend.

Auf die Frage nach den Eckpunkten für die Auditierung auf landwirtschaftlichen Betrieben benennt Erik Guttulsröd von der DLG drei Ziele:

Ziel 1 ist die Vermeidung von Bürokratie und Doppeleingaben, um ein effizientes Audit zu ermöglichen. Als Zielwert nennt er bei guter Vorbereitung einen Zeitaufwand von drei bis vier Stunden pro Betrieb.

Ziel 2 ist die Nutzung des Audits für alle Betriebsformen (Haupt- und Nebenerwerb, konventionell und ökologisch, Einzelunternehmen bis hin zu Agrargenossenschaften).

Ziel 3 beschreibt zum Start des Checklisten-Audits die Nutzung vorliegender Daten auf dem Betrieb (Dünge- und Stoffstrombilanzen, Ackerschlagkartei, Agrarantrag, BMEL-Abschluss et cetera). In den Folgejahren soll dann sukzessive die Digitalisierung der Prozesse erfolgen.

Um einen Eindruck von der Methodik zu erhalten, seien im Folgenden einige Indikatoren und deren Bewertungsverfahren kurz dargestellt:

Ökologie

Es gibt vonseiten der DLG insgesamt acht Indikatoren. Zwei Beispiele dafür:

Ziffer 1: Die Stickstoff-Nutzungseffizienz (NUE) bildet das Verhältnis zwischen N-Zufuhr und N-Abfuhr ab. Als Output wird die gesamte N-Menge, die den Betrieb verlässt, als Input wird die gesamte N-Menge, die in den Betrieb kommt, erfasst. Es ergibt sich folgende Klassifizierung:

Note 1 = 80 bis 85 %

Note 2 = 75 bis 79 %

Note 3 = 74 %

Note 4 = 70 bis 73 %

Note 5 = 60 bis 69 % Note 6 = < 60 %

Ziffer 5: Beim Pflanzenschutz werden fünf Teilindikatoren im Detail bewertet:

– vorbeugende Maßnahmen (Anbauphase, Fruchtfolge)

– Förderung und Nutzung natürlicher Regelmechanismen

– Anwendung nichtchemischer Pflanzenschutz-Maßnahmen

– Anwendung chemischer und naturstofflicher Pflanzenschutzmittel

– Erfolgskontrolle und Dokumentation

Es können bis zu 52 Punkte (plus vier Zusatzpunkte) vergeben werden. Der Landwirt entscheidet, wo er die Punkte holen möchte, und bringt den Nachweis dafür. Die Klassifizierung sieht folgendermaßen aus:

Note 1 = 47 bis 52 Punkte

Note 2 = 41 bis 46 Punkte

Note 3 = 34 bis 40 Punkte

Note 4 = 27 bis 33 Punkte

Note 5 = 20 bis 26 Punkte Note 6 = < 20 Punkte

Soziales

Hier sind ebenfalls acht Indikatoren in der Auditierung des DLG zu finden. Auch dafür ein Beispiel:

• Ziffer 10: Bei der Arbeitszeit wird die durchschnittliche wöchentliche Realarbeitszeit des Arbeitnehmers erfasst. Dazu wird für jeden abhängig Beschäftigten die real geleistete Jahresarbeitszeit inklusive Überstunden und bezahltem Urlaub angegeben. Teilt man diesen Wert durch 52,2 Wochen, ergibt sich die zu bewertende Größe.

Note 1 = ≤ 40 Akh

Note 2 = 41 Akh

Note 3 = 42 Akh

Note 4 = 43 bis 44 Akh

Note 5 = 45 bis 48 Akh

Note 6 = > 48 Akh

Ökonomie

In diesem Segment wurden von der DLG fünf Indikatoren ausgewählt. Ein Beispiel unter diesen ist:

Ziffer 17: Das ordentliche kalkulatorische Ergebnis wird aus dem BMEL-Jahresabschluss entnommen. Ein positiver Wert gibt an, dass neben der Kostendeckung inklusive der Entlohnung der eingesetzten Faktoren auch eine Entlohnung der unternehmerischen Tätigkeit an sich erzielt wird.

Note 1 = ≥ 300 €/ha

Note 2 = 150 bis 299 €/ha

Note 3 = 75 bis 149 €/ha

Note 4 = 0 bis 74 €/ha

Note 5 = < 0 €/ha

Note 6 = nicht definiert

Möglicher Nutzen für Betriebe

Um in Zukunft bei der Finanzierung weiterhin an den Topkonditionen partizipieren zu können (Sustainable Finance) müssen die Betriebe sich mit der eigenen Nachhaltigkeit auseinandergesetzt haben. Im Bereich Agribusiness könnten sich positive Auswirkungen in der Wertschöpfungskette (Landtechnik, Landhandel et cetera) ergeben.

Vermutlich werden Nachhaltigkeitszertifikate auch bei Lieferbedingungen im Einzelhandel an Bedeutung gewinnen. Auch auf dem Flächenmarkt könnten sich bei Ausschreibungen Vorteile für die Vergabe ergeben, so wie es aktuell die BVVG praktiziert. Ebenso sind Effekte in der Öffentlichkeitsarbeit denkbar, zum Beispiel bei der Direktvermarktung. Schließlich könnten die Zahlen sich auch bei der Optimierung auf betrieblicher Ebene auswirken.

Fazit

Es bleibt abzuwarten, welche Ansätze sich bei der Messung von Nachhaltigkeit und deren Standardisierung durchsetzen werden und welche wo zum Einsatz kommen. Die DLG jedenfalls bietet mit der vorgestellten Lösung für den Ackerbau eine gute Orientierung in dieser komplexen Thematik. Die Ansätze für die Milchproduktion und die Schweinehaltung sollen in Kürze folgen.

Insgesamt wird es eine Herausforderung bleiben, in „unübersichtlichem Gelände“ Mess- und Bewertungssysteme für Nachhaltigkeit zu schaffen und weiterzuentwickeln. Diese müssen auf der einen Seite dem wissenschaftlichen Anspruch genügen und auf der anderen Seite trotzdem einfach zu verstehen sein. Auch hier wird die Digitalisierung eine Schlüsselrolle einnehmen, damit sich der Zeitaufwand und die Kosten für die notwendige Auditierung zukünftig in einem angemessenen Rahmen bewegen.

Maßnahmen im Kälberbereich für mehr Tierwohl

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Für die überwiegende Anzahl der Kälber aus der Milchviehhaltung ist es gängige Praxis, zeitnah nach der Geburt von der Mutter getrennt zu werden. Anschließend verbringen sie 14 Tage in Kälberiglus in Einzelhaltung. Diese vor allem aus hygienischen Gründen verbreitete Vorgehensweise wird von Verbrauchern zunehmend kritisch hinterfragt. Deshalb erprobt die Landwirtschaftskammer die frühe Gruppenhaltung von Kälbern.

Das Verbundprojekt „InnoRind“ erprobt mit der frühen Gruppenhaltung der Kälber ab dem dritten Lebenstag einen innovativen Ansatz für eine zukunftsfähige, gesellschaftlich akzeptierte Haltung von Kälbern. Internationale Studien haben gezeigt, dass eine frühe Sozialisierung der Kälber einige Vorteile mit sich bringt. Dazu gehören ein verbessertes Sozialverhalten, mehr Spielverhalten, eine leichtere Umstellung auf feste Futtermittel (Nachahmeffekt), mehr Optimismus und weniger Stress beim Abtränken.

Studien erkannten weiterhin, dass bei gutem Management keine Unterschiede im Gesundheitsstatus der Kälber aus der Gruppenhaltung im Vergleich zu Kälbern aus Einzelhaltung existierten. Am Lehr- und Versuchszentrum (LVZ) Futterkamp soll unter anderem untersucht werden, welche Auswirkungen das Halten der Kälber in Kleingruppen mit maximal acht Tieren innerhalb der ersten Lebenswochen auf die Leistungsdaten, mögliche Stressreaktionen und die Gesundheit der Kälber hat. Außerdem werden zum Zeitpunkt des Umstallens in die weitere Gruppenhaltung Untersuchungen im Hinblick auf das Stresslevel der Kälber folgen. Dazu werden das Stresslevel mittels Speichelcortisolbestimmung, das Verhalten und die Gesundheitsentwicklung in der weiteren Gruppenhaltung beobachtet und analysiert.

Was in Futterkamp passiert

Die Abkalbungen am LVZ Futterkamp werden während der Laufzeit des Projektes „InnoRind“ in zwei verschiedenen Bereichen stattfinden. Zum einen werden die geläufigen Buchten zur Einzel­abkalbung weitergenutzt und als Kontrollgruppe innerhalb der Erprobung bewertet. Zum anderen wird es eine Gruppenbucht mit Separee für die Kühe zur Abkalbung geben, welche die Versuchsgruppe innerhalb der Erprobung repräsentiert. Diese zwei Varianten der Abkalbung sind sowohl für die Kühe als auch für die Färsen jeweils getrennt voneinander vorgesehen.

Die Kälber im Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp werden zwei unterschiedlichen Haltungssystemen zugeführt und im Hinblick auf Gesundheit, Leistungsentwicklung und Stressparameter verglichen und untersucht.

Die in diesen Buchten geborenen Kälber werden dann im Anschluss in zwei Gruppen aufgeteilt. Entweder werden sie den Einzeliglus zugeordnet (Kontrollgruppe) oder in der frühen Gruppenhaltung (Versuchsgruppe) als Kleingruppe gehalten und in die Auswertungen einbezogen. Die Kolostrumgabe erfolgt in beiden Gruppen auf identische Weise, hierzu verbleiben die Kälber in der Gruppenhaltung für die ersten 48 Lebensstunden ebenfalls im Einzeliglu und werden dort gezielt mit Kolostrum versorgt.

Für eine gute Versorgung der Kälber mit Kolostrum wird das Gesamteiweiß im Blut der Kälber zur Abschätzung der Versorgung mit mütterlichen Antikörpern bestimmt. So kann sichergestellt werden, dass zum Beispiel vermehrte Anfälligkeiten für Erkrankungen oder Entwicklungsverzögerungen nicht durch die Qualität des Kolostrums bedingt sind.

Ziel ist es ebenfalls herauszufinden, ob sich das Stresslevel der Kälber aus den Kleingruppen beziehungsweise aus der Einzelhaltung an unterschiedlichen kritischen Zeitpunkten wie zum Beispiel beim Umstallen unterscheiden. Weiterhin werden die Gesundheit und Entwicklung der Kälber überwacht und verglichen. Hierzu werden alle Kälber einem täglichen Gesundheitscheck unterzogen. Zu diesem Gesundheitscheck gehören die Beurteilung des Allgemeinzustandes, des Nasenausflusses, der Augen, der Ohren sowie Kotverschmutzungen, Husten und mögliche Infektionen des Nabels.

Zusätzlich werden wöchentlich die Körpertemperatur (Rektalmessung), die Atemfrequenz, die Herzfrequenz und die Kotkonsistenz dokumentiert. Auffällige Kälber werden unmittelbar dem Tierarzt vorgestellt und behandelt. Um einen Eindruck von den Zunahmen der Kälber zu erhalten, werden alle Kälber bis zum Ende der Aufzuchtphase (77. Lebenstag) routinemäßig wöchentlich gewogen.

Die Gruppenhaltung

In der frühen Gruppenhaltung werden bis zu acht Kälber gehalten. Am LVZ Futterkamp wurden dafür acht baugleiche Einzeliglus nebeneinandergestellt. Um die zum Einzeliglu gehörenden Ausläufe wurde ein weiterer Auslauf installiert, der alle Einzelausläufe umfasst. So ist die Möglichkeit gegeben, die Kälber in den ersten drei Lebenstagen in ihrem eigenen Iglu inklusive Auslauf zu halten und mit Kolostrum zu versorgen. Nach dem dritten Lebenstag werden die Einzelausläufe hochgeklappt, und die Kälber können den größeren Auslauf in der Gruppe nutzen. Zur Reinigung lässt sich der große Auslauf genauso gut deinstallieren wie die Einzeliglus, sodass das Entmisten und Desinfizieren der Iglus und der gesamten Lauffläche ohne Einschränkungen möglich sind.

Die Tränkekurve aus dem Tränkeautomaten zeigt die aufgenommene Tränkemenge des jeweiligen Kalbes.

Die Tränkekurve

Innerhalb der ersten zwei Lebenstage werden alle Kälber in den Einzeliglus (Kontrollgruppe) und in der Gruppenhaltung (Versuchsgruppe) individuell über den Nuckeleimer mit Kolostrum versorgt. In der Gruppenhaltung haben die Kälber anschließend uneingeschränkten Zugang zu einem Tränkeautomaten. Über diesen bekommen sie einen Milchaustauscher ad libitum angeboten.

Aktuell werden am LVZ Futterkamp zwei Milchaustauscher eines Herstellers getestet, welche sich in der Zusammensetzung unterscheiden. Der eine hat 60 % Magermilch- und Vollmilchpulver, weist 24 % Eiweiß und 21 % Fett auf, wohingegen der andere 50 % nicht angesäuertes Magermilchpulver aufweist, 21 % Eiweiß und 19 % Fett hat.

Der Tränkeautomat erfasst mittels RFID-Chip jedes einzelne Kalb und hinterlegt so die Häufigkeit, Dauer und Menge der Tränkeaufnahme. So lassen sich die Entwicklung und die Tränkemenge jedes Kalbes sehr gut nachvollziehen und rückverfolgen. Zudem haben die Kälber in den Einzeliglus und in der Gruppenbucht uneingeschränkt Zugang zu Heu, Wasser und Kälberkraftfutter. In den Einzeliglus bekommen die Kälber nach der Kolostrumgabe Vollmilch ad libitum über den Nuckeleimer vertränkt.

Erfahrungen in Futterkamp

In der frühen Gruppenhaltung am LVZ Futterkamp wurden bisher vier Gruppen mit jeweils acht Kälbern gehalten. Diese zeigten sich durchweg sehr agil und waren leicht an das Trinken im Automaten zu gewöhnen. Hierbei war insbesondere auch der Nachahmungseffekt hilfreich. Die Umstallung in die weitere Gruppenhaltung hat den Kälbern ebenso wenig Probleme bereitet, da sie mit dem Tränkeautomaten bereits vertraut waren. Erste Beobachtungen zeigen, dass die sehr jungen Kälber gut mit dem Vertränken von Milchaustauschern zurechtkommen. Ebenso konnten in den bisherigen Durchgängen keine vermehrte Krankheitsanfälligkeit oder eine rasche Verbreitung von Erkrankungen beobachtet werden. Derzeit werden verschiedene Zeitpunkte zur Öffnung der Einzelausläufe erprobt. Die hier dargestellten Erkenntnisse sind zum aktuellen Zeitpunkt reine Beobachtungen aus der täglichen Praxis. Wissenschaftliche Auswertungen sowie die Erfassung der weiteren Daten zur Beurteilung des Stresslevels und der Tiergesundheit stehen noch aus.