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Stadt und Land – Hand in Hand

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Die Zukunft bauen – das wollen die ZukunftsBauer! Mats Röttger aus Lübeck-Beidendorf ist in der Schleswig-Holsteiner Arbeitsgruppe dieses Projektes des Deutschen Bauernverbandes (DBV). Dem Bauernblatt erzählt er, was ihn zum ZukunftsBauer macht.

Beidendorf sieht aus wie ein typisches Dorf in ländlicher Umgebung, doch die Innenstadt von Lübeck ist nur 7 km entfernt. „Wir haben hier mit anderer Klientel zu tun als auf dem platten Land“, sagt Mats Röttger. „Wir konkurrieren mit städtischer Kultur und sind näher am allgemeinen Trend.“

Der Hofnachfolger in sechster Generation vor dem Haupthaus von 1855. 

Der 30-Jährige ist seit fünf Jahren fest auf dem Betrieb und wird Hofnachfolger in sechster Generation (alle hießen Heinrich, er mit zweitem Vornamen). Dergestalt in Beidendorf verwurzelt, hatte er jedoch schon immer einen gemischten Freundes- und Bekanntenkreis. Seine Ehefrau Annecke macht gerade ihren Master in Psychologie, die Familie vermietet im Haupthaus Wohnungen an Studenten –„da herrscht ein immenser Bedarf“. All das erweitert ebenfalls das Themenspektrum der Familie.

Um Kontakt mit der stadtrandnahen Bevölkerung zu pflegen, bietet er um Halloween eine Kürbisaktion an – selbst ernten vom Feld und schnitzen mit Schablonen. „Ich will junge Familien der Landwirtschaft näherbringen, und dafür eignet sich der Kürbis sehr gut.“

Die Rheingold-Studie – die Grundlage für das Projekt ZukunftsBauer – kam Mats Röttger sehr entgegen. Sie hat ihn darin bestätigt, auf dem richtigen Weg zu sein, denn die Kommunikation mit der nichtlandwirtschaftlichen Bevölkerung und die Zusammenarbeit mit ihr liegen ihm am Herzen. „An den Umfragen, die dort durchgeführt wurden, kann man sehr gut ablesen, wo der Trend hingeht“, findet er.

Den sieht er keineswegs negativ: „Bei Zukunftsfragen wie Klimawandel oder Artenschutz braucht man uns Landwirte, denn wir haben die Flächen. Da kann man richtig gut ins Gespräch kommen und mit der Bevölkerung zusammenarbeiten. Wir sollten vor Ort gute Konzepte entwickeln, von denen viele Menschen etwas haben.“ Solche Gespräche könnten durchaus mal in der Dorfwirtschaft aufkommen – im Nachbarort Krummesse gibt es immerhin noch zwei Landgasthöfe.

Wildsamenvermehrung: Ackerwitwenblume Foto: Mats Röttger

Was Röttger dabei vermitteln möchte: „Wir Bauern haben kein Interesse, die Natur kaputt zu machen, denn wir leben von ihr. Der Boden ist unser Kapital und muss intakt bleiben.“ Ja, für den Landwirt gelte dies in besonderem Maße, denn er könne nicht wie die Ausübenden manch anderer Berufe den Ort wechseln, wenn es schwierig werde. „Wir müssen unser Umfeld so gestalten, dass wir gut damit leben können.“ Allerdings funktioniere das nicht von heute auf morgen, darauf müsse man langfristig hinarbeiten und sich darauf einstellen können.

Was Röttger bereits in Angriff genommen hat: Er hat auf einer kleineren Fläche eine Kräuter- und Wildsamenvermehrung für den Artenschutz angelegt. Die Samen vermarktet er unter der geschützten Marke Regio-Saatgut an Kommunen und Privatpersonen. Die Photovoltaikanlage versorgt den Hof mit Strom weitgehend autark – „nicht ganz, weil es noch an geeigneten Speichermedien fehlt“. Vor allem aber ermöglicht sein Hackschnitzelwerk, das mit Holz aus den eigenen Knicks gespeist wird, die Nahwärmeversorgung nicht nur des Hofes, sondern darüber hinaus für einen Großteil des Dorfes mit 120 Einwohnern. „Das schafft Zufriedenheit und Unabhängigkeit für viele. Wir sind breit aufgestellt!“

Was passiert im Silo?

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Die Grundfutterleistung beeinflusst maßgeblich das Betriebs­zweigergebnis und ist abhängig von der Qualität und Schmackhaftigkeit des Grundfutters.

In den meisten Fällen wird das frische Erntegut (Gras, Mais, GPS) durch Silierung haltbar gemacht, doch was passiert eigentlich im Silo? Wodurch entstehen Fehlgärungen und warum werden manche Silagen während der Entnahmephase warm und schimmelig und andere nicht?

Die komplexen mikrobiologischen Vorgänge, die sich während der Silierung beziehungsweise unter Lufteinfluss im Silo abspielen, werden nun mithilfe von zwei Videos zumindest theoretisch erklärt. Denn ein besseres Verständnis der grundlegenden Prozesse hilft, die Stellschrauben im Bereich des Ernte- und Silomanagements in die richtige Richtung zu drehen, also die Silierung gezielt zu steuern und nicht dem Zufall zu überlassen. Das Silo selbst bleibt nach wie vor eine Blackbox, erst über die Gärqualität der fertigen Silage zeigt sich, welche der beteiligten Mikroorganismengruppen den Konkurrenzkampf um die Nährstoffe gewonnen hat.

Die beiden jeweils knapp 10 min langen YouTube-Videos „Was passiert im Silo?“

Teil 1: Während der anaeroben Lagerung und

Teil 2: Während der aeroben Lagerung

sind jetzt online verfügbar.

Essbare Distel mit Zierwert

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Artischocken gehören zu den wenigen Pflanzen, bei denen wir in der Hauptsache die Blüte verzehren. Die essbaren Disteln sind wärmeliebend und werden vor allem im Mittelmeerraum in größerer Menge angebaut. Mit ihren großen, fiederteiligen, graugrünen Blättern und den ausdrucksvollen Blütenständen sind die Pflanzen so attraktiv, dass sie auch im Ziergarten stehen können.

Schon im frühzeitlichen Ägypten vor 3.000 Jahren wurden die verdickten Blütenkörbe verschiedener Distelarten gegessen. Die Artischocke (Cynara cardunculus var. scolymus) stammt vermutlich von einer Wildform der Kardone (Cynara cardunculus) ab. Von Italien aus verbreitete sich ihr Anbau ab dem 16. Jahrhundert in Frankreich, Belgien und England. Besonders gut gedeihen Artischocken in Meeresnähe, weil ihnen das dort ausgeglichenere Klima zusagt.

Als mehrjährige Pflanzen fallen Artischocken aus der normalen Fruchtfolge heraus, außerdem beanspruchen sie viel Platz. Dafür können sie unter günstigen Bedingungen sieben bis zehn Jahre lang Ertrag bringen, am produktivsten sind sie allerdings in den ersten vier Jahren. Die großen Stauden lassen sich aus Samen anziehen oder vegetativ durch Teilung beziehungsweise das Abtrennen von Ausläufern im Frühjahr vermehren. Während Sämlinge oft sehr unterschiedlich ausfallen, lässt sich die Qualität bei vegetativer Vermehrung besser steuern. Manche Sorten lassen sich überhaupt nur über Ableger vermehren. Bei Anzucht aus Samen sollte die Aussaat ab Mitte Februar bis Anfang März erfolgen. Die ideale Keimtemperatur liegt bei 20 bis 22 °C, zu hohe Temperaturen behindern die Keimung. Wenn man die Samen 24 Stunden in lauwarmem Wasser vorquellen lässt, keimen sie zuverlässiger.

Die großen Pflanzen beanspruchen rund 1 m2 Fläche. Foto: Anke Brosius

Die Sämlinge, die nach zwei bis drei Wochen erscheinen, brauchen zum guten Gedeihen viel Licht und weiterhin etwa 20 °C Bodentemperatur. Mit einer Vliesabdeckung, die vor Spätfrösten schützt, können die kräftigsten Jungpflanzen ab Mitte April ins Beet gesetzt werden. Andernfalls kultiviert man sie in großen Tontöpfen im Haus vor und setzt sie erst im Mai nach den letzten Frösten an einen warmen, sonnigen Platz im Freiland. Der Pflanzabstand sollte mindestens 80 cm bis 1 m betragen. Wo Gefahr durch Wühlmäuse droht, welche die fleischigen, inulinhaltigen Wurzeln des Korbblütlers gern fressen, ist eventuell ein großer Drahtkorb als Wurzelschutz ratsam.

Artischocken brauchen einen sonnigen, geschützten Standort und bevorzugen feuchte, tiefgründige, humusreiche Böden. Bei zu viel Nässe, insbesondere bei Staunässe, faulen die Wurzeln. In kühleren Gegenden sind Sandböden, die sich im Frühjahr rasch erwärmen, günstiger als schwere Böden. Starke Hitze und Sommertrockenheit schaden zwar nicht der Pflanze selbst, wohl aber dem Ertrag: Die Blütenknospen werden dann zäh und holzig und somit ungenießbar. In trockenen Sommern sollten die Pflanzen deshalb reichlich gegossen werden. Auch eine dicke Mulchschicht hilft, den Boden feucht zu halten.

Je jünger, desto zarter sind die Knospen. Foto: Anke Brosius

Eine gute Vorkultur für Artischocken sind Leguminosen, die den Boden lockern und mit Stickstoff anreichern. Auch Kompost, gut verrotteter Mist und Pflanzenjauchen sorgen für ausreichende Nährstoffe. Auf mineralische Düngung reagieren die Pflanzen empfindlich. Da Artischocken leicht unter Kalziummangel leiden, können Algenkalk und kalkhaltige Steinmehle von Vorteil sein.

Einige Sorten neigen stark zur Ausläuferbildung. Damit die Pflanze sich kräftig entwickeln kann, sollten diese, soweit man sie nicht zur Vermehrung braucht, entfernt werden und nur zwei bis drei Haupttriebe stehen bleiben. Wer besonders große Knospen ernten will, sollte im ersten Jahr nicht mehr als vier bis fünf Knospen pro Pflanze belassen.

Obwohl Artischockenpflanzen Wärme lieben, brauchen sie für ihre Entwicklung auch kühles und feuchtes Wetter. Manche Sorten werden überhaupt erst durch Temperaturen unter 7 °C zum Ansetzen von Blüten veranlasst. In den Mittelmeerländern wachsen die Artischockenknospen deshalb über Winter heran und werden im Frühjahr geerntet. Bei uns hingegen liegt die Erntezeit der Knospen im Herbst. Spätestens vor dem ersten Frost werden die langen Stängel mit den Blütenknospen abgeschnitten. Sie lassen sich einige Zeit in feuchtem Sand lagern, manchmal wachsen unfertige Blütenknospen hier auch noch nach.

Im Winter vor Nässe schützen

Über Winter können die Pflanzen mit einer Reisig- oder Strohabdeckung vor starken Frösten geschützt werden. Wenn man über jede Pflanze zunächst einen großen Tontopf stülpt und diesen dann mit Laub oder Stroh und eventuell noch einem Vlies oder einer Schilfmatte bedeckt, schützt dies auch vor zu viel winterlicher Nässe, die ungünstiger sein kann als Kälte. Solange sie nicht zu nass stehen, überstehen ältere Pflanzen Fröste bis –10 °C meist schadlos.

Nach erfolgreicher Überwinterung können im zeitigen Frühjahr, sobald die Pflanzen zu treiben beginnen, die Seitenausläufer mit einem scharfen Messer abgetrennt und eingetopft werden. Wichtig ist dabei, so tief an der Basis zu schneiden, dass an jedem Ableger ein Stück Wurzelstock hängt. Das unterstützt eine rasche Bewurzelung und ein kräftiges Wachstum der neuen Jungpflanzen. Im Prinzip lassen sich Artischocken auch einjährig kultivieren. Bei später Aussaat und in rauerem Klima bilden Sämlinge allerdings häufig erst im zweiten Jahr Blütenknospen.

Verwendung in der Küche

Essbar sind bei der Artischocke die Stiele, die verdickten Blütenböden sowie der untere, fleischige Teil der Hüllblätter. Zur Ernte sollte der Blütenkorb voll entwickelt sein, die Blüte sich aber noch nicht geöffnet haben. Je jünger die Knospen geerntet werden, desto zarter und schmackhafter sind sie. Voll erblühte Artischocken lassen sich zwar nicht mehr in der Küche verwenden, sind aber in der Vase sehr dekorativ. Auch Bienen und Hummeln fliegen auf die großen, violetten Blütenstände und sorgen so für die Bestäubung der vielen kleinen Röhrenblüten.

Bei heißem Sommerwetter öffnen sich die Knospen manchmal schneller, als man ernten kann. Foto: Anke Brosius

Eine besonders in Frankreich beliebte Zubereitungsart ist das Kochen der ganzen Knospen mit dem Stielansatz in Salzwasser mit einem Schuss Essig oder etwas Zitronensaft. Die Artischocken sind gar, wenn sich die Blütenblätter leicht auszupfen lassen, je nach Größe nach einer halben bis Dreiviertelstunde. Beim Verzehr wird die Knospe nach und nach entblättert, wobei die einzelnen Blätter in eine Knoblauchmayonnaise oder Kräutervinaigrette getunkt und zwischen den Zähnen abgestreift werden. Je mehr man sich dabei dem Artischockenherz nähert, desto größer wird der essbare Anteil. Am Ende bleibt als Delikatesse der fleischige Blütenboden übrig. Bei manchen Sorten sitzt über dem Blütenboden noch das ungenießbare „Heu“, die unentwickelten Blütenanlagen.

Ganz junge und zarte Artischockenknospen (italienisch: carciofini = Artischöckchen) können – nach dem Abschneiden der holzigen, ungenießbaren Spitzen – im Ganzen oder geviertelt frittiert oder zu Risotto- und Pastagerichten verwendet werden. Traditionell werden so die zuletzt reifenden, kleiner bleibenden Knospen genutzt, man kann aber auch einfach das Ausdünnen unterlassen und so einen reicheren Ansatz kleinerer Blüten erzielen.

Rundköpfige, grüne Artischocken sind meist robuster und liefern gleichmäßigere Erträge. Foto: Anke Brosius
Violette, längliche Sorten gelten als besonders schmackhaft, sind aber klimatisch anspruchsvoller. Foto: Anke Brosius


Unter den Sorten gibt es großköpfige runde, kleinere längliche, grüne und violette Varianten. In kühlerem Klima gedeihen französische Sorten meist besser als italienische, da sie abgehärteter sind. Aus der französischen Bretagne stammen grüne, runde Sorten (‚Camus de Bretagne‘, ‚Castel‘), die besonders zuverlässig tragen und deren Sämlinge sich einheitlicher entwickeln. Weitere im Saatguthandel erhältliche grüne, runde und relativ robuste Sorten sind ‚Green Globe‘ und ‚Imperial Star‘. Violette Sorten wie ‚Petit Violet‘ und ‚Violetto di Toscana‘ sind zwar wärmebedürftiger, gelten aber als schmackhafter und entwickeln in der Regel kein Heu.

Gut für die Leber

Die großen, äußerst bitter schmeckenden Blätter der Pflanzen lassen sich zwar nicht kulinarisch gebrauchen, dafür aber medizinisch. Der in ihnen enthaltene Bitterstoff Cynarin fördert die Fettverdauung und unterstützt besonders die Tätigkeit von Leber und Galle. Für eine Leberkur werden getrocknete Artischockenblattstücke vorteilhafterweise zu gleichen Teilen mit Löwenzahnwurzel und zerstoßenen Mariendistelsamen gemischt. Gegen Blähungen kann man noch etwas Pfefferminze oder Kümmelsamen hinzugeben. Für eine Tasse Tee wird jeweils ein Teelöffel dieser Mischung mit heißem Wasser übergossen und 5 bis 7 min ziehen gelassen. Etwa vier bis sechs Wochen lang trinkt man dreimal täglich eine Tasse vor oder zu den Mahlzeiten.

Extrakte aus Artischockenblättern werden erfolgreich nicht nur gegen Verdauungsbeschwerden, sondern auch bei Erschöpfungszuständen und Schlafstörungen eingesetzt, die aus unregelmäßigem Lebenswandel, etwa bei Schichtarbeit, resultieren. Die Blütenköpfe enthalten die gleichen Wirkstoffe wie die Blätter, jedoch schwächer konzentriert, zudem geht beim Kochen ein Teil der Wirkung verloren. Auch in abgemilderter Form bleiben Artischocken jedoch ein gesundes Delikatessgemüse, dessen Genuss die nachfolgenden Speisen bekömmlicher macht.

Zusatzvereinbarungen schließen Deckungslücken

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Wer anderen Schaden zufügt, muss nach dem Gesetz dafür ­unbegrenzt haften. Jeder Landwirt sollte seine betrieblichen und privaten Risiken kennen und sich insbesondere vor existenzgefährdenden Risiken durch eine entsprechende Haftpflichtversicherung schützen.

Das Haftungsrisiko ist eines der größten Risiken für den landwirtschaftlichen Betrieb überhaupt, auch wenn die Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines sehr teuren Haftpflichtfalls gering ist. Die Grunddeckung der landwirtschaftlichen Betriebshaftpflichtversicherung deckt die wichtigsten Risiken ab, enthält aber auch zahlreiche Deckungslücken. Diese sollten je nach betrieblicher Risikosituation durch Zusatzvereinbarungen versichert werden.

Welche Haftungsansprüche bestehen?

Haftungsansprüche können sich aus einer Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen ergeben, die ein landwirtschaftlicher Unternehmer kaum komplett übersehen kann. Außerdem ändern sich durch die Gesetzgebung laufend die Anspruchsgrundlagen, die zu Haftungsansprüchen führen können. Für die Landwirtschaft wichtige Rechtsnormen sind in Übersicht 1 dargestellt (Auswahl).

Für den Fall, dass ein Versicherungsnehmer aufgrund gesetzlicher Haftungsbestimmungen von Dritten in Haftung genommen werden soll, gewährt die Betriebshaftpflichtversicherung Versicherungsschutz. Sie prüft, ob ein Haftungsanspruch besteht, und übernimmt die Kosten, um unberechtigte Ansprüche abzuwehren. Ist der Haftungsanspruch gerechtfertigt, leistet die Haftpflichtversicherung Schadenersatz bis zur Höhe der vereinbarten Deckungssumme.

Die Versicherer haben die für die Landwirtschaft wichtigsten Haftungsrisiken in der Grunddeckung zusammengefasst. Diese enthält jedoch zahlreiche Deckungslücken, die betriebsindividuell durch Vereinbarung von Zusatzdeckungen geschlossen werden müssen. Auch sind die Grunddeckungen je nach Versicherungsgesellschaft und -tarif nicht einheitlich. Das macht die Vereinbarung von ausreichendem Versicherungsschutz für den Versicherungsnehmer nicht gerade einfach. Nur durch eine gewissenhafte Erfassung der privaten und betrieblichen Risiken können drohende Deckungslücken vermieden werden.

Welche Zusatzdeckungen notwendig sind, lässt sich am besten anhand einer Checkliste feststellen (Übersicht 2). Mit dieser können Versicherungsantrag, Versicherungsschein und gegebenenfalls die zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen überprüft werden.

Deckungssummen müssen anpasst sein

Üblich sind heute Deckungssummen von 3 Mio. € für Personen- und Sachschäden sowie 100.000 € für Vermögensschäden. Bei der Bemessung der Deckungssummen ist die Berücksichtigung des betrieblichen Umfeldes wichtig. Wer zum Beispiel Weidetiere in der Nähe von Bahntrassen oder Autobahnen hält, sollte die Deckungssummen auf mindestens 5 Mio. €, besser auf 10 Mio. € pauschal für Personen- und Sachschäden erhöhen.

Grundlage für die Beitragsberechnung ist neben der Höhe der Deckungssumme die bewirtschaftete Fläche. Bei falschen Angaben besteht im Schadensfall eventuell nur ein eingeschränkter Versicherungsschutz.

In der Grunddeckung ist immer eine Privathaftpflichtversicherung für den Betriebsleiter und seine Familie enthalten. Zur Familie zählen der Landwirt selbst, sein Ehegatte und die Kinder bis zum Ende der Schule beziehungsweise der beruflichen Erstausbildung. Mit den Altenteilern verfahren die Versicherungsgesellschaften sehr unterschiedlich. Entweder werden diese im Rahmen der Betriebshaftpflichtversicherung mitversichert oder sie benötigen eine eigene Privathaftpflichtversicherung.

Hunde, Reitpferde und Selbstfahrer

In der Grunddeckung sind die Risiken, die sich aus dem Halten und Hüten von Nutztieren ergeben, mitversichert. Hunde und Reitpferde gelten nicht als Nutztiere in diesem Sinne und sind daher regelmäßig extra zu versichern. Pferde sind nur dann in der Grunddeckung mitversichert, wenn sie nicht zum Reiten verwendet werden (zum Beispiel Zuchtstuten). Reitpferde und Pensionspferde müssen auf jeden Fall separat versichert werden.

Pferde sind nur dann in der Grunddeckung mitversichert, wenn sie nicht zum Reiten, sondern beispielsweise als Zuchtstuten verwendet werden. Hunde gelten nicht als Nutztiere und sind daher regelmäßig extra zu versichern.

Für eine selbstfahrende Arbeitsmaschine mit mehr als 20 km/h Höchstgeschwindigkeit muss ihr Halter eine Kfz-Haftpflichtversicherung abschließen, bevor sie auf öffentlichen Wegen oder Plätzen verwendet wird. Liegt die bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit bei maximal 20 km/h, besteht keine Versicherungspflicht. In diesen Fällen werden Schadensfälle von der Betriebshaftpflichtversicherung gedeckt.

Selbstfahrende Arbeitsmaschinen müssen bei den meisten Versicherungen aber mit Zusatzdeckung versichert werden. Nur der Mähdrescher ist in einigen Tarifen in der Grunddeckung beitragsfrei eingeschlossen. Nicht zulassungspflichtige Hofschlepper, Radlader oder selbstfahrende Häcksler sollten unbedingt in der Betriebshaftpflicht angemeldet und extra versichert werden. 

Was ist mit Lohnarbeiten?

Mitversichert sind Lohnarbeiten im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes nur, soweit diese Tätigkeiten der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (LBG) zugeteilt sind und dafür keine Gewerbeanmeldung erforderlich ist. Für eine gewerbliche Tätigkeit (eigenständiger Betrieb) ist eine gesonderte Haftpflichtversicherung erforderlich. Schäden am behandelten Gut des Auftraggebers (Bearbeitungsschäden) sowie Schäden durch Nichterfüllung von Verträgen sind von der Haftpflichtversicherung nicht gedeckt.

Versicherungsschutz durch die Betriebshaftpflicht besteht auch für Schäden bei überbetrieblichem Maschineneinsatz und bei Lohnarbeiten, wenn der Landwirt als Auftraggeber haftet. Er muss haften, wenn er es unterlassen hat, auf ortsfeste Gegenstände (zum Beispiel Findlinge) hinzuweisen, und der Lohnunternehmer einen Maschinenschaden erleidet.

Gewahrsamschäden und Umwelthaftung

Schäden an geliehenen Maschinen sind in den Allgemeinen Haftpflichtbedingungen (AHB) vom Versicherungsschutz üblicherweise ausgeschlossen. Diese sogenannten Gewahrsamschäden müssen bei Bedarf extra versichert werden. Versichert wird die Beschädigung geliehener Sachen (bis zu einer vereinbarten Höchstgrenze) durch Unfall, Brand oder Explosion. Brems-, Betriebs- und Bruchschäden gelten nicht als Unfallschäden, können aber gegen Zusatzbeitrag mitversichert werden. Ausgeschlossen sind auch Schäden an Maschinen, deren Miteigentümer der Versicherungsnehmer ist.

Bei gewerblichen Betriebszweigen wie Urlaub auf dem Bauernhof ist eine separate Haftpflichtversicherung für den Beherbergungsbereich notwendig.

In den vergangenen beiden Jahrzehnten sind zahlreiche neue Gesetze und Verordnungen mit dem Ziel erlassen worden, schädliche Umweltbeeinträchtigungen zu vermeiden beziehungsweise die Verursacher von Umweltschäden leichter in Haftung zu nehmen. Die Betriebshaftpflicht-Versicherungen bieten Versicherungsschutz bei Umweltschäden. In der Grunddeckung wird aber regelmäßig kein vollständiger Versicherungsschutz gewährt. Die zur Anwendung kommenden Haftpflichtbedingungswerke enthalten zahlreiche Ausschlüsse, die zum Teil durch Zusatzvereinbarungen versichert werden können.

Besonders zu beachten sind die Obergrenzen für die Lagerung umweltgefährdender Stoffe (Gülle, Mineralöle, Pflanzenschutzmittel und anderes). Überschreitet das Lagervolumen des Betriebes die Obergrenze des Tarifs, entfällt der Versicherungsschutz komplett. Bei Überschreiten der Obergrenzen sind unbedingt Zusatzvereinbarungen abzuschließen. Auch bei Betreiben von genehmigungspflichtigen Anlagen nach dem Umwelthaftungsgesetz (über 1.700 Schweinemastplätze oder über 500 Sauenplätze) oder dem Bundesimmissionsschutzgesetz werden Zusatzversicherungen notwendig.

Die Mehrkosten für die Zusatzvereinbarungen stehen in keinem Verhältnis zu dem unkalkulierbaren Risiko, Umweltschäden aus eigener Tasche begleichen zu müssen. Auch für das Haftungsrisiko aufgrund des Umweltschadensgesetzes (Schäden an Naturgütern) wird eine spezielle Umweltschadenversicherung als Zusatzdeckung angeboten. Diese übernimmt im Schadensfall die Kosten für eine Sanierung der Natur (zum Beispiel Wiederansiedlung ausgestorbener Arten). Allerdings werden nur Umweltschäden, die durch unfallartige Ereignisse ausgelöst werden, reguliert. Normalbetriebsschäden einer genehmigten Tierhaltung oder Verwendungsschäden von Pflanzenschutz-, Dünger- oder Gülleausbringung sind nicht versicherbar.

Einige Versicherungen haben das Haftungsrisiko aufgrund des Umweltschadensgesetzes ohne Zusatzbeitrag in die Betriebshaftpflichtversicherung eingeschlossen. Wer in der Nähe von Biotopen oder Naturschutzgebieten wirtschaftet, sollte auf diesen Versicherungsschutz nicht verzichten.

Gentechnikrisiken werden durch die am Markt angebotenen Haftpflichtversicherungen in der Regel nicht abgedeckt (Ausschlussklauseln) und sind auch durch Zusatzdeckungen nicht versicherbar.

Abschluss einer Bodenkasko

Mineralöle und andere umweltgefährdende Stoffe können auch auf dem eigenen Grund und Boden erhebliche Schäden verursachen. Eigenschäden sind grundsätzlich nicht in der Betriebshaftpflicht versichert. Diese können nur über eine separate Versicherung, die Bodenkasko, versichert werden. Ersetzt werden Sanierungskosten bis zur Höhe einer vereinbarten Versicherungssumme. Bei der Schadensursache muss es sich allerdings um ein plötzliches, unfallartiges Ereignis handeln. Schäden durch Vernachlässigen von Vorschriften oder Korrosion (Leck) sind nicht versichert.

Erweiterte Produkthaftpflicht

Die Grunddeckung der Betriebshaftpflichtversicherung beinhaltet eine Produkthaftung für nicht weiterverarbeitete landwirtschaftliche Erzeugnisse. In den Haftungsumfang fallen Personen- und Sachschäden bis zur vereinbarten Deckungssumme.

Beispiel: Am Ende der Lebensmittelverarbeitung stellt sich heraus, dass ein landwirtschaftliches Ausgangsprodukt mit Pflanzenschutzmittelrückständen belastet war und das daraus hergestellte Produkt nicht vermarktet werden kann. Dem Verarbeiter sind eventuell erhebliche Kosten (Produktions- und Entsorgungskosten) entstanden, die er vom Landwirt ersetzt haben will. Handelt es sich hierbei um einen „reinen“ Vermögensschaden, dem kein Sachschaden vorausgegangen ist, bietet nur eine erweiterte Produkthaftpflichtversicherung Schutz.

Reine Vermögensschäden haben in der Praxis bisher allerdings kaum eine Rolle gespielt. Für einen „unechten“ Vermögensschaden als Folge eines Sachschadens, zum Beispiel durch die Lieferung hemmstoffbelasteter Milch, hat der Landwirt Deckung über die Grunddeckung der Betriebshaftpflichtversicherung.

Versicherungsbedarf besteht bei der Zusicherung besonderer Eigenschaften (etwa Bioqualität, Saatgut) sowie bei Verkauf weiterverarbeiteter Produkte. Hierfür muss die Zusatzdeckung „Erweiterte Produkthaftpflichtversicherung“ vereinbart werden.

Wer haftet bei Vermietung?

Wer Gebäude oder Wohnungen vermietet, haftet für bestimmte Schäden (etwa durch herabfallende Gebäudeteile) gegenüber dem Mieter. Dieses Risiko ist durch die Grunddeckung der Betriebshaftpflichtversicherung nicht gedeckt. Nur bei wenigen Versicherern sind vermietete Wohnungen im eigenen Wohnhaus sowie eine begrenzte Bettenzahl bei Feriengästen in der Grunddeckung versichert. Bei den meisten Versicherern lässt sich das Vermietungsrisiko als Zusatzdeckung mitversichern. Oberhalb einer bestimmten Bettenzahl beziehungsweise beim gewerblichen Betriebszweig Urlaub auf dem Bauernhof ist eine separate Haftpflichtversicherung für den Beherbergungsbereich notwendig.

Vergleichsangebote einholen

Ausgangspunkt für das Einholen von Versicherungsangeboten ist der Versicherungsschein der Betriebshaftpflichtversicherung. Zunächst ist der vorhandene Versicherungsschutz anhand von Checklisten zu überprüfen. Durch Änderungen ist der Versicherungsumfang auf den gewünschten Stand zu bringen. Dies betrifft die Deckungssummen oder die notwendigen Zusatzdeckungen. Beim Einholen von Vergleichsangeboten sind den Versicherern klare und einheitliche Vorgaben zu machen. Eine Zusammenstellung der zu versichernden Risiken ist unerlässlich (Übersicht 3).

Fazit

Eine Betriebshaftpflichtversicherung schützt vor wirtschaftlich existenzgefährdenden Situationen. Die Grundpolice deckt die wesentlichen Haftungsrisiken ab, allerdings nur bis zu den vereinbarten Deckungssummen und nicht für alle bedeutsamen Risiken. Daher ist es wichtig, betriebsindividuell die notwendigen Deckungssummen festzulegen und erforderliche Zusatzdeckungen zu vereinbaren, um einen ausreichenden Versicherungsschutz sicherzustellen.

Das Wirtschaftsjahr aus Sicht der Mäster

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Eine der Ferkelerzeugung vergleichbare Situation stellt sich in der Mast dar. Das betrachtete Wirtschaftsjahr (WJ) 2022/23 wird genauso wie das WJ 2020/21 in Erinnerung bleiben. Nach den Auswirkungen der Pandemie stellte das politische Weltgeschehen die Betriebe durch die damit einhergehenden Effekte vor neue Herausforderungen. Auch im Schweinereport Schleswig-Holstein von Schweinespezialberatung Schleswig-Holstein (SSB) und Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein wird dies sichtbar.

Des einen Freud ist des anderen Leid. Waren die hohen Ferkelerlöse der rettende Anker für die Ferkelerzeugung, haben diese die Mast belastet. Im Schnitt hat der Mäster 83,90 € netto für ein 30-kg-Ferkel frei Hof gezahlt, zum Jahresende konnten es auch schon mal 115 € sein. Über die vergangenen zehn Jahre gab es keine solch hohen Ferkelkosten.

Ein weiteres Extrem im vergangenen Jahr waren die Futterkosten. Mit 37,40 €/dt war es 9 € teurer als im Vorjahr (WJ 2021/22) und 14,40 € beziehungsweise 62 % teurer als vor zwei Jahren (WJ 2020/21). Dies hatte zur Folge, dass die Betriebe ihr Augenmerk auf die Futterverwertung gelegt haben. Nach zwei Jahren in Folge mit steigenden Futterverwertungen (FVW), konnte in diesem Jahr mit 1:2,77 wieder der langjährige Durchschnitt erreicht werden. Im Vorjahr führten teilweise Vermarktungsprobleme und sehr hohe Schlachtgewichte zu einer schlechteren FVW.

Besonders in den vergangenen zwei Jahren war der Futterpreis entscheidend für den Betriebserfolg. In Zeiten stark schwankender Preise war es bei einigen Betrieben unternehmerisches Können oder vereinzelt Glück, den richtigen Zeitpunkt zum Einkauf zu treffen. In der Rückschau fällt auf, dass in den vergangenen beiden Jahren die wirtschaftlich erfolgreichen Betriebe (+25-%-Gruppe) im Mittel das Futter 2-%-Punkte günstiger eingekauft haben als der Durchschnitt. Das untere Viertel (–25-%-Gruppe) hingegen hat jedes Jahr teurer eingekauft. In den vergangenen beiden Jahren war der Unterschied mit 7 und 3-%-Punkten am höchsten.

Vermarktung und Erlöse

In der Vermarktung fallen ebenfalls Extremwerte auf. So wurde am Ende des ausgewerteten Wirtschaftsjahres mit 2,50 €/kg Schlachtgewicht (SG) der bisherige Höchstwert von 2,03 €/kg SG (Jahreswechsel 2019 zu 2020) um 47 ct überboten. Durch diese hohen Notierungen konnten die Betriebe im Durchschnitt mit 2,08 €/ kg SG beziehungsweise 202 € je Mastschwein Rekordumsätze erlösen. Diese hohen Erlöse waren notwendig, um die zuvor aufgeführten Kosten zu decken.

Die Mehrheit der Schweine – etwa 94 % – wurde über den Magerfleischwert klassifiziert, gemessen in der Schale über das AutoFOM-III-Gerät. Lediglich 4,4 % der SSB-Schweine wurden nach AutoFOM klassifiziert. Diese Klassifizierung bietet bei hohen Basispreisen das Potenzial höherer Zu-, aber auch Abschläge. Durch die relative Verpreisung entwickelt sich die AutoFOM-Klassifizierung zunehmend zu einer Option für Spezialisten. Dies sah vor zehn Jahren noch anders aus, damals wurden 20 % und mehr über die AutoFOM-Klassifizierung abgerechnet.

Seit der Einführung der AutoFOM-III-Geräte konnten die Magerfleischanteile (MFA) jährlich um 0,3 % bis auf 61 % gesteigert werden. Im vergangenen WJ 2022/23 ist der MFA auf 60,6 % gefallen. Ob dies an einer geänderten Genetik oder dem Einsatz geringwertiger Futtermittel lag, konnte noch nicht abschließend geklärt werden. Aus den Auswertungen der Einzelbetriebe geht hervor, dass diese Werte ausreichend sind für eine erfolgreiche Vermarktung, weil Ergebnisse über 61 % MFA nicht zu einer besseren Bezahlung führen.

Die Erlöse je Kilogramm SG hatten immer einen hohen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit. Im Wirtschaftsjahr 2022/23 gab es zwischen der +25- %- und der –25-%-Gruppe keinen Unterschied bei den Betrieben, unabhängig davon, ob diese einen Vermarktungs- oder Markenfleischzuschlag erhalten haben oder nicht. Der Vorteil von 4 ct/kg SG wurde größtenteils über Sortierung und Klassifizierung erreicht.

Als eine Möglichkeit, die Vermarktung zu verbessern, hat sich im vorherigen Jahr die Nachmast der Tiere bestätigt. Damit ist das aktive Umstallen der letzten Tiere aus einer Gruppe gemeint, um diese in ein besseres Schlachtgewicht zu bringen. Die Erlöse konnten um etwa 2 ct/kg SG verbessert werden (weniger Abzüge für Untergewicht), ohne die FVW nachweislich zu verschlechtern.

Betrachtung der Biologie

Besonders hohe Masttagszunahmen (MTZ) haben eher einen untergeordneten Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg. Im WJ 2022/23 hatte der durchschnittliche SSB-Betrieb mit 931 g erstmals eine höhere MTZ als die wirtschaftlichen Top-25-%-Betriebe (928 g). Diese Entwicklung zeichnete sich schon über die vergangenen Jahre ab, das obere Viertel pendelte seit dem WJ 2017/18 immer zwischen 920 g und 930 g MTZ.

Dennoch konnten die schleswig-holsteinischen Betriebe in den vergangenen zehn Jahren ihre MTZ im Mittel um fast 100 g steigern. Im Vergleich mit deutschlandweiten Zahlen der Erzeugerringdatenbank (erzeugerring.info) ist der hohe Norden um fast 50 g besser. War in der Vergangenheit dieser Unterschied einem höheren Anteil von Duroc-Anpaarungen geschuldet, erreichen nun auch die anderen Genetiken in der Regel über 900 g.

Weiterhin fallen die zurückgegangenen Verluste in der Auswertung auf. Dass gestiegenen Verlusten zusätzlich hohe Kosten (Ferkelzukauf und Futter) folgen, haben die Betriebe innerhalb der Beratung erkannt. Sie konnten im WJ 2022/23 mit 2,68 % erneut die Verluste senken und haben den zweitbesten Wert nach WJ 2017/18 (2,66 %) der vergangenen zehn Jahre erreicht. Ferner steht die Salmonellen-Kategorie im engen Zusammenhang mit den Verlusten. Zum zweiten Mal in Folge waren im unteren Viertel signifikant mehr Betriebe in der Kategorie II eingestuft.

Mittlerweile sind etwa 66 % der Mastschweine in der Initiative Tierwohl mit einem größeren Platzangebot organisiert. Zwischen 0,75 und 0,825 m² je Mastschwein war bei den Betrieben der SSB kein signifikanter Unterschied in der Biologie (MTZ, FVW, Verluste) feststellbar. Über die Erzeugerringe hatten Mastschweine mit 0,825 m² Platzangebot die beste Biologie. In der Ökonomie konnte über alle Betriebe hinweg auch bei den hohen Erlösen mit dem Mehrplatz eine bessere Wirtschaftlichkeit inklusive ITW je Quadratmeter Stallfläche erreicht werden.

Vergleich zum Bundesschnitt

In den biologischen Leistungen konnte Schleswig-Holstein wieder deutsche Spitzenwerte bei der MTZ (931 g zu 887 g) und der Futteraufnahme je Tag (2,58 kg zu 2,46 kg) erreichen. Bei der FVW gibt es mit 1:2,78 keinen Unterschied. Der Vermarktungsnachteil konnte im Lauf der Zeit reduziert werden. Während der Norden vor zehn Jahren durch die Entfernung zu den Schlachthöfen um 6,3 ct/kg SG schlechter vermarktet hat, sind es heute nur noch 3,3 ct.

Ein weiterer regionaler Nachteil ist bei den Futterkosten erkennbar. Wird nur Fertigfutter eingesetzt, ist dieses in Schleswig-Holstein etwa 1,80 €/dt teurer. Werden dann noch Nebenkomponenten (Backwaren, Molke et cetera) eingesetzt, welche regional nur sehr begrenzt verfügbar sind, wird die Differenz größer. Alle Details finden sich im Schweinereport unter lksh.de

Fazit

Die Mäster der SSB konnten mit 24,90 € Direktkostenfreier Leistung je 100 kg Zuwachs ohne Sonderzahlungen (SoZ – in der Regel ITW-Beiträge) beziehungsweise mit 36,80 € im oberen Viertel ein überdurchschnittliches Jahr (Vergleiche langjähriger Durchschnitt 21,10 € beziehungsweise 31,50 €) abschließen.

Mit 62,90 € Direktkostenfreier Leistung (DKfL) je Mastplatz ohne SoZ konnten die hohen Erlöse die gestiegenen Direktkosten decken, jedoch reichten sie nicht aus, um die Festkosten eines durchschnittlichen Betriebes mit Neubau ohne SoZ von 72,20 € (15,70 € Arbeitserledigungskosten, 39,70 € Gebäudekosten, 16,80 € Gemeinkosten und Zinsansatz) zu decken.

Die Bestandsveränderung in Höhe von 12,20 €/100 kg Zuwachs zeigt, dass der durchschnittliche Betrieb etwa 53.000 € in den Bestandsaufbau investiert hat, welcher nicht als Rückfluss der Liquidität vorhanden war. Daher hatten einige Betriebe trotz des guten Wirtschaftsjahres an dessen Ende eine angespannte Liquidität, welche erst im Herbst 2023 mit den fallenden Futterpreisen der neuen Kontrakte spürbar verbessert wurde.

Die Sollwerte hinterfragen

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Zahlreiche Dienstleister bieten Applikationskarten zur Aussaat und Düngung an. Bekommt man von allen Anbietern die gleichen Karten, oder gibt es Unterschiede? Dieser Frage geht die Hochschule Weihenstephan in einem Versuch nach.

Im Versuch wurden Maisaussaatkarten von sechs Anbietern auf neun verschiedenen Schlägen (zwischen 4,3 und 25,8 ha) miteinander verglichen. Dabei wurden zufällig zehn Punkte je Hektar ausgewählt, für die die Saatstärke an dieser Stelle zwischen den Herstellern verglichen wurde. Die Arbeitshypothese: Auf allen Schlägen stimmen die Applikationskarten mehr oder weniger überein.

Vergleich der Karten

Schon bei der durchschnittlichen absoluten Aussaatmenge gab es eine anbieterindividuelle Diskrepanz im Bereich zwischen 78.000 und 90.500 Körnern pro Hektar (K./ha). Die Erstellung der Karten ist bei allen Anbietern nahezu gleich: Zuerst müssen die Feldgrenzen festgelegt werden. Das erfolgt bei fünf der sechs Hersteller über den Datenimport einer Shape-Datei, ein Hersteller bietet eine automatische Feldgrenzenerkennung in seinem Portal an. Im zweiten Schritt werden die Satellitendaten ausgewählt, welche in die Berechnung des Ertragspotenzials mit einfließen.

Hierbei gibt es erste Unterschiede, da manche Anbieter die Möglichkeit bieten, die verwendeten Satellitenbilder einzuschränken. Andere Anbieter geben die verwendeten Daten durch ihren Algorithmus fest vor. Bei zwei Herstellern werden auch die Hauptfrüchte der drei Vorjahre mit abgefragt. Im letzten Schritt erfolgt die Zonierung, die alle Hersteller automatisch vornehmen. Lediglich eine Software erlaubt es, die automatische Zonierung anschließend betriebsindividuell zu verändern. Ein Anbieter arbeitet lediglich mit drei verschiedenen Zonen, der Rest unterteilt die Schläge in fünf Zonen.

Bei der Vorgabe der Aussaatstärke muss immer mindestens der Standard-Sollwert vorgegeben werden, in unserem Fall waren es 90.000 K./ha. Für die Zonen mit höherem oder geringerem Ertragspotenzial müssen die Abweichungen vom Sollwert durch den Anwender entweder prozentual vom Sollwert oder mit einem separaten Wert für diese Zone festgelegt werden. Lediglich ein Hersteller teilt die Sollwerte den einzelnen Zonen komplett selbstständig zu – auf Basis seines Algorithmus und anhand der Potenzialkarte.

Unterschiede bei Sollwerten

Die Unterschiede zwischen den Sollwertkarten lassen sich einerseits durch Berechnungen des Herstellers und andererseits durch die Eingaben des Nutzers erklären. Bezüglich der Spanne zwischen der größten und der kleinsten Aussaatmenge sind die Unterschiede zwischen den Schlägen gering (14.000 bis 20.000 K./ha). Auffällig ist, dass zwei Hersteller im Vergleich zu den drei anderen eine deutlich geringere Spanne generieren (8.000 beziehungsweise 14.000 K./ha im Vergleich zu 20.000 K./ha).

Um die Ähnlichkeit der Karten zu bewerten, wurden die Sollwerte an zufällig verteilten Probepunkten paarweise (je zwei Anbieter) verglichen. Das Ergebnis war der Korrelationskoeffizient r pro Anbietervergleich und Schlag. Dieser kann Werte zwischen –1 und 1 annehmen. Ein Wert größer als 0 bedeutet, dass beide Karten tendenziell an denselben Stellen jeweils höhere und an denselben Stellen jeweils geringere Aussaatdichten vorschlagen. Je näher der Wert an 1 heranreicht, desto häufiger ist diese Übereinstimmung gegeben.

Bei negativem Korrelationskoeffizienten verhält es sich umgekehrt: Die Aussaatkarte eines Anbieters empfiehlt dort höhere Aussaatdichten, wo der andere geringe Aussaatdichten ausweist und umgekehrt. Je näher sich der Wert –1 annähert, desto häufiger sind die Empfehlungen gegenläufig. Ein Korrelationskoeffizient um 0 deutet darauf hin, dass die beiden Sollwertkarten zufällig verteilt einmal übereinstimmen und einmal voneinander abweichen.

Zwei Scores entwickelt

Für die Bewertung wurden zwei Maßzahlen (Scores) entwickelt: Der Score 1 bewertet sowohl hohe positive als auch hohe negative Korrelationen als positiv und führt dann zu einem hohen Ergebnis, wenn die Aussaatkarten die gleichen Zonen ausweisen, auch wenn diese gegenläufig sind. Score 2 bewertet positive Zusammenhänge positiv und negative Zusammenhänge negativ. Er ist im Fall, der in Tabelle 1 dargestellt wird, deshalb immer niedriger als Score 1, weil negative Zusammenhänge zu Punktabzug führen.

Tabelle 1 stellt die Häufigkeit der Korrelationen auch mit den entsprechenden Mittel-/Durchschnittswerten und Scores zwischen den Sollwerten für die einzelnen Schläge unter den verschiedenen Herstellern dar. Hier ist ersichtlich, dass die Sollwerte bei manchen Schlägen ähnlicher sind als bei anderen. Beispielhaft hierfür sind die Schläge 4 und 9 zu nennen, welche mit über 70 % einen hohen Score 1 aufweisen. Für Schlag 2 und Schlag 8 stellt sich das Ergebnis hingegen so dar, dass keine Zusammenhänge zwischen den Sollwerten zu bestehen scheinen: Die positiven und negativen Korrelationen gleichen sich fast aus, sodass der Score 2 jeweils in einem Bereich von zirka 10 % liegt.

Große Streubreite

Doch warum gibt es eine so große Streubreite zwischen positiver und negativer Korrelation? Die Hinweise sind in Tabelle 2 zu finden. Sie stellt die Korrelationen unter den Anbietern dar, einmal mit dem Mittelwert der Korrelation und einmal mit der maximalen Abweichung nach oben oder unten. Anbieter 3 weist durchschnittlich deutlich negativere Korrelationen auf und der maximale Korrelationskoeffizient ist mit 0,22 deutlich niedriger als bei den anderen Anbietern.

Dies lässt vermuten, dass entweder die Zonen von Hoch- und Niedrigertrag vertauscht wurden oder alle anderen Hersteller eine andere Strategie zur Erzeugung der Ausbringkarte nutzten. Letzteres lässt sich durch die Betrachtung eines paarweisen Vergleichs der Korrelationskoeffizienten stützen. Dabei wurden immer zwei Anbieter über die gesamten Flächen übereinandergelegt und deren Korrelation bestimmt. Bei jedem Vergleich, in dem Anbieter 3 enthalten ist, resultierte ein negativer Zusammenhang zwischen den beiden Karten.

Unterstützt wird diese Annahme außerdem durch die Betrachtung der Häufigkeiten der Korrelationen mit und ohne Anbieter 3: In der Abbildung 1 werden alle Anbieter berücksichtigt, und es ergeben sich sowohl positive als auch negative Zusammenhänge zwischen den Sollwerten. Die negativen Zusammenhänge lassen sich Anbieter 3 zuordnen, denn eine Auswertung ohne Anbieter 3 führt zur in Abbildung 2 dargestellten Verteilung.

Tabelle 4 stellt die Häufigkeit der Korrelationen zwischen den Sollwerten für die einzelnen Schläge dar unter den verschiedenen Herstellern, jedoch ohne Anbieter 3. Beim Vergleich der Korrelationen ohne Anbieter 3 ist auf vier der neun Schläge eine überdurchschnittliche Ähnlichkeit im Vergleich zum Durchschnitt über alle Felder der Karten festzustellen (Schlag 3, 4, 5 und 9). Bei zwei Schlägen (Schlag 6 und 7) liegt sie im Bereich des Mittelwertes, und auf einem Drittel der Flächen gibt es nur eine unterdurchschnittliche Übereinstimmung (Schlag 1, 2 und 8), wie sich aus den Scores 1 und 2 ableiten lässt.

Weitere Einflüsse

Die schlagbezogene Spreizung lässt vermuten, dass es für die verschiedenen Felder weitere Einflüsse gab, die bei der Kartenerzeugung durch die Hersteller unterschiedlich bewertet wurden. Es greifen zwar alle Anbieter mutmaßlich auf dieselben Satellitenkarten zu, jedoch hat jeder Anbieter eigene Berechnungs- und Verschneidungsmodelle.

Abbildung 3 stellt die Streuung der einzelnen Probepunkte in Kartenform dar: Grüne Punkte weisen eine hohe Einigkeit auf, gelbe Punkte eine mittlere und rote Punkte eine geringe. Es ist deutlich erkennbar, dass die Einigkeit zunimmt, wenn Anbieter 3 nicht berücksichtigt wird (Abbildung 3b). Dies ist auch auf einzelnen Schlägen (Sichertshausen, ­Nordwesten) zu beobachten. Bei anderen Schlägen (Wasen, ­Nordosten) bleibt die Uneinigkeit auch ohne ­Anbieter 3 räumlich stabil.

Die räumliche Darstellung macht deutlich, dass die Uneinigkeit sich an bestimmten Zonen festmachen lässt (siehe nördliche Feldgrenze Schlag Wasen). In anderen Zonen (nördlicher Teil des Schlages Roess) sind die Übereinstimmungen über weite Bereiche stabil eng.

Was kann man feststellen?

Die Übereinstimmung der Sollwerte verschiedener Applikationskarten für die Maisaussaat ist erkennbar, aber nicht flächendeckend gegeben. Auf einzelnen Schlägen und in einzelnen Zonen sind die Zusammenhänge eng, in anderen Zonen treten deutliche Unterschiede auf. Bei einem einzelnen Anbieter wird das Vertauschen der Zonen (Niedrig-/Hochertrag) vermutet.

Satellitendaten und andere Datenquellen wie Bodenkarten, Sensorkarten und Nährstoffkartierungen stellen eine hervorragende Möglichkeit dar, um Unterschiede in der Ertragsfähigkeit von Böden auszuweisen und darauf zu reagieren. Aufgrund dieses Vergleichs sind Satellitendaten allein anscheinend nur beschränkt in der Lage, ein korrektes Abbild des Ertragspotenzials zu liefern. Zusatzinformationen über den Boden tragen ebenso wie das Wissen des Betriebsleiters dazu bei, die Ertragsfähigkeit korrekt zu beurteilen.

Zeitlicher Aufwand

Das optimale Ergebnis kann wahrscheinlich nur dann erreicht werden, wenn nicht nur Informationen von Satellitenbildern bei der Erstellung von Applikationskarten zur Aussaat berücksichtigt werden. Das erfordert in der Regel den persönlichen Einsatz des Betriebsleiters und die selbstständige Suche nach Daten und deren Verarbeitung. Die Daten und die dafür benötigte Software sind meist kostenlos, aber der zeitliche Aufwand ist nicht zu unterschätzen.

Damit sich der Aufwand lohnt, sind vorab folgende Fragen zu klären: Welche Ziele möchte ich mit der Einführung dieser Technik erreichen? Welche Pflanzenbaustrategien verfolgt man als Betriebsleiter? Wo möchte ich Applikationskarten einsetzen? Welchen Zeitaufwand gestehe ich der Digitalisierung und Applikationsplanung zu? Wie viel eigene Entscheidungsgewalt möchte ich abgeben? Am Ende bleibt es dann jedem selbst überlassen, ob er in die teilflächenspezifische Bewirtschaftung einsteigt, die Karten selbst erstellt oder diese Aufgabe an einen Dienstleister abgibt.

Fazit

Ein Ergebnis liefern die Karten aller Hersteller, aber ob sie zur eigenen Philosophie und Zielsetzung passen, muss jeder Betriebsleiter individuell entscheiden.

Die Universität bietet im Rahmen des Forschungsprojekts Schulungen an, in denen die Erstellung von Applikationskarten geübt wird. Es wird gezeigt, woher man alle benötigten Daten kostenlos bekommen kann, wie die Karten zusammengefügt werden und welche Entscheidungen man aufgrund dieser Karten treffen kann. Weitere Informationen finden sich unter ­diabek.hswt.de


Ertragspotenzial- und Applikationskarten

Ertragspotenzialkarten sind Zonenkarten mit maximal möglichen Absolut- oder Relativerträgen. Sie werden aus einem oder mehreren Parametern (zum Beispiel: Bodeneigenschaft, Pflanzenzustand, Ertragsdaten) abgeleitet und finden häufig bei der Applikationskartenerstellung oder zur Festlegung von Beprobungspunkten Anwendung.

Applikationskarten enthalten ebenfalls Zonen, jedoch in für Maschinen lesbarer Form mit maßnahmenbezogenen Sollwerten, die ausgebracht werden sollen. Sie können für nahezu jede pflanzenbauliche Maßnahme erstellt werden.


Geeignete Applikationsstrategien

Homogenisieren: Hier werden die unterschiedlichen Zonen eines Schlages so bewirtschaftet, dass ein gleichmäßiger Bestand entsteht. In der Regel werden in sich schwächer entwickelnden Zonen (meist zu Beginn der Bestandesetablierung) mehr Betriebsmittel (Saatgut, Dünger) ausgebracht, um zum Beispiel die Bestandesdichte zu erhöhen und somit einen gleichmäßigen Flächenoutput zu generieren.

Heterogenisieren/Differenzieren: Hier wird der Betriebsmitteleinsatz entsprechend dem Ertragspotenzial mit dem Ziel der Kosteneinsparung und weiteren Effizienzsteigerung optimiert. Beispielsweise wird ein schwach entwickelter Bestand (normalerweise in späteren Entwicklungsphasen) in dieser Zone weniger gedüngt, da hier weniger Ertrag zu erwarten ist, während der gut entwickelte Bestand mit mehr Potenzial besser versorgt wird.


Pflanzgut wird knapp

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Die Kartoffelsaison 2023 fand unter schwierigen Witterungsbedingungen statt. Dennoch dürfte die Kartoffelernte in Nordwesteuropa trotz der nässebedingten Ertragseinbußen leicht überdurchschnittlich ausgefallen sein. Die Organisation Nordwesteuropäischer Kartoffelanbauer (NEPG) in Gembloux bezifferte das Aufkommen in Deutschland, Frankreich, Belgien und den Niederlanden mit Stand vom 26. Januar auf insgesamt 22,66 Mio. t ohne Pflanz- und Stärkekartoffeln; das wären 5,1 % mehr als im Vorjahr. Der Fünfjahresdurchschnitt liegt bei 22,12 Mio. t Kartoffeln.

Die nässebedingten Ertragseinbußen und Nachernteverluste waren in der vergangen Saison aufgrund der ungünstigen Witterungsbedingungen hoch und werden von Fachleuten auf mindestens 650.000 t Kartoffeln oder 2,8 % veranschlagt. Schätzungsweise 11.000 ha oder 2,1 % der gesamten Anbaufläche hätten nicht gerodet werden können, hieß es.

Schwache Erträge in den Niederlanden

Anders als im Rest des NEPG-Gebiets waren die Erträge, die Anbaufläche und damit die Gesamterzeugung in den Niederlanden im Jahr 2023 kleiner als 2022. Dort geht die NEPG – vor allem wegen schwächerer Erträge – von einem Rückgang des Aufkommens um 14,9 % auf nur 3,13 Mio. t aus. Damit zeigen sich die Fachleute in Gembloux deutlich pessimistischer als das niederländische Statistikamt (CBS), das die Konsumkartoffelernte im eigenen Land zuletzt vorläufig auf 3,38 Mio. t taxierte; das wären nach den Daten der Statistiker lediglich 5 % weniger als im Vorjahr.

In Belgien ist die Gesamterzeugung trotz der dramatischen Verluste, die viele Landwirte hinnehmen mussten, um 18 % gestiegen, was auf einen Anstieg der Anbaufläche um 7,9 % und insgesamt bessere Hektarerträge zurückzuführen ist. Die belgische Ernte wurde mit 4,54 Mio. t beziffert.

Auch die Landwirte in Frankreich holten deutlich mehr Knollen als 2022 aus dem Boden; ausgegangen wird von einer Steigerung der dortigen Produktion um 12,9 % auf fast 6,83 Mio. t, wobei der Durchschnittsertrag mit 43,3 t/ ha das Vorjahresniveau um 10,5 % übertroffen haben soll.

Das Kartoffelaufkommen in Deutschland sieht die NEPG bei 8,16 Mio. t, nach rund 8 Mio. t im Vorjahr. Damit wurde der langjährige Durchschnitt um 1,5 % übertroffen.

Knappe Versorgung mit Pflanzgut

Mit Blick auf den Anbauumfang zur Ernte 2024 zeigte sich die NEPG besorgt, dass nicht genügend Pflanzkartoffeln der gefragten Sorten zur Verfügung stehen könnten und dafür entsprechend hohe Preise verlangt werden dürften. Zudem werde die Verfügbarkeit des Pflanzguts wohl überwiegend an Anbaukontrakte gebunden sein.

Deshalb dürfte das Angebot an freier Konsumware 2024/25 wahrscheinlich eher klein ausfallen. Ferner erwarten die Fachleute einen ungewöhnlich hohen Anteil an vorgekeimter Ware, besonders bei den mittleren Größen zwischen 45 und 55 mm.

Unterdessen hätten die Verarbeiter großes Interesse, dass die Erzeugung gesteigert werde, heißt es weiter. Sie dürften aber Mühe haben, die dafür nötigen Anbauflächen in der kommenden Saison unter Vertrag zu bekommen, so die NEPG. Denn die Landwirte würden nach den zuletzt negativen Erfahrungen höhere Risikoprämien als bisher einfordern.

Höhere Produktionskosten, immer höhere Risiken

Viele Erzeuger erkennen, dass der Kartoffelanbau nicht nur ein kostspieliges, sondern auch ein riskantes Geschäft ist. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage: Wie viel Fläche sollte unter diesen Marktbedingungen angebaut werden? Bessere Vertragsbedingungen gleichen höhere Produktionskosten und immer größere Risiken nicht aus. Hinzu kommt, dass viele Felder durch den extrem nassen Herbst beschädigt und verdichtet wurden.

Festes Preisniveau bleibt

Die Kartoffelpreise werden nach Einschätzung der Union der Deutschen Kartoffelwirtschaft (Unika) angesichts der knappen Versorgung auch im Frühjahr sehr hoch bleiben. Es sei damit zu rechnen, dass Speisekartoffeln früher als im vergangenen Jahr sehr teuer würden, hieß es kürzlich beim internationalen Kartoffelabend der Branche in Berlin. Die Bruttoernte werde durch Mängel geschmälert. Die Versorgung mit Speisekartoffeln in Deutschland im Frühjahr werde zunächst prekärer als im Vorjahr ausfallen, so Unika. Seit dem Herbst seien bereits erhebliche Versorgungslücken im Süden und Südwesten mit Speiseware aus Niedersachsen gestopft worden. Der Bedarf sei viel größer als im Vorjahr. Zudem gebe es in Ost- und Südosteuropa sowie in Großbritannien ebenfalls Versorgungsprobleme. age

Erprobung des Futtermittelzusatzstoffes Bovaer

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Obwohl eine Vielzahl an wissenschaftlichen und praxisnahen Untersuchungen durchgeführt wurde, werden jetzt auch am Lehr- und Versuchszentrum (LVZ) Futterkamp der Einsatz und die Auswirkung des Futtermittelzusatzstoffs Bovaer im Rahmen eines Modell- und Demonstrationsvorhabens gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum für klimaeffiziente Landwirtschaft erprobt.

Strategien zur Beeinflussung der Methanproduktion in der Rinderhaltung sind vielfältig. Insbesondere der Einsatz von Futtermittelzusatzstoffen steht dabei im Fokus der Wissenschaft. Die Möglichkeiten sind umfangreich und unter Laborbedingungen zumeist gut erforscht. Dennoch mangelt es einigen Futtermittelzusatzstoffen an praxisnahen Untersuchungen und einer entsprechenden Zulassung in der EU. Davon ausgenommen ist Bovaer, welches regulär zu erwerben ist und so von jedem Landwirt eingesetzt werden kann.

Die Pansenfermentation der Rinder verursacht mehr als 90 % des tierbezogenen Methanausstoßes. Dieser kann auf verschiedene Weisen beeinflusst werden. Angefangen bei der Ration an sich, kann der Einsatz von mehr Kraftfutter das Verhältnis der kurzkettigen Fettsäuren im Pansen beeinflussen, sodass weniger Acetat als Basis für die Methan bildenden Mikroorganismen zur Verfügung steht. Eine solche Vorgehensweise kann jedoch zulasten der Tiergesundheit gehen.

Der Laser-Methan-Detektor im Einsatz: Der grüne Laserstrahl trifft auf die Nase des Rindes und wird von dort reflektiert.

Zusätzlich sind verschiedene pflanzliche Wirkstoffe beschrieben, zum Beispiel ätherische Öle oder Algenextrakte, die sich auf die Methanproduktion auswirken sollen. Hier fehlt es jedoch zumeist an aussagekräftigen Studien im praktischen Einsatz. Daher wird das Vorhaben auf das bereits gut erprobte Bovaer, ein Nitrat-Alkohol-Gemisch (3-NOP), setzen. Dieses ist sowohl im Labor als auch in der praktischen Rinderhaltung erprobt und reduzierte in diesen Erprobungen den Methanausstoß aus dem Pansen um bis zu 30 %.

Bovaer ist als Futtermittelzusatzstoff auf dem Markt erhältlich. Innerhalb des Vorhabens wird Bo­vaer für sechs Monate am LVZ Futterkamp der Landwirtschaftskammer eingesetzt und die Auswirkungen auf die Methanproduktion der behandelten Kühe beurteilt. Ziel ist es, nicht nur Bovaer und dessen Wirksamkeit kennenzulernen, sondern die Methanreduktion auch sichtbar zu machen. Dazu wird ein Laser-Methan-Detektor (LMD) eingesetzt, der sich in verschiedenen Studien bereits für den Einsatz in der Rinderhaltung geeignet gezeigt hat.

Modell- und Demonstrationsvorhaben sind dadurch gekennzeichnet, dass sie nahe an der Praxis agieren und somit die Übertragbarkeit wissenschaftlicher Arbeiten in die landwirtschaftliche Praxis fördern. Zudem wird durch solche Vorhaben die Möglichkeit geschaffen, Anwendungen weiterzuentwickeln, um echten Nutzen für die Landwirte zu erreichen.

Versuchsaufbau im LVZ

Der Milchviehstall der Landwirtschaftskammer verfügt über zwei identisch aufgebaute Abteile mit Platz für jeweils 36 Kühe. Hier durchlaufen die Versuchs- und die Kontrollgruppe zeitgleich den Versuch. Beide Gruppen werden über Wiegetröge gefüttert und mit Wasser versorgt. Kern dieser Anlage ist die tierindividuelle Erfassung der täglichen Futteraufnahmen. 

Die Gruppen werden hinsichtlich Leistungsniveau, Laktationsnummer und -stadium möglichst ausgeglichen besetzt, sodass der Einfluss dieser Faktoren auf die Auswertung möglichst gleich ist. Entscheidend ist der Unterschied in der Fütterung. Beide Gruppen erhalten die gleiche Grundration, jedoch wird die Versuchsgruppe zusätzlich mit Bovaer versorgt.

Bovaer muss vor Verabreichung in andere Futtermittel eingemischt werden, daher wird das bereits bekannte Mineralfutter der Versuchsgruppe damit ergänzt. So wird eine ausreichende Vermischung des sehr gering dosierten Bovaer in der Ration erreicht und eine möglichst konstante Aufnahme gewährleistet. Der Fütterungsversuch wird insgesamt 180 Tage andauern. In dieser Zeit wird die gefütterte Ration beider Gruppen regelmäßig beprobt und auf ihre Inhaltsstoffe untersucht.

Während des Versuchszeitraums wird der Methanausstoß beider Gruppen auf verschiedene Weisen dargestellt und beurteilt. Zum einen werden aus historischen und neuen Daten Methanwerte für die einzelnen Kühe des LVZ geschätzt. Zum anderen werden tierindividuelle Methanmesswerte mit einem LMD erfasst. Der LMD wird vor Versuchsstart genutzt, um einen Basiswert für jede Kuh zu ermitteln, die in eine der beiden Gruppen eingestallt wird. Dieser Basiswert dient als Vergleichsgrundlage innerhalb des Vorhabens. Im weiteren Verlauf werden der Methanausstoß aller am Vorhaben beteiligten Kühe regelmäßig mit dem LMD und weiterhin zufällige Stichproben zu festgelegten Zeitpunkten erneut gemessen.

Neben den Informationen zur Fütterung und den Mess- und Schätzwerten zum Methan werden verschiedene Daten zur Leistung und Tiergesundheit routinemäßig erfasst. Zusätzlich zu den monatlich durchgeführten Milchleistungsprüfungen werden die Milchleistung und -qualität der jeweils 36 Tiere in Versuchs- und Kontrollgruppe in sogenannten Sonderkontrollen zusätzlich untersucht.

Schematische Darstellung der Methanmessung. Quelle: Dr. Imme Dittrich/Icons: flaticon.com

Wie wirkt Bovaer?

Methan wird im Pansen durch Mikroorganismen (Archaea) produziert, die Azetat unter Einfluss von Enzymen verarbeiten. Gleichzeitig werden Säure bildende Wasserstoffionen verbraucht und führen so im Pansen nicht zu übermäßiger Säureproduktion. Durch den Einsatz von Bovaer wird in diesen Weg eingegriffen, da das Enzym, das die Vorstufen zu Methan katalysiert, an diesem entscheidenden Schritt gehindert wird. So lässt sich die Methanproduktion aus dem Pansen um bis zu 30 % reduzieren.

Aufgrund seiner guten Wirksamkeit wird nur ein sehr geringer Anteil Bovaer in der Ration gebraucht. Beschrieben wird die Dosierung mit ¼ TL pro Kuh und Tag. Dies entspricht einer ordentlichen Prise Salz und kann nur schwer in die Rationsgestaltung einbezogen werden. Da Bovaer aber vor dem Verabreichen in andere Futtermittel eingemischt werden muss, ist die geringe Dosierung voraussichtlich weniger problematisch.

LMD-Messung im Detail

Die Methanmessungen werden mit dem LaserMethane Smart von Tokyo Gas Engineering Solutions Corporation durchgeführt. Messgeräte gleicher Bauart und Funktionsweise wurden bereits öfter zur Beantwortung wissenschaftlicher Fragestellungen eingesetzt und zeigten sich gut geeignet. Der LMD wird auf einen Zielpunkt gerichtet, der den Messlaser reflektiert.

Bei den Messungen an den Kühen wird als Zielpunkt in der Regel die Nase der Kuh genutzt. Dabei sollte den Bewegungen des Kopfes gefolgt werden, um den Zielpunkt nicht zu verlieren. Der ausgesendete Messlaser durchdringt so die Atemluft in der Umgebung von Nase und Maul der Kuh und misst in diesem Bereich den Methangehalt. Dieser wird als ppm-m ausgegeben, sodass der dokumentierte Wert angibt, wie viel Methan (ppm) auf der gemessenen Strecke (m) vorhanden ist.

Um den Einfluss der Messdistanz möglichst gering zu halten, sollte diese während der Messungen nicht variieren und maximal 3 m betragen. Neben der Messdistanz hat auch die Messdauer einen Einfluss auf das Gesamtergebnis. In wissenschaftlichen Studien wurden unterschiedliche Messdauern von 3 bis 10 min miteinander verglichen. Daraus wurde eine Mindestmessdauer von 4 min pro Tier abgeleitet.

Der Messvorgang innerhalb des Fütterungsversuchs soll entsprechend diesen beschriebenen Parametern durchgeführt werden, sodass das Methan in der Umgebungsluft der Nase der Kühe standardisiert gemessen werden kann und die Einflüsse durch Distanz und Messdauer so gering wie möglich sind.

Fazit

Die Wirksamkeit des 3-NOP in Bovaer ist bereits gut untersucht und für die Fütterung von Milchkühen europaweit zugelassen. Trotz dieser positiven Eigenschaften wird Bo­vaer nur wenig in der Praxis eingesetzt, da es auch an Möglichkeiten zur Sichtbarmachung der Wirksamkeit fehlt. Der in Futterkamp angelegte Versuch möchte die Nutzung von Bovaer und die gleichzeitige Sichtbarmachung des eingesparten Methans aufzeigen.

Dieses Modell- und Demonstrationsvorhaben wird durch das Kompetenzzentrum für klimaeffiziente Landwirtschaft des Ministeriums für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz gefördert.

Schwache Bestände richtig fördern

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Nach einem nassen und kühlen Herbst und einem ebenso nassen Winter sind viele Bestände schwach entwickelt und haben mit verschiedenen Problemen zu kämpfen. Um noch zu verhältnismäßig guten Erträgen und Qualitäten in der kommenden Ernte zu gelangen, muss jetzt möglichst alles stimmen.

Die Pflanzen müssen zeitig Nährstoffe aus dem Boden aufnehmen, um die Basis für ihre Photosynthese, Entwicklung und das Wachstum legen zu können. Dies muss fast ausschließlich über die Wurzel erfolgen. Hier offenbaren sich allerdings Grenzen, da nässebedingt überwiegend ein schwaches Wurzelwerk vorzufinden ist. Gleichzeitig ist die Befahrbarkeit schwierig.

Weiterhin ist zu beachten, dass nur auf aufnahmefähigen Böden, die nicht wassergesättigt oder überstaut sind, eine Düngung erfolgen darf.

Grundsätzlich muss vor der ersten Düngemaßnahme, wie bereits in den vorausgegangenen Artikeln beschrieben, eine schriftliche Düngebedarfsermittlung für Stickstoff (N) und Phosphat (P) erfolgen (siehe Beispiele ausgewählter Kulturen; Tabelle 1). Dabei müssen für N die aktuellen Nmin-Werte Berücksichtigung finden. Es sollte bei einigen sehr schwachen und ungleichmäßigen Beständen hinterfragt werden, ob noch genug Potenzial vorhanden ist. Auch muss geklärt werden, ob ein Umbruch mit einer dann folgenden Neuansaat möglich und sinnvoll ist.

Mit ordentlichem Augenmaß vorgehen

Für schwache, aber gleichmäßige Bestände (geringe Pflanzenzahl, schwache Bestockung), die entsprechend erhaltenswert sind, kommt es nun auf die zeitnahe Versorgung mit Nährstoffen an. Ziel ist es, eine weitere Bestockung positiv zu begleiten und damit ausreichende Ertragsanlagen zu generieren.

Da Saatgut von möglichen alternativen Frühjahrskulturen aber teilweise schwer verfügbar sein dürfte, ist es wahrscheinlich, dass auch viele schwache Bestände erhalten werden müssen. Hier gilt es, bei der Düngung Augenmaß zu behalten und nur dort deutlich zu fördern, wo ein ausreichendes Restpotenzial für Ertrag der Pflanzen vorhanden ist. Dementsprechend ist es nicht zielführend, in sehr schwachen Teilbereichen des Bestandes oder dort, wo annähernd kein Pflanzenbestand mehr vorhanden ist, eine Düngung durchzuführen.

Start schwacher Bestände absichern

Grundsätzlich ist es zulässig, zu Vegetationsbeginn sehr schwach entwickelte Bestände mit einem N-Düngeaufschlag zu versehen. In schwachen Beständen mit ein bis zwei Trieben können für Winterweizen, Wintertriticale und Winterroggen bis zu 10 kg N/ha Zuschlag zum ermittelten Düngebedarfswert gegeben werden, bei Wintergerste bis zu 15 kg/ha. Vorsicht ist allerdings in Roten Gebieten geboten, da hier der nach Düngebedarfsermittlung ermittelte Gesamt-N-Bedarf je Betrieb nicht überschritten werden darf und damit Aufschläge zur einen Kultur bei der anderen abgezogen werden müssen.

Grundsätzlich wichtig ist die schlaggerechte Beurteilung des Bestandes hinsichtlich der Pflanzenzahl je Quadratmeter, der Triebzahl pro Pflanze und des Gesamtzustandes. Hierzu ist ein Nachweisprotokoll für den N-Düngeaufschlag zwingend zu nutzen, welches auch die notwendigen Erläuterungen enthält und auf der Homepage der LKSH abrufbar ist: https://t1p.de/fvfzu

Begleitend hierzu müssen repräsentative Fotos für jeden Schlag beziehungsweise jede Bewirtschaftungseinheit gemacht und mit dem Protokoll dokumentiert werden.

Schwach entwickelte Bestände wie dieser müssen kritisch beurteilt werden, sind aber erhaltenswert und müssen gezielt gefördert werden.

Gut entwickelte Bestände normal führen

In der Praxis sind neben den kritischen, später gesäten und schwachen Beständen auch viele gut entwickelte und bislang ohne wesentliche Schäden durch den Winter gekommene Bestände zu finden, gerade von Wintergerste und auch früh bestelltem Winterweizen. Hier kann von einer normalen, teils auch überdurchschnittlichen Entwicklung ausgegangen werden. Da jedoch insgesamt die Nmin-Werte im Land auf einem niedrigen Niveau liegen (siehe Nitratmessdienst, Teil 1 im Bauernblatt, Ausgabe 6), sollte auch hier nicht zu sehr die Startgabe reduziert werden.

Da auch die verfügbaren Schwefelgehalte des Oberbodens (Smin) niederschlagsbedingt niedrig ausfallen (siehe Nitratmessdienst, Teil 1), muss zur ersten Stickstoffgabe auch die Schwefelversorgung durch eine Gabe von 20 bis 30 kg S/ha sichergestellt werden. Dies kann durch die Gabe eines Stickstoff-Schwefel-Düngers (ASS oder SSA) als geteilte erste N-Gabe (siehe Tabelle 1) erfolgen oder separat durch Kieserit oder mit einem schwefelhaltigen N-Dünger. Aufgrund der schwachen Bestände, die nässebedingt ein teils sehr schwaches Wurzelwerk aufweisen, sollten nitrathaltige Dünger bevorzugt werden, insbesondere wenn durch eine späte Befahrbarkeit der erste Düngetermin nach hinten rückt und weiterhin kalte Böden vorherrschen.

Beispiele für eine mögliche Düngerwahl sowie die Gabenaufteilung bei relativ normal entwickelten Beständen (angepasst an die ermittelten N-Düngebedarfswerte aus Tabelle 1) sind in der Tabelle 2 dargestellt.

Gülle und Gärreste nutzen, wenn möglich

Gerade in den zurückliegenden beiden Jahren mit einer Phase hoher Preise für mineralische Düngemittel waren zeitweilig Mehrnährstoffdünger wie Gülle oder Gärrest in Ackerbaubetrieben stark nachgefragt. Mit wieder niedrigeren Preisen und ebenso gesunkenen Markterlösen für Getreide bleibt Gülle bei günstiger Verfügbarkeit weiterhin attraktiv.

Jedoch stellt die bedarfsangepasste Versorgung hohe Ansprüche an den Zeitpunkt des Einsatzes. Frühe Termine sind nötig, um einerseits geringere gasförmige Verluste (Ammoniak) und andererseits einen hohen Ausnutzungsgrad der organisch gebundenen Nährstoffe zu erlangen. Dies ist jedoch an eine frühe Befahrbarkeit der Flächen gebunden. Dies dürfte in diesem Jahr aufgrund der feuchten und wenig tragfähigen Böden und immer wieder neuen Niederschläge sehr schwierig sein. Bei Nachtfrösten und tagsüber auftauenden Böden darf laut Düngeverordnung keine Aufbringung von N- und P-haltigen Düngemitteln erfolgen.

Nährstoffeffizienz und -verfügbarkeit optimieren

Begleitend zu einer optimalen und bedarfsgerechten N-Versorgung muss neben der abzusichernden Schwefelversorgung auch die Versorgung mit Grundnährstoffen sichergestellt sein. Eine gute Bodenstruktur und ein pH-Wert im optimalen Bereich erhalten den Nährstoffkreislauf des Bodens und die Nährstoffverfügbarkeit für die Pflanzen.

Nährstoffe wie Kalium sind im Boden verlagerungsgefährdet. Entsprechend sollte Kalium zu Vegetationsbeginn zumindest anteilig am Pflanzenbedarf frisch appliziert werden. Weiterhin sollte gerade bei Wintergerste und bei den anderen Wintergetreiden die Mikronährstoffversorgung mittels einer flüssigen Blattapplikation abgesichert werden.

Trockenheit, wie hier in der Marsch Ende April 2020, erfordert ein Umdenken weg von terminbasierten Teilgaben hin zu sichergestellter Nährstoffverfügbarkeit.

Produktionsziel proteinstarker Weizen

In der zurückliegenden Saison waren in der Vermarktung qualitätsstarke Weizenpartien mit einem Preisaufschlag versehen, was jedoch gute Fallzahlen voraussetzte.

Nachdem in den vergangenen Jahren vor allem der Ertrag im Fokus stand, schien zuletzt wieder ein deutlicherer Trend hin zu proteinstarken Partien zu bestehen. Dabei spielt die Sortenwahl eine entscheidende Rolle, aber auch das Düngeregime. Neben dem Umstand, dass gerade die früher regelmäßig praktizierte N-Spätgabe (vierte Gabe) wenig effizient und mit begrenzten N-Mengen aus der Düngebedarfsermittlung nicht vereinbar ist, stellen die immer häufiger stark ausgeprägten Trockenphasen in der Vegetation eine große Herausforderung dar.

Oftmals ist dann bereits bei der Applikation der dritten N-Gabe eine erhebliche Bodentrockenheit vorhanden, sodass die Ausbringung zum eigentlichen Termin erheblich an Wirkung einbüßen kann. Grundsätzlich ist es daher zielführend, die Anschlussgaben unter noch feuchten Bodenbedingungen vorzuziehen. Allerdings verliert sich dabei ein Teil der Lenkungswirkung in der Bestandsführung über die N-Düngung. Entsprechend kann es sein, dass so eher in Richtung Ertrag als auf Qualität gedüngt wird, dabei aber der Stickstoff insgesamt besser ausgenutzt wird.

Eine weitere Möglichkeit für Gaben zum Schossen oder dem Ährenschieben kann die Nutzung stabilisierter N-Formen sein, die durch frühzeitigen Einsatz eine Verfügbarkeit sicherstellen, aber durch verzögerte N-Bereitstellung optimalerweise in der Kornfüllungsphase den Proteingehalt anheben können.

Fazit

Wo gut entwickelte und starke Wintergetreidebestände stehen, kann in diesem nassen Jahr wie in normalen Jahren mit einer startbetonten Düngergabe in die Saison gestartet werden. Wo aber besonders schwache Bestände vorzufinden sind, muss zunächst ihr Potenzial abgeschätzt und dann bei ausreichender Pflanzenzahl gegebenenfalls stärker angedüngt werden. Dennoch ist hier bereits ein Teil des Ertragspotenzials verloren gegangen. Neben dem Wachstumsstadium sind zur richtigen Terminierung der Düngemaßnahmen eine ausreichende Bodenfeuchte und die Wettervorhersage im Blick zu halten.

Kohlenstoffsenken im Wald als Einkommensalternative

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Die Auswirkungen des Klimawandels werden von Jahr zu Jahr drastischer. Schäden durch Stürme, Überschwemmungen und Dürren nehmen zu, zudem wird es immer schwieriger, entsprechende präventive Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Einigkeit besteht heute, dass der Reduzierung von CO2-Emissionen und dem Binden von CO2 aus der Luft entscheidende Bedeutung zukommt.

Derzeit besteht sowohl auf europäischer wie auch auf deutscher Ebene für bestimmte Wirtschaftszweige die Verpflichtung, ihre Kohlenstoffemissionen durch den Erwerb von Zertifikaten zu kompensieren. Diese werden von der EU beziehungsweise der Bundesregierung ausgegeben und der Preis dafür staatlich festgelegt. Diese Regulierung betrifft auf EU-Ebene bestimmte Anlagen- und Luftverkehrsbetreiber. Auf nationaler Ebene sind Unternehmen der Energiewirtschaft betroffen. Alle übrigen Kohlenstoffemittenten sind bislang noch nicht verpflichtet, ihre Emissionen zu kompensieren.

Parallel dazu hat sich ein Markt sogenannter grauer Zertifikate etabliert, die für Projekte und Maßnahmen entwickelt wurden, die zur Speicherung von CO2 oder zur Reduktion von CO2-Emissionen beitragen. Eine Vielzahl privater Firmen bilanziert solche Projekte, berechnet die Kohlenstoffbilanz und generiert aus der Kohlenstoffbindung Zertifikate. Solche werden derzeit von Firmen nachgefragt, die damit im Rahmen des Marketings ihre Produkte oder Dienstleistungen als klimaneutral darstellen wollen. Da es sich hierbei ausschließlich um freiwillige Leistungen handelt, werden diese Zertifikate auch als „grau“ bezeichnet.

In den vergangenen Jahren haben sich mehrere Firmen auf den Wald als Kohlenstoffsenke fokussiert. Dabei unterscheidet man zwei grundlegende Konzepte: Bilanzierung oder Zertifikate für einzelne Maßnahmen, zum Beispiel Umbaukulturen nach Kalamitätsereignissen, oder alternativ die Bilanzierung auf Gesamtbetriebsebene. Aktuell ist der Markt für diese Zertifikate weitgehend unreguliert. Es gibt keine unabhängige Kontrolle, wie plausibel die Quantifizierung der Zertifikate und wie nachhaltig die Maßnahmen und damit die entstehenden CO2-Speicherungen tatsächlich sind.

Bedeutung des Waldes im Klimawandel

Bereits heute zeichnet sich ab, dass auch künftig die Emission von CO2 nicht in Gänze zu vermeiden sein wird. Daher richtet sich der Fokus auch auf Systeme, die Kohlenstoff aus der Luft absorbieren und speichern. Dabei kommt dem Wald eine besondere Bedeutung zu, da jeder Hektar Wald jährlich geschätzt 8 bis 10 t CO2 aufnimmt und in Form von Holz speichert. Neben diesem direkten „Waldspeicher“ wird Kohlenstoff auch dauerhaft in langlebigen Holzprodukten gebunden. Durch den Einsatz von Holz als Baustoff oder Brennstoff können andere energieintensive beziehungsweise fossile Brennstoffe ersetzt und so CO2-Emission vermieden werden.

Die große Bedeutung der Kohlenstoffsenke Wald in Verbindung mit den Möglichkeiten des Zertifikatehandels hat bei vielen Waldbesit­zenden die Frage aufkommen lassen, ob es nicht möglich ist, durch forstwirtschaftliche Maßnahmen die Kohlenstoffspeicherung ihrer Wälder noch zu steigern und diese Speicherleistung in Form von Zertifikaten auf den Markt zu bringen. Unter diesem Motto fand Ende Januar eine Tagung an der Lehranstalt für Forstwirtschaft in Bad Segeberg mit rund 50 Teilnehmern aus drei Bundesländern und Dänemark statt.

Einleitend beleuchtete Dr. Stefanie von Scheliha-Dawid (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft) die nationalen und EU-rechtlichen Rahmenbedingungen. Auf der UN-Klimakonferenz in Paris im Dezember 2015 einigten sich 197 Staaten auf ein neues, globales Klimaschutzabkommen. Die Staaten setzen sich das Ziel, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf „deutlich unter“ 2 K zu begrenzen mit Anstrengungen für eine Beschränkung auf 1,5 K. Darauf aufbauend hat die Europäische Union in ihrem Klimazielplan für 2030 beschlossen, die Reduzierung der Emission von Treibhausgasen (THG) bis 2030 auf 55 % anzuheben (fit for 55) und bis 2050 eine Treibhausgasneutralität zu erreichen.

Mit dem EU-Klimazielplan und dem Bundesklimaschutzgesetz wurden Einsparpotenziale für die einzelnen Wirtschaftszweige formuliert. Land- und Forstwirtschaft (LULUCF) spielen dabei eine entscheidende Rolle, weil ihnen eine Senkenfunktion zukommt. Das heißt, in der Land- und Forstwirtschaft sollen langfristig erhebliche Kohlenstoffmengen gespeichert und somit nicht vermeidbare Emissionen an anderer Stelle ausgeglichen werden.

Für die Datenerhebung erstellt jeder Mitgliedstaat jährlich ein Emissionsinventar für Treibhausgase, enthalten darin auch die jährliche Speicherleistung der nationalen Wälder. Das Thünen-Institut hat für 2017 errechnet, dass die deutschen Wälder jährlich 62 Mio. t CO2-Äquivalente speichern. Dazu kommen noch etwa 2 Mio. t durch den dauerhaften Verbau von Holz (Speicherung in Holzprodukten). Die Substitution fossiler Brennstoffe und energieintensiver Baustoffe durch die Verwendung von Holz verringert die CO2-Emissionen um weitere 28 Mio. t.

Anhand von Modellkalkulationen stellte die Referentin dar, dass die tatsächliche Entwicklung der Kohlenstoffspeicherung im LULUCF-Bereich deutlich von den gesetzten Zielen abweichen könnte. Es ist davon auszugehen, dass anstatt der gesetzlichen Forderung, in diesem Bereich bis 2040 eine Netto-Speicherleistung von 35 Mio. t CO2-Äquivalenten zu erreichen, die Land- und Forstwirtschaft dauerhaft eine Kohlenstoffquelle bleiben wird, denn die deutschen Wälder werden immer älter, Vorräte steigen nicht mehr an, sondern werden abgebaut und reduzieren so das Speicherpotenzial. Hier spielen auch die teilweise immensen Kalamitätsschäden der vergangenen Jahre eine erhebliche Rolle.

Die Speicherleistung der deutschen Wälder wird bereits in der nationalen Klimabilanz erfasst, sodass keine Möglichkeit besteht, Zertifikate aus Waldprojekten für die Kompensation von unternehmenseigenen Emissionen zu nutzen, da es damit zu einer Doppelzählung kommen würde (double claiming). Auf der anderen Seite verpflichtet eine neue EU-Direktive (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) zukünftig große Unternehmen dazu, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen. Dieser wird dem im Rahmen der Unternehmensbilanz vorzulegenden Lagebericht gleichgestellt.

In diesem Bericht hat das Unternehmen darzustellen, wie es das 1,5-K-Ziel zu erreichen gedenkt. Neben einer Bilanzierung der derzeitigen CO2-Emissionen sind Vermeidungs- und Minderungspotenziale aufzuzeigen. Für den Rest der nicht zu vermeidenden Emissionen sind wertentsprechende Projekte der Kohlenstoffspeicherung zu unterstützen beziehungsweise zu entwickeln. Die Umsetzung dieser Direktive wirft aktuell noch sehr viele Fragen auf, zumal die Umsetzung erst ab 2025 gilt. Trotzdem besteht nach Ansicht von Scheliha-Dawids die Möglichkeit, dass Projekte zur Erhöhung der Kohlenstoffspeicherung im Wald durchaus von Interesse sein könnten.

Dr. Stefanie von Scheliha-Dawid Foto: Hans Jacobs

Zwei Initiativen der EU

Von Scheliha-Dawid berichtete zudem von zwei EU-Initiativen. Beiden geht es darum, Mindeststandards festzulegen und vergleichbar zu machen. Beim Carbon Removal Certfication Framework (CRCF) geht es darum, wie die unterschiedlichen Zertifikate für die Kohlenstoffspeicherung inhaltlich so aufgestellt werden können, dass sie vergleichbar und in ihrer Nachhaltigkeit, Langfristigkeit und den Inhalten ihrer Standards vergleichbar und vor allem nachvollziehbar werden. Bei der Initiative Green Claims sollen die europaweit existierenden etwa 230 Nachhaltigkeitssiegel mit Mindeststandards versehen und vergleichbar gemacht werden. Beide Initiativen dienen dem Ziel, den Vorwurf des Greenwashing im Zusammenhang mit dem freiwilligen Zertifikatehandel auf dem Kohlenstoffmarkt zu entkräften. Inwieweit die derzeit auf dem Markt etablierten Zertifikatefirmen diesen Anforderungen bereits nachkommen, lässt sich noch nicht mit Sicherheit abschätzen.

WALD-Initiative der KfW

Nachdem die Rahmenbedingungen sowie aktuellen politischen Zielsetzungen und Herausforderungen vorgestellt waren, warf Martin Schröder von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) einen Blick auf aktuelle Möglichkeiten des privatwirtschaftlichen Engagements. Es sei absehbar, so Schröder, dass weder die notwendige Rückführung der Treibhausgasemissionen noch die notwendigen Maßnahmen zur Wiederherstellung der Biodiversität allein durch staatlich gelenkte Maßnahmen möglich sei. Um ergänzend privatwirtschaftliche Initiativen zu aktivieren, wurde von der KfW die WALD-Initiative entwickelt (Weltweite Allianz für landschaftsbasierte Decarbonisierung). Diese besteht aus vier Komponenten, von denen zwei national und zwei global adressiert sind:

– WALD Klimapatenschaft

liegt derzeit lediglich im Konzept vor und beabsichtigt, private Investoren anzusprechen, die in Biodiversitäts- oder Decarbonisierungsprojekte von Agrar- und Forstbetrieben investieren wollen.

– WALD klimafreundliches Bauen

ist ein Förderprogramm zur Finanzierung von Neubauten, deren CO2-Emissionen über den gesamten Lebenszyklus hinweg minimiert werden.

– WALD Carbon Impact Fund

ist ein Fonds und soll in Schwellen- und Entwicklungsländern Projekte ermöglichen, die durch vermehrte Kohlenstoffspeicherung entsprechende Zertifikate generieren und sich durch deren Vermarktung tragen.

– WALD Innovation Facility

Ziel ist es, einen globalen Wettbewerb zu neuartigen Projekten im Themenkomplex Biodiversität und CO2-Markt zu etablieren und die besten Projekte finanziell zu unterstützen.

Vor allem die WALD-Klimapatenschaften könnten für hiesige Waldbesitzende zukünftig von Interesse sein, wenn es darum geht, eine Plattform für die Finanzierung entsprechender Projekte zu nutzen. Neben der direkten Finanzierung ist daran gedacht, eine Art Marktplatz für Ökosystemleistungen zu schaffen. Schröder führte aus, dass global betrachtet sich der Umsatz an freiwilligen CO2-Zertifikaten im vergangenen Jahr nicht gesteigert habe, wohl aber der Preis.

Firmen haben Interesse an Zertifikaten

Auditorium in der Aula der Landwirtschaftsschule Foto: Dr. Jörg Hittenbeck

Zunehmend komme es bei der Generierung von Zertifikaten auf belastbare Konzepte mit nachhaltigen und langfristigen Erfolgen in der Decarbonisierung an. In einer Studie zu freiwilligen Zertifikaten mit insgesamt 134 Unternehmen aller Branchen und Größen (von kleinen und mittleren bis zu DAX-notierten Unternehmen) waren bislang nur 15 % der befragten Unternehmen auf dem freiwilligen Kohlenstoffmarkt aktiv. Weitere 23 % planen, daran teilzunehmen. Mehr als 50 % der Unternehmen sind nicht interessiert.

Ein interessantes Ergebnis der Studie zeigt die Bevorzugung der Erneuerbaren Energien. 85 % der auf dem Markt aktiven Unternehmen wollen in Erneuerbare Energien investieren und nur 50 % in Waldprojekte. Ebenfalls interessant erscheint, dass der Preis der Zertifikate anscheinend eine untergeordnete Rolle spielt. So ist die Zahlungsbereitschaft bei Neueinsteigern mit im Mittel 30 €/t geringer als bei bereits tätigen Unternehmen. Diese sind auch bereit, Preise über 40 € /t zu akzeptieren. 40 % der befragten Unternehmen würden Zertifikate aus Deutschland wegen des hohen Maßes an Verlässlichkeit sowie der Transparenz der Maßnahmen kaufen.

Der dritte Vortragende Dr. Klaus Thoms von der IHK zu Kiel, beleuchtete die Vielzahl der für die hiesigen Unternehmen relevanten Rechtsakte auf EU-Ebene. Er berichtete ausführlicher über die CSRD und die Taxonomie-Verordnung, die die Grundlage für die Nachhaltigkeitsberichterstattung bildet. In Summe, so sein Fazit, stiegen die Anforderungen an die Unternehmen erheblich, was die Berichtspflichten und die Notwendigkeit entsprechender Maßnahmen im Bereich Decarbonisierung und Nachhaltigkeit der Produktion anbelange. Besonders belastend sei die Tatsache, dass die meisten Anforderungen der EU bislang in der Praxis weder angekommen seien, noch gebe es konkrete Vorgaben für deren Erfüllung.

Neu für zahlreiche Anwesende waren die Wirkung der EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten, das Lieferkettensorgfalts­pflichtengesetz sowie die EU-Verordnung zum CO2-Grenzausgleich (CBAM).

Nach der Mittagspause erläuterte der Autor, Hans Jacobs, Landwirtschaftskammer SH, die Bandbreite und Unterschiede der derzeit in Schleswig-Holstein aktiven Firmen zur Generierung von freiwilligen CO2-Zertifikaten. Vieles befindet sich in der Entwicklung. Allen unterschiedlichen Systemen gemein ist die Tatsache, dass derzeit nicht abzuschätzen ist, inwieweit die individuellen Standards dem in der Verabschiedung befindlichen CRCF (siehe oben) entsprechen.

Den Abschluss des Tages bildete ein Beitrag zu einem Projekt der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, in dem ein Zertifikatsstandard entwickelt werden soll, der nicht nur die Kohlenstoffspeicherung bilanziert, sondern auch Projekte zur Vermehrung der Biodiversität und der Grundwasserneubildung abbildet.

Fazit

● Der Klimawandel ist in der nationalen und der EU-Gesetzgebung angekommen. Die Regelungsdichte zur Decarbonisierung steigt sprunghaft und stellt die Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen.

● Der Wald als Kohlenstoffspeicher spielt zukünftig eine bedeutende Rolle, auch wenn es scheint, dass die Speicherpotenziale derzeit erheblich überschätzt werden.

● Die Speicherpotenziale der deutschen Wälder werden bereits in den nationalen Klimabilanzen berücksichtigt, sodass die Waldbesitzenden keine Möglichkeit haben, ihre Senkenleistung als Kompensation an Firmen zu vermarkten.

● Dennoch bestehen zukünftig Möglichkeiten für Waldbesit­zende, Projekte im Bereich Kohlenstoffspeicherung sowie andere Ökosystemleistungen zu vermarkten (Nachhaltigkeitsberichte im Rahmen der CSRD).

● Es besteht bereits ein freiwilliger Markt für Kohlenstoffzertifikate, der von Unternehmen genutzt wird, um ihre Tätigkeiten oder Produkte klimaneutral zu stellen und als solche zu bewerben.

● Es existiert eine Vielzahl unterschiedlicher Firmen, die auch Waldzertifikate generieren und vermarkten. Deren Standards sind unterschiedlich, teilweise schwer zu vergleichen und nicht immer ganz nachvollziehbar.

● Die EU arbeitet an einem Rahmen, der die Transparenz und Glaubwürdigkeit der Standards erhöhen soll. Dieser Markt scheint auch für Waldbesitzende gewisse Potenziale zu bieten, wenn Transparenz, Nachhaltigkeit und Langfristigkeit der Zertifikate gegeben sind.