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Staatlicher Eingriff bleibt umstritten

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Die verpflichtende Einführung von Milchlieferverträgen zwischen Erzeugern und Meiereien mit fester Vereinbarung von Menge und Preis wird weiter kontrovers diskutiert. Bei einer Expertenbefragung im Ernährungsausschuss des Bundestages zur Lage am Milchmarkt in der vergangenen Woche waren sich die von den Fraktionen geladenen Sachverständigen über die Notwendigkeit einer Aktivierung von Artikel 148 der Gemeinsamen Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse (GMO) nicht einig.

Eine solche Aktivierung wird vom Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) angestrebt. Das BMEL will noch in diesem Quartal einen entsprechenden Verordnungsentwurf vorlegen. Damit soll die Stellung der Erzeuger im Vermarktungskanal verbessert werden und über eine stärkere Bündelung ihres Rohmilchangebots mehr Verhandlungsmacht entstehen.

Nicht gegen den Willen der Genossen

Strikt gegen eine solche Regelung ist der Vorstandsvorsitzende der genossenschaftlichen Hochwald Milch, Hans Peter Manderfeld. Dies würde „einen massiven Eingriff in die genossenschaftliche Satzungsautonomie“ bedeuten. Die Genossenschaftsmitglieder seien nicht nur Lieferanten, sondern auch Eigentümer und entschieden selbst demokratisch über die Ausrichtung ihrer Meierei und ihre Lieferbedingungen. „Der Staat soll sich heraushalten“, forderte Manderfeld. Der Milchpreis müsse letztlich am Produktmarkt realisiert werden, der stark von Entwicklungen am Weltmarkt und dem Lebensmitteleinzelhandel bestimmt werde. Eine Festpreislösung sei daher „Wunschdenken“, und die Umsetzung des Artikels 148 „bringt mehr Leid als Freud“, so der Vorstandsvorsitzende.

Skeptisch zu staatlich verordneten Lieferverträgen äußerte sich auch die Referatsleiterin Milch beim Deutschen Bauernverband (DBV), Leonie Langeneck. Dadurch entsteht ihr zufolge unnötiger bürokratischer Aufwand auch beim Überwachen der Verträge. „Der Artikel 148 kann die Volatilitäten am Milchmarkt nicht aushebeln“, betonte Langeneck. Notwendig für eine wirtschaftlich starke Milchwirtschaft sei „eine stabile und verlässliche Wirtschafts- und Agrarpolitik, die ein Investitionsklima schafft“.

Um die Milchpreisschwankungen abzufedern, müssten das einzelbetriebliche Risikomanagement und eine steuerliche Gewinnverteilung über Wirtschaftsjahre für Krisenzeiten gefördert werden. Zudem sollte das europäische Sicherheitsnetz mit privater Lagerhaltung erhalten bleiben. Eine zentrale Milchmengensteuerung durch die Politik lehnt der DBV jedoch ab.

„Aus wissenschaftlicher Sicht funktioniert der Milchmarkt, wie der Einfluss des Weltmarkts zeigt“, erklärte Agrarökonom Prof. Holger Thiele von der Fachhochschule Kiel. „Mit einem Festpreis ist jedoch für die Erzeuger noch nichts gewonnen“, betonte der Wissenschaftler. Die Meiereien könnten diesen zwar nennen, doch steige dann für sie das Risiko und es werde wahrscheinlich zu einen Preisabschlag kommen.

Der Geschäftsführer der Unternehmensberatung Lademann & Associates, Niels Frank, stellte fest, dass es am Rohmilchmarkt „eine atypische Preisbildung gibt“. Die Erzeuger lieferten ihre Milch ab, ohne zu wissen, was sie dafür bekämen. Dies hänge dann vom Vermarktungserfolg der Meierei ab. Mit Artikel 148 und verbindlichen Verträgen ließe sich das ändern, zeigte sich Frank überzeugt. Auch er wies darauf hin, dass sich dadurch das wirtschaftliche Risiko vom Erzeuger zur Meierei verlagere und diese dann weniger Rohmilch abnehmen werde, um das Risiko zu verringern.

Andienungspflicht ist Wettbewerbsbeschränkung

Für den Rechtsanwalt und Geschäftsführer der Milcherzeugergemeinschaft Milch Board, Phillipp Groteloh, ist „die Andienungsplicht von Milch eine Wettbewerbsbeschränkung“. Die Milcherzeuger steckten „in einem Korsett“, und der von den genossenschaftlichen Großmeiereien dominierte Milchpreis decke langfristig kaum die Produktionskosten. Aufgrund der Marktbedeutung der Genossenschaften mit einem Anteil von rund zwei Dritteln der erfassten Milchmenge müssten diese in die Vertragspflicht nach Artikel 148 einbezogen werden. Dies sei rechtlich möglich, da sie laut Satzungsregelungen keine entsprechenden vertraglichen Regelungen über feste Liefermengen und dazugehörige Preise hätten. Der Artikel 148 baue Wettbewerbshemmnisse ab und nehme das alleinige Risiko von den Schultern der Erzeuger.

Ausdrücklich befürwortet wird die Vertragspflicht bei Milchlieferbeziehungen einschließlich der Genossenschaften auch von der Teamleiterin Landwirtschaft der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Reinhild Benning. Sie verwies auf das aus ihrer Sicht positive Beispiel Spanien, wo 2023 eine solche Regelung eingeführt worden sei, um kostendeckende Erzeugerpreise zu ermöglichen. Die Milchpreise seien in Spanien über den EU-Durchschnitt gestiegen, hob Benning hervor.

Zudem gebe es in Frankreich Dreierverträge zwischen Erzeugern, Meiereien und dem Einzelhandel. Dabei zahle beispielsweise Lidl rund 5.000 Milcherzeugern „faire Preise“ und werbe mit seinem nachhaltigen Ansatz, was bei den Verbrauchern gut ankomme. Trotz der höheren Erzeugerpreise ist es laut Benning nicht zu einer höheren Milchproduktion gekommen, da die Menge vertraglich festgelegt worden sei. age

Pionierarbeit für die ökologische Gemüsezüchtung

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Der Bioland-Hof Christiansen in Esperstoftfeld, Gemeinde Silberstedt bei Schleswig in Schleswig-Holstein, ist von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) mit dem Bundespreis Ökologischer Landbau 2024 ausgezeichnet worden. Der Minister überreichte dem Betriebsleiterteam Heinz-Peter Christiansen, Barbara Maria Rudolf und Jan Richardt die Auszeichnung auf der Internationalen Grünen Woche.

Im Bundeswettbewerb Ökologischer Landbau werden jedes Jahr drei Biobetriebe für besondere Betriebskonzepte und weitergehende Leistungen für den Ökolandbau und die Region ausgezeichnet. Der Preis ist mit 12.500 € pro Siegerbetrieb dotiert. Insgesamt hatten sich in diesem Jahr 43 Biobetriebe beworben.

Die Betriebsleitung des Gemüsehofs Christiansen (v. li.): Barbara Maria Rudolf, Jan Richardt, Heinz-Peter Christiansen

Christiansens Bioland-Hof überzeugte die Jury vor allem durch sein großes Engagement für die ökologische Gemüsezüchtung, die zusätzlich zum Erwerbsanbau aufgebaut wurde. Der Betrieb leistet hier nach Einschätzung der Jury-Mitglieder eine große Pionierarbeit, die Anerkennung verdiene. Mit etwa 20 Mitarbeitenden baut der Bioland-Hof auf 120 ha neben Kartoffeln vor allem Möhren, Rote und Gelbe Bete, Brokkoli, Blumenkohl, Rettich und Pastinaken an. Diese Kulturen werden auf dem Hof auch züchterisch weiterentwickelt.

Durch den eigenen Erwerbsanbau können die neuen Züchtungen direkt unter ökologischen Praxisbedingungen getestet werden. Zudem arbeitet der Betrieb deutschlandweit mit weiteren Biobetrieben zusammen, um die Neuzüchtungen unter verschiedenen Standortbedingungen zu prüfen. Hat sich eine Sorte bewährt, erstellt der Hof das Ausgangsmaterial (Elitesaatgut) für die weitere Vermehrung und Vermarktung, die von Partnerunternehmen übernommen wird.

Diese Züchtungsarbeit ist für den ökologischen Gemüsebau besonders wertvoll, denn der Markt wird dominiert von großen, konventionellen Zuchtunternehmen, die nicht samenfeste, das heißt nachbaubare Sorten züchten und dabei gentechnische Verfahren nutzen. Deshalb sind diese Sorten im Ökolandbau nicht zugelassen. Alle Züchtungen des Betriebs sind gentechnikfrei und samenfest.

Neben der aktiven Züchtungsarbeit engagiert sich die Betriebsleitung auch auf politischer Ebene seit vielen Jahren für die ökologische Gemüsezüchtung. So wurde bereits im Jahr 2010 der gemeinnützige Verein Saat:gut gegründet. Zudem bringt sich die Leitung aktiv ein in die Gestaltung neuer nationaler und EU-weiter Regelungen in der Pflanzenzüchtung, wo sie sich zum Beispiel für die Nutzung gentechnikfreier Sorten starkmacht.

Biomassefeuerungen wieder bezuschusst

Nach den Diskussionen um die Holzfeuerungen, der Kritik an der Holzverbrennung und der zeitweilig geplanten Aberkennung als Erneuerbarer Energieträger hat sich die Situation mit der abschließenden Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) weitgehend beruhigt. So werden Biomassefeuerungen mittlerweile wieder staatlich bezuschusst.

Im Rahmen des Bundesförderprogramms Effiziente Gebäude – Einzelmaßnahmen (BEG EM) wurden zum Jahresende die Richtlinien für eine eventuelle staatliche Bezuschussung veröffentlicht. Demnach wird unter anderem auch die Errichtung und Erweiterung von Biomassefeuerungen ab einer Leistung von 5 kW bezuschusst. Die Höchstgrenze der förderfähigen Ausgaben beträgt maximal 30.000 € für die erste Wohneinheit. Für jede weitere Wohneinheit (bis zu sechs Wohnungen) erhöhen sich die förderfähigen Ausgaben um je 15.000 € je Wohneinheit. Bei weiteren Wohneinheiten reduziert sich der zusätzliche Wert auf 8.000 € ab der siebten Wohneinheit. Die genannten Maßnahmen beziehen sich nur auf Bestandsgebäude, die älter als fünf Jahre sind.

Die förderfähigen Ausgaben beziehen sich nicht nur auf die Feuerungstechnik, sondern auch auf „Umfeldmaßnahmen“. Dies sind notwendige Nebenarbeiten wie Schornsteinsanierung oder die Wärmeverteilung. Der Grundfördersatz beträgt bei Biomasseheizungen 30 % und kann sich durch weitere Boni auf maximal 70 % erhöhen. So sind für ein Wohnhaus mit einer Wohneinheit theoretisch Zuschüsse von 21.000 € möglich, also 70 % von 30.000 €. Auch bei einer Beheizung von Nichtwohngebäuden, die in den Anwendungsbereich des GEG fallen – dazu zählen keine Gebäude zur Aufzucht oder Haltung von Tieren – kann ein Zuschuss gewährt werden.

Erhöhte Förderung bis 2028

Wird bis zum 28. Dezember 2028 investiert, erhöht sich der Fördersatz im Rahmen des Klimageschwindigkeitsbonus um weitere 20 %. Dieser Bonus reduziert sich in Abhängigkeit vom Baubeginn in den Folgejahren bis Ende 2036. Er gilt nur für selbst nutzende Wohnungseigentümer. Bedingung ist der Austausch von funktionstüchtigen Öl-, Kohle-, Gas-, Etagen- und Nachtspeicherheizungen ohne Bindung an den Zeitpunkt der Inbetriebnahme. Für funktionsfähige Gas- oder Biomasseheizungen muss der Zeitpunkt der Inbetriebnahme bei Antragstellung mindestens 20 Jahre zurückliegen.

Der Bonus wird für neue Biomasseheizungen nur gewährt, wenn zusätzlich eine Solaranlage oder eine Wärmepumpe installiert wird, die zumindest bilanziell vollständig die Trinkwassererwärmung decken kann. Bestehende Anlagen, auch Photovoltaik, können angerechnet werden. Nach dem Austausch dürfen die versorgten Wohneinheiten nicht mehr von fossil betriebenen Heizungen versorgt werden. Ausnahme: Gas-Brennstoffzellen-Heizung oder wasserstofffähige Heiztechnik.

Ein Emissionsminderungszuschlag von 2.500 € kann gewährt werden, wenn ein Emissionsgrenzwert von 2,5 mg Staub je 1 m³ Rauchgas eingehalten werden kann. Der Zuschlag gilt unabhängig von der genannten Höchstgrenze der Förderung von 70 %.

Werden bestehende Biomassekessel ab 4 kW, die älter als zwei Jahre sind, mit emissionsmindernden Maßnahmen ausgerüstet, können zusätzlich 50 % der Investitionen bezuschusst werden. Voraussetzung: Die Feuerung hat auch bisher schon die Grenzwerte der 1. BImSchV eingehalten und durch die Maßnahme werden 80 % der bisherigen Emissionen reduziert. Einzelfeuerungen (zum Beispiel Kamine) sind ausgenommen.

Der Einkommensbonus von 30 % wird selbst nutzenden Eigentümern mit einem zu versteuernden Haushaltsjahreseinkommen von bis zu 40.000 € nur für die selbst genutzte Wohneinheit gewährt. Für aktive landwirtschaftliche Betriebe ist dies momentan kaum relevant.

Finanzielle Unterstützung für verschiedene Techniken

Die oben beschriebenen Maßnahmen beziehen sich vorwiegend auf Biomasseheizungen. Wie die Tabelle zeigt, können auch andere Techniken zur Wärmeerzeugung wie Solaranlagen und Wärmepumpen bezuschusst werden. Auch die Anbindung an Wärme- oder Gebäudenetze sowie deren Errichtung oder Erweiterung können gefördert werden. Für Projekte, die im Rahmen eines individuellen Sanierungsfahrplanes erfolgen, gelten zusätzliche Fördersätze. Auch zinsgünstige Ergänzungskredite sind möglich.

Die Zuschüsse für den Heizungstausch können künftig bei der KfW beantragt werden. Investitionskostenzuschüsse für Effizienz-Einzelmaßnahmen, also für Maßnahmen an der Gebäudehülle, Anlagentechnik und Heizungsoptimierung, sowie für Gebäudenetze können beim Bafa beantragt werden.

Die oben genannte Beschreibung des BEG kann hier nur als Auszug eines sehr viel umfangreicheren Programmes dargestellt werden. Weitere Informationen unter bafa.de oder kfw.de 

Landjugend und Junglandwirte demonstrieren für ihre Zukunft

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Landjugendliche und Junglandwirte aus ganz Schleswig-Holstein waren in den vergangenen Wochen auf den Demos vertreten, um für ihre Zukunft im ländlichen Raum einzustehen. Die Bilder auf dieser Seite zeigen sie bei verschiedenen Aktionen, Kundgebungen und Mahnfeuern. 

Malte Blöcker nach seiner Rede auf der Demo in Kiel
Hilke Petersen, Ina Petersen, Merle Meggers und Telse Meggers (v. li.) auf der Demo am Brandenburger Tor
Treffpunkt für die Traktoren in aller Frühe in Eckernförde. Von dort ging es weiter nach Kiel.

Der neuste Traktor statt Altersvorsorge?

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Um Finanzen und Absicherung für Frauen ging es beim Bäuerinnenforum des Deutschen LandFrauenverbandes (dlv) auf der Internationalen Grünen Woche. Das Thema des Forums lautete „Altersarmut ohne mich!“. Dafür gibt es einen ernsten Hintergrund. Auf die Frage, ob sich Frauen für das Alter ausreichend abgesichert fühlten, antworteten 30,6 % mit Nein, fast 26 % wussten es nicht so recht. 80 % der Frauen haben keine vorausschauende Einigung im Fall von Trennung oder Scheidung getroffen.

Diese Fakten lieferte die Studie „Frauen.Leben.Landwirtschaft“, die der dlv initiierte und gemeinsam mit dem Thünen-Institut umsetzte. Die dlv-Präsidentin Petra Bentkämper bezog sich in ihrer Eröffnungsrede auf weitere Erkenntnisse daraus. Frauen in der Landwirtschaft sorgten mehrheitlich betrieblich und privat für das Alter vor. „Interessant ist, dass 17 Prozent der Befragten allein das Altenteil als Mittel zur Alterssicherung angaben“, so Bentkämper. Es sei angesichts dieser Situation wichtig, Zahlen, Daten und Fakten zu den Versorgungslücken öffentlich zu machen und den Frauen so die Notwendigkeit des Handelns klar vor Augen zu führen, so Bentkämper. Es gehe auch darum aufzuzeigen, dass mangelnde Perspektiven in der Landwirtschaft das Thema der individuellen Altersvorsorge überschatteten – der Betrieb gehe meist vor. Deshalb sollten auf dem Forum auch Handlungsoptionen ausgelotet werden.

„Es ist erschreckend, wenn man sieht, dass ein Viertel der Frauen nicht weiß, ob sie ausreichend für das Alter abgesichert sind“, stellte Juliane Vees fest. Sie ist alternierende Vorsitzende der Vertreterversammlung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) und kann ihre Stimme auch im Vorstand einbringen. Die ehemalige Vizepräsidentin des dlv kritisiert zudem die Umwege in einigen Betrieben, in denen die Sozialversicherungspflicht durch Anstellung in einem Minijob-Verhältnis umgangen werde. „Es ist wichtig, sich selbst um die eigene Absicherung zu kümmern“, appellierte sie. Sie machte auf die zahlreichen Angebote der SVLFG aufmerksam und erläuterte, dass die auch aus Bundesmitteln finanzierte Alterskasse daran arbeite, Forderungen aus der Thünen-Studie umzusetzen. Dazu gehörten eine bessere Aufklärung über Leistungen der SVLFG wie Prävention, Reha sowie Betriebshilfe und Aushilfskräfte im Krankheitsfall. „Handwerksfrauen beispielsweise beneiden uns sehr um die Möglichkeit der Landwirtschaftlichen Alterskasse“, bekräftigt Vees die bestehenden Leistungen. Fakt sei, dass die Altersvorsorge oft zugunsten des Betriebes aufgegeben werden. Abschließend gab Vees den Teilnehmenden einen Denkanstoß mit nach Hause: „Muss es immer der größte Traktor sein, um dann an der Altersvorsorge sparen zu müssen?“

In der Podiumsdiskussion wurde deutlich, dass mangelnde Altersvorsorge nicht nur Frauen aus der Landwirtschaft betrifft. Darüber hinaus wurde betont, dass Frauen auch eine gewisse Holschuld hätten, die eigene Vorsorge anzugehen. Neben der Notwendigkeit von Kampagnen zum Thema müsse Altersvorsorge auch in die Lehrpläne der Schulen, Berufsschulen und Studiengänge integriert werden, betonte Petra Bentkämper. Der dlv kämpfe seit Jahren dafür, dass sich das endlich ändere.

Breite Zustimmung aus dem Publikum erhielt der Vorschlag, die Befreiung von der landwirtschaftlichen Alterskasse zu erschweren und damit einen gewissen Versicherungszwang einzuführen. Sascha Strauch von der Verbraucherzentrale Bayern sagte klipp und klar: Eine Pflichtversicherung sei durchaus von Vorteil, zumindest für einen gewissen Grundbestand der Altersvorsorge. Dafür Geld aufzubringen sei auch für alle gesetzlich Versicherten ein Wirtschaftsfaktor, mit dem sie rechnen müssten und den sie nicht einfach abwählen könnten.

Sehr offen und fachkundig sprachen drei LandFrauen über ihren Umgang mit dem Thema Altersvorsorge, darunter auch die Junge LandFrau Katharina Timmermann aus Dithmarschen. Die Bankkauffrau arbeitet nach ihrem BWL-Studium als Personalreferentin bei einer Bank. Aufgewachsen ist sie auf einem Hof. Im ersten Moment sei es komisch gewesen, sich so früh mit der Altersvorsorge zu beschäftigen, so die 31-Jährige. Das sei ein schwer greifbares Thema. Schließlich ließ sie sich beraten, denn es sei ihr dann doch wichtig, abgesichert zu sein. Ihre Mutter arbeite in Teilzeit, sei auf dem Hof nicht angestellt und habe nur eine kleine Rente in Aussicht. Sie habe ihre Altersvorsorge nun gesplittet, unter anderem in Aktien, Bausparvertrag, monatlichen Sparauftrag, und plane die Anschaffung einer Immobilie.

Hedda Korte kam mit ihrer Tochter Anna, 2014 vom dlv als Unternehmerin des Jahres ausgezeichnet. Vor gut zehn Jahren verkaufte sie ihren medikamentenfreien Putenbetrieb (gearbeitet wird mit Homöopathie) mit Direktvermarktung an Mann und Tochter. „Das Geld geht in meine Altersvorsorge“, so die LandFrau aus Nordrhein-Westfalen, die ihre Altersvorsorge auf mehrere Säulen gestellt hat. Wichtige Voraussetzung für die Klärung sei die Kommunikation in der Familie gewesen, zu der auch noch drei Söhne gehören. „Wir haben uns alle, Kinder und Eltern, an einen Tisch gesetzt und ganz offen darüber geredet“, so die 60-Jährige.

Katharina Timmermann würde sich das auch für ihre Familie wünschen. Das sei aber ein sehr sensibles Thema.

„Ist es irgendwann zu spät, sich um die Altersvorsorge zu kümmern?“, wollte Moderatorin Daniela Ruhe, Hauptgeschäftsführerin des dlv, von den drei Frauen zum Abschluss wissen. Natürlich sei es besser, rechtzeitig anzufangen und sich möglichst breit aufzustellen, so Timmermann. Es lohne aber auch, sich damit zu beschäftigen, und mache immer Sinn, sich beraten zu lassen. Dem pflichtete Anna Korte bei. Sie riet, regelmäßig zu hinterfragen, ob die einmal abgeschlossene Altersvorsorge auch in vielen Jahren noch reiche.

Hedda Korte brachte zum Abschluss noch einen anderen Aspekt zur Sprache: „Wir sind auch Mütter und Erzieherinnen von Söhnen und sollten ihnen vermitteln, dass auch die Geschäftsführerin eines Familienunternehmens, die sich um Kinder und Haushalt kümmert, eine gute Rentenversicherung verdient.“

Christine Reitelshöfer, zweite Vizepräsidentin des Deutschen LandFrauenverbandes und Milchbäuerin aus Bayern, appellierte abschließend: „Altersvorsorge betrifft uns alle und jede Frau ist einerseits für sich selbst, aber auch für die kommenden Generationen verantwortlich.“

Befreiungen kritisch hinterfragen

dlv-Forderungen zur Bekämpfung weiblicher Altersarmut

Im aktuellen Positionspapier legte der Deutsche LandFrauenverband (dlv) kürzlich konkrete Forderungen zur Bekämpfung weiblicher Altersarmut vor. Darin heißt es unter anderem: „In der Landwirtschaft sind es vor allem engagierte Frauen, die Innovationen auf den Höfen vorantreiben. Doch trotz ihres bedeutenden Beitrags im landwirtschaftlichen Sektor bleibt die finanzielle Absicherung für das Alter oft unzureichend: Beunruhigende 70 Prozent der versicherten Frauen befreien sich sogar von den Pflichtbeiträgen der Landwirtschaftlichen Alterskasse.“

Die dlv-Präsidentin Petra Bentkämper weist auf die Wichtigkeit einer guten Altersvorsorge für Frauen hin: „Die Studie ‚Frauen. Leben. Landwirtschaft’ hat gezeigt, welch fatale Lücken im Wissen um die Altersvorsorge von Frauen bei der Beratung von landwirtschaftlichen Betrieben klaffen.“

Daher fordert der dlv unter anderem eine flächendeckende sozioökonomische Beratung und die stärkere Einbindung des Themas Altersvorsorge in Ausbildung und Studium. Zudem müssten Befreiungen von der Pflichtversicherung kritisch hinterfragt werden. dlv

Im Publikum LandFrauenpräsidentin Claudia Jürgensen und Geschäftsführerin Ninette Lüneburg  

Körung des Pferdestammbuchs Schleswig-Holstein/Hamburg in Neumünster

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Seit mehr als 30 Jahren findet am ersten ­Februarwochenende die Körung des Pferdestammbuchs Schleswig-Holstein/­Hamburg (PSB) in den Holstenhallen in Neumünster statt. Auch in diesem Jahr stehen wieder die Körung und Anerkennung von Hengsten aus 16 Rassen an, ­außerdem ein Islandpferde­turnier sowie der große Shownachmittag.

„Ganz früher hatten wir mal den Termin zwischen den Holsteinern und den Trakehnern“, erinnert sich Dr. Elisabeth Jensen. Die heutige Zuchtleiterin und Geschäftsführerin des PSB war damals noch nicht im Amt. Eine Körung in der Woche sei einfach „nicht so schön“ gewesen. Nun profitieren die Züchter von den VR Classics, die zwei Wochen später in den Holstenhallen stattfinden. „Die Kosten für die Bodenbereitung werden geteilt“, erklärt Jensen. Es kann also losgehen.

Am Donnerstag, 1. Februar, können die Hengste angeliefert und auch schon gemessen werden. Am Freitag, 2. Februar, wird es dann um 9 Uhr richtig ernst. Dann beginnt die Musterung der Hengste auf festem Untergrund. Wie auch bei den Trakehnern und Holsteinern wird dies draußen durchgeführt. Doch die Züchter sind wettererprobt, findet die Körung des PSB doch schon seit den 1990er Jahren im Februar statt.

Ursprünglich waren 96 Hengste angemeldet, nun sind es noch 86, ähnlich wie im vergangenen Jahr. Die meisten Hengste werden wie immer bei den Deutschen Reitponys zu sehen sein, dieses Jahr sind es 22. Allein Peter Böge aus Schönhorst, Kreis Rendsburg-Eckernförde, bringt neun Hengste mit. Auch wenn sie weiterhin die größte Gruppe stellen, seien auch schon einmal mehr Deutsche Reitponys angemeldet gewesen. Die zweitgrößte Gruppe sind die Islandpferde mit 14 Hengsten. „Insgesamt haben wir mehr Vielfalt“, fasst Jensen zusammen. Unter anderem seien mehr Shetlandhengste dabei. Neben der Körung tragen die Islandpferdereiter ihre Norddeutschen Hallenmeisterschaften aus. „Da werden sicherlich einige gute Reiter zu sehen sein“, freut sich Jensen. Danach bevölkern dann die Showreiter die Holstenhallen. Erwartet werden mehr als 200 Pferde und Ponys mit ungefähr 300 Teilnehmern in der größten deutschen Pferdeshow mit 100 % ehrenamtlichem Einsatz. Organisiert wird der Nachmittag wieder von Hans-Heinrich Ehlers und Jennifer Hennig. „Es gibt viele schöne Bilder zu sehen. Wirklich bunt und hochwertig“, kündigt Jensen an.

Insgesamt wird es 18 Schaubilder geben, darunter beispielsweise die beiden Minishettys Luna und Ernie. Sie zeigen Lektionen wie Galopp-Pirouette, Traversale oder Passage, die für manches Sportpferd eine echte Herausforderung sind. Die sechs Lusitanos mit ihren Reitern vom Caroussell Iberico wollen den Zuschauern das Feuer, den Mut und die Magie der innigen Verbundenheit zwischen Mensch und Pferd näherbringen.

Mit dabei ist auch die Showgruppe Side by Side, die in die Welt der Damensattelreiterei entführt. Spannend wird es dann unter anderem mit den Flying Ponys. Fünf Fahrerinnen und Fahrer zeigen unter der Leitung von Rebecca Otto gemeinsam mit ihren Ponys ihr Können im Kegelparcours. Auch der erst achtjährige Lasse wird mit seinem 18-jährigen Wallach Pavel teilnehmen.

Der Eintritt am Freitag und Sonnabend ist frei, der Vorverkauf für den Sonntag läuft. Onlinebestellungen können über www.pferdestammbuch-sh.de erfolgen. Telefonisch sind die Holstenhallen unter Tel.: 0 43 21-91 00 erreichbar.

Start für EIP-Projekt „Green Care“

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Soziale Landwirtschaft verbindet soziale Arbeit mit landwirtschaftlicher Erzeugung und verfolgt soziale, therapeutische und pädagogische Ziele.

Im Rahmen des Projekts „Green Care – Weiterentwicklung von landwirtschaftlichen Betrieben durch Integration sozialer Angebote“ hat sich eine interdisziplinäre operationelle Gruppe aus Praktikerinnen und Praktikern, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zusammengefunden, um das Potenzial sozialer Landwirtschaft für die Entwicklung landwirtschaftlicher Betriebe in Schleswig-Holstein zu untersuchen, zu unterstützen und voranzubringen.

Die aktuelle Online-Umfrage dient der Bestandserhebung und soll den Unterstützungsbedarf von Angeboten sozialer Landwirtschaft in Schleswig-Holstein in Erfahrung bringen. Die Umfrage ist Bestandteil des Projekts „Green Care“, das durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums – EIP (Europäische Innovationspartnerschaften) gefördert wird.

Ziel der Online-Umfrage

Ziel der Online-Umfrage ist es, einen Überblick über die Vielfalt der Angebote im Bereich sozialer Landwirtschaft in Schleswig-Holstein zu gewinnen. Darüber hinaus sollen Möglichkeiten und Hemmnisse sowie der Bedarf aktiver und interessierter Betriebe und Organisationen aufgedeckt werden, um die weitere Entwicklung und Förderung der sozialen Landwirtschaft zu verbessern.

Wer soll an der Umfrage teilnehmen?

Die Online-Umfrage wendet sich an landwirtschaftliche, forstwirtschaftliche und gartenbauliche Betriebe sowie soziale Organisationen und Träger in Schleswig-Holstein, welche bereits in der sozialen Landwirtschaft aktiv oder an einer Integration sozialer oder pädagogischer Arbeit in die landwirtschaftliche Erzeugung interessiert sind.

Die Teilnahme ist bis zum 29. Februar möglich. Die Beantwortung dauert etwa 25 min. Die Umfrage darf auch gern an Aktive und Interessierte der sozialen Landwirtschaft weiterverbreitet werden.



Endlich Farbe

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Unter der Erde arbeiten viele Pflanzen längst auf Hochtouren. Denn die sogenannte Winterruhe ist in der Botanik tatsächlich keine schöpferische Pause. Gehölze, Zwiebelblumen und Stauden bereiten sich, wenn auch witterungsbedingt mit verlangsamtem Stoffwechsel, auf die kommende Vegetationsperiode vor. Und die ersten Frühblüher wagen sich bereits aus der Reserve.

Winterblüher machen sich vor allem im Vorgarten gut, aber auch an Stellen, die beim Blick aus dem Fenster ins Auge fallen. Hier können sie am besten wahrgenommen werden. Dabei sind es nicht nur die Zwiebelblumen wie Schneeglöckchen (Galanthus), Krokus (Crocus), Schneestolz (Chionodoxa), Blausternchen (Scilla) oder Traubenhyazinthe (Muscari), die hier für Farbe im ausklingenden Winter sorgen.

Schneestolz ,Pink Giant‘ bringt mit rosafarbenen Blüten Abwechslung ins frühjährliche Farbenspiel. Foto: Karin Stern

Die Zaubernuss (Hamamelis) zählt mit ihren leuchtend gelben bis roten Blüten zu den schönsten Ziersträuchern. Als Zugabe überrascht sie im Herbst mit einer gelben bis rötlichen Laubfärbung. Der Duft-Schneeball (Viburnum ­farreri) schiebt bereits seit Anfang Oktober immer wieder einzelne Blütenstände, bis schließlich die Hauptblüte im März/April noch vor dem Laubaustrieb erfolgt.

Die ersten Blüten des Winterjasmins öffnen sich im Dezember, die letzten im April. Foto: Imago
Die Rinde des Zimtahorns fällt in der laublosen Zeit besonders ins Auge. Foto: Karin Stern

Mit primelgelben Blüten überrascht der Winterjasmin (Jasminum nudiflorum). Von Weitem wirken sie wie Forsythienblüten, doch sie erscheinen wesentlich früher im Jahr. Die ersten Blüten öffnen sich im Dezember, die letzten im April. Das ist ein Schutzmechanismus, der Frostschäden vorbeugt. Viel zu selten ist die Glockenhasel (Corylopsis pauciflora) anzutreffen. Die auffällige, gelbe Blüte erfreut ab März Bienen, Hummeln und Menschen. Sicherheitshalber gibt man der Glockenhasel besser einen geschützten Platz und legt die Neupflanzung ins Frühjahr.

Auch die rosafarbene Hauptblüte der Winter-Kirsche (Prunus subhirtella) zeigt sich im März. Je nach Witterung bilden sich jedoch bereits ab November erste Vorblüten aus. Neben den Blüten sorgen auch besondere Rindenfärbungen für Blinkfänge im noch kahlen Garten. Ganz oben auf der Liste stehen Zimt-Ahorn (Acer griseum), Himalaya-Birke (Betula utilis var. jacquemontii), Mahagoni-Kirsche (Prunus serrula) und die Ahornblättrige Platane (Platanus x acerifolia).

Doch nicht nur Gehölze wecken die Vorfreude auf den Frühling, auch unter den Stauden finden sich eindrucksvolle Winterblüher. Zu den bekanntesten gehört sicher die Christrose (Helleborus). Die unterschiedlichen Arten punkten mit Farbvariationen von Weiß über Zartgrün und Rosa sowie Weinrot bis hin zu gesprenkelten und gar fast schwarzen Blüten.

Auch die zarten Blüten des Duftveilchens (Viola odorata) zeigen sich oft schon Anfang März. Es ist nicht nur anspruchslos und pflegeleicht, sondern zählt auch zu den schönsten Bodendeckern für halbschattige Standorte. Die Popularität des Duftveilchens sorgte für unzählige Züchtungen. Die Sorte ‚Alba‘ blüht reinweiß und ist wintergrün. ‚Donau‘ überzeugt mit großen, blauvioletten Blüten an langen Stielen. Sie eignen sich sogar für die Vase. Wer gelbe Farbtupfer mag, wählt die Sorte ‚Sulphurea‘. Die Frühlings-Anemone (Anemone blanda) zeigt bei milder Witterung bereits im Februar ihre farbenfrohen Blüten. Regulär erscheinen sie von März bis April. Tipp: Neupflanzungen im Herbst vornehmen und gleich nach dem Kauf in den Boden bringen, da die Rhizome schnell austrocknen.

Die nickenden Einzelblüten der Duftveilchen erscheinen im März je nach Sorte in Rosa, Weiß oder dem klassischen Veilchenblau.
Foto: Karin Stern

Die meisten Wachstumsprozesse von Pflanzen sind temperaturgesteuert. Da schieben sich Feinwurzeln von im Herbst gepflanzten Neuzugängen durch die Erde, bereits länger ansässige Stauden und Gehölze treiben erste Knospen. Schon wenige warme Tage im Spätwinter versetzen die ersten Pflanzen in echte Frühlingslaune. Das birgt leider immer die Gefahr von Frostschäden, da zu früh austreibende Knospen dem Frost schutzlos ausgeliefert sind. Dennoch schaffen es einige Spezialisten, uns im Januar und Februar mit ihren Blüten zu erfreuen, ohne dabei Schaden zu nehmen. So wenden Schneeglöckchen (Galanthus) einen tollen Trick an, um durch die Schneedecke zu brechen. Die in der Zwiebel verbrennenden Kohlenhydrate erwärmen die grünen Pflanzenteile auf 8 bis 10 °C. Diese eingebaute „Heizung“ taut den Schnee rund um Stängel und Blätter ab. Das Schmelzwasser wiederum kann nun von den Wurzeln aufgenommen werden. Doch winterblühende Pflanzen müssen nicht nur gut mit niedrigen Temperaturen zurechtkommen, auch das Problem der Bestäubung ist zu lösen. Blüten als Vermehrungsorgane der Pflanzen werden entweder vom Wind oder von Insekten bestäubt. In der kalten Jahreszeit bremst keinerlei Laub den Wind aus und die Frühaufsteher unter den Blüten haben nur wenig Konkurrenz zu fürchten. Die frühe Blüte bringt einen weiteren Vorteil: Schon zeitig im Jahr sind die Samen ausgebildet und fallen während der ersten warmen Tage auf den noch unbedeckten Boden. Doch wie schützen diese Spezialisten ihre Blüten vor dem Frost? Sie haben die Fähigkeit entwickelt, anstelle von Glukose (Zucker) Glyzerin zu produzieren. Im Zellwasser gelöst, wirkt es wie ein natürliches Frostschutzmittel. Außerdem bieten die meist kleinen Blüten der Kälte nur wenig Angriffsfläche. Ein weiterer Trick besteht darin, die Blüte über Nacht zu schließen und erst bei höheren Tagestemperaturen zu öffnen. Dies schützt die empfindlichen Vermehrungsorgane vor direktem Frost.

Zwischen dem alten Laub blitzen endlich Frühlingsfarben hervor. Foto: Karin Stern

Flächenbedarf: Anrechnung der Proteinherstellung gefordert

Der Flächenbedarf für Biokraftstoffe wird nach Ansicht der Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen (Ufop) nicht korrekt bewertet. Es werde nicht hinreichend bedacht, dass bei der Biokraftstoffproduktion auch Protein anfalle, das als Nahrungs- oder Futtermittel verwendet werden könne, erklärte die Ufop.

Die Förderunion fordert daher, die Eiweißproduktion anteilig vom Flächenbedarf für Biokraftstoffe abzuziehen. Beispielsweise würden so beim Raps 60 % als Futterprotein gezählt und lediglich 40 % der verbrauchten Anbaufläche dem Biokraftstoff zugerechnet. Bei der Potenzialbewertung der Anbaubiomasse im Rahmen der Nationalen Biomassestrategie (Nabis) sollte dieser Ansatz berücksichtigt werden, mahnt die Ufop. Sie gibt zu bedenken, dass anderenfalls die fehlenden Proteinmengen durch Importe mit einem zusätzlichen Flächenbedarf gedeckt werden müssten.

Wegen der „Angebots- und Puffereffekte“ von Biokraftstoffen sei dies auch im Sinne von im globalen Vergleich „ärmeren Ländern“, stellte die Ufop fest. Das komme daher, dass sich die Biokraftstoffproduktion hauptsächlich auf Regionen mit Rohstoffüberschüssen konzentriere, vor allem an Mais, Soja und Palmöl. Dadurch würden Überschussmengen am Weltmarkt vermieden und Rohstoffpreise stabilisiert. Außerdem werde die Importabhängigkeit von Rohöl und damit der Devisenbedarf von ärmeren Ländern verringert. Schließlich würden die für die Biokraftstoffherstellung benötigten Rohstoffe im Bedarfsfall auch als Nahrungsmittel zur Verfügung stehen. Bei Debatten um Landnutzungsänderungen dürfe dies nicht ignoriert werden, so die Ufop.

Ihr zufolge wurden im Jahr 2022 nach Recherchen der Agrarmarkt-Informations-GmbH Getreide, Ölsaaten, Eiweiß-, Zucker- und Faserpflanzen sowie Obst, Gemüse und Nüsse auf weltweit insgesamt etwa 1,2 Mrd. ha erzeugt. Nur rund 6 % davon entfielen auf den Anbau von Rohstoffen für die Biokraftstoffproduktion.

Das Wirtschaftsjahr aus Sicht der Ferkelerzeuger

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Das abgelaufene Wirtschaftsjahr (WJ) 2022/2023 und das voran­gegangene WJ 2021/2022 werden vielen Betriebsleitern lange in Erinnerung bleiben. Es waren Jahre mit vielen wirtschaftlichen Extremen. Bis heute beeinflussen die Auswirkungen das aktuelle Geschehen. Auch im Schweinereport Schleswig-Holstein der Schweinespezialberatung Schleswig-Holstein (SSB) und der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein wird dies sichtbar.

Der Strukturwandel gemäß den Veröffentlichungen der amtlichen Viehzählungen spiegelt sich annähernd identisch in den Auswertungen der SSB-Betriebe wider.

Strukturwandel setzt sich fort

Zwar betraf der Strukturwandel in den ersten Jahren vermehrt kleiner strukturierte Betriebe, in den vergangenen Jahren hingegen waren alle Betriebsgrößenklassen von diesen Entwicklungen betroffen. Die Anzahl der ausgewerteten Bestandssauen reduzierte sich in den vergangenen zehn Jahren nicht im gleichen Umfang wie die Zahl der Betriebe. Im Schnitt der vergangenen fünf Jahre wurden gleichbleibend 321 Sauen gehalten. Leistungssteigerungen der vergangenen zehn Jahre um insgesamt 2,7 auf 31,8 abgesetzte Ferkel je Sau und Jahr konnten den Strukturwandel in der Ferkelerzeugung teilweise für die Mäster ausgleichen.

Die biologischen Leistungen

Im WJ 2022/2023 wurden durchschnittlich etwa 0,5 Ferkel je Sau und Jahr weniger abgesetzt als im Vorjahr. Ein vergleichbares Ergebnis wurde im WJ 2018/2019 beobachtet. Beide Jahre haben gemeinsam, dass das Vorjahr jeweils wirtschaftlich schwierig für die Ferkelerzeuger war. Die Gründe des letztjährigen Rückgangs können teilweise auf eine verringerte Remontierung zurückgeführt werden. Während im WJ 2021/2022 die Remontierungsrate mit 44 % dem langjährigen Durchschnitt entsprach, betrug sie im WJ 2022/2023 unterdurchschnittliche 38,5 %. Dies spricht für Einsparmaßnahmen im Tierzukauf als Reaktion auf die angespannte wirtschaftliche Lage.

Eine verringerte Wurffolge von 2,26 Würfen je Sau und Jahr (2,30 im Vorjahr) ist der Hauptfaktor für den Rückgang der biologischen Leistungen, gemessen an den abgesetzten Ferkeln. Über alle Altersgruppen (Jung- sowie Altsauen) reduzierte sich außerdem die Wurfleistung um 0,1 lebend geborene Ferkel je Wurf auf 16,3 und ist damit ein weiterer Faktor für diese Entwicklung.

Das wirtschaftlich erfolgreiche Viertel der Betriebe hingegen steigerte mit 34,9 abgesetzten Ferkeln je Sau und Jahr die biologischen Leistungen um 0,2 Ferkel auf einen Höchstwert aller bisherigen SSB-Auswertungen. Diese Leistung erreichte diese Betriebsgruppe durch eine zum Vorjahr konstante Wurffolge von 2,29 Würfen je Sau und Jahr bei einer Steigerung der Zahl lebend geborener Ferkel je Wurf um 0,4.

Der Trend der reduzierten Saugferkelverluste aus dem WJ 2021/2022 (–1,4 %) konnte im vergangenen Jahr fortgesetzt werden. Mit 13,7 % Saugferkelverlusten verbesserten die Betriebe die Aufzuchtleistungen an der Sau auf den besten Wert der vergangenen zehn Jahre. Die Top-25-Betriebe hingegen wiesen mit nur 12,4 % eine leicht gestiegene Verlustquote im Vergleich zum Vorjahr auf.

Zum einen wurden Niedrigwerte bei den Saugferkelverlusten erreicht, zum anderen Höchstwerte bei den Ferkelerlösen. Im Durchschnitt konnten 81,40 € netto für ein 30-kg-Ferkel erlöst werden. Dieser Umsatz übersteigt den bisherigen Höchstwert von knapp 80 € netto aus dem WJ 2019/2020. Dieser Erfolg wurde durch die insbesondere im zweiten Wirtschaftshalbjahr gestiegenen Ferkelnotierungen erreicht (VEZG-Ferkelnotierung 25 kg, Juli bis Dezember 2022: 50,56 € –> Januar bis Juni 2023: 79,58 €).

Weitersteigende Futterkosten

Höchstwerte wurden aber auch bei den Futterkosten erreicht. Im Vergleich zum Niveau vor zwei Jahren stiegen diese nun im Schnitt um 55 % auf 40,00 €/dt für Sauenfutter. Das Ferkelfutter wurde durchschnittlich für 55,20 €/dt eingekauft. Diese gestiegenen Einkaufspreise bedingten, dass die gesamten Futterkosten (Sauenfutter und Ferkelfutter) je Kilogramm Ferkelzuwachs von der Geburt bis zum Verkauf von 90 ct im WJ 2020/2021 über 1,08 € im WJ 2021/2022 auf den Rekordwert von 1,37 € im WJ 2022/2023 gestiegen sind. Das sind innerhalb von zwei Jahren 47 ct beziehungsweise 52 % Steigerung.

Diese beiden Rekordwerte (Umsatzerlöse und Futterkosten) hatten zur Folge, dass die biologischen Leistungen in Form der abgesetzten Ferkel je Sau und Jahr den größten Einfluss auf die Direktkostenfreien Leistungen (DKfL) erlangten. Weiterhin zeigte sich ein Zusammenhang zwischen dem Sauenfutterverbrauch und der Anzahl abgesetzter Ferkel.

Die biologisch erfolgreichsten Betriebe (mehr als 31,5 abgesetzte Ferkel) konnten 34,1 Ferkel je Sau und Jahr absetzen, bei Sauenfutterkosten von 541 € je Sau und Jahr (–> 40,07 €/dt), während die biologisch schwächste Gruppe (weniger als 29,5 abgesetzte Ferkel) lediglich 26,9 Ferkel je Sau und Jahr abgesetzt hat, bei Sauenfutterkosten von 500 € je Sau und Jahr
(–>38,46 €/dt). Durch die hohe biologische Leistung war ein abgesetztes Ferkel in der erfolgreicheren Gruppe mit 15,86 € Sauenfutter belastet und hatte somit einen Vorteil von 2,72 € gegenüber den schwächeren Betrieben (18,59 € pro abgesetztem Ferkel).

Tendenziell teureres Ferkelfutter haben die Top-25-Betriebe mit durchschnittlich 57,20 €/dt eingekauft im Vergleich zu 55,20 €/dt im Mittel aller Betriebe. Bei vergleichbarer Säugedauer und ähnlichen Absetzgewichten ist der höhere Futterpreis nicht begründet durch ein niedrigeres Absetzgewicht und die damit verbundene Notwendigkeit, höherwertige Futtermittel einzusetzen. Er beruht auf anderen Aspekten der Produktion sowie den strategischen Entscheidungen des Betriebsleiters.

Schleswig-Holstein über Bundesschnitt

Unterm Strich war das vergangene Wirtschaftsjahr mit 798 € DKfL je Sau ohne Sonderzahlungen (SoZ) – in der Regel in Form von ITW-Beiträgen – (861 € mit SoZ), bedingt durch die guten Erlöse in der zweiten Jahreshälfte, ein überdurchschnittliches Jahr und nach dem WJ 2019/2020 das zweitbeste der vergangenen zehn Jahre. Trotz des Rückganges der biologischen Leistungen ist Schleswig-Holstein mit 31,8 abgesetzten Ferkeln je Sau und Jahr etwa 0,5 Ferkel besser als der aktuelle Bundesschnitt laut Erzeugerringdatenbank.

Allerdings haben leichte Nachteile bei den Futter- und Energiekosten zur Folge, dass der Norden etwa 100 € geringere DKfL hat als der aktuelle Bundesdurchschnitt. Bei Annahme der Festkostenbelastung eines durchschnittlichen Betriebes mit Neubau ohne SoZ von 798 € (251 € Arbeitserledigungskosten, 403 € Gebäudekosten, 144 € Gemeinkosten und Zinsansatz) wurde trotz der hohen DKfL genau eine Vollkostendeckung erreicht. Daher konnten im abgelaufenen Wirtschaftsjahr nicht auf allen Betrieben Fehlbeträge der Liquidität aus dem WJ 2021/2022 ausgeglichen oder Rücklagen für die anstehenden Investitionen gebildet werden.