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Der Wurfausgleich verlangt viel Erfahrung

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Das Ferkelumsetzen zum Wurfausgleich ist eine komplexe Maßnahme. Prof. Steffen Hoy berichtet über eine aktuelle Untersuchung vom Oberen Hardthof der Universität Gießen.

Das Umsetzen von Ferkeln nach der Geburt hat dann Sinn, wenn Würfe ausgeglichen, die Abferkelplätze maximal mit säugenden Sauen und großen Würfen ausgelastet, die Aufzuchtverluste gering gehalten und eine Mindestmenge an Kolostrum je Ferkel (über 200 bis 250 g) gewährleistet werden sollen. Ein Spätumsetzen während der Säugezeit kann dann notwendig werden, wenn Sauen verenden oder erkranken, zum Beispiel an MMA (Mastitis, Metritis, Agalaktie) oder wenn einzelne Ferkel in der Entwicklung zurückbleiben. Bei hochfruchtbaren Sauen mit Wurfgrößen von mehr als 16 lebend geborenen Ferkeln wird das Umsetzen problematisch, wenn die Zahl der funktionstüchtigen Zitzen knapp wird. Allerdings kann auch bei diesen Sauen ein Umsetzen notwendig werden, um ausgeglichene Würfe zu bilden.

Bei jedem „Spätumsetzen“ (Umsetzen nach dem dritten Lebenstag der Ferkel) muss beachtet werden, dass sich unmittelbar nach der Geburt am Gesäuge der Sau eine feste Saugordnung herausbildet. Jedes Ferkel hat dann „seine“ Zitze. Das ist auch sinnvoll, damit bei den etwa 24 Saugakten pro Tag jedes Ferkel schnell und ohne Stress trinken kann. Die Ferkel haben nämlich maximal 3 min Zeit dafür, danach müssen sie etwa eine Stunde bis zum nächsten Saugakt warten. Werden Ferkel in einen „neuen“ Wurf umgesetzt, kämpfen sie mit den anwesenden Ferkeln um die Zitzen. Das kann die Milchaufnahme beeinträchtigen, was zu einer Senkung der täglichen Zunahmen führt. Vor allem das mehrfache Umsetzen einzelner Ferkel ist unbedingt zu unterlassen.

In eigenen Untersuchungen vor einigen Jahren hatten einmal umgesetzte Ferkel um 25 g, zweimal umgesetzte um 50 g und viermal umgesetzte Ferkel um fast 70 g geringere tägliche Zunahmen während der Säugezeit als nicht umgesetzte Ferkel. In vielen Betrieben wird das Umsetzen sachkundig durchgeführt. Unlängst wurde jedoch ein großer Betrieb von uns beraten, in dem Probleme auftraten. In diesem Ferkelerzeugerbetrieb wurden im Auswertungszeitraum 15.508 Ferkel lebend geboren und laut Sauenplaner 10.707 abgesetzt. Insgesamt 9.058 Ferkel wurden aus den Geburtswürfen weggesetzt und 5.573 zugesetzt (Tabelle 1). Damit mussten 14.631 Ferkel den Wurf verlassen, in dem sie geboren wurden. Rechnerisch wurden somit fast alle Ferkel umgesetzt. Aus der Anzahl lebend geborener Ferkel plus zugesetzte Ferkel minus weggesetzte Ferkel minus Ferkelverluste (15.508 + 5.573 – 9.058 – 3.821) errechnete sich nach den betrieblichen Unterlagen lediglich ein Wert von 8.202 abgesetzten Ferkeln (Tabelle 1). Wahrscheinlich wurden Ferkel mehrfach umgesetzt und wiederholt gezählt. Das war die Motivation, das Thema des Ferkelversetzens zu bearbeiten.

Auswertungen auf dem Oberen Hardthof

Für die Analyse dokumentierten wir neben Rasse und Wurfnummer der Sau die Wurfgröße gesamt und lebend geborener Ferkel sowie die Wurfgröße beim Absetzen. Alle Ferkel wurden nach der Geburt und beim Absetzen durch die Mitarbeiter der Lehr- und Forschungsstation Oberer Hardthof (OH) der Universität Gießen einzeln gewogen. Das Alter beim Absetzen war bekannt, sodass die täglichen Zunahmen während der Säugezeit (durchschnittlich 25 Tage) ermittelt werden konnten. Sämtliche Umsetzungen von Ferkeln und die Ferkelverluste nach Alter und Ursache wurden routinemäßig registriert.

Schwere Ferkel bevorzugt umsetzen

Von fast 7.800 lebend geborenen Ferkeln wurden 17,6 % umgesetzt. Die umgesetzten Ferkel hatten mit 1,60 kg ein signifikant höheres Geburtsgewicht als die nicht umgesetzten Saugferkel mit 1,42 kg (Tabelle 2). Das ist richtig, denn schwereren Ferkeln fällt es leichter, an der Ammensau einen Platz am Gesäuge zu erkämpfen. Die umgesetzten Ferkel hatten mit 8,2 % sogar geringere Verluste als die nicht umgesetzten Ferkel (14,0 %). Auch im Vergleich mit etwa gleich schweren, aber nicht umgesetzten Saugferkeln (etwa 4.000 Ferkel, 6,2 % Verluste) waren die Verluste nur wenig höher.

Männliche Ferkel wurden mit 19,3 % signifikant häufiger als weibliche Geschwister umgesetzt (15,8 %). Die Ursache liegt im Geburtsgewicht: Männliche Ferkel waren im Mittel zur Geburt 80 g schwerer (1,49 kg) als ihre weiblichen Buchtengefährten.

Die meisten Sauen waren Hybridsauen aus der Kreuzung von Landrasse und Edelschwein. Die höhere Zahl umgesetzter Ferkel von diesen Sauen (20,2 %) ist damit zu erklären, dass immer genügend Hybridsauen zum Wurfausgleich vorhanden waren. Nur wenige Ferkel wurden von Piétrain- und Duroc-Sauen versetzt (Abbildung 1). Die Wurfgröße bei diesen Rassen ist niedriger, und es besteht weniger die Notwendigkeit des Wurfausgleiches.

Die meisten Ferkel wurden bei Altsauen mit mehr als zwei Würfen umgesetzt (19,7 %), die wenigsten bei Jungsauen (13,9 %) (Abbildung 2). Das ist grundsätzlich richtig, da Altsauenferkel schwerer und robuster als Jungsauenferkel sind und eine bessere Immunität aufweisen. Die Biestmilch von Altsauen weist mehr Antikörper auf als die von Jungsauen. Die Ferkel von Jungsauen hatten mit 1,40 kg ein geringeres Geburtsgewicht als Nachkommen von älteren Sauen (1,42 bis 1,57 kg).

Es leuchtet ein, dass mit steigender Wurfgröße mehr Ferkel umgesetzt werden (müssen). In Würfen bis 13 lebend geborene Ferkel wurden auf dem Oberen Hardthof lediglich 6,5 % der Ferkel versetzt, in Würfen mit mehr als 16 Ferkeln waren es dagegen mehr als viermal so viele – 27,6 % (Abbildung 3). Im Mittel hatten die Sauen auf dem OH 16 Zitzen und eine Wurfgröße von 14,7 gesamt und 13,7 lebend geborenen Ferkeln im Durchschnitt aller erbrachten Würfe. Insofern ist noch genügend „Luft nach oben“ für die Zahl lebend geborener Ferkel je Wurf.

Aufzucht sehr großer Würfe

In den vergangenen Jahren ist die Wurfgröße pro Jahr um etwa 0,2 Ferkel gestiegen. In fünf Jahren erhöhte sich also die durchschnittliche Wurfgröße um ein Ferkel pro Wurf. Wenn die Zahl lebend geborener Ferkel je Wurf die Zitzenzahl der Sauen im Mittel übersteigt, müssen verschiedene Maßnahmen angewendet werden, um die große Anzahl an Ferkeln dennoch erfolgreich und verlustarm aufzuziehen. Technisch am einfachsten ist die Nutzung von Ammensauen (Schlachtsauen aus der Absetzgruppe), was in den meisten Betrieben praktiziert wird. Beim Einsatz von Schlachtsauen als Ammensauen sollte möglichst ein Reserveabteil vorhanden sein. Bei voller Auslastung des Abferkelstalles fehlen entsprechende Abferkelbuchten für die Ammensauen. Es ist ein hygienisches Risiko, die Ammensauen in den Abferkelstall mit soeben abferkelnden Sauen zu bringen oder im Stallabteil der abgesetzten Sauen zu belassen. Das Alles-Rein-Alles-Raus-Prinzip wird dabei durchbrochen und ein Anstieg von Erkrankungen und Verlusten der Ferkel kann die Folge sein. Allerdings gibt es in größeren Betrieben zumeist kein Reserveabteil, sodass letztlich Ammensauen im Abferkelabteil genutzt werden müssen.

In Dänemark wurde vor einigen Jahren ein Zwei-Stufen-Ammen-System entwickelt, das in betriebliche Abläufe integriert werden kann. Am besten funktioniert das bei einem Ein-Wochen-Rhythmus. Dabei werden ein oder mehrere komplette Würfe gut entwickelter Ferkel mit drei Wochen abgesetzt. An jede frei gewordene Sau wird nun ein vollständiger Wurf mit einem Alter von ein bis zwei, selten vier bis acht Lebenstagen angesetzt. Der Vorteil besteht darin, dass alle Ferkel ihre feste Zitzenposition in der Saugordnung behalten und keine Rangkämpfe auftreten. An die Sau, deren Ferkel wenige Tage nach der Geburt weggesetzt wurden und die eine sehr gute Milchleistung hat, werden nun „abgesammelte“ überzählige Ferkel gegeben.

Auf die Nutzung technischer Ferkelammen oder die Milchbeifütterung in der Abferkelbucht durch stationäre oder mobile Anlagen soll an dieser Stelle nur hingewiesen werden.

Beratungsvorschläge

Die Häufigkeit des Ferkelversetzens ist auf das unbedingt nötige Maß zu reduzieren. Die Sauen sollten so viele Ferkel wie möglich selbst aufziehen. Nach Möglichkeit sind schwerere Ferkel bevorzugt umzusetzen.

Sauen mit hoher Milchleistung aus der Wochengruppe, in der zeitlich parallel Ferkel abgesetzt werden, können als Ammensauen in das Abteil der Abferkelgruppe umgestallt werden (sofern kein Reserveabteil vorhanden ist). An diese Ammensauen werden komplette Würfe von Sauen mit hoher Milchleistung aus der Geburtswoche umgesetzt (möglichst Würfe, die zu diesem Zeitpunkt am ältesten sind). An die frei gewordenen Sauen der Abferkelgruppe mit hoher Milchleistung werden abgesammelte (in der Entwicklung zurückgebliebene) Ferkel angelegt. Diese Ferkel sollten aber mindestens zwei bis drei Saugakte an der eigenen Sau erlebt haben (Kolostrumaufnahme).

Bei Wurfgrößen im Mittel von 16 lebend geborenen Ferkeln und mehr stößt das System natürlicher Ammen(sauen) an seine Grenzen, da alle Sauen 16 funktionstüchtige Zitzen haben müssten. Die Zahl der Zitzen kann erfolgreich züchterisch verbessert werden, allerdings ist das ein längerfristiger Prozess. Kurzfristig müssen die Sauen beziehungsweise Ferkel durch eine zusätzliche Fütterung von Ferkelmilch unterstützt werden. Technische Ammen oder ein System der halb- oder vollautomatischen Milchbeifütterung sind grundsätzlich auf dem Markt vorhanden, verursachen jedoch zusätzliche Kosten und erfordern eine technisch sehr anspruchsvolle Bewirtschaftung.

Landesfleischrinderschau in Viöl 2025

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Am Morgen der diesjährigen Jungtierschau der Fleischrinder gab es noch einen kräftigen Regenguss; aber schon zur Züchterbesprechung um 9 Uhr kam tatsächlich die Sonne durch und der 1. Juni verlief freundlich. Und zwar, wie gewohnt, nicht nur vom Wetter her, sondern auch insgesamt: Alle Züchterinnen und Züchter waren guter Dinge und hoch motiviert – dementsprechend waren die Vorführungen.

Der Fleischrinder-Zuchtverband Schleswig-Holstein und Hamburg (FRZ) freute sich, als Richter Christian Sölzer von der Qnetics Hessen gewonnen zu haben: Die Betreuung der Fleischrinder im Herdbuch mit allen Aspekten ist dort sein Metier.

Knapp 60 Tiere aus fünf Rassen wurden gezeigt: Die stärksten Rasseblöcke stellten mit über 20 prächtigen, super hergerichteten Tieren die schottischen Hochlandrinder und die nicht minder schicken Galloways (14 Tiere). Des Weiteren wurden Angus, Dexter und Limousin aufgetrieben – eine Auswahl, die sich durchaus sehen lassen konnte.

Highlander und Galloways

Bei den Highlands wurden vier Färsenklassen und eine Bullenklasse gerichtet – die Qualität der Tiere habe hier das Niveau einer Bundesschau erreicht; so Christian Sölzer. Den Landessieg errang der Betrieb von Hendrik Hoof aus Schacht-Audorf mit „Iseabal vom Kiebitzmoor“ vor „Cleopatra ut Heidbarg“ von Heiko Krause aus Norderstedt (Landesreservesieg). Bei den Bullen siegte „Douglas 7. vom Großsolter Moor“ vom Betrieb Springholz.

Landessieger der Galloways: „Zorro vom Kiebitzberg“ von Christoph Rohrmoser, HemmingstedtFotos (2): FRZ

Bei den Galloways wurden mehrere Farbschläge in zwei Färsenklassen und einer Bullenklasse gezeigt: Die üblichen Schwarzen sowie Dunfarbige als auch Belted Galloways und schließlich der Farbschlag White (pigmentiert um die Augen und um das Flotzmaul, an den Füßen und mit dunklen Ohren). Hier konnte die schwarze „Rabea von der Fuhlenau“ von Anja und Jörg Harder aus Groß Vollstedt alle anderen hinter sich lassen (Landessieg), dicht gefolgt von „Mila vom Fieler Moor“ aus dem Betrieb von Christoph Rohrmoser aus Hemmingstedt (Landesreservesieg). Dieser Betrieb stellte auch den Landessieger „Zorro vom Kiebitzberg“ aus der Zucht von Hans-Heinrich Mahnke aus Harmsdorf, der sich vor „Neco von der Fuhlenau“, ebenfalls aus dem Betrieb Harder (Landesreservesieg), platzieren konnte.

Das harmonischste Gespann, für das ein Preis ausgelobt war, stellte Anna Danker aus Bothkamp mit ihrem Jungbullen „Zeus von der Eiderquelle“.

Als harmonischstes Gespann überzeugten Anna Danker und „Zeus von der Eiderquelle“ aus Bothkamp.

Angus, Limousin und Dexter

Die beliebten Angus-Rinder traten in je einer Färsen- und einer Bullenklasse auf; die beiden Besten wurden hier „Paula“ und „Tamme von Hof Kamerun“.

Sieger der Angus-Bullen und Mister Viöl: „Tamme von Hof Kamerun“, vorgeführt von Jungzüchterin Gesa Schneidereit, Hennstedt

Bei den kleinsten Rindern, den Dextern, wurden fünf Bullen vorgeführt; hier gewann „Batal vom Damm“ aus der Zucht von Karen Grot aus Gubkow und im Besitz von Familie Reulecke, Kiel.

Einen Landessieg gab es auch bei den Limousins: Hier wurden sechs imposante Färsen aufgetrieben, die sich sehen lassen konnten. Unter ihnen stellte der Siegerbetrieb Kirsten Hahn aus Moorsee mit „Hummel“ und „Henny“ gleich den Landes- und den Reservesieg.

Landessiegerrind der Limousin-Färsen: „Hummel“ aus dem Betrieb Kirsten Hahn, Kiel-Moorsee Fotos (4): Anja Harder

Höhepunkt Interbreed-Sieger

Zum absoluten Höhepunkt der Veranstaltung wurde die Auswahl der Interbreed-Sieger:

Der Richter kürte als beste Färse der Schau diejenige, die sich gegen die stärkste Konkurrenz durchsetzen konnte: Die schöne „Iseabal vom Kibitzmoor“ aus dem Betrieb Hoof, Schacht-Audorf, wurde Miss Viöl 2025; als komplettesten Bullen wählte er „Tamme von Hof Kamerun“ (Göttsche, Hennstedt) aus und verlieh ihm den Titel Mister Viöl 2025. Alle Sieger (1a und 1b) und deren Abstammung sowie alle Beschicker finden sich in den Tabellen unter www.fleischrinderzucht.de

Ganz besonders freut sich der FRZ über zwei Jungzüchter, die 16-jährige Martha Reulecke, die die Schau souverän moderierte, und den 22-Jährigen Niklas Danker, der sie dabei unterstützte. Einem Züchterkollegen, der stürzte, als seine Färse scheute, wünschen wir auf diesem Weg gute Besserung.

Moderatorin Martha Reulecke (li.) präsentiert ihren Sieger-Dexter-Bullen „Batal vom Damm“.

Beinwell zeigt viele Gesichter

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Beinwell wächst hierzulande auch wild auf Wiesen, an schattigen Wegrändern oder Böschungen mit feuchtem Boden. Erstaunlich, wie vielseitig die Staude zu verwenden ist. Sie erfreut mit aparten Blütenglocken, bedeckt zuverlässig den Boden und wird als Heil- und Düngerpflanze geschätzt.

Werfen wir zunächst einen Blick auf zwei Beinwell-Arten, die gern als Zierpflanze eingesetzt werden. Der Kleine Kaukasus-Beinwell (Symphytum grandi­florum) macht sich gut als Bodendecker. Die reine Art präsentiert von April bis Mai cremeweiße Blütenglocken und bleibt mit 20 bis 30 cm Höhe eher niedrig. Sie breitet sich über Ausläufer gern aus und bildet so mit der Zeit dichte Bestände.

Beinwell freut sich über eine Anlehnmöglichkeit in der Nachbarschaft. Foto: Karin Stern

Die Sorte ‚Miraculum‘ begeistert von April bis Mai mit dem faszinierenden Farbspiel ihres Flors. Sie zeigt im Aufblühen rote Blütenglocken, die dann in ein helles Blau übergehen, das im Abblühen fast weiß wird. ‚Miraculum‘ wächst weniger stark als die Art, dafür aber etwa 40 bis 50 cm hoch. Als Pflanzpartner eignen sich die Teppich-Japan-Segge ‚Icedance‘ (Carex morrowii) oder die robuste Schwarzmeer-Elfenblume (Epimedium pinnatum ssp. colchicum).

Mit 30 bis 40 cm Höhe bleibt ‚Blaue Glocken‘ etwas niedriger. Die wunderschöne Sorte ist mit ihren leuchtend blauen Blüten ein absoluter Hingucker. Da sie ebenfalls nicht wuchert, kann man sie an schattigen Standorten prima mit Kaukasus-Vergissmeinnicht (Brunnera macrophylla), Golderdbeere (Waldsteinia ternata) und Salomonssiegel (Polygonum odoratum) kombinieren.

‚Hidcote Blue‘ überzeugt mit zartblauen Blüten, die sich aus rötlichen Knospen entwickeln. Mit 30 cm Höhe bleibt ‚Hidcote Blue‘ etwas niedriger, wächst jedoch ebenso stark wie die Art. Mit der Zeit bilden sich dichte Bestände. Diese Sorte wird gern als Bodendecker für komplizierte Standorte verwendet, da sie sehr konkurrenzstark ist und Wurzeldruck sowie Trockenheit problemlos verträgt.

Tipp: Den Kleinen Kaukasus-Beinwell nach der Blüte bodennah zurückschneiden. Dies regt einen kräftigen Neuaustrieb an.

Der Hohe Beinwell ,Pagels-Blau‘ ist eine reichblütige Auslese mit azurblauer Blüte. Foto: Karin Stern

Der Hohe Beinwell (Symphytum peregrinum) trägt seinen Namen nicht ohne Grund. Mit bis zu 120 cm Höhe nimmt er stattliche Ausmaße an. Die Sorte ‚Pagels Blau‘ ist eine reichblütige und starkwüchsige Auslese mit herrlich azurblauen Blüten. Sie öffnen sich von Juni bis Juli. ‚Pagels Blau‘ bevorzugt einen eher kalkarmen Boden und breitet sich nicht über Ausläufer aus. Als „Zaungucker“ gepflanzt, verschönert er die Grundstücksgrenze und findet gleichzeitig Halt. Tipp: Nach der Blüte zurückschneiden und mit Nährstoffen versorgen, dann zeigt sich im Herbst ein zweiter Flor. Die blaue Blüte passt toll in die Nachbarschaft von Frauenmantel (Alchemilla), Wiesen-Taglilie (Hemerocallis lilioasphodelus) oder der gelb blühenden Wiesen-Iris ‚Butter and Sugar‘ (Iris sibirica).

Symphytum officinale bildet erstaunlich viel Blattmasse. Foto: Karin Stern

Der Arznei-Beinwell (Symphytum officinale) wird manchmal auch als Comfrey bezeichnet. Die heimische, robuste Heilpflanze zeichnet sich durch einen horstartigen Wuchs aus. Die attraktive Sorte ‚Moulin Rouge‘ überzeugt mit purpurrotem Flor von Mai bis Juli.

Die purpurroten Blütenglocken von ,Moulin Rouge‘ sind ein toller Blickfang. Foto: Karin Stern

Sämtliche Beinwell-Arten passen gut in große, natürlich gestaltete Gärten, in Teichnähe oder an den halbschattigen Gehölzrand. Bei guter Nährstoffversorgung und ausreichend feuchtem Boden fühlt sich Beinwell auch auf vollsonnigen Standorten wohl. Tipp: Auch an schattigen bis halbschattigen Standorten auf frischen Boden achten.

In der Naturmedizin schätzt man den Inhaltsstoff Allantoin. Er wirkt sich günstig auf die Neubildung von Zellen und die Durchblutung aus. Ein Umschlag mit Brei aus Wurzeln und Blättern wurde früher zur Behandlung von Knochenbrüchen, Schwellungen und Prellungen eingesetzt. Beinwell-Salben sind in der Apotheke erhältlich. Sie finden Verwendung bei Verstauchungen, Zerrungen und Muskelkater.

Für Gärtner ist der hohe Kalium- und Stickstoffgehalt der Blätter von Symphytum officinale interessant. Sie werden daher als Mulch für Tomaten oder Kartoffeln verwendet. Beide brauchen viel Kalium zur Ausbildung ihrer Früchte. Auch für die Herstellung von Pflanzenjauchen eignet sich der wüchsige Beinwell, der nach jedem Schnitt willig wieder austreibt und Nachschub liefert. Für die Jauchenherstellung übergießt man etwa 1 kg Beinwellblätter mit 8 bis 10 l Wasser in einem Plastikeimer (keinesfalls einem Metallgefäß!). Das Ganze gärt anschließend sieben bis zehn Tage lang abgedeckt an einem warmen, sonnigen Ort (regelmäßig umrühren). Wenn sich kein Schaum mehr bildet und die Jauche klarer wird, gießt man die Flüssigkeit ab. Im Verhältnis von 1:10 mit Wasser verdünnt, eignet sich die Beinwelljauche sehr gut als Dünger für alle stark zehrenden Gemüsearten. Besonders fruchtbildende Arten wie Kürbis, Zucchini, Tomaten und Gurken profitieren von einer wöchentlichen Gabe. Tipp: Manche Hühnerhalter verfüttern die Blätter und sehen darin die Ursache für glänzendes Federkleid, dicke Eierschalen und goldgelbe Dotter.

Die stickstoff- und kaliumreiche Pflanzenjauche aus Beinwellblättern und -wurzeln eignet sich verdünnt als Dünger. Foto: Karin Stern

Cyber-Sicherheit für Landwirte

Präzisionslandwirtschaft, elektronische Fütterungssysteme, Drohnentechnik oder sonstige digitale Verfahren in der landwirtschaftlichen Produktion erfordern einen immer besseren Schutz elektronischer Daten und Prozesse in landwirtschaftlichen Betrieben. Worauf ist zu achten und wie können Landwirte effektiv vorsorgen?

Die zunehmende Automatisierung und Digitalisierung bringen den Landwirten erhebliche Effizienzgewinne und führen zu Wettbewerbsvorteilen. Allerdings gehen damit auch erhebliche Risiken einher, die für den normalen Landwirt schwer zu fassen sind. Die Gefahr eines Cyberangriffs besteht immer dann, wenn die elektronischen Systeme eines Betriebes mit dem Internet verbunden sind, was für die allermeisten zutreffen dürfte. Daher sollten vorausschauende Betriebsleiter sich der Gefahren nicht nur bewusst sein, sondern Maßnahmen treffen, um diese abzuwehren und im Schadenfalle auf eine Versicherung zurückgreifen zu können.

Im ersten Schritt sollten veraltete Rechner und Server ausgetauscht werden, um die Risiken, die über die Hardware drohen, zu verringern. Im Weiteren muss eine effektive Firewall installiert werden mit stets aktueller Anti-Schadsoftware. Auch E-Mailkonten und Fernzugriffsrechte müssen abgesichert sein. Es ist empfehlenswert, sich von einem IT-Dienstleister umfassend beraten zu lassen.

Zusätzlich zur Sicherung der Hard- und Software kann eine Cyberversicherung abgeschlossen werden. Sie springt immer dann ein, wenn Betriebe aufgrund einer Cyberattacke ganz oder teilweise lahmgelegt werden. Die Versicherung greift mit einer Task-Force ein und fungiert als Krisenmanager. In Zusammenarbeit mit einem IT-Dienstleister wird die Ursache für den Schaden ermittelt (IT-Forensik) und Schwachstellen der betriebseigenen Informationstechnik beseitigt. Anschließend wird die gesamte digitale Infrastruktur des Betriebes wiederhergestellt. Der Versicherer leistet auch für Haftpflichtschäden gegenüber Dritten, die durch den Cyberschaden ausgelöst wurden, sowie für Eigenschäden etwa durch die Kosten für die Wiederherstellung der Daten, Systeme und des betriebseigenen Netzwerks. Ebenso können Vertrauensschäden z. B. durch unberechtigte Nutzung der IT-Systeme (Kryptomining) und Ertragsschäden (Ausfall einzelner oder aller Produktionsverfahren) versichert werden.

Jetzt zum „Cyber-Security-Check“ am 27.06.2025 anmelden:

In Kooperation mit der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), dem Verband der Landwirtschaftskammern (VLK), dem Deutschen Bauernverband (DBV), Bitkom und der Anwaltskanzlei Reed Smith bietet die DFA („Digital für alle“) den Vortrag „Cybersecurity Check auf dem Hof – So schützen Sie Ihren Betrieb vor digitalen Bedrohungen“ an. Beim einstündigen Online-Termin am Freitag, 27. Juni 2025 um 12.30 Uhr erhalten Landwirtinnen und Landwirte praxisnahe Tipps, wo Risiken lauern und wie sie ihre IT, Maschinen und sensiblen Daten besser vor Cyberangriffen schützen können. Erfahren Sie, welche Gefahren konkret für landwirtschaftliche Betriebe bestehen, wie Sie Sicherheitslücken erkennen und im Ernstfall richtig reagieren. Registrierung über folgenden Link: https://www.bitkom.org/Digitaltag-2025/Cybersecurity-Check-auf-dem-Hof

Für Fragen zur Cyberversicherung oder einen grundsätzlichen Versicherungscheck bietet der Bauernverband eine unabhängige Versicherungsberatung für seine Mitglieder an.

Wolf Dieter Krezdorn, Tel.: 04331-127771
Bauernverband Schleswig-Holstein

Auszahlungspreise stabil

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Die Auszahlungsgrundpreise der schleswig-holsteinischen Meiereien sind fast ausnahmslos unverändert geblieben. Lediglich eine Meierei hat ihren Grundpreis nach oben hin leicht angepasst. Keine Meierei zahlt weniger als im Vormonat aus.

Der Durchschnittspreis hat sich dadurch um 0,06 ct/kg nach oben verändert. Er liegt nun bei 51,57 ct/kg. Die Spanne liegt zwischen 46,90 und 54,00 ct/kg. Sie ist unverändert zum Vormonat geblieben. Bundesweit gesehen hat sich auch nicht viel verändert. In Süddeutschland ist die Spanne ebenfalls gleich geblieben. Sie liegt dort weiterhin zwischen 48,46 und 54,46 ct/kg. In Ostdeutschland befinden sich die Meiereien fast auf identischem Niveau. Hier liegt die kaum vorhandene Spanne der Auszahlungsgrundpreise zwischen 50 und 50,20 ct/kg und somit leicht über dem Vormonatsniveau, ebenso in Westdeutschland. Hier kann nun eine Spanne von 46,81 bis 52,36 ct/kg verzeichnet werden. Die angelieferte Milchmenge hat aktuell ihren Saisonhöhepunkt erreicht beziehungsweise bereits überschritten und sich wieder weiter von der Vorjahreslinie entfernt. Sie liegt aktuell um 1,8 % unter dem Vorjahresniveau. Und auch EU-weit bleibt die Milchanlieferung um 0,7 % hinter dem Vorjahreswert zurück.

Rahm teilweise knapp

Die Märkte für die flüssigen Rohstoffe entwickeln sich seit Monatsanfang deutlich fester. Besonders Rahm stieg hier deutlich im Preis. Dies führte in den vergangenen Wochen zu einer etwas geringeren Butterproduktion, was wiederum die Butterpreise ansteigen ließ. Abgepackte Butter geht derzeit besonders gut in den Markt, was auch der aktuell laufenden Spargelsaison zugeschrieben wird. Für Blockbutter ist von einer etwas ruhigeren Marktlage die Rede. Teilweise verhielten sich die Käufer eher abwartend, teilweise wurden aber auch kurzfristige Abschlüsse getätigt, da man vermutlich steigende Preise erwartete. Der Käsebereich entwickelt sich aktuell sehr ruhig. Hier stehen sich Angebot und Nachfrage ausgeglichen gegenüber. Die Lagerbestände sind weiterhin sehr jung. Saisonüblich hofft man hier auf belebende Impulse aus Südeuropa zu Beginn der Ferienzeit. Auch aus dem Drittlandexport werden zusätzliche Nachfrageimpulse erwartet. Hier bleibt allerdings offen, ob diese Geschäfte aufgrund der Konkurrenzsituation mit anderen Ländern wirklich zustande kommen. Ebenso unspektakulär zeigt sich die Entwicklung der Pulvermärkte. Hier macht sich bereits die Urlaubs- und Ferienzeit bemerkbar. Es kommen nur wenige Abschlüsse zustande. Die Preisvorstellungen für spätere Lieferungen gehen teilweise noch weit auseinander. Auch bei Magermilchpulver in Futtermittelqualität sieht es nicht anders aus. Hier ist allerdings auch das Angebot relativ klein. Die Notierung bewegt sich aber immerhin um 65 €/t über dem Vorjahreswert.

Weltweite Milchproduktion steigt

Die Kurse an der EEX in Leipzig machten zu Wochenbeginn für Rohmilch einen deutlichen Sprung nach oben, während die Kurse für Magermilchpulver einem längeren leichten Abwärtstrend folgen. Längerfristig gesehen geht man hierzulande von einem stabilen Milchpreisniveau aus. Die rückläufigen angelieferten Milchmengen tragen einen erheblichen Anteil dazu bei. Es gibt aber auch ein paar dunkle Wolken am Himmel. So ist die aktuelle Milchanlieferung in der EU zwar rückläufig, dies wird aber von anderen Milcherzeugerregionen wieder wettgemacht, sodass die weltweit erzeugte Milchmenge 2025 nach neuesten Schätzungen um zirka 1 % höher als der Vorjahreswert sein wird. Auch der weiterhin starke Euro trübt die Notierungen und Kursverläufe besonders für Magermilchpulver nachhaltig. Nichtsdestotrotz wird für die nächsten Wochen mit einer unveränderten Marktlage in nahezu allen Bereichen gerechnet, immer vorausgesetzt, es gibt keine marktbeeinflussenden politischen oder seuchentechnischen Eskalationen.

Austausch mit Norwegen und Niederlanden

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Ende Mai trafen sich in diesem Jahr rund 20 Mitglieder der In­teressengemeinschaft Alternativ-Baumarten in Aukrug (Vertreter aus ganz Deutschland, Norwegen und den Niederlanden). Sie kamen, um sich auszutauschen, ihren Wissensstand zu erweitern und Waldbilder mit Beteiligung alternativer Baumarten zu besichtigen. Dabei wurden die Wälder des Waldbesitzers Dr. Claus Laessing be­gangen, der bereits seit mehr als 30 Jahren gute Erfahrungen mit dem Anbau alternativer Baumarten hat.

Im Zuge des sich ankündigenden Klimawandels ist es für die Waldbesitzer und Forstleute interessant und notwendig zu sehen, welche Möglichkeiten sich neben den für unsere Wälder typischen Baumarten bieten und welche Baumarten sich vielleicht unter den neuen Klimabedingungen besonders gut bewähren könnten.

Stabil und standortgerecht

Der Forstbetrieb Laessing bewirtschaftet rund 70 ha Wirtschaftswald im Naturpark Aukrug in den Gemarkungen Homfeld und Innien auf Endmoränenstandorten der Saale-Eiszeit. Es war immer das Ziel von Familie Laessing, die überwiegend durch Sturm entstandenen Freiflächen in den Fichten- und Lärchenbeständen durch einen neuen stabileren und standortgerechten Mischwald zu begrünen.

Von Elsbeere bis Sicheltanne

So wurden neben den üblicherweise in Schleswig-Holstein gepflanzten Baumarten in die Aufforstungen beziehungsweise Naturverjüngungen Elsbeere, Schwarznuss, Lindenblättrige Birke, Baumhasel, Esskastanie, Nussarten (Juglans regia, nigra, cinerea, intermedia), Riesen- und Küsten-Mammutbaum, Riesenlebensbaum, Hemlocktanne und Japanische Sicheltanne eingebracht. Als weitere Baumarten, auch im westlichen Schleswig-Holstein nicht so häufig angepflanzt, hat der Waldbesitzer Eibe, Ahornarten, Bergulme, und Weißtanne an den Aufforstungen beteiligt.

Es gibt auch traditionelle Waldbilder – Naturverjüngung unter Alteichen.
Eine vielfältige Mischung in dem nachwachsenden Bestand aus Fichte, Weißtanne, Hemlocktanne, Kiefer, Esskastanie und Eiche

Insofern steht jetzt in den Anpflanzungen und Jungwüchsen eine große Auswahl von Baumarten zur Verfügung, aus denen nun die richtige Mischung ausgesucht werden muss, um dem oben angesprochenen Ziel des stabilen Mischwaldes gerecht zu werden und langfristig dem Holzmarkt in der Zukunft ein möglichst gutes Angebot an wertvollen Hölzern machen zu können.

Der Mammutbaum (Sequoiadendron giganteum) hat nach 30 Jahren bereits ordentliche Dimensionen erreicht.

Fazit

Die Teilnehmer an der Exkursion waren beeindruckt von den Waldbildern, die sich in den Wäldern der Familie ­Laessing entwickelt haben.

Körnerleguminosen in der Milchviehfütterung

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In Zeiten steigender Kosten für importierte Futtermittel wie Soja, wachsender gesellschaftlicher Erwartungen an Tierwohl und Nachhaltigkeit sowie zunehmender gesetzlicher Anforderungen wird die bedarfsgerechte Proteinversorgung von Milchkühen vermehrt durch Leguminosen unterstützt. Die Nutzung von Körnerleguminosen als heimische Eiweißquellen rückt zunehmend in den Fokus. Eine zentrale Rolle spielen Ackerbohnen, Erbsen und Süßlupinen. Ebenso wie andere Futtermittel hat der Einsatz von Körnerleguminosen Vorteile, bringt aber auch Herausforderungen mit sich und ist nicht unbegrenzt möglich.

Am Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp wird aktuell eine Ration mit Ergänzung durch Süßlupine erprobt. Foto: Josephine Hahn

Körnerleguminosen sind reich an Rohprotein (20 bis 35 %) und bieten damit eine wertvolle Alternative zu importiertem Sojaschrot. Ihr Anbau ist in vielen Regionen Deutschlands möglich und unterstützt die regionale Wertschöpfung. Durch den Anbau eigener Eiweißkomponenten auf dem Betrieb kann die Abhängigkeit vom Weltmarkt reduziert werden. Die Einsparung von Transportwegen und der Verzicht auf gentechnisch veränderte Organismen verbessern die Klimabilanz. Körnerleguminosen sind zudem gut für die Bodenstruktur, fixieren atmosphärischen Stickstoff und unterstützen damit den Humusaufbau. Sie senken den Bedarf an mineralischem Stickstoffdünger und wirken sich positiv auf die Fruchtfolge aus.

Als Komponente in der Milchviehfütterung zeichnen sich Körnerleguminosen durch eine hohe pansenabbaubare Proteinfraktion aus. Sowohl Ackerbohne, Erbse als auch Lupine wirken sich positiv auf die Proteinsynthese der Pansenmikroben aus. Wie immer gilt auch beim Einsatz von Körnerleguminosen: Die Vorteile des Einzelfuttermittels werden nur bei bedarfsgerechter Rationsgestaltung insgesamt sichtbar.

Herausforderungen und Grenzen

Naturgemäß unterliegen auch die Nährstoffgehalte von Körnerleguminosen jahres- beziehungsweise standortbedingten Schwankungen, die sich im Zuge der Rationsgestaltung nur durch vorherige Laboranalyse bewerten lassen. Dies gilt insbesondere für den Rohproteingehalt, aber auch die Verfügbarkeit essenzieller Aminosäuren. Körnerleguminosen enthalten wenig Methionin und Cystein, sodass eine Ergänzung durch andere Rationskomponenten wie Rapsextraktionsschrot erforderlich ist. Antinutritive Inhaltsstoffe wie Tannine in Ackerbohnen oder Alkaloide in Lupinen können die Verdaulichkeit beeinträchtigen. Die moderne Sortenzüchtung (zum Beispiel Süßlupine) reduziert das Risiko für diesen Effekt jedoch deutlich.

Leguminosen sind lagertechnisch empfindlich und müssen gut getrocknet und belüftet werden. In der Verarbeitung werden technische Möglichkeiten zur Aufbereitung (zum Beispiel Toasten) und Zerkleinerung benötigt.

Auswirkungen auf Leistung und Gesundheit

Studien zeigen, dass durch den gezielten Einsatz von bis zu 2,5 kg TM Lupinenschrot pro Tier und Tag Milchleistungen auf dem Niveau von Soja erzielt werden können. Teilweise kam es im Rahmen von Untersuchungen zu Steigerungen der Milchmenge bei stabilen Milchinhaltstoffen. Der Einsatz von Lupinen bringt im Bereich der Proteine die größten Gehalte mit, zudem ist ein vergleichsweise hoher Energiewert beschrieben. Er ergibt sich aus dem enthaltenen Fett und pektinreicher Rohfaser. Die Belastung aktueller Sorten mit antinutritiven Stoffen ist gering, darf jedoch nicht ganz außer Acht gelassen werden. Bei übermäßigem Einsatz kann es durch den hohen Proteingehalt zu erhöhten Harnstoffgehalten in der Milch kommen.

Geschrotet und mit guter Mischtechnik kann die Süßlupine gut in die Voll TMR (hier getrocknet) eingemischt werden.

Körnerleguminosen im Ökolandbau

In der ökologischen Milchviehhaltung sind Körnerleguminosen nicht nur weit verbreitet, sondern mitunter auch alternativlos. Aufgrund der Vorgaben zur regionalen Herkunft und GVO-Freiheit ist der Einsatz von Sojaschrot in der ökologischen Milchproduktion häufig ausgeschlossen. Zudem integrieren Ökobetriebe Leguminosen gezielt in die Fruchtfolge, um Humus aufzubauen, Stickstoff zu fixieren und die Bodenfruchtbarkeit zu steigern. So erzeugen sie, bei geeigneter Lagerung, ein futterwerttechnisch stabiles Futtermittel. Ökobetriebe setzen zumeist auf den Eigenanbau von Ackerbohnen, Erbsen oder Lupinen, um die Eiweißlücke in der Fütterung zu schließen. Dabei sind Kombinationen mit Getreide-GPS, Kleegrassilage und betriebseigener Heu- oder Luzernewirtschaft häufig zu finden. Ökomilchviehbetriebe nutzen die Leguminosen nicht nur als Eiweißquelle, sondern auch als strategisches Element für Bodenfruchtbarkeit und Klimaschutz. Besonders erfolgreich sind jene Betriebe, die die Qualität der geernteten Leguminosen engmaschig kontrollieren und mit gezielter Rationsplanung kombinieren. Die langfristige Einbindung in Fruchtfolgen kann sich positiv auf die Klimabilanz des gesamten Betriebs auswirken.

Potenziale auch auf konventionellen Betrieben

Auch konventionelle Milchviehhalter erkennen die Potenziale der Leguminosen. Besonders in Regionen mit guten Anbaubedingungen werden Ackerbohne und Erbse als Sojaersatz in die Ration integriert. Bei eigenem Anbau sind Körnerleguminosen nicht nur deutlich günstiger als zugekauftes Sojaschrot, sondern bringen auch hier Vorteile für die Fruchtfolge und Bodenfruchtbarkeit. Herausfordernd ist hier jedoch der Einsatz in Hochleistungsrationen mit Milchleistungen über 35 kg. Hier sind Leguminosen allein meist nicht ausreichend. Die Kombination mit Rapsextraktionsschrot und Getreide lässt jedoch eine bedarfsgerechte Rationsgestaltung zu. Konventionelle Milchviehbetriebe setzen verstärkt auf Mischrationen (TMR), bei denen die Einbindung von geschroteten Leguminosen flexibel erfolgt. Wichtig ist eine gezielte Abstimmung auf die Energie- und Proteinversorgung. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen pansenabbaubarem und pansenstabilem Protein ist entscheidend, um eine hohe mikrobielle Proteinsynthese zu ermöglichen.

Zudem spielt die Integration in bestehende Futterbausysteme eine große Rolle: Auf Vieh haltenden Betrieben mit intensiver Silonutzung (Mais, Gras) können Leguminosen die Ration sinnvoll ergänzen und für Abwechslung sorgen. Fütterungstechnisch empfehlen sich die Kombination mit energiereichen Komponenten und eine tägliche Einsatzmenge von bis zu 2,5 kg TM.

Fazit

Körnerleguminosen sind in der modernen Milchviehfütterung eine zukunftsfähige Eiweißquelle. Sie bieten klare ökologische, ökonomische und agronomische Vorteile, insbesondere für den ökologischen Landbau, aber zunehmend auch für konventionelle Betriebe. Ihre erfolgreiche Integration in die Fütterung setzt jedoch eine fundierte Planung, angepasste Technik und betriebsindividuelle Beratung voraus.

Wer auf Soja verzichten, Futterkosten senken und die eigene Nachhaltigkeit verbessern will, findet in Lupine, Ackerbohne und Erbse wertvolle Verbündete für die Ration der Zukunft. Die zunehmende Bedeutung von Regionalität, Klimaschutz und Tiergesundheit fördert dabei die Akzeptanz dieser Kulturpflanzen. Entscheidend für ihren wirtschaftlichen Erfolg sind eine strategische Einbindung in Fruchtfolge und Fütterungssystem sowie die Berücksichtigung ihrer spezifischen Eigenschaften in der Rationsberechnung.

Wie eine exakte Wetterprognose entsteht

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Das aktuelle Wetter und die Vorhersagen bestimmen maßgeblich die Feldarbeit und die Planung. Die tägliche Wetterinformation zu erhalten, ist in den vergangenen zehn Jahren deutlich vereinfacht worden. Mit entsprechenden Smartphone-Apps verschiedener Anbieter lässt sich eine mehr oder weniger exakte Wettervorhersage abrufen. Weshalb sie nicht immer korrekt ist und regionale Besonderheiten nicht gleichbleibend abgebildet werden, hat unterschiedliche Gründe.

Wettervorhersagemodelle basieren auf einer Kombination physikalischer Gesetze, mathematischer Gleichungen und aktueller Beobachtungsdaten. Diese simulieren das zukünftige Verhalten der Atmosphäre. Dieser Prozess ist komplex, erfordert erhebliche Rechenleistung, exakte Daten aus verschiedenen Quellen sowie Meteorologen zur Modellweiterentwicklung und besonders zur Interpretation der Modellergebnisse. Die Arbeit der Meteorologen ist entscheidend dafür, dass aus den berechneten Wetterszenarien eine Wettervorhersage abgeleitet werden kann. Die hierfür genutzten Berechnungen einer Wettervorhersage entstehen wie folgt: Zuerst werden aktuelle Witterungs-/Wetterdaten aufgenommen, die mithilfe von Bodenstationen, Bojen und Schiffen wie auch Radar- und Satellitensystemen gesammelt werden. Diese Daten werden in mathematischen Modellen genutzt, um den Wärmeaustausch, die Luftmassenbewegung, die Niederschlagsbildung und so weiter zu beschreiben. Dieses sogenannte Verhalten der Witterung wird in flächigen Gitterrastern einer bestimmten Größe dargestellt, zum Beispiel 10 mal 10 km. Im nächsten Schritt wird das zukünftige Wetter in diesen Gitterrastern anhand von Wettermodellen berechnet, in denen auch physikalische Gesetze, wie die Hauptsätze der Thermodynamik, mit berücksichtigt werden. Dies ermöglicht es, die Entwicklung des Wetters von einem Zeitpunkt zum nächsten zu simulieren. Da es sich um sehr aufwendige und große Berechnungen handelt, übernimmt diese Arbeit ein Supercomputer. So benötigt der Supercomputer des Deutschen Wetterdienstes (DWD) zur Berechnung der Sieben-Tage-Wetterprognose (ICON7) fast eine Stunde. Dieser Simulationsprozess wird in regelmäßigen Abständen, gegebenenfalls mit angepassten Wetterdaten (Startwerten) durchgeführt, um das wahrscheinlichste Wetterszenario für jedes Gitterraster zu berechnen. Meteorologen interpretieren diese Ergebnisse, um auch regionale Besonderheiten zu berücksichtigen und Wetterereignisse wie Nebel, Gewitter und Regenschauer aus den Simulationen abzuleiten. Abschließend werden die Wettervorhersagen, wie wir sie aus unseren persönlichen Quellen auch kennen, in Form von Kurz- bis Langzeitvorhersagen kommuniziert.

Wenn öffentliche Stationen fehlen

Die Expertenanalysen und Simulationsinterpretationen durch Meteorologen sind also entscheidend für eine exakte Wettervorhersage, besonders, da die Atmosphäre ein chaotisches System ist. Zusätzlich stellt die „Auflösung“ beziehungsweise Aufzeichnung des hiesigen Wetters eine Herausforderung dar, da nicht überall eine öffentlich genutzte und gut gepflegte Wetterstation vorhanden ist. So sind Wetterphänomene in den Gitterrastern oft mithilfe von benachbarten Gitterrastern, in denen eine geeignete Wetterstation steht, simuliert oder sogar gänzlich durch die Experten abgeleitet.
Die Aufzeichnung in Wetterbüchern oder die eigenen Wetterstationen haben sich deshalb schon immer gelohnt. Jeder Landwirt besitzt zumindest einen eigenen Niederschlagsmesser.

Nicht nur die letztjährigen Wetterextreme haben dazu geführt, dass immer mehr private Wetterstationen aufgestellt wurden, die Witterungsdaten messen, speichern und verarbeiten, sondern auch die einfache und schnelle Bedienung über Computer oder Smartphone-App hat einen wesentlichen Beitrag zur Verbreitung geleistet. Hinzu kommt, dass eigene Wetterstationen günstiger geworden sind. Die Anzahl an privaten Anbietern, zum Beispiel AppsforAgri, Kachelmann, Sencrop oder Weenat, haben sich neben den großen Anbietern wie DWD und Meteoblue maßgeblich durch den Aufbau und Verkauf von Wetterstationen und die damit erhöhte Auflösung der Wetteraufzeichnung für eine bessere Wettervorhersage etabliert. Im Vergleich: Der DWD betreibt zurzeit 83 Wetterstationsanlagen in Deutschland. Kachelmann hat fast 1.000 und die Anbieter der kleineren Feld-Wetterstationen, wie Sencrop, haben laut eigener Aussage über 20.000 Stationen im Feld.

Diese Modelle gibt es

Abhängig von der eigenen Wartung der Stationen (Reinigung, Positionsauswahl, Akkutausch) liefern diese kostengünstigeren Wetterstationen hochqualitative Daten. Aus technischer Sicht unterscheiden sich die Stationen der Anbieter nur in wenigen Details. So werden in einigen Modellen Doppelkippwaagen verwendet, die grundsätzlich ihre Funktion zur Niederschlagsmessung sehr gut erfüllen, jedoch bei Starkniederschlägen im Vergleich zu einfachen Kippwagen mit geeichtem Gegengewicht manchmal Ungenauigkeiten aufweisen. Diese kleinen Fehler unter Extrembedingungen müssen bekannt sein, sind aber auch hinnehmbar. Die Wetterdaten werden automatisch aufgenommen und direkt an den Nutzer versendet. Dies erspart den Gang zum Thermometer oder Niederschlagsbecher sowie das Ablesen und die händische Datenaufzeichnung. Der automatisierte Prozess ermöglicht es dem Nutzer, die vergangenen, historischen Wetterdaten zu überblicken und mit den aktuellen Bedingungen zu vergleichen.

Durch den Erwerb der eigenen Wetterstation ermöglichen Anbieter wie Metos, Sencrop und Weenat eine schlagspezifische Wetteraufnahme und Wetterprognose. Sencrop berechnet in einem zwei- bis dreiwöchigen Turnus rückwirkend, welches Wettervorhersagemodell die höchste Genauigkeit für jede Sencrop-Wetterstation hatte. Dafür stehen alle 20 global verfügbaren Wettermodelle zur Verfügung. Somit wird für jede Wetterstation eine individuelle Rangfolge des am besten zutreffenden Wettermodells, die sogenannte Sencrop-Vorhersage erstellt. Unabhängig davon kann jeder Nutzer ein anderes Modell wählen, um bestehende Erfahrungen einfließen zu lassen oder Modellvergleiche durchzuführen (Abbildung 1).

Prognose als Entscheidungshilfe

Durch eine exaktere Wetterprognose, die zudem regional ist, können anstehende Feldarbeiten besser geplant werden. Zudem bieten die Wetterdienste auch direkte Pflanzenbauempfehlungen an. Über Isabel (Informationssystem zur Agrarmeteorologischen Beratung für die Länder) vom DWD können zum Beispiel für die gängigen Ackerbaukulturen, Obstbau, Forstwirtschaft und Tierhaltung jahreszeitlich angepasste Entscheidungshilfen genutzt werden. So sind im Frühjahr und Sommer die Prognosesysteme für Schädlingszuflug und Blattkrankheiten aktiv. Hier haben die privaten Wetterdienste ebenfalls nachgelegt und bieten ihre eigenen Vorhersagen für Befallsrisiken an oder ermöglichen die Einbindung von Prognosesystemen wie ISIP und expert.classic in ihr System. Besonders Sencrop besticht durch die Vielzahl der Verbindungsmöglichkeiten zu anderen Plattformen und Entscheidungshilfen. So lässt sich die eigene Sencrop-Wetterstation auch in Systeme wie Xarvio mit nur wenigen Klicks einbinden und ermöglicht so eine schlagspezifische Krankheitsprognose.

In Isabel werden während der Vegetationsphase der einzelnen Kultur die Verdunstung und der Bodenwasserhaushalt simuliert. Dies lässt eine Berechnung des pflanzverfügbaren Bodenwassers zu, wodurch bevorstehende Trockenphasen angezeigt werden können. Metos und Sencrop bieten hier neben Bodensensoren, die das Bodenwasser messen, eine indirekte Messmethode über die Messung der Sonneneinstrahlung und Temperatur. Mit der zusätzlichen Information zu Kultur, Wachstumsstadium und Bodenart berechnen die Unternehmen die aktuelle und vorhersehbare Wasserbilanz des Bestandes und daraus resultierend die Bodenfeuchte. Dies ist besonders für Beregnungsbetriebe interessant, die hierdurch ihre Beregnung noch effizienter einsetzen können.

Optimale Bedingungen für Pflanzenschutz

Basierend auf den vorangegangenen und vorhergesagten Wetterbedingungen bieten auch alle genannten Wetterdienste ein Tool für optimale Spritzbedingungen für Herbizide, Fungizide und Insektizide an. Aussaatzeitfester werden von Isabel und Metos ebenfalls berechnet, bis hin zu berechneten Einschätzungen der Kornfeuchte im Getreide und Trockenmasse im Mais. Solche wetterbasierten Berechnungen zur Entscheidungsunterstützung finden sich auch in den Programmen des Landwirtschaftlichen Informationsdienstes Zuckerrübe (LIZ) von Pfeifer & Langen. So kann zum Beispiel im LIZ-Ausfallrapsmanager die nächstmögliche öffentliche Wetterstation ausgewählt werden, auf dieser Grundlage werden die entscheidenden Bodentemperatur-Summen berechnet und der optimale Zeitpunkt zur Ausfallrapsbekämpfung ermittelt. Auch im Programm LIZ Herbizid spielt für die effiziente und kulturschonende Unkrautregulierung die Witterung eine große Rolle. Gerade im Jahr 2024 hat sich wieder gezeigt, dass mit der Einstellung der korrekten Witterungsbedingungen zum Beispiel mit den Kriterien „feucht“ und „bewölkt“ Herbizidmengen eingespart werden konnten. Die hieraus berechneten Aufwandmengen haben die Unkräuter effizient reguliert und die Zuckerrüben geschont.

In den vergangenen Jahren wurden, besonders vom DWD, auch Entscheidungshilfen aus dem Bereich der Nachhaltigkeit und der Biodiversität entwickelt. So wird die Flugintensität von Bienen prognostiziert, die bei anstehenden Spritzmaßnahmen mit bienengefährlichen Insektiziden berücksichtigt werden kann (beispielsweise Bienenschutzauflage B2). Für das Ausbringen von ammoniumhaltigen Mineraldüngern werden die Ammoniakverluste in den kommenden sechs Tagen berechnet und die Verdichtungsempfindlichkeit für anstehende Feldarbeiten dargestellt. Leider lassen sich die eigenen Wetterstationen mit dem DWD-Angebot nicht verbinden, was zulasten der Prognosegenauigkeit geht.

Hier schaffen die privaten Wetterdienstanbieter Abhilfe. Nicht nur im Hinblick auf Investitions- und laufende Kosten lässt sich das Sencrop-System empfehlen. Die Technik entspricht dem heutigen Standard von Feld-Wetterstationen. Die Handhabung und Installation über Computer und Smartphone sind nutzerfreundlich, schnell verständlich und unkompliziert. Im Notfall ist ein Servicemitarbeiter über einen integrierten Chat oder per Telefon erreichbar. Eine starkes Argument für Sencrop ist ebenfalls der genossenschaftliche Gedanke, dass die Wetterstationen im Sencrop-
Netzwerk geteilt werden können. Dies bewirkt eine sehr große Abdeckung mit einzelnen Wetterstationen, die unter den Landwirten auf Datenebene geteilt werden. Grundvoraussetzung ist eine eigene Sencrop-Wetterstation, mit der schlaggenaue Wetteraufzeichnungen und Wettervorhersagen dann realisiert werden.

Duell der Discounter – ein fallendes Messer für die Landwirtschaft

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Im Lebensmittelhandel und im Discountgeschäft herrscht eine strenge Hackordnung. Die beiden Umsatzriesen sind Aldi (Nord und Süd) und Lidl, die Unternehmen der Familien Albrecht und Schwarz. Es klingt paradox und nicht nach Wirtschaftslogik, aber gerade dort, wo besonders günstig verkauft wird, werden häufig die größten Vermögen aufgebaut. Das Geschäftsmodell der reichsten Familienunternehmen Deutschlands, die ihr Vermögen im Lebensmittelhandel gemacht haben, basiert auf einem radikalen Prinzip, nämlich dem des Sparens. Seit Jahrzehnten führt Aldi im Image-Ranking um die Preisführerschaft und nimmt die Lidl-Offensive jetzt als Frontalangriff und zieht nach.

Handelsexperten bestätigen Aldi nach wie vor in Deutschland das beste Preisimage und zudem, dass Lidl natürlich versucht anzugreifen. In ihrer Einordnung spricht die Verbraucherzentrale allerdings von einem „Tropfen auf den heißen Stein“ und dass die Reduzierung in der Summe für die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht mehr als 2 bis 3  % betrage. Man müsse wissen, dass in den vergangenen vier Jahren die Preise um deutlich über 30 % gestiegen seien. Diese kleine Preisrunde dazwischen werde also eher nicht dafür sorgen, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher deutlich entlastet würden.

Noch ist der Preiskampf auf der Erzeugerstufe nicht zu spüren. Die aktuellen Rabattaktionen sind aber vor allem deshalb kritisch, weil dabei auch Grundnahrungsmittel wie Milchprodukte, Fleisch und Wurst dauerhaft im Preis gesenkt werden. Dies könnte den Druck auf die Erzeuger erhöhen. Und das genau zu einer Zeit, in der die Erzeugerpreise zumindest im Rindfleischbereich endlich ein gutes Niveau erreicht haben und die Milchpreise sich stabilisieren. Hier wird gegen den Markt agiert. Hatten nicht gerade die Discounter sich starkgemacht für die Einführung höherer Haltungsstufen und für Klimaschutz? Und wurde nicht immer wieder beteuert, dass Mehrleistung auch an der Kasse bezahlt werde? So wird auch mit der Wertschätzung der Verbraucherinnen und Verbraucher gespielt.

Das Imageduell, das die Discounter gerade durch einen beispiellosen Preiswettbewerb führen, ist wie ein fallendes Messer – und die Landwirtschaft greift hinein. Je länger der Preiskampf tobt, desto tiefer werden die Wunden.

„Vorkaufsrecht zu starr“

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Die Flurbereinigung gewinnt wieder an Bedeutung, gerade dort, wo verschiedenste Interessen auf die gleiche Fläche treffen. Ein Planspiel sollte helfen.

Die Niederungsstrategie 2100 wird in der Eider-Treene-Sorge-Region langfristig zu höheren Wasserständen führen. Um Nutzungskonflikte zu lösen, brauche es die Flurbereinigung, erklärte Timo Neumann vom Landesamt für Landwirtschaft und nachhaltige Landentwicklung (LLnL) am Freitag voriger Woche im Erfder Stapelholmhus. Dieses Instrument ordne Eigentums- und Nutzungsverhältnisse mittels Teilnehmergemeinschaften neu und stelle vor allem eine wertgleiche Abfindung aller Beteiligten sicher.

Um neue Landnutzungskonzepte zu entwickeln, hat das Landesamt gemeinsam mit dem Landwirtschaftsministerium erstmals ein Planspiel durchgeführt. Darin wurde eine rund 500 ha große fiktive Region der Eider-TreeneSorge-Niederung betrachtet, in der ein Flurbereinigungsverfahren durchgeführt wurde. Das Ziel des Spiels stellte Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) in Erfde heraus: „Nur wenn Landwirtschaft, Naturschutz, Wasserwirtschaft und Kommunen gemeinsam an Lösungen arbeiten, können tragfähige Ergebnisse erzielt werden.“

Aus den Erfahrungen des Planspiels richteten der Teilnehmer Handlungsempfehlungen an den Minister: So sollte die Flurbereinigung das zentrale Instrument zur Umsetzung der Niederungsstrategie werden. Dazu seien die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen zwingend anzupassen, fasste Neumann zusammen. Darüber hinaus brauche es eine klare politische Zielsetzung für die Region, um Gemeinsamkeiten zwischen den Nutzungsinteressen zu erschließen. Unerlässlich für den Erfolg eines Verfahrens sei die Bereitstellung von Tauschflächen. Jan-Hinrich Seebrandt, Oberdeichgraf des Treeneverbandes, berichtete über den großen Unmut in der Region, weil die Pläne zur Niederungsstrategie anfangs nicht offen genug kommuniziert worden seien. Dies habe sich zum Positiven geändert.

Landwirt und „Planspieler“ Stefan Hollmer aus Stapel bestätigte, dass die Wiedervernässung die Landwirte umtreibe. Er berichtet aber auch: „Wir fahren schon seit 2021 höhere Wasserstände. Wir tragen das Ziel mit, trotz Einbußen auf den Flächen.“ So würden die Grasnarben leiden, es müsse öfters nachgesät werden, „aber wir wollen unseren Beitrag an CO2-Einsparungen leisten“. Hollmer hofft auch auf eine Verlangsamung der Sackungen. Kritik übte der Landwirt an der Stiftung Naturschutz, die viele Flächen kaufe – „nicht immer zu ortsüblichen Preisen“. Der Landwirt, dessen Sohn betrieblich in den Startlöchern steht, machte klar: „Wir brauchen Flächen für Milchwirtschaft.“ In Stapel gebe es 33 % Stiftungsflächen, „das ist genug“.

Stefan Hollmer sieht Vorteile: Die Flurbereinigung schaffe klar ausgewiesene Bereiche für Landwirtschaft, Natur- und Klimaschutz. Er bemängelte aber auch: „Es fehlen Tauschflächen.“ Minister Schwarz stimmte dem Praktiker zu: Ein staatlicher Bodenfonds sei grundlegend für den Erfolg einer Flurbereinigung; diese Aufgabe könne auch die Landgesellschaft Schleswig-Holstein wahrnehmen. Angesprochen auf den Parteitagsbeschluss der CDU im Oktober vorigen Jahres in Neumünster, der die Abschaffung der Vorkaufsregelung im Landesnaturschutzgesetz fordert, erklärte der Minister dem Bauernblatt gegenüber: „Wir regieren in einer Koalition, da sind von beiden Seiten Kompromisse gefordert. Deshalb trete ich dafür ein, dass die Vorkaufsregelung im Landesnaturschutzgesetz weniger starr gehandhabt wird, damit die Niederungsstrategie schnell und zur Zufriedenheit aller umgesetzt werden kann.“

Neumann ergänzte, die Umsetzung müsse auf jeden Fall rechtlich sauber erfolgen. Hollmer schlug pragmatisch vor: „Dann müssen wir daran arbeiten, dass es möglich wird. Recht kann geändert werden.“ Man sei in der Region auf die Landwirtschaft angewiesen und diese stehe in Flächenkonkurrenz zu Schutzgebieten und der Wiedervernässung. sh

Angemerkt: Knackpunkt flexible Flächenverfügbarkeit

Die Niederungsstrategie 2100 des Landes ist eine große Herausforderung für die betroffenen Regionen. Wem es bis jetzt noch nicht klar war, der wurde durch das Planspiel zur Flurbereinigung in der Eider-Treene-Sorge-Region endgültig eines Besseren belehrt: Der Knackpunkt für eine erfolgreiche Umsetzung der Niederungsstrategie liegt in der möglichst flexiblen Flächenverfügbarkeit – auch und gerade von geschützten Flächen. Es ist schon schwer, Landwirte zum Flächentausch zu bewegen. Die Flurbereinigung ist dafür eines von mehreren gut geeigneten Instrumenten. Wenn sich aber das Umweltministerium und der Naturschutz insgesamt auch in Zukunft weiter auf den absoluten Schutzstatus der Flächen vor allem der Stiftung Naturschutz berufen, wird es nahezu unmöglich, die Niederungsstrategie, die ja im Eigentlichen eine Klimastrategie ist, mit Leben zu füllen. Der Bauernverband Schleswig-Holstein  (BVSH) fordert seit Langem eine Ermöglichung des Flächentausches im Rahmen von lokalen Niederungsbeiräten. Gleichzeitg bedarf es der Anpassung des Landesnaturschutzgesetzes, gerade auch beim Vorkaufsrecht für den Naturschutz. Wenn die Politik den Klimaschutz ernst nimmt, muss sie genau hier ansetzen. Klaus-Peter Lucht, Präsident Bauernverband Schleswig-Holstein