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„Ostfriesland“ in Büdelsdorf

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Die schmiedeeiserne Teekanne „Ostfriesland“ aus 2017 von der Künstlerin Joana Vasconcelos ist 2,30 m hoch, bis zu 3,20 m breit und wiegt 380 kg. Mit Hilfe eines riesigen Wille-Krans wurde das Objekt aus dem portugiesischen Truck in den Innenhof des Eisenkunstguss Museums in Büdelsdorf gehoben. Die begehbare Teekanne ist die Visitenkarte der großen Vasconcelos-Ausstellung des Landesmuseums auf Schloss Gottorf, die vom 1. Mai bis 3. November 2024 auf der Museumsinsel in Schleswig gezeigt wird. Exakt solange ist auch „Ostfriesland“ im Eisenkunstguss Museum zu sehen und zu begehen.

Ausstellung im Wandel

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Bunter Schaum vor dem Lübecker Holstentor – das wollten sich am Sonntagnachmittag zahlreiche Besucher nicht entgehen lassen. Diese besondere Aktion der Künstlerin Stephanie Lüning fand in ähnlicher Form schon in Paris und London statt. Allerdings machte das norddeutsche Wetter dem Ganzen zunächst einen Strich durch die Rechnung.

Die Windböen waren zu stark, sodass die Gefahr bestand, dass der Schaum nicht auf dem Vorplatz des Tores verblieb, sondern sich über die Straßen und in die nahe liegende Trave verteilte. Für die Schaumaktion gab es strenge Auflagen seitens der Behörden, somit wurde die Vorführung auf Sonntagabend, 19 Uhr verschoben. Dann konnten diejenigen, die noch da waren oder wiederkamen, erleben, wie Schaummaschinen mit biologisch abbaubarem Spülmittel, vermischt mit Lebensmittelfarbe, für kurze Zeit das Wahrzeichen Lübecks und den Platz davor in bunte Schaumflocken tauchten.

Das Holstentor betrachtet durch bunten Schaum – vergängliche Kunst von Stephanie Lüning
Foto: Robert Vanis

„Ich verwende oft Rot, Blau und Gelb, also die Grundfarben, und mische daraus alle Farben des Regenbogens. Sie können der räumlichen, vergänglichen Malerei beim Werden und Vergehen zugucken“, erklärte zuvor die Künstlerin, die auch im zweiten Teil der Ausstellung „Hello Lübeck“ in der Kunsthalle St. Annen in Lübeck vertreten ist. Da lässt sie die Besucherinnen und Besucher am Kunstgeschehen teilhaben, unter anderem indem sie zuvor gefärbtes Wasser zu Eiswürfeln gefrieren lässt, die die Besuchenden dann auf eine Leinwand legen können. Durch das Schmelzen des Eises geht die Farbe in das Textil über und zaubert einzigartige Batikmuster.

Eine Treppe voller Glückskekse des Künstlerduos Famed
Foto: Iris Jaeger

Eine Treppe voller Glückskekse, bei denen man zugreifen darf, Demokratie, Verschwörungstheorie, Ideologie oder Korruption als Parfüm, eine Lichtinstallation, die man per Klavier zu einer blinkenden Lichtchoreografie erwecken kann, ein Raum, in dem man Boden und Wände bemalen darf, Bilderteile verteilt im Museum, die sich wie ein Puzzle zusammensetzen lassen – das und noch vieles mehr zeichnet die aktuelle Ausstellung aus, die mit diesen partizipativen und interaktiven Kunstwerken noch stärker die Neuausrichtung der Lübecker Kunsthalle St. Annen mit Leiterin Noura Dirani als Ort des lebendigen Austauschs und des offenen gesellschaftlichen Dialogs unterstreichen möchte. Anfang Dezember 2023 startete der erste Teil von „Hello Lübeck“ mit dem Untertitel „Dialoge mit der Kunsthalle St. Annen“, vergangene Woche wurde dann der zweite Teil mit dem Untertitel „Eine Ausstellung im Wandel“ eröffnet. Die mit der Ausstellung konzipierte Kinder-Kunsthalle wird künftig fester Bestandteil der Einrichtung. Kurzweiliges Kunsterleben mit allen Sinnen, ergänzt um ein umfangreiches Begleitprogramm mit Workshops, Rundgängen und Aktionen – alle Informationen dazu unter ­kunsthalle-st-annen.de

„Enlightenment Machine“ von Betty Rieckmann
Fotos: Iris Jaeger
„The Beach“ von Andreas Angelidakis; 68 Sitzmodule aus Schaumstoff und Vinyl lassen sich zu einer Vielzahl unterschiedlicher Formationen kombinieren und laden im Foyer zum sitzen, stehen, klettern oder relaxen ein.
Ahmet Öğüts Installation „Jump-Up!“ lädt Besuchende ein, die ausgestellten Objekte auf Trampolinen springend zu betrachten
Blick in die Ausstellung
„Smell Maneuver“ – Performative Arbeit von Christian Jankowski
Die Parfümeure Gustavo Moscoso und Xavier Zamora H. komponierten 18 verschiedene Gerüche zu Begriffen mit Verweis auf die multiplen und geopolitischen Krisen unserer Zeit. So darf man ebenso an der Demokratie schnuppern wie auch an Verschwörungstheorie und Polarisation …
It is what it is“ ist eine Einladung des Künstlers Benjamin Butter, den gesamten Raum bunt zu bemalen. Der eigenen Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.
Installation „Hoffnung“ von Stephanie Lüning in der Kinder-Kunsthalle
Kunstwerk aus Eiswürfeln
Hoffnung
Eines der Eiswürfel-Kunstwerke von Stephanie Lüning
Ein Kunstwerk im Kunstwerk
Alle Glückskekse enthalten die gleiche Botschaft: „The way to success is open“ – Der Weg zum Erfolg ist geebnet
Nezaket Ekici lädt die Besuchenden ein, Fragmente ihres Bildes im Museum zu suchen und dann zusammenzusetzen. Das Motiv „Stillleben mit Mops und Hähnen“ ist von Wilhelm Grimm.
Knetfiguren wurden zu Skulpturen in Christian Jankowskis „Geknetete Stadt“
Bunter Schaum vor dem Holstentor.
Foto: Robert Vanis


Dittchenbühne Elmshorn

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Im September ist Premiere: Dann möchte das Amatheurtheater Dittchenbühne in Elmshorn mit Hans Falladas „Bauern, Bonzen und Bomben“ das historische Schauspiel über die schleswig-holsteinische Landvolkbewegung aufführen. Aktuell wird dafür ein männlicher Darsteller als gestandener Bauernanführer gesucht. Doch was ist die Dittchenbühne und was hat es mit dem Forum Baltikum auf sich? Das Bauernblatt war zu Besuch in Elmshorn.

Bei der Dittchenbühne handelt es sich um einen Gebäudekomplex, der nicht nur das Theater beinhaltet, sondern auch ein Mehrgenerationenhaus mit Kindergarten sowie das Stadtteilzentrum Fuchsberg. „Mehr als 40 Jahre leisten wir hier Kulturarbeit“, erklärt der Vorsitzende des Vereins Forum Baltikum – Dittchenbühne, Raimar Neufeldt.

Begonnen hat alles im Jahr 1977 mit einem Treffen von Pädagogen und Sozialpädagogen. „Alle waren ostpreußischer Herkunft, hatten einen Vertreibungshintergrund“, so Neufeldt. Das anfängliche Laienspiel begann zu wachsen und war gefragt. „Wir waren überall unterwegs, haben gespielt, gespielt, gespielt, bis klar wurde, dass wir einen eigenen Raum brauchten“, erinnert sich der Vorsitzende. Zunächst waren sie in der Bismarckschule untergebracht, später in der Koppeldammschule, bis ihnen die Räumlichkeiten gekündigt wurden. Es folgten der Kauf eines Grundstücks und der Umbau einer Scheune auf Voßkuhlen zum Theater, „und das alles ohne öffentliche Zuschüsse“, betont Neufeldt.

Blick auf die Bühne mit Requisiten aus der Aufführung „Der Zauberer Gottes“
Foto: Iris Jaeger

1982 gründete sich der Verein Dittchenbühne, der 2006 in Forum Baltikum – Dittchenbühne umbenannt wurde. „Wir haben im Auftrag des Bundes die Hilfen für deutsche Minderheiten im Baltikum und in Nordwestrussland koordiniert.“ 1988 folgten erste Theateraufführungen in Masuren, 1989 begann eine Theaterpartnerschaft mit dem Dramatischen Theater Klaipeda und dem Dramatischen Theater Kaliningrad/Königsberg. Zu den Aufgaben und Zielsetzungen des Vereins gehörten die Förderung der interkulturellen Zusammenarbeit, insbesondere mit den Ostseeanrainerstaaten, innerhalb der Metropolregion Hamburg, im Kreis Pinneberg und in der Stadt Elmshorn, sowie die Pflege und Weiterentwicklung des Kulturgutes der ehemals deutschen Ostgebiete. Mittlerweile habe sich diese Ostarbeit, auch bedingt durch den Ukraine-Krieg, mehr oder weniger erledigt, so Neufeldt. Mitgebrachte Andenken, Kunsthandwerk und historische Artefakte aus dem ehemaligen Ostpreußen und Litauen erinnern an die Zusammenarbeit und die Reisen dorthin. Nach dem Umbau der Scheune erfolgte auf dem Gelände der ehemaligen Gärtnerei über die Jahre mit viel Eigenleistung der Aus- und Weiterbau zu dem heutigen Gebäudekomplex, der über die Stadtgrenzen Elmshorns hinaus als feste Kultureinrichtung mit Veranstaltungen, Workshops, Bildungsreisen, Festen, Vorträgen und vielem mehr für Jung und Alt bekannt ist.

Mit 28 Aufführungen und rund 3.600 Besuchern im vergangenen Jahr zählt die Dittchenbühne zum größten Kindertheater-Anbieter im südlichen Schleswig-Holstein.
Foto: Dittchenbühne

Ebenso bekannt ist das gleichfalls neugebaute Theater, samt Theaterbüro, Gruppenräumen, Nähstube und Werkstatt, das mit modernster Theatertechnik ausgestattet ist und 135 Besuchern Platz bietet. Aufgeführt werden anspruchsvolle klassische Stücke, oft mit regionalem Bezug wie in dem für September geplanten „Bauern, Bonzen und Bomben“. Raimar Neufeldt führt Regie und kann auf mehr als 50 erwachsene Amateurdarsteller zurückgreifen, beim Kindertheater sind es sogar noch mehr. In den gut 40 Jahren Theater haben sich zudem reichlich Requisiten und Kostüme angesammelt, auf die zurückgegriffen werden kann und die bei Bedarf geändert und angepasst werden können. Dafür sowie für das Nähen neuer Kostüme stehen zwei Schneiderinnen zur Verfügung, davon eine ehrenamtlich. Unterstützung erfolgt auch durch einen Bühnenmeister sowie viele weitere, überwiegend ehrenamtlich helfende Hände bei mindestens drei Inszenierungen pro Jahr. Bekannt ist die Dittchenbühne auch für das Kindertheater mit dem Aufführen klassischer Märchen zu Weihnachten, das jährlich mehrere Tausend Besucher anlockt. Doch wie in jedem Verein kämpft auch Raimar Neufeldt zusammen mit seinen Mitstreitern zunehmend mit immer mehr werdenden bürokratischen Auflagen und Hürden, steigenden Kosten und Ausgaben bei stagnierenden Besucherzahlen. „Aktuell sind wir dabei, die gesamte Arbeit der Dittchenbühne auf den Prüfstand zu stellen und sie neu auszurichten, um für die Zukunft gut aufgestellt zu sein“, so Neufeldt.

Ausführliche Informationen zum Haus, zum Theater und zu allen weiteren Bereichen sowie zum Programm unter ­dittchenbuehne.de

Info

Dittchen – ostpreußich für Groschen –, ist eine Bezeichnung, die zusätzlich in Polen bekannt war. Es gibt auch Hinweise auf flämische Herkunft. In Ostpreußen hat sich die Bezeichnung bis zur Vertreibung 1945 als mundartliche Bezeichnung für zehn Pfennige erhalten. Im Mittelalter gab es eine entsprechende Münze, ein silbernes Dittchen. Der Name wurde für den Verein gewählt, weil das Tourneegebiet so weit geht, wie diese mittelalterliche Münze gültig war, von Flandern bis nach Nowgorod.

Vörleeswettstriet „Schölers leest Platt“

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Seit 1979 führt der Schleswig-Holsteinische Heimatbund alle zwei Jahre den landesweiten Vorlesewettbewerb „Schölers leest Platt“ durch. Dabei geht es darum, Kinder, Eltern und Schulen für die Regionalsprache Plattdeutsch zu sensibilisieren und ein bedeutsames Stück schleswig-holsteinischer Kultur zu vermitteln. Landwirtssohn Jesse Muhs aus Stakendorf im Kreis Plön nahm in diesem Jahr erstmals daran teil. Unterstützung erhielt der Elfjährige von Oma Elke, die fleißig mit ihm büffelte.

„Von Harten willkommen in Stokendörp“, begrüßt die 450-Seelengemeinde am östlichen Rand der Probstei ihre Gäste. Die Dorfbewohner fühlen sich augenscheinlich dem Plattdeutschen verbunden. Dafür, dass dies selbst für die Jüngsten gilt, ist Jesse der beste Beweis. Seit Herbst 2023 lernt der Fünftklässler an der Gemeinschaftsschule Probstei (GSP) in Schönberg Platt, besser gesagt „Niederdeutsch“, denn als „Wahlpflichtfach Niederdeutsch“ wurde die Teilnahme an der Plattdeutsch-AG in seinem Zeugnis vermerkt.

Seit fast drei Jahren ist die GSP eine von derzeit 51 vom Bildungsministerium zertifizierten Modellschulen für Niederdeutsch. Die Lehrerinnen Susanne Wieckhorst und Sünje Lauer betreuen die wöchentlich stattfindende freiwillige AG für Schüler des 5. und 6. Jahrgangs. „Ich meldete mich dafür an, weil meine Oma Plattdeutsch spricht und Freunde von mir auch dahingingen“, begründet Jesse seine Motivation zur Teilnahme. Als die Lehrkräfte ihn nach einigen Wochen fragten, ob er Lust hätte, bei „Schölers leest Platt“ mitzumachen, fackelte er nicht lang und sagte zu.

Schulinterner Sieger

Als Erstes musste er in einem internen Schulentscheid überzeugen. Danach sollte als nächster Schritt der Landschaftsentscheid folgen. Doch von vorn. Zunächst bekam seine Schule vom Heimatbund Hefte mit einer Textsammlung altersgerechter, kleiner plattdeutscher Geschichten für die Schuljahre 5 bis 7 zur Verfügung gestellt. Diese gaben die Lehrerinnen an die sechs zum Wettbewerb angemeldeten Schüler weiter. Welchen Text sie daraus vorlesen wollten, war den Kindern freigestellt. „Ich nahm gleich den ersten im Heft. Er hieß ‚De Aadler in’n Höhner­stall‘. Da geht es um einen Bauern, der auf dem Feld einen jungen Adler mit einem kranken Flügel findet“, erzählt Jesse. „Die Geschichte passte thematisch gut zu unserem eigenen Leben auf dem Bauernhof“, wirft Altenteilerin Elke Muhs lächelnd ein. Etwa eine Woche blieb Jesse Zeit zum Üben. „Da Mama und Papa kein Platt können, aber Oma, fragte ich sie, ob sie mir beim Einüben des Textes helfen könnte. Sie gab mir viele gute Tipps. Wir haben mehrere Male die Geschichte gelesen, schön mit Betonung, damit Spannung reinkam.“

Plattsnackerin Elke Muhs unterstützte ihren Enkel Jesse beim Vorlesewettbewerb nach Kräften.

Super vorbereitet startete Jesse schließlich am Freitag, 19. Januar, in den Wettbewerb. Er war etwas aufgeregt, trug seinen Text aber selbstbewusst und flüssig der Jury vor. Diese bestand aus den Lehrerinnen der Plattdeutsch-AG und drei Schülerinnen, die vor zwei Jahren selbst als Vorleserinnen am Wettbewerb teilgenommen hatten. Ihre Beurteilungskriterien waren Lesefertigkeit, Ausdruck und Aussprache. Mimik und Gestik spielten keine Rolle. Die Juroren waren gleichfalls aufgefordert, die regionale Mundart zu beachten und die mundartlich gefärbte Wiedergabe der Texte wertzuschätzen. Jesse überzeugte mit einem tollen Lesevortrag und wurde einstimmig zum besten plattdeutschen Vorleser der Schule gekürt. Mit diesem Schulsieg war für ihn der Weg zum Landschaftsentscheid frei, bei dem sich die Sieger der Schulen in der Umgebung untereinander messen.

Ein Stück Heimat

Jetzt hieß es also noch einmal: büffeln mit Oma. Von Kindesbeinen an spricht die 83-Jährige Platt. „Es ist für mich ein Stück Heimat. Meine ganze Generation ist noch mit Platt groß geworden. Wir sprachen es untereinander. Mit plattdeutschen Leuten muss man Plattdeutsch sprechen, das geht ganz automatisch“, erklärt sie. In ihrer Kindheit sei in der Schule allerdings Hochdeutsch die offizielle Sprache gewesen. „Platt gab’s nur in der Pause. Es hatte ein ziemlich dörfliches Image.“

So kam es später auch, dass sie und ihr Mann zwar untereinander Platt snackten, es an die drei Kinder aber nicht weitergaben. „Mit ihnen und dem Hund sprachen wir Hochdeutsch“, verrät sie schmunzelnd. Deshalb freue sie sich heute umso mehr, ihrem Enkel die heimelige Sprache näherzubringen. Überhaupt: Enkel und Oma seien auch sonst ein prima Team, unterstützten sich gegenseitig und unternähmen viel zusammen. „Jesse geht leidenschaftlich gern mit mir shoppen. Dann läuft er zur Höchstform auf“, meint Elke Muhs und wirft ihm einen liebevollen Blick zu.

Jesse lebt mit seinen Eltern Katrin und Marten, Bruder Joah und Oma Elke auf einem Ackerbaubetrieb und Ferienhof, der seit 1855 in Familienbesitz ist.

Klar, dass sie Jesse am 20. Februar zum Landschaftsentscheid begleitete, denn er durfte einen „Fanclub“ mitbringen, der ihn unterstützte, fest die Daumen drückte und mitfieberte. „Neben Oma kamen Mama, Papa und mein Opa mit“, zählt Jesse auf. In der Eutiner Landesbibliothek traf er auf drei Mitstreiter benachbarter Schulen und auf eine vierköpfige Jury. Diese setzte sich aus Heinrich Evers, dem Plattdeutschbeauftragten des Kreises Ostholstein, Anne Vehres von der Niederdeutschen Bühne Süsel sowie den Platt-Profis Bärbel Bierend und Helga Zettier zusammen.

Das lesefreudige Schülerquartett schaffte es, die Juroren auf Anhieb zu überzeugen. Bei der anschließenden Bewertung fiel der Punkteabstand zwischen den Kindern äußerst knapp aus. „Es gab sogar zwei Sieger mit gleicher Punktzahl. Ich landete auf dem dritten Platz“, informiert Jesse über den Ausgang. Mit einer Siegerurkunde, einem Buchpreis und einem Gutschein ging es für ihn anschließend wieder nach Hause. Die beiden Sieger des Landschaftsentscheids und alle anderen Halbfinalisten werden im April und Mai am Regionalentscheid in ausgewählten Theatern teilnehmen. Die dortigen Gewinner qualifizieren sich für das Landesfinale und den Showdown am 5. Juni in der Niederdeutschen Bühne in Neumünster.

Auf dem Ferienhof der Familie spielt Jesse gern mit Freunden und Feriengästen auf der Strohburg.

Stolze Oma

Auch wenn für Jesse nach dem Landschaftsentscheid die Reise nicht weiterging, sind seine Eltern und besonders Oma Elke sehr stolz auf ihn. „Ich finde es wunderbar, dass Jesse am Wettbewerb teilnahm und sich traute, vor einem großen Publikum Platt zu lesen“, lobt sie.

Mittlerweile kann er schon fast alles verstehen, wat sien Oma op Plattdüütsch vertellt. „Sprechen kann ich es noch nicht, lesen klappt besser“, gesteht er. Manchmal rutschten ihm beim Reden aber schon einzelne Wörter op Platt heraus. Ob Jesse Lust hätte, spontan eine Kostprobe seiner Lesekünste zu geben? Er nickt, greift zum bereitliegenden Wettbewerbstext und beginnt: „Do leev mal en Buer, de funn op dat Feld en jungen Aadler, de harr en lahmen Flünk. De Buer nehm den Aadler mit op den Hoff un sparr em in sien ­Höhnerstall bi de annern Höhner …“

Jesse und Hofhund Oskar
Fotos: Silke Bromm-Krieger

Jedes Wort sitzt, die Betonung ist auf den Punkt, und alles klingt so fröhlich, verschmitzt und gemütlich, wie es auf Platt eben der Fall ist. Ob er noch einmal beim Vorlesewettbewerb antreten wird? Jesse überlegt kurz und antwortet: „Mal sehen. Das weiß ich noch nicht.“ Er habe neben der Schule schließlich sooo viele andere Interessen, Hobbys und Aufgaben. „Ich bin Mitglied bei der Jugendfeuerwehr in unserem Dorf und singe in der ‚Jungen Kantorei‘ in Schönberg. Auch beschäftige ich mich mit Zauberei und lese gern Fantasy-Romane wie Harry Potter. Manchmal helfe ich auf dem Hof und im Haushalt.“ Bannig veel to doon, de Jung.

Info

Über 200 allgemeinbildende Schulen nahmen 2023/2024 beim landesweiten Vorlesewettbewerb „Schölers leest Platt“ teil. Angesprochen waren Schüler der 3. bis 4., der 5. bis 7. sowie der 8. bis 10. Klasse. Aktuell stehen einige Regionalentscheide und das Landesfinale noch aus. Gefördert von den Sparkassen und mit Unterstützung des Büchereivereins Schleswig-Holstein, führt der Schleswig-Holsteinische Heimatbund in Zusammenarbeit mit mehreren Kooperationspartnern diesen Wettbewerb durch. 2023/2024 findet er bereits zum 22. Mal statt. Schirmherrin ist Landesbildungsministerin Karin Prien (CDU). Weitere Infos unter ­heimatbund.de

„Algorithmus ist eine Bitch“

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Das Smartphone und die Nutzung digitaler Medien sind aus dem Alltag kaum noch wegzudenken. Auch wenn es nach einer aktuellen Mitteilung des Statistischen Bundesamts im vergangenen Jahr gut 5 % (entspricht rund 3,1 Millionen Menschen) unter den 16- bis 74-Jährigen gab, die noch nie online waren: Die meisten nutzen ihr Handy für den Online-Einkauf, für Terminabsprachen und als Kommunikationsmittel, um sich zu informieren oder über Social Media zu netzwerken. Oder betreiben damit ihr Business, um als Influencer, Blogger oder Podcaster Geld mit Instagram & Co. zu verdienen.

Wie aber wirken die digitalen Welten auf das künstlerische Schaffen und wie beeinflusst Kunst wiederum die Sozialen Medien? Mit der Initiative und Ausstellung „Insta me, Baby“ lädt Ingrid Roosen-Trinks, Sammlerin und Gründerin des Vereins „Kunst für Angeln“, Menschen aller Generationen dazu ein, ihre Kreativität in Bezug auf die digitale Welt und Soziale Medien zu erforschen sowie den Dialog in einem grenz- und generationenübergreifenden Kontext zu eröffnen.

Ingrid Roosen-Trinks mit Künstler Stephen Craig

Zusammen mit der Kunstschule Sønderjylland im dänischen Sønderburg finden im Rahmen der Ausstellung verschiedene Veranstaltungen und Workshops statt, die sich unter anderem mit der Frage beschäftigen, wie Kunst heute ästhetisch gestaltet sein muss, um auf Instagram zu funktionieren. Dazu erforschen Teilnehmende in Zusammenarbeit mit deutschen und dänischen Künstlerinnen und Künstlern in zwei Workshops, einer auf dänischer, einer auf schleswig-holsteinischer Seite, die Wirkung von Kunst in Sozialen Netzwerken wie beispielsweise Instagram.

Start und Eröffnung war am vergangenen Sonntag mit einem Open House auf dem Wittkielhof in Wittkiel bei Kappeln, wo auch die Ausstellung mit kreativen Ergebnissen aus den Workshops bis zur Finissage am 5. Mai besichtigt werden kann. Auch für Kunstschaffende und Kreative sind Internet und die Sozialen Medien als Plattformen zu einem unverzichtbaren Werkzeug geworden, um Ausstellungen zu bewerben oder ihre Sichtbarkeit zu steigern. „Instagram bietet der jungen Kreativszene die Möglichkeit, ihre Werke außerhalb traditioneller Galerien bekannt zu machen“, erklärte Ingrid Roosen-Trinks dem Publikum bei einer Talkrunde im Rahmen der Ausstellungseröffnung.

Das Bild von Gerd G. M. Brockmann trifft das Thema der Ausstellung.

Doch inwiefern beeinflussen Instagram & Co. die künstlerische Arbeit? „Ich sehe das ambivalent. Es ist Fluch und Segen zugleich“, meinte dazu die Künstlerin Chili Seitz. Natürlich könne man seine Arbeiten schnell publik machen, „aber die Tiefe einer Arbeit ist durch schnelles Scrollen nicht erfahrbar, die Tiefe eines Kunstwerkes ist für Instagram nicht erreichbar. Das sieht man in dieser Ausstellung: Wenn man direkt vor den Arbeiten steht, den Pinselstrich oder die Farbkombination sieht, dann gibt es einem etwas zurück. Das ist in echt viel besser erlebbar als in den Sozialen Medien“, so Seitz.

Für sie sei Instagram wie eine News-Funktion auf einer Webseite, bei der man schnell in Kommunikation treten, Kontakt halten und sich über Aktuelles informieren könne. Aber natürlich falle auch sie der Versuchung anheim, nach einem Post nachzuschauen, wie viele Likes sie erhalten habe.

Die jüngere Generation arbeite mit dem Medium anders und so, dass sie es für sich nutzen könne. „Das gilt aber nicht für jede Kunst und egal, wie viel man von seinen Arbeiten hochlädt: Der Algorithmus ist eine Bitch, er entscheidet letztlich, was im Netz zu sehen ist und was nicht“, so Seitz.

Künstlerin Chili Seitz vor einer ihrer Arbeiten

Für Künstler-Autodidakt Henrik Becker dient Instagram ebenfalls als eine gute Möglichkeit, schnell viele Leute zu erreichen und Veranstaltungen zu bewerben. Ihm gefalle aber auch der Ansatz, dass Kunst am schönsten ist, wenn man davorsteht. Und doch sei die Versuchung groß, sich schnell über Instagramm oder andere Netzwerke Bestätigung in Form von Likes zu holen, obwohl man wisse, dass man sich auf diese Weise nicht mit anderen vergleichen sollte und es als Belohnungssystem nicht tauge.

„Das ist das Neue an diesen Medien, man erhält schnell direkt Response. Das kann ein Suchtfaktor sein, denn kurzfristige Konsequenzen steuern unser Verhalten“, so Dr. med. Frank Helmig, Chefarzt und Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie an den Ameos Kliniken in Preetz und Kiel bei der Talkrunde. Wie bei allen Verhaltenssüchten sei die flexible Kontrolle das Ziel, also positive Aspekte von digitalen Medien zeitlich begrenzt gezielt zu nutzen, gleichzeitig aber auch Erholungsphasen ohne Onlinezugang einzubauen. „Somit können die Sozialen Medien ein positives Begleitmedium für Kunstschaffende sein, Instagram als Lockmittel, Einladung und Neugierigmacher“, fasste Ingrid Roosen-Trinks zusammen.

Henrik Becker (r.) mit Besuchern vor seiner Ausstellungswand

Und auch die Besucherinnen und Besucher sowie die Teilnehmenden an den Veranstaltungen sind dazu eingeladen, kritisch über den Einfluss der digitalen Welt auf die Kunst und das soziale Miteinander nachzudenken. Geführte Rundgänge durch die Ausstellung sind gratis per Anmeldung unter visit@kunstfuerangeln.de möglich.

Weitere Informationen unter ­kunstfuerangeln.de

Gesprächsrunde zum Thema Einfluss von Sozialen Medien im Alltag und auf die Arbeit von Kunstschaffenden mit Initiatorin und Sammlerin Ingrid Roosen-Trinks, den Künstlern Chili Seitz, Thomas Luna und Henrik Becker sowie Dr. med. Frank Helmig, Chefarzt und Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie an den Ameos Kliniken in Preetz und Kiel, Dr. Hauke Staats, Chefarzt in der Kinder- und Jugendpsychiatrie „Villa Paletti“ in Flensburg.
Fotos: Iris Jaeger
Moving Sculpture Art by Chili Seitz – entstanden bei einem Workshop in der Kunstschule Sonderburg
Großformatiges Werk von der Künstlerin Nejla Yilmaztürk
„Die Bande“ von Nele Engler
Ebenfalls von Nele Engler
Martin Askholm „Monkey Business“
Werk von Sofie Bird Møller
„Cumulus Cloud“ von Martin Askholm


Absolute oder relative Bedürfnisse bedienen?

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Landwirtschaft ist lebenswichtig: ohne Nahrungsmittel kein Leben. Doch kann sich die Landwirtschaft immer weniger von diesem Existenzrecht kaufen. Seit 1950 stieg der Nettostundenverdienst eines Industriearbeiters um das 24-Fache an, die Brotpreise nur um den Faktor zwölf. Wären die Weizenpreise nur mit der Inflationsrate gestiegen, würden Ackerbauern für einen Doppelzentner 95 € erlösen. Der Erzeugeranteil an den Verbraucherausgaben für Brot liegt nur noch bei 5 %. Ähnlich sieht es für andere Lebensmittel aus.

Den Differenzbetrag begründen Hersteller und Händler mit dem Zusatznutzen: Zubereitung, Einkaufserlebnis, Geschmack, Regionalität, CO2-Fußabdruck, Bio, Tierwohl, Veganismus, Nahrungsergänzung und so weiter. Während die Urproduktion sich auf das absolute Bedürfnis des Menschen konzentriert – Motto: „Gegessen wird immer!“ –, gehen die nachfolgenden Stufen auf das relative Bedürfnis ein – „Darf‘s noch ‘was sein?“. Mit Erfolg, denn der Geldwert unserer Lebensmittel bemisst sich an Merkmalen, die nicht lebenswichtig, aber in einer Wohlstandsgesellschaft dennoch begehrenswert sind.

Der amerikanische Psychologe Abraham Maslow hielt sich mehrere Wochen bei Blackfoot-Indianern auf. Das beeinflusste die nach ihm benannte Bedürfnispyramide, die menschliche Ansprüche rangiert. Maslow schuf fünf Kategorien: Grundbedürfnisse, Sicherheit, soziale Bedürfnisse, Individualbedürfnisse, Selbstverwirklichung. Ernährung ordnet sich ganz unten ein, neben Atmung, Wasser, Schlaf und Fortpflanzung. Das ist ehrenwert, aber immer weniger ertragreich. Maslow nimmt eine weitere Unterteilung in Mangelbedürfnisse (Stufen 1 bis 3) und Wachstumsbedürfnisse vor. Nur solange ein Bedürfnis nicht befriedigt ist, beeinflusst es unser Handeln. Das ist ein Grund für die geringe Wertschätzung der Agrarerzeugnisse: Mehr als satt geht nicht. Allein Wachstumsbedürfnisse werden nie voll befriedigt.

Lässt sich daraus ein Mehrwert erzeugen? Es lässt! So positioniert sich der Veganismus auf der obersten Stufe der Pyramide, und manch einer blickt von dort auf die Landwirte herab. Doch gibt es viele Erzeugnisse, die auf Individualität und Selbstverwirklichung abzielen. „Ich will so bleiben, wie ich bin: Du darfst“ war ein Slogan aus den 1970er Jahren für fett- und zuckerreduzierte Nahrungsmittel mit fetten Margen. „Du bist, was du isst“, erklärte Gesundheitspsychologin Gudrun Sproesser auf der Biofach 2012. Die Motive sind unterschiedlich und reichen vom Wunsch nach mehr Umweltschutz bis zur Selbstdarstellung.

Ganz oben thront das Ich. Wer diese Stufe bedienen will, muss sich fragen: Was hat das Ich davon, dass es mich gibt? Doch Vorsicht: Das Geschäft mit dem Ich kann nach hinten losgehen! Light-Produkte können dick machen. Vegane Produkte sind hochverarbeitet. Bio ist teuer. Solidarische Landwirtschaft macht Arbeit. Und in wirtschaftlich schwierigen Zeiten fällt manch einer die Stufen auch wieder hinab.

Auch mit relativen Bedürfnissen lässt sich in einer Wohlstandsgesellschaft Geld verdienen, nicht nur mit absoluten. Das kann das Strohschwein sein, das klimaneutrale Ei, Käse mit Blütenrand, heimisches Soja. Es sind, dem Individualismus der Kunden entsprechend, viele Nischen. Wir sollten sie alle füllen. Aber: Die relative Wertschöpfung kann die absolute wohl ergänzen, sie wird sie nicht ersetzen.

Nahrung für Körper und Seele

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Dieses Jahr wird der April in ganz Deutschland zum „Agrill“. Der Kampagnenmonat der Bauern soll Menschen am Grill zusammenbringen und einen lockeren Austausch ermöglichen. Der Kreisbauernverband (KBV) Pinneberg hat sich mit der Elmshorner Tafel zusammengetan und dort am Dienstag dieser Woche ein gemeinsames Grillfest mit den Tafel-Nutzern und -Mitarbeitenden gefeiert. „Wir wollen niemanden auslassen“, betont Christof Kirst (r.) vom KBV Pinneberg. „Wir wünschen, dass vor allem Bedürftige die Freude an dieser Aktion teilen.“ Der KBV hat 500 € an die Tafel gespendet und der örtliche Rewe-Markt gut 250
Würste für die Aktion gestiftet. „Was führt die Menschen mehr zusammen als das gemeinsame Grillen?“, bekräftigt Tafel-Chef Matthias Kühl (li.). „Das ist nicht nur Nahrung für den Körper, sondern auch für die Seele.“ Video der Aktion unter https://youtu.be/a_cAJYPyoR4

Mit Petersilie & Co. gesund und fit bleiben

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77 % der Erkrankungen in Industrieländern rühren vom Lebensstil her und sind für 86 % aller Todesfälle verantwortlich. 59 % der Erwachsenen in Europa sind übergewichtig oder adipös, bei Kindern sind es etwa 28 %. Seit 2020 ist Adipositas als chronische Krankheit in Deutschland anerkannt. Dr. Silja Schäfer ist durch die Ernährungs-Docs im NDR bekannt und führt mit drei weiteren Ärztinnen eine Schwerpunktpraxis für Diabetes und Ernährung in Kiel-Suchsdorf. Jetzt war sie bei den Kieler LandFrauen zu Gast.

Das viszerale Fett – Fett zwischen den Organen im Bauch – ist besonders gefährlich, denn es produziert Stoffe, die krebserregend und entzündungstreibend sind, sowie das Sättigungshormon Leptin. Wird davon zu viel produziert, gerät unser Sättigungsgefühl in eine Unwucht.

Ernährungs-Doc Silja Schäfer (unten li.) mit ihrem Team. Foto: Claudia Timmermann

Adipositas entsteht durch zu hohen Kalorien-, insbesondere Zuckerkonsum. In der Folge wird zu wenig Insulin produziert und damit Diabetes mellitus Typ II hervorgerufen. Jeder zehnte Mensch in Deutschland ist davon betroffen, sagt eine Studie des Bundesministeriums für Ernährung. Schäfer wies beispielhaft auf die Gefahren der Energydrinks hin, die besonders bei jungen Menschen beliebt sind. Eine 200-ml-Dose enthält 28 g Zucker, die WHO empfiehlt, nicht mehr als 25 g „freien Zucker“ pro Tag zu sich zu nehmen.

Anhand von Regenbogenfarben wurde die gesunde tägliche Auswahl an Lebensmitteln erläutert: rote Linsen und Himbeeren, orangefarbener Kürbis, gelbe Paprika, grüner Broccoli, Petersilie und sämtliche Kräuter, blauer Hering, violette Blaubeeren, Rote Bete und Brombeeren. Heimisches, regionales Gemüse und Obst bietet, was wir an Vitaminen, Mineralstoffen, Ballaststoffen, sekundären Pflanzeninhaltsstoffen, selbst Proteinen und mehrfach ungesättigten Fettsäuren brauchen.

Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln wie Vitamin D ist lauf Schäfer in unseren Breiten von Oktober bis Ostern sinnvoll. Ebenso sollten wir auf viele Omega-3-Fettsäuren achten, indem wir mit Rapsöl zubereiten und Lein-, Hanföl oder Chiasamen und Walnüsse zu uns nehmen.

Anhand von drei Beispielen wurde deutlich, dass jeder Mensch Gewicht nur reduzieren kann, wenn ein ausgesprochener Wille dahintersteht. Die vielgepriesene Abnehmspritze Ozempic helfe auf keinen Fall, so Schäfer. Eine gute Möglichkeit zum Abnehmen, aber auch grundsätzlich ein guter Baustein zur gesunden Ernährung sei das Intervallfasten. Dabei wird innerhalb von acht Stunden etwas zu sich genommen, in 16 Stunden nichts. Bereits nach zwölf Stunden werden entartete Zellen im Körper abgebaut. Der Stoffwechsel fährt herunter, ein normales Hungergefühl stellt sich ein. Eine Alternative ist, fünf Tage normal zu essen und zwei Tage zu fasten, dabei ist immer viel Wasser zu trinken.

Schäfer favorisiert besonders die „Planetary Health Diet“, eine Diät, die sich neben gesunder Ernährung auch um unseren Planeten kümmert. Hier werden 50 % Obst und Gemüse, davon ein Viertel Hülsenfrüchte und Nüsse, knapp 20 % Vollkornprodukte und 6 % Fleisch, Fisch oder Eier empfohlen. Fünf Portionen Obst oder Gemüse sollten es pro Tag sein, nur einmal pro Woche helles, einmal dunkles Fleisch, Wurst gar nicht.

Besonders liegen Schäfer die Kinder und Jugendlichen am Herzen. Im Juni veranstaltet sie ein Online-Seminar für Schulen, und es gibt ein kostenfreies Programm für Kinder: „Fit for Future“.

Die EU gibt ein Gefühl der Sicherheit

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Anlässlich der im Juni anstehenden Europawahl hat der Agrarausschuss der Landjugend Schleswig-Holstein Politiker ins Detlev-Struve-Haus in Rendsburg eingeladen, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen.

In einer kleinen Runde und auf Augenhöhe wurde ein Dialog mit Rixa Kleinschmidt (CDU), Lars Kuhlmann (CDU, Listenplatz drei für Europa), Dirk Kock-Rohwer (Grüne) und Oliver Kumbartzky (FDP) geführt. In erster Linie sollten natürlich einige Themen im Agrarbereich behandelt werden, die sich das Agrarausschusssprecherteam im Vorwege überlegt hatte. Es gab aber auch die Gelegenheit, eigene Fragen rund um das Thema Politik zu stellen.

Eingangs wurde darüber gesprochen, warum gerade diese Wahl so wichtig für junge Menschen ist und wie die einzelnen Parteien junge Wähler motivieren wollen. Ein Multiplikator sind Veranstaltungen wie diese und Thementage in Schulen. Dort treten die demokratischen Parteien gemeinsam auf, werben dafür, zur Wahl zu gehen, und beantworten Fragen. Auch von den Schülern werde diese Art der Veranstaltung als sehr hilfreich angesehen. Vor allem vermittele ihnen die EU gerade in den vergangenen Jahren, in denen Kriege auf der Welt immer wieder und wieder aufflammen, eine gewisse Sicherheit.

Die Politiker äußerten alle eine große Sorge vor der immer weiter fortschreitenden Künstlichen Intelligenz (KI) – einerseits in vielerlei Hinsicht sehr hilfreich, nützlich und notwendig, anderseits könnte es durch sie verstärkt zu Fake News während des Wahlkampfes kommen. Daher ergeht ein Appell an alle, Fakten zu checken und angebliche Neuigkeiten auch einmal kritisch zu hinterfragen.

Eine weitere Frage, die den Junglandwirten unter den Nägeln brannte: Wie kann die heimische Landwirtschaft gestärkt werden? Dirk Kock-Rohwer von den Grünen setzt dabei auf mehr Bioproduktion, weniger Menge und höhere Gewinne auf dem Biomarkt. Generell waren sich alle einig, mehr auf regionale und saisonale Produkte zu setzen und dies bereits in Schulfächern wie Verbraucherbildung zu vermitteln. Es könne definitiv nicht der richtige Weg sein, günstigere Produkte mit geringeren Standards aus dem Ausland zu beziehen und diese den heimischen Produkten vorzuziehen.

Sehr oft fiel das Stichwort Bürokratieabbau. Da wurde durch den Agrarausschuss direkt genau nachgefragt: Wie soll der Bürokratieabbau laut den Politikern denn aussehen? Wie kann Bürokratieabbau funktionieren – Abbau durch Digitalisierung, KI nutzen, um Kontrollen selbst durchzuführen, Mehrfacheingaben vermeiden, alles über ein System laufen lassen oder verknüpfen können?

Ein Thema, zu dem der Arbeitskreis Agrar im Bund der Deutschen Landjugend bereits ein Positionspapier ausgearbeitet hat, ist die Grüne Gentechnik. Die meisten der Politiker sehen darin große Chancen für die Landwirtschaft und treiben diese gern weiter voran. Es besteht mehr Verständnis für diese Thematik, als es früher der Fall war. Dirk Kock-Rohwer positionierte sich auch hierzu kritisch im Gegensatz zu seinen Kollegen: Risiken sind seiner Meinung nach noch nicht final erforscht.

Durch diesen Abend konnten junge, interessierte Landjugendliche mit und ohne landwirtschaftlichen Hintergrund einen Eindruck von der Europapolitik und besonders dem Agrarbereich auf EU-Ebene erhalten. Jetzt bleibt uns vom Agrarausschuss der Landjugend Schleswig-Holstein nur noch eins zu sagen. Wir appellieren an alle, aber ganz besonders an alle jungen Menschen im ländlichen Raum: Geht am 9. Juni zur Wahl und setzt euer Kreuz! Jede Stimme zählt und kann unsere Zukunft mitgestalten.

Der Agrarausschuss mit den Politikern Lars Kuhlmann und Oliver Kumbartzky (hinten 2. und 3. v. li.), Dirk Kock-Rohwer (hinten r.), Rixa Kleinschmitt (Mitte li.) 

„Zeigen, dass wir Lösungsanbieter sind“

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Die Zukunft bauen – das wollen die ZukunftsBauer! Jörn Frahm aus Wrohm, Kreis Dithmarschen, engagiert sich in diesem Projekt des Deutschen Bauernverbandes (DBV). Was er damit verbindet, schildert er im Gespräch mit dem Bauernblatt.

„Wir Landwirte sollten keine Angst haben, uns positiv darzustellen und auch so aufzutreten“, sagt Jörn Frahm. „Wir sollten zeigen, dass wir Lösungsanbieter sind.“ Und dazu sei es wichtig, „nicht nur in unserem Dunstkreis zu diskutieren, denn dazu neigt man ja. Der Freundeskreis, das sind meist Berufskollegen, und man spricht über dasselbe.“ Unter seinen Bekannten sei die Mischung etwa halbe-halbe, und auch von den Nichtlandwirten unter ihnen seien die allermeisten mal in seinem Stall gewesen. „Wenn man da spricht, dann ist das Feedback positiv.“

Jörn Frahm ist 36 Jahre alt und hat den Familienbetrieb in Wrohm im Kreis Dithmarschen 2019 übernommen, Vater und Bruder haben einen Betrieb bei Kropp, Kreis Schleswig-Flensburg. Frahm hält 1.200 Schweinemastplätze und bewirtschaftet 180 ha, davon 140 ha Ackerland. Da probiert er viel mit Zwischenfrüchten aus, setzt im Mais Strip-Till-Verfahren ein und verzichtet auf mineralischen Unterfußdünger. Im Winter sind 100 % der Fläche begrünt.

Dazu kommen 40 ha Grünland, das ausschließlich in der Biogasanlage verwertet wird. Die umfasst drei Gärbehälter mit Gasspeichern und einem Blockheizkraftwerk (BHKW), das rund 500 kW liefert – Wärme für Haus und Maststall sowie für eine Autolackererei und eine Kfz-Werkstatt im Dorf.

Das plant Frahm auszubauen. „Wir könnten das Dorf Wrohm mit seinen gut 700 Einwohnern überwiegend mit Energie versorgen“, sagt er. Am rund 1 km entfernten alten Hofstandort im Dorf würde er zwei weitere BHKW mit Warmwasserspeicher installieren und eine Gasleitung dorthin legen.

„Die Gemeinde ist positiv gestimmt“, sagt er. „Sie ist vom Gesetzgeber gefordert, eine kommunale Wärmeplanung zu entwickeln. Da kommt ihnen meine Idee entgegen.“ Da zeigt es sich, das Modell des Bauern als Lösungsanbieter!

„Es kommt eben darauf an, wie man mit den Menschen umgeht und dass man Rücksicht nimmt auf ihre Belange. Man muss über die Probleme reden. Auch in einem Dorf wie Wrohm sind nicht mehr alle Bauernnachfahren.“ Dazu gehöre auch, bei der Maisernte nicht nachts durchs Dorf oder Gülle am Sonntag zu fahren. Und sogar bei den Behörden helfe es, miteinander zu reden, „meistens jedenfalls“.

In seiner Haltung ist Frahm ebenfalls zukunftsorientiert. Die Schweine erhalten ausschließlich selbst produziertes Futter und in Körben Heu und Stroh zur Beschäftigung. Einen Teil lässt er unkupiert, als Versuch. Wenn es sich bewährt, könnte er es auf alle Tiere ausdehnen. Über eine stärkere Umstellung mit neuen Förderprogrammen denkt er nach. Das Fleisch vermarktet er in der Initiative Tierwohl (ITW) in Haltungsstufe 2 im Rewe-Programm „Regionalfleisch SH“, geschlachtet in Kellinghusen, sowie bei einem Schlachter mit Laden in Tetenhusen, den er einmal wöchentlich beliefert. Die Ferkel bekommt er aus Schleswig-Holstein. „Regional hat Zukunft“, ist Frahm überzeugt.

Mit dem Konzept ZukunftsBauer hat er sich eingehend beschäftigt, an einem Treffen der Arbeitsgruppe teilgenommen inklusive der Vorstellung der zugrunde liegenden Studie durch den Betreuer Hans-Heinrich Berghorn vom DBV. „Erst schien es mir noch recht abstrakt, aber danach konnte ich mir etwas darunter vorstellen“, sagt er. ZukunftsBauer – das ist für ihn jeder, der seinen Betrieb weiterentwickelt, anstatt nur selbst davon zu leben: „Eine Generation weiter denken!“

Die besteht bei ihm derzeit in den beiden Töchtern, sieben und elf Jahre alt. Das ist natürlich zu früh, um ernsthaft über den Beruf nachzudenken, „aber sie sollen die Möglichkeit dazu haben“. Oder, wenn sie es später nicht wollen, auch ein anderer Nachfolger.

Die Mastschweine bekommen nur hofeigenes Futter sowie in Körben Heu und Stroh zur Beschäftigung.