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Risiko für Lager im Raps richtig einschätzen

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Zur Ernte darf der Winterraps nicht ins Lager gehen. Lagernder Raps lässt sich schwer mit dem Mähdrescher beernten und ist gleichzeitig mit hohen Verlusten verbunden. Ob und wie stark Raps ins Lager geht, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Die Bestandesdichte, die Nährstoffversorgung und die Standfestigkeit der Sorte haben den größten Einfluss.

Je nach Aussaatzeitpunkt, Erdflohbefall, Staunässe et cetera zeigen sich die Rapsbestände in diesem Frühjahr zu Vegetationsbeginn sehr unterschiedlich. Eine pauschale Empfehlung für den Einsatz von Fungiziden mit wachstumsregelnden Eigenschaften im Raps zu geben ist deshalb nicht möglich. Oft ist in der Praxis zu beobachten, dass nach der Aussaat nicht die Anzahl an Rapspflanzen im Feld steht, welche mit der Aussaat etabliert werden sollte.

Raps in Einzelkornsaat

Wie sieht die Bestandesdichte aus?

Wenn zum Beispiel ursprünglich 35 bis 40 keimfähige Körner ausgesät worden sind, kann es durchaus passieren, dass im Frühjahr durch Verluste dann deutlich weniger Pflanzen auf dem Feld stehen. Grundsätzlich sollten es mindestens zehn bis 15 gut verteilte Pflanzen pro Quadratmeter (Pfl./m2) sein.

Streckung des Vegetationskegels

Neben einer deutlich geringeren Bestandesdichte kann durch Ausfallraps die Bestandesdichte aber auch deutlich größer sein als ursprünglich zur Aussaat geplant. Je höher die Bestandesdichte, desto schlechter ist in der Regel die Standfestigkeit. Deswegen kann gerade in Beständen, in denen die Bestandesdichte deutlich über 50 Pfl./m2 liegt, eine Behandlung sinnvoll sein, um Lager zu vermeiden.

Je größer die Bestandesdichte, desto höher sollte die Intensität des Wachstumsreglers sein. Sehr schwache Bestände mit einer guten Verteilung der Einzelpflanzen können auch ohne Wachstumsregler zur Ernte geführt werden. Die Pflanzenzahl pro Quadratmeter sollte deshalb mit einem Zählrahmen oder mit einem Zollstock durch Auszählung ermittelt ­werden.

Standfestigkeit der Sorten und Einzelkornsaaten

Die Standfestigkeit der modernen Sorten ist sehr gut. In der Regel bringen sie durch den Züchtungsfortschritt eine gute Standfestigkeit mit. Stehen diese Sorten dann in Einzelkornsaat im Feld, reduziert sich die Lagergefahr deutlich. Doch Vorsicht ist auch bei zu dichten Einzelkornsaaten geboten. Stehen zum Beispiel in einem Reihenweitenabstand von 50 cm 30 Pfl./m2, ergibt sich rein rechnerisch ein Einzelpflanzenabstand von zirka 6,67 cm in der Reihe.

In der Literatur wird ein Abstand von 12 cm zwischen zwei Nachbarpflanzen empfohlen. Stehen sich die Rapspflanzen also in der Einzelkornsaat „auf den Füßen“, kann auch hier ein Wachstumsregler sinnvoll sein, um Lager zu vermeiden und die Ausbildung und Verzweigung der Seitentriebe zu fördern.

Nährstoffversorgung und Lagerrisiko

Eine gute und ausreichende Nährstoffversorgung im Herbst und im Frühjahr ist für den Winterraps wichtig. Steht dem Raps im Herbst und im Frühjahr ein Überangebot insbesondere an Stickstoff zur Verfügung, kann dies das Lagerrisiko deutlich steigern. Standorte mit einer langjährigen organischen Düngung oder einem hohen Stickstoffnachlieferungspotenzial sind deshalb genauer im Auge zu behalten und bei entsprechender Entwicklung einzukürzen.

Den Anwendungszeitpunkt beachten

Da die Azole und das Mepiquat in die Gibberellinsynthese der Pflanzen eingreifen, um einen entsprechenden Einkürzungseffekt zu erzielen, sollten die Behandlungen früh gesetzt werden. Je später die Fungizide mit wachstumsregelnden Eigenschaften eingesetzt werden, desto geringer ist die Einkürzung. Idealerweise findet die Behandlung dann statt, wenn im Anschluss eine starke Wachstumsphase einsetzt. Die Stängel der Rapspflanzen sollten jedoch mindestens eine Länge von 25 bis 35 cm haben. Nachtfröste sollten nicht vorhergesagt sein. In Beständen mit einer extrem guten Herbstentwicklung und einer sehr guten Nährstoffversorgung kann eine Nachkürzung sinnvoll sein.

Fazit

Nicht jeder Rapsbestand benötigt eine intensive Einkürzung. Zur Absicherung von Lager kann der Einsatz von Fungiziden mit wachstumsregelnden Eigenschaften dennoch richtig sein, denn kommt es im Raps zum Lager, sind erhebliche Verluste unvermeidlich. Daher sollte man sich zeitig im Frühjahr einen Überblick über die Rapsbestände verschaffen und dann am besten schlagspezifisch je nach Bestandesdichte und Entwicklungsstand der Pflanzen entscheiden, wo behandelt werden sollte.

520 Biosauen im Freiland

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Gemeinsam mit seinem Kooperationspartner Jon-Peer Autzen bewirtschaftet Andreas Abild einen Biobetrieb mit dem Schwerpunkt Ferkelerzeugung in Tarp, Kreis Schleswig-Flensburg. Bis 1996 als reiner Milchviehbetrieb geführt, erfolgte im Anschluss in einer sonst schweinearmen Region der Aufbau einer Sauenherde, in der die Ferkel führenden und tragenden Sauen im Freiland gehalten werden. Seit 2007 wird der Betrieb ökologisch bewirtschaftet. Drei Jahre später übernahm Andreas Abild den Betrieb von seinen Eltern.

Jeweils rund 70 bis 80 Sauen teilen sich einen der drei Abferkelbereiche. Dabei steht jeder Sau, begrenzt durch Elektrozäune, eine Hütte für sich und ihre Ferkel zur Verfügung. Sobald die Ferkel mobil sind, verlassen sie aber immer wieder diesen Bereich, indem sie unter den Stromleitungen hindurchflitzen.

Die tragenden Sauen werden in Gruppen von etwa zwölf Tieren ebenfalls im Freiland gehalten. Insgesamt sind 120 ha Fläche von einem 1,60 m hohen Wildzaun umgeben. Im Innenbereich wird dann mit Stromlitzen gearbeitet. Die Flächen werden in einem vierjährigen Rhythmus jährlich gewechselt. Im Anschluss wird Mais angebaut. „Der zuständige Veterinär kommt einmal im Jahr, und die Zusammenarbeit ist problemlos“, zeigte sich Abild zufrieden. Außerdem werden wöchentlich zwei tote Ferkel zur Sektion gegeben.

In Anbetracht der außergewöhnlich hohen herbstlichen Niederschläge präsentierte sich die Outdoorhaltung immer noch sehr gut.

Sandboden ist ideal

Mit im Schnitt 24 Bodenpunkten ist der sandige Boden gut für eine Outdoorhaltung geeignet. Unter der 25 cm dicken Krume schließt sich eine Kiesschicht an, sodass das Regenwasser schnell abgeleitet wird. Angesichts der außergewöhnlich hohen herbstlichen Niederschläge präsentierten sich die Flächen noch sehr gut. Auch wenn ein Teil von ihnen mittlerweile schwarz war, wies doch ein überraschend hoher Anteil noch einen gut sichtbaren Grasbewuchs auf.

Für die abgesetzten Ferkel wurden ab 2019 neue Stallungen geschaffen. Hier können sich die Ferkel in einen gut isolierten Bereich zurückziehen, in den sie beim wöchentlichen Entmisten der Ausläufe auch kurzzeitig eingesperrt werden können. Mit etwa 70 Ferkeln werden die Tiere in relativ großen Gruppen gehalten, was aber gut funktioniert. Die Ferkelaufzuchtställe werden im Rein-raus-System gefahren. Anschließend benötigt eine Person etwa zweieinhalb Tage für die komplette Reinigung und Desinfektion.

Die Futtertröge aus Beton werden von den Landwirten selbst gegossen.

Kommanditgesellschaft

In der seit 2013 bestehenden Kooperation in Form einer Kommanditgesellschaft (KG) haben beide Betriebsleiter ihre Betriebsstätten behalten, die nur 2 km voneinander entfernt liegen. Bei Kooperationspartner Jon-Peer Autzen stehen das Deckzentrum und das Futterlager. So hat jeder seinen Bereich, wenngleich größere Entscheidungen immer gemeinsam getroffen werden.

Die Zusammenarbeit bewerten beide Partner positiv, da sich ein so komplexer Betrieb deutlich einfacher erfolgreich bewirtschaften lässt. Das auf 250 ha erzeugte Futter erhalten komplett die Schweine. Ein Eiweißergänzer wird zugekauft. Ein Teil des Mistes geht im Tausch mit Gärsubstrat an eine Biogasanlage.

Bestand wurde abgestockt

Im Winterhalbjahr sind die Futterverbräuche höher. Die tragenden Sauen erhalten dann 4 kg Futter pro Tag zuzüglich Kleegras, wobei 1 kg auf den „Winterzuschlag“ entfällt. Die Ferkel führenden Sauen kommen dann auf 8 bis 9 kg Futter pro Tag.

Aufgrund der Kaufzurückhaltung infolge der gegenwärtigen Krisen, aber vor allem wegen des spürbaren Arbeitskräftemangels wurde der Sauenbestand von vormals 600 Tieren auf 520 gesenkt. „Das hat aber auch Vorteile, denn es läuft alles etwas geschmeidiger, wenn man nicht immer am Limit arbeitet“, erklärte Andreas Abild. Gegenwärtig sind sieben Arbeitskräfte und ein Lehrling für die Schweine verantwortlich. Ein Teil der Ferkel wird auf 300 Plätzen selbst gemästet.

Fazit

„Das System funktioniert“, zeigten sich Andreas Abild und Jon-Peer Autzen zufrieden. Weitere Investitionen sind daher momentan auch nicht geplant. „Es läuft erst mal so weiter.“

In den Silos können bis zu 800 t eingelagert werden.

Die Grasnarben optimal vorbereiten

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Die lang anhaltenden Regenfälle der Herbst- und Wintermonate haben auch im Grünland deutliche Schäden hinterlassen, weshalb ein Monitoring der eigenen Grasnarben aktuell sehr wichtig wird. Die Bestandsaufnahme dient als Grundlage, um flächenspezifisch die bestmöglichen Pflegemaßnahmen für das Frühjahr auszuwählen. Schleppen, Striegeln, Walzen und Nachsaat sichern dann bei vorwiegend guten Narben das hohe Ertrags- und Qualitätsniveau oder aber verbessern bereits suboptimal entwickelte Grünlandbestände.

Die Ziele der Grünlandpflege sind eine hohe Narbendichte, eingeebnete Bodenoberflächen sowie eine gute Regenerationsfähigkeit der Grasaufwüchse. Beim Grünlandmonitoring werden während der Flächenbegehung aktuelle Informationen über den Flächenzustand, die Vegetation und den Lückenanteil in der Narbe gesammelt. Überprüft werden hierbei mögliche Schäden in Bereichen mit hoher Bodenfeuchtigkeit, Staunässe oder sogar Überflutungen sowie hochgefrorene Narbenbereiche, Fahr- und Trittspuren (Bodenverdichtung). Auch Schäden durch Mäuse und Wildschweine werden beurteilt. Bezüglich der Vegetation stehen ausgewinterte oder abgestorbene Bestände, der Grad der Verfilzung oder Vermoosung der Narbe sowie der Anteil an Ungräsern und Unkräutern im Visier.

Quelle: Liesel Grün, LKSH

Der Lückenanteil in der Grünlandnarbe zeigt an, ob eine Nachsaat erforderlich ist. Dazu wird ein Zollstock zu einem Quadrat aufgeklappt (40 cm x 40 cm) und auf die Narbe gelegt. Der Anteil der Lücken darin wird mittels einer Handfläche innerhalb des Quadrats geschätzt; diese ergibt eine Fläche von etwa 15 % (Abbildung 1). Dieser Vorgang wird je nach Größe und Heterogenität der Fläche an fünf bis zehn zufällig gewählten Stellen im Bestand wiederholt, um einen guten Überblick über die gesamte Fläche zu gewinnen.

Start in die Saison

Um der Gefahr von Schäden durch Fusariumpilze (Schneeschimmel) in zu lang gewachsenen Beständen vorzubeugen, erfolgte bereits, wo nötig, im Spätherbst eine Nachmahd. Auch eine Beweidung mit Schafen im Herbst oder Winter kann hierfür gute Dienste leisten. Im Frühjahr beginnt die Grünlandpflege nach der ersten Güllegabe. Die Flächen müssen gut abgetrocknet sein, um Verschmierungen der Maulwurfshaufen und somit eine Verschmutzung des Futters sowie Narbenschäden zu vermeiden (Abbildung 2). Mit dem Einsetzen des Schossens der Bestände endet die Zeit für die Pflegemaßnahmen, da dann die Narbenentwicklung nachhaltig geschädigt werden kann.

Quelle: Liesel Grün, LKSH

Die Pflegemaßnahmen

Die Wirkung des Schleppens besteht in erster Linie in der Einebnung der Maulwurfshaufen. Diese würden sonst das Futter bei der Ernte verschmutzen und auch wichtige Eintrittspforten für unerwünschte Gräser und Kräuter darstellen. Schleppen und insbesondere Striegel werden ferner eingesetzt, um Gülleschleier zu entfernen und die Bestockung anzuregen.

Das Striegeln holt zudem abgestorbenes Pflanzenmaterial aus der Narbe heraus und belüftet den Boden, indem es auf dem Boden liegendes organisches Material lockert. Stark verfilzte Narben benötigen einen scharf eingestellten Striegel, um Gemeine Rispe (Poa trivialis) und andere oberflächlich wurzelnde Ungräser oder Unkräuter zu entfernen. Hier eignet sich auch das zweimalige Arbeiten in diagonaler Richtung.

Die dabei frei werdenden Lücken müssen mit einer Nachsaatmischung versorgt werden, damit sich dort schnell eine dichte Narbe aus Futtergräsern entwickelt. Der Einsatz von Walzen soll die ausgebrachten Samen für einen guten Bodenkontakt andrücken oder aufgefrorene Böden auf humosen, anmoorigen bis moorigen Standorten ebnen. Um verschiedene Maßnahmen in einem Arbeitsschritt zu erledigen, bieten sich Grünland-Striegel-Kombinationen an.

Wenn Lücken in einer Grünlandnarbe entstehen, breiten sich binnen Kurzem Unkräuter aus.

Über- oder Nachsaat?

Das Ziel der Saatgutausbringung ist die Verbesserung von lückigen Grasnarben oder die Bestandserhaltung als regelmäßige Grünlandpflege. Entsprechend dem Bewirtschaftungsziel liegt die Entscheidung an, ob eine einfache Übersaat (mit bis zu 10 kg/ha) oder eine Nachsaat (mit 20 kg/ha) notwendig ist. Hierfür werden die aus dem Monitoring gewonnenen Erkenntnisse über die aktuell vorgefundenen Anteile an Lücken, an wertvollen Gräsern und an unerwünschten Gräsern und Kräutern herangezogen (Tabelle 1).

Quelle: Liesel Grün, LKSH

Für den Erfolg einer Nachsaat ist neben der Qualität der Altnarbe auch die nachfolgende Witterung mit ausreichender Wasserversorgung für die Jugendentwicklung entscheidend. Im zeitigen Frühjahr bietet die Winterfeuchte meist gute Saatbedingungen, jedoch kann die Altnarbe dann rasch einen zu hohen Konkurrenzdruck zeigen. Dagegen profitiert eine Nachsaat im Spätsommer oder Frühherbst von der dann abnehmenden Konkurrenzkraft der Altnarbe und von den beginnenden Herbstniederschlägen. Die Aussaat sollte dabei vor dem 15. September stattfinden, damit die Jungpflanzen genug Winterfestigkeit entwickeln können.

Die Nachsaat kann gut mit dem Striegeleinsatz kombiniert werden. Saatgut, das dabei vor den Striegelzinken abgelegt wird, gelangt nicht auf die Altnarbe, sondern hat guten Bodenkontakt. Wird es jedoch zu tief eingearbeitet, kann das Auflaufen der Saat vermindert sein. Eine Ablage hinter den Zinken findet dagegen oberflächlich statt und verspricht ein besseres Auflaufen. Anschließendes Walzen sichert dann den Bodenschluss und reduziert somit die Vertrocknungsgefahr für die junge Saat.

Auswahl von Saatgut

Für Nachsaaten eignen sich wegen der Konkurrenzkraft der Altnarbe nur die Gräser, die eine schnelle Jugendentwicklung aufweisen. Nachgesäte Gräserarten mit langsamer Entwicklung in der Jugendzeit können sich kaum in der Altnarbe etablieren. Empfohlen wird daher der Einsatz einer reinen Deutsch-Weidelgras-Mischung (GV, GV-Klee oder GV-spät). Diese Mischungen setzen sich aus unterschiedlichen Anteilen an frühen, mittelfrühen und späten Sorten des Deutschen Weidelgrases (Lolium perenne) zusammen (Tabelle 2). Die GV-Klee, die zusätzlich 10 % Weißklee enthält, bietet sich insbesondere für die Nachsaat auf Flächen mit Beweidung oder mit reduzierter Stickstoffdüngung an.

Quelle: Liesel Grün, LKSH

Die Aussaatstärke richtet sich bei der Nachsaat nicht nur nach dem Zustand der Narbe, sondern auch nach den Anteilen diploider und tetraploider Sorten (variierende Tausendkorngewichte) in den Deutsch-Weidelgras-Mischungen. Die Richtwerte für eine Nachsaat liegen bei 10 bis 20 kg/ha.

Ein anhaltender Erfolg der Grünlandpflege und Nachsaat auf dem Grünland setzt voraus, dass bei der Folgebewirtschaftung die Nutzungsintensität auf das Ertragsniveau des Bestandes abgestimmt ist. Dieses wiederum hängt entscheidend von den Bodeneigenschaften, der Wassernachlieferung und der Topografie ab.

Fazit

Die Frühjahrs-Grünlandpflege basiert auf dem sorgfältigen Erfassen des aktuellen Narbenzustandes, um für jede Fläche die optimalen Maßnahmen planen zu können. Diese flächenspezifische Pflege ist insbesondere für hochproduktive Grasbestände essenziell. Eine konsequente Grünlandpflege durch Striegeln und Nachsaat hält die Grünlandnarben in einem guten Zustand oder verbessert sie sogar und sichert somit den Ertrag und die Qualität des Futters.

Rinder aktuell: In der Milchproduktion Arbeitszeit einsparen, Teil 2

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Die Erzeugerpreise für Milch sind nach einer deutlichen Steigerung 2021 und 2022 im Jahr 2023 wieder gesunken. Milchexperten rechnen für 2024 mit einem ähnlichen Milchpreis wie 2023. Wer in Zukunft weiterhin noch Milch produzieren möchte, muss deshalb eine weitere Optimierung der Produktion und damit der Produktionskosten vornehmen, um die Milchleistung zu steigern, das Tierwohl zu verbessern und die Erzeugungskosten zu senken. In Teil 2 des Artikels über Arbeitszeitersparnis in der Milchproduktion werden Melker und Melkprozess in den Fokus genommen.

Im Melkstand kann der Melker durch täglich gleich bleibende Routinearbeiten sowie leisen und ruhigen Umgang mit den Tieren und durch Vermeiden von schmerzhaften Behandlungen wesentlich dazu beitragen, dass die Kühe gern in den Melkstand gehen und damit Treibzeiten reduziert werden. Außerdem verläuft die Milchabgabe optimaler (weniger Biomodalität), es werden weniger Melkzeuge durch die Tiere abgeschlagen, Blindmelkzeiten und Nachgemelke verringert und die Melkdauer verkürzt. Tabelle 1 zeigt den Einfluss der Eutervorbereitung auf die Parameter Gesamtgemelk, Nachgemelk und Bimodalität (Zweigipfligkeit) der Milchflusskurve.

In eigenen Untersuchungen wurde der Einfluss folgender Varianten der Eutervorbereitung (Anrüsten) auf die Höhe des Nachgemelks und der Nachgemelkszeit geprüft (Tabelle 2):

komplett unterlassene Eutervorbereitung (sofortiges Ansetzen der Melkmaschine)

0,25 min Vormelkprobe und Euterreinigung

1 min Eutervorbereitung (Vormelkprobe, Euterreinigung, Handstimulation)

Beim sofortigen Ansetzen der Melkmaschine lag das Maschinennachgemelk um 0,7 kg pro Gemelk über der Variante „1 min Eutervorbereitung“ (Tabelle 3). Die Maschinennachgemelkszeit lag mit über 1,5 min bei der Variante „sofortiges Ansetzen“ drastisch höher als bei der Variante „1 min Anrüsten“ mit 0,4 min. Dies führt über die Verlängerung der Gesamtmelkdauer je Kuh zu einer niedrigeren Arbeitsleistung und kann sich durch die längere Maschinenhaftzeit am Euter negativ auf die Eutergesundheit auswirken.

Stressfrei für Tier und Mensch

In der Praxis ist es in der Regel schwierig, fachlich qualifizierte und geschickte Melker zu bekommen, die einerseits hohe Arbeitsleistungen erreichen, andererseits aber auch Einfühlungsvermögen in die physiologischen Abläufe der Kühe und daraus resultierende Verhaltensreaktionen besitzen. Noch zu oft gehört rüder, hektischer Umgang mit den Kühen zum Alltag im Melkstand.

Hier sollte bei Einsatz von Lohnarbeitskräften durch das Leitungspersonal über Stimuli wie Prämien bei hoher Melkqualität beziehungsweise Abzüge bei Fehlverhalten der Melker Einfluss genommen werden. Damit kann ein nicht unerhebliches Potenzial für die Steigerung der Arbeitsproduktivität, der Milchleistung sowie die Senkung der Zellzahl und die Verbesserung der Tiergesundheit insgesamt erschlossen werden.

Andererseits müssen auch die betrieblichen Voraussetzungen geschaffen werden, dass die Melker relativ stressfrei melken können. Dazu gehören eine in Abhängigkeit vom Mechanisierungsgrad angepasste Zuordnung von Melkplätzen je Arbeitskraft sowie helle, gut belüftete beziehungsweise temperierte Melkstandbereiche.

Abnahmeautomatik entlastet den Melker, senkt Blindmelkzeiten und steigert die Arbeitsproduktivität. 

Beim Melken ist es zur Senkung der Personalkosten notwendig, den Anteil der manuellen Tätigkeiten zur verringern. Damit können dem Melker mehr Melkzeuge zugeordnet werden, und die Arbeitsleistung steigt. In mittleren und größeren Beständen sollten auf jeden Fall die Stimulation des Euters und die Abnahme des Melkzeugs automatisiert werden. Durch eine automatische Stimulation kann sich gegenüber der Handstimulation ein Einsparungspotenzial von zirka 0,3 AKmin je Gemelk ergeben. Sind die Euter aufgrund guter Haltungsbedingungen sauber, brauchen sie nur mit desinfizierenden Einwegtüchern gereinigt zu werden. Dies bedeutet zirka 0,2 AKmin Arbeitsaufwandsreduzierung je Gemelk gegenüber der Nassreinigung.

Auf ein Nachmelken mit Unterstützung durch den Melker sollte aus Zeitgründen verzichtet werden, vorausgesetzt, Kühe mit hohem Nachgemelk wurden aus dem Bestand selektiert und durch ein vollwertiges Anrüsten wurde die „Melkbereitschaft“ erstellt. Eine Zeiteinsparung von bis zu 0,3 AK min je Gemelk wäre möglich.

Einen Aufschluss über den Milchfluss einschließlich der Höhe der Nachgemelke geben LactoCorder-Untersuchungen. Die kurze manuelle Euterkontrolle und das manuelle Zitzendippen sollten auf jeden Fall durchgeführt werden. Die mögliche Zeiteinsparung von etwa 0,1 AKmin pro Gemelk steht in keinem Verhältnis zu den Vorteilen, die aus diesen Maßnahmen resultieren. Für das Melkkarussell und das hoch technisierte konventionelle Melken gibt es sehr effiziente Dipp­roboter.

Schwermelker aussortieren

Deformierte Euter erhöhen die Abfallhäufigkeit der Melkzeuge und führen damit zu einem erhöhten Aufwand für das Abspülen und Wiederansetzen der Melkzeuge. Die Zunahme der operativen Tätigkeit für den Melker stört den routinemäßigen Ablauf im Melkstand, die Arbeitsleistung sinkt, die Personalkosten steigen. Schwermelker führen zu einer Verlängerung der Melkdauer der gesamten Gruppe und zu Wartezeiten für die Melker. Die Auswirkungen der Selektion von Schwermelkern auf den Durchsatz, die Melkdauer sowie die Kosten werden beispielhaft in der Übersicht an einem Kuhbestand von 320 Tieren dargestellt.

Deformierte Euter behindern die Technikfunktion, erschweren die Melkarbeit und senken die Arbeitsleistung.

Einen Einfluss auf die Arbeitsleistung und damit auf die Personalkosten haben außerdem die Auswahl des Melkstandes und die dem jeweiligen Melkstandtyp zugeordnete Anzahl der Arbeitskräfte. Durch die Verwendung von Side-by-Side-Melkständen können durch die Reduzierung der Wegezeiten für die Melker die Arbeitsleistungen etwas gesteigert werden. In den USA durchgeführte Untersuchungen in Fischgrätenmelkständen (FGM) und Side-by-Side-Melkständen (SbS) mit 2 x 20 Melkplätzen ergaben Arbeitsleistungen von 90 Kühen je Melker und Stunde im FGM und 93,5 Kühe je Melker im SbS.

Werden zum Beispiel in einem 2 x 8-FGM mit Anrüst- und Abnahmeautomatik zwei Arbeitskräfte eingesetzt, obwohl eine Arbeitskraft bei guter Organisation und entsprechenden baulichen und ausrüstungstechnischen Voraussetzungen durchaus in der Lage ist, die Anzahl der Melkzeuge zu betreuen, entstehen für die Melker unproduktive Wartezeiten und die Arbeitsleistung sinkt erheblich.

Einfluss auf die ­Personalkosten haben außerdem die Motivation der Arbeitskräfte, der gezahlte Stundenlohn sowie die Anzahl der Melkungen je Tag. Gelingt es, die Arbeitskräfte über den Lohn einschließlich Leistungsentlohnung zu motivieren, das heißt höhere Arbeitsleistungen beziehungsweise höhere Arbeitsqualität zu erreichen, kann eine höhere Vergütung bezogen auf 1 l Milch kostensenkend wirken. Eine einfache Stundenlohnanhebung, die nicht an Leistungs- oder Qualitätskriterien geknüpft ist, wirkt jedoch aus betrieblicher Sicht in der Regel kontraproduktiv.

Betriebe, die einen Gewinn je Kuh erwirtschaften, zeichnen sich in der Regel durch eine gute Personalführung einschließlich leistungsabhängiger Vergütung sowie durch straffe Personalstruktur und effektive Arbeitsorganisation aus. Neben einer Grundvergütung sollte ein Teil der Entlohnung nach den Kriterien Milchleistung, Milchqualität, Melkqualität, Tiergesundheit und Tierverluste sowie Ordnung und Sauberkeit erfolgen. Die Arbeitskräfte sollten ständig über die Produktionsergebnisse informiert werden, damit die Leistungsentlohnung für sie nachvollziehbar ist. Nur hoch motivierte Arbeitskräfte werden dauerhaft hohe Arbeitsleistungen bei guter Qualität erbringen.

Die Zusammenhänge zwischen Arbeitszeitbedarf, Arbeitsleistungen und Personalkosten für unterschiedliche Melkstände werden in der Tabelle 3 dargestellt. Soll auch in Zukunft im Landwirtschaftsbetrieb Milch mit Gewinn produziert werden, sind hohe Arbeitsleistungen eine wichtige Voraussetzung.

Fazit

Voraussetzungen für eine Reduzierung der Arbeitskosten in der Milchproduktion aus Sicht des Verfahrens der Milchgewinnung sind:

optimale bauliche Voraussetzungen (Stallbau, Sauberkeit und Hygiene insbesondere im Bereich der Liegeboxen und Laufgänge, Triebwege, Vorwartehof, Melkstand)

optimale Bedingungen am Arbeitsplatz (ausreichend Licht, Luftbewegung sowie Temperaturgestaltung)

Auswahl von Melkständen einschließlich Mechanisierungslösungen (Vorstimulation, Nachmelk-, Abnahmeautomatik, Dippen, Zwischendesinfektion, Schnellaustrieb, Reinigung des Melkstandes) in Abhängigkeit von den betrieblichen Gegebenheiten und finanziellen Möglichkeiten

Wachsende Betriebsgrößen führen zu größeren Melkanlagen (Karussellanlagen gewinnen an Bedeutung).

fachgerecht installierte und einwandfrei funktionierende Melktechnik

exzellente Arbeitsorganisation, hohe Arbeitsproduktivität

Topmanagement und hoch motivierte Arbeitskräfte

Durch optimale Durchführung der Routinearbeiten unter Beachtung melkphysiologischer Erfordernisse der Milchkühe und unter Einbeziehung technischer Lösungen können kürzere Melkdauer, niedrigere Euterbelastung und höhere Arbeitsproduktivität erreicht werden.

bessere Herdengesundheit, weniger Bimodalitäten und Blindmelkzeiten

Reduzierung des Anteils von Kühen mit deformierten Eutern beziehungsweise Schwermelkern

Teil 1, Die Faktoren Gebäude und Technik, finden Sie hier.

Spanien und Polen stocken kräftig auf

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In den Jahren 2021 und 2022 ist der Schweinebestand in der EU regelrecht weggebrochen, doch nun zeichnet sich eine Bodenbildung ab. Laut vorläufigen Daten des Statistischen Amtes der EU (Eurostat) wurden in den Viehzählungen im November beziehungsweise Dezember 2023 insgesamt 131,38 Millionen Schweine in der Gemeinschaft erfasst; das waren „nur“ 819.000 oder 0,6 % weniger als zwölf Monate zuvor. In den beiden Vorjahren ging der Bestand um 11,5 Millionen Tiere zurück.

Die Trendwende in der Sauenhaltung zeichnet sich am deutlichsten ab bei der Zahl der gehaltenen Sauen ab 50 kg, denn diese legte gegenüber Ende 2022 um 173.500 Stück oder 1,7 % zu. Die höheren Ferkel- und Schlachtschweinepreise sowie gleichzeitig niedrigeren Futterkosten machten die Schweineproduktion wieder rentabel, auch wenn weiter Tierschutz- oder Umweltauflagen in vielen EU-Ländern den Bestandsaufbau erschweren.

Mehr Ferkel in Spanien

Die bisherigen Ergebnisse beziehen sich auf 25 Mitgliedstaaten, da noch die Daten aus Portugal und Malta fehlen. In acht der 25 Länder nahm der Gesamtbestand an Schweinen im Vorjahresvergleich zu. Darunter war auch das Schwergewicht Spanien mit einem Zuwachs von 1,1 % auf 34,52 Millionen Tiere. Das Plus resultierte in erster Linie aus dem laut Eurostat um 1,1 Millionen oder 11,6 % auf 10,9 Millionen Stück gewachsenen Bestand an Ferkeln bis 20 kg. Bei Läufern und Mastschweinen wurden dagegen in der Stichprobe weniger Tiere als im Dezember 2022 gezählt. Auch in Polen nahm die Ferkelzahl deutlicher zu, der Gesamtbestand wuchs dort um 1,5 % auf 9,77 Millionen Stück. Aus Italien wurde eine Aufstockung der gesamten Herde um 4,9 % auf 9,17 Millionen und für Bulgarien sogar ein Plus von 20,8 % auf 727.000 Schweine gemeldet.

Mehrheitlich zählten die Mitgliedsländer aber weniger Schweine als ein Jahr zuvor. In Deutschland gab es noch einen moderaten Rückgang von 0,7 % auf 22,22 Millionen Tiere.

In den Nachbarländern Dänemark und Niederlande wurde die Schweineherde binnen Jahresfrist um 1,5 % beziehungsweise 2,2 % verkleinert. Deutlicher fiel das Minus in Frankreich mit 3,2 % und in Österreich mit 5 % aus. In Belgien war die Zahl der Schweine um 6 % rückläufig; dort fehlten vor allem Schlachtschweine, weil vorher viele Ferkel nach Spanien exportiert wurden. Mit jeweils mehr als 10 % gingen die Schweinebestände in Kroatien und Irland relativ gesehen am stärksten zurück.

Etwas anders sah es mit der Entwicklung des EU-Sauenbestandes aus, der die Produktionsgrundlage für das laufende Jahr bildet. In zehn Ländern stockten die Sauenhalter ihre Herden auf, in zwei blieben sie praktisch unverändert, während in 13 Staaten weniger Muttertiere als Ende 2022 erfasst wurden.

Sauenbestand wächst wieder

Die spanischen Ferkelerzeuger rüsteten stark auf; der Sauenbestand wuchs dort um 144.300 Tiere oder 5,4 % auf das Rekordniveau von 2,8 Millionen Stück. Insbesondere die Zahl der erstmals tragenden oder noch nicht tragenden Jungsauen stieg mit 15 % kräftig an. Allerdings haben weiterhin mehrere Betriebe in Spanien mit Tiergesundheitsproblemen zu kämpfen.

Auch in Polen wurde der Sauenbestand laut Eurostat sehr deutlich aufgestockt, nämlich um 11,9 %. Für die Niederlande und Dänemark wurden Zuwächse von 3 % und 1,3 % gemeldet. In Deutschland blieb die Sauenhaltung mit rund 1,40 Millionen Tieren recht stabil, während die Bestände in Frankreich, Belgien und Italien um 2 % bis 6,3 % abnahmen.

Für die Anlaysten deuten die Ergebnisse der jüngsten Viehzählungen darauf hin, dass die Schweineschlachtungen in der EU im ersten Halbjahr 2024 nahe am Vorjahresniveau liegen werden. Für die zweite Jahreshälfte wird mit einer Produktion gerechnet, die moderat über der Vergleichsmenge von 2023 liegen wird. age

Milcherzeugung in Frankreich schrumpft weiter

In Frankreich ist die Milchproduktion 2023 das dritte Jahr in Folge zurückgegangen. Laut des Statistischen Dienstes beim Pariser Landwirtschaftsministerium (Agreste) wurden im vergangenen Jahr insgesamt 22,7 Mrd. l Rohmilch erzeugt; gegenüber dem Vorjahr entsprach das einem Minus von 2,7 %. Weiter auf dem Vormarsch ist der Anteil der konventionellen Betriebe. Sie lieferten 78,9 % der Gesamtmenge und damit anteilig etwas mehr als noch 2022. An Boden verloren hat die mit geschützten Ursprungsbezeichnungen (g.U.) und geschützten geografischen Angaben (g.g.A.) vermarktete Milch; hier ging der Anteil laut Agreste von 16,6 % auf 15,7 % zurück. Der Anteil der Biomilch blieb stabil bei 5,4 %.

In der weiteren Verarbeitung wurden 2023 laut Agreste rund 2,78 Mrd. l Milch haltbar gemacht; das entsprach dem Niveau des Vorjahres. Kaum spürbar war der Rückgang auch bei der Herstellung von Joghurt und Milchdesserts: die Gesamtproduktion lag hier mit 1,96 Mio. t nur um 0,4 % unter der Menge von 2022. Etwas stärker fiel der Rückgang bei Butter aus, deren Produktion um 1,2 % auf 351.341 t abnahm.

Auch Käse wurde weniger hergestellt. Ohne Fonduekäse wurden den offiziellen Angaben zufolge 1,71 Mio. t erzeugt; das entsprach einem Minus von 1,1 %. Ausgeweitet wurde hingegen die Produktion von Frischkäse, und zwar um 1,7 % auf 639.416 t. Die Gesamtmenge an Weichkäse entsprach mit 396.050 t weitgehend der des Vorjahres. Spürbar zurückgefahren wurde die Produktion von Schnittkäse, und zwar um 5,5 % auf 232.583 t. Vergleichbar verlief die Entwicklung beim Hartkäse, wo das Aufkommen mit 320.661 t um 3,5 % unter dem Vorjahresniveau blieb.

Sehr kräftig zurückgefahren wurde die Produktion von Molkepulver mit insgesamt 412.821 t; gegenüber 2022 entsprach das einem Rückgang von 11,4 %. age

Die Lindenblättrige oder Japanische Birke

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In Deutschland kommen zwei Birkenarten vor, die baumförmig wachsen: Sandbirke (Betula verrucosa) und Moorbirke (Betula pubescens). Sie können bis 120 Jahre alt werden und einen Durchmesser von 50 bis 60 cm in Brusthöhe erreichen. Eine weitere Birken­art gibt es in Japan, die aufgrund ähnlicher klimatischer Rahmenbedingungen auch zum Teil in Deutschland Möglichkeiten hat. Dieser Lindenblättrigen oder Japanischen Birke (Betula maximowicziana) ist der folgende Artikel gewidmet.

Zirka zehnjähriger Bestand, der in der Nähe eines Douglasienbestandes in Aukrug gepflanzt wurde

Die Lindenblättrige Birke zeigt gute bis sehr gute Wuchsleistungen und Schaftformen, ist tolerant gegenüber nachwachsenden Baumarten und erreicht ein deutlich höheres Alter als die heimischen Birkenarten. Das natürliche Verbreitungsgebiet befindet sich in den Gebirgen des nördlichen Japans. Die Lindenblättrige Birke wird dort bis zu zirka 280 Jahre alt, erreicht Höhen von gut 30 m und Brusthöhendurchmesser von bis zu 1 m. Die Blätter werden bis handtellergroß und nehmen im Herbst eine leuchtende Färbung an.

Welcher Boden für die Lindenblättrige?

Die Lindenblättrige Birke ist keine Baumart für sehr arme Böden. Sie bevorzugt mäßig frische bis frische Standorte, die möglichst auch gut durchwurzelbar sein sollen. Die Blattstreu zersetzt sich problemlos und bildet in der Regel gute Humusformen.

In wenigen Regionen ist die Lindenblättrige Birke auch im westlichen Schleswig-Holstein gepflanzt worden. Im Raum Aukrug bei Waldbesitzer Dr. Claus Laessing zeigt sie sich als sehr gute Mischbaumart. Er hat sie auf trockeneren Sandstandorten (43.3.3.2) sowie leicht staunassen Standorten (37.3.2.7) an verschiedenen Forstorten gepflanzt, und sie zeigt sehr gute Wuchsleistungen.

Im Herbst erfreut die Lindenblättrige Birke mit einer charmanten Herbstfärbung des Laubes.

Bisher ist diese Baumart forstlich außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes wenig bekannt. Es gab aber einzelne kleinere Anbauversuche, unter anderem einen in Schleswig-Holstein in Großhansdorf in der Nähe von Ahrensburg, wo die Lindenblättrige Birke im Jahr 1961 unter Aufsicht des Thünen-Instituts und der Universität Göttingen gepflanzt wurde.

Das Holz der Lindenblättrigen Birke ist in Japan beliebt. Es wird in vielen Bereichen genutzt, ist zerstreutporig, dicht und mittelhart. Es wird als Möbelholz, für Paletten und andere Bauteile, für Papier und natürlich auch als Brennholz genutzt.

Erfahrungen in Schleswig-Holstein

Blick nach oben in einen ungefähr 15-jährigen Bestand Lindenblättriger Birken in Aukrug – hier zeigt sich die gute Qualitätsentwicklung der Schäfte. Fotos: Rolf-Martin Niemöller

Gepflanzt wird die Lindenblättrige Birke in der Regel in Lichtschächte, wo sie sehr schnell anwächst und ein sehr gutes Höhenwachstum entwickelt. Damit sie gut starten kann, muss der Lichtschacht groß genug sein. Der Abstand zum nächsten Baum sollte eine Baumlänge der Nachbarbäume messen. Die Jahrringbreiten betragen 1,2 bis 2 cm.

Durch die ausgezeichnete Astreinigung wurde der Bestand erfolgreich mit Elsbeere und Eibe unterpflanzt. Die Eibe hat sich dabei sehr gut etabliert und entwickelt einen Höhentrieb von zirka 50 cm. Auch die Elsbeere wächst gut und differenziert zu einem wipfelschäftigen Wuchs. Offensichtlich wirkt der Halbschatten unter der Birke fördernd für diese Wuchsform.

In der Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Hanerau-Hademarschen wurde versucht, die Lindenblättrige Birke nach dem Ausfall der Esche auf einem stark grundwasserbeeinflussten, anmoorigen Standort (33.3.2.7) zu etablieren. Auf diesem Standort hat die Einbringung nicht funktioniert.

Eine rund 20-jährige Lindenblättrige Birke in der FBG Hanerau-Hademarschen, die an den Rand einer Tannenkultur gepflanzt wurde (Brusthöhendurchmesser 21 bis 26 cm, Baumhöhe 20 m)

Weizenpreise im Abwärtsstrudel

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Die Preise für EU-Weizen an der Pariser Matif rutschen weiter ab, schlossen Mitte Februar einige Tage bei 198 €/t und bewegen sich nun um die Marke von 200 €/t. Zuletzt war der Preis im August 2021 so tief gefallen. Das große weltweite Angebot und die fehlende Exportnachfrage lassen aktuell kaum Hoffnung auf steigende Preise zu. Der beobachtete Rückgang der Exportpreise am Schwarzen Meer belastet weiterhin die internationalen Preise. Dabei ist folgender Mechanismus zu erkennen: Sobald der Exportpreis für EU-Weizen an den Preis für Schwarzmeer-Weizen angeglichen wurde, wird dieser weiter gesenkt.

Für die EU wichtige, traditionelle Importeure aus dem Nahen Osten oder Nordafrika sind derzeit nur selten am Markt, warten anscheinend auf weitersinkende Notierungen. Denn die reichliche Versorgungslage, auch in der EU gibt es noch große Lagerbestände, drängt nicht zu Käufen. Bei den vereinzelten Abschlüssen wird überwiegend das deutlich günstigere Getreide aus Russland oder der Ukraine bevorzugt.

Auch die guten Produktionsaussichten in Russland 2024 drücken die Preise immer tiefer. Russland könne etwa 135 bis 145 Mio. t Getreide ernten, sagte der Präsident der Russischen Getreideunion. Er wies auch darauf hin, dass man plane, die Getreideexporte auf mindestens 70 Mio. t zu steigern.

Immer schlechtere Produktions­aussichten in Europa

Ein weiterer Verfall der Getreidepreise wird durch die sich weiter wetterbedingt verschlechternden Produktionsaussichten in Europa gebremst. Aus Frankreich wird ein erheblicher Rückgang der landesweiten Anbauflächen für Wintergetreide sowie von besorgniserregenden Aussaat- und Aufwuchsbedingungen berichtet.

In der ersten Hälfte des laufenden Wirtschaftsjahres führte Deutschland mehr Getreide ein. Besonders die Weizeneinfuhren aus dem Osten Europas nahmen mit bisher 2,7 Mio. t um 30 % zu. Tschechien lieferte allein rund 1,1 Mio. t, ein deutliches Plus gegenüber dem Vorjahreswert von 0,8 Mio. t. Ein Teil dieses Weizens ist ursprünglich aus der Ukraine gekommen. Entsprechendes gilt auch für Ungarn, das mit 140.000 t knapp 124.00 t mehr lieferte. Diese Importe beruhen nicht auf einer Knappheit von Weizen in Deutschland, sondern schlicht auf den niedrigeren angebotenen Preisen. Dabei ist zu beachten, dass die ukrainischen Landwirtschaftsbetriebe jedoch nur extrem niedrige Preise für ihre Produkte bekommen. Offensichtlich gehen die hohen Kosten für den Transport per Lkw, Bahn oder Binnenschiff nach West­europa komplett zulasten der ukrainischen Landwirte, die ihren Weizen nur zu Preisen von deutlich unter 100 €/t an die exportierenden Landhändler verkaufen können, berichtete dpa im Oktober 2023.

Das deutlich günstiger offerierte Getreide steht dann in starker Konkurrenz zu den Angeboten aus Deutschland und Westeuropa und limitiert hier die Absatzmöglichkeiten.

Gewinner und Verlierer

Es lässt sich konstatieren, dass weder die ukrainischen noch die EU-Landwirte von dieser Situation profitieren, die einen sind gezwungen, ihre Produkte zu Niedrigstpreisen abzugeben, die anderen verlieren ihre in- und ausländischen Absatzmärkte und leiden unter dem Verfall der Agrarpreise. Cargill andererseits meldet im August 2023 einen Rekordumsatz von 177 Mrd. ­US-$, genau wie die börsennotierten Agrarhändler ADM und Bunge, die ihre Gewinnprognosen für 2023 erhöht haben. Begründet wird dies mit der robusten Nachfrage nach Lebensmitteln, Tierfutter und Biokraftstoff sowie globalen Versorgungsunterbrechungen wie dem Krieg in der Ukraine, die die Gewinne der Getreidehändler in die Höhe getrieben haben.

Besondere Ernte- und Qualitätsermittlung

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Wenn die Kommissionen des Landesamtes für Landwirtschaft und nachhaltige Landentwicklung (LLnL) Jahr für Jahr vor der Ernte einen Teil der Landwirte kontaktieren und diese auffordern, eine ihrer Flächen für die Besondere Ernte- und Qualitätsermittlung (BEE) zur Verfügung zu stellen, tauchen meist einige Fragen auf. Deshalb möchte das Statistikamt Nord bereits vorab über den Nutzen, die wichtigsten Inhalte und Eckdaten der Besonderen Ernte- und Qualitätsermittlung informieren.

Bei der BEE handelt es sich um eine bundesweit gesetzlich angeordnete Erhebung unter Obhut des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sowie für Schleswig-Holstein unter Federführung des Ministeriums für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz (MLLEV). Sie dient der Bewertung der Ernährungssicherheit und der Ermittlung der Versorgungssituation. Ziel der BEE ist es, praxisbezogene Landesdurchschnittserträge sowie die Gesamterntemengen für wichtige Getreidearten wie zum Beispiel Winterweizen, Wintergerste und Hafer sowie für Winterraps zu ermitteln. So fließen auch Ausfallergebnisse zum Beispiel aufgrund von Wetterereignissen in die Ermittlung ein.

Erntekommission bei der Arbeit. Foto: Mathias Bubacz

Die gewonnenen Daten unterstützen nicht nur viele agrar- und wirtschaftspolitische Entscheidungstragende wie die Europäische Kommission oder Fachverbände, sondern erfahren auch in der Wissenschaft und Forschung und natürlich in der Landwirtschaft selbst großes Interesse. So bilden die ersten Ergebnisse im Sommer die Grundlage für die jährliche Landeserntepressekonferenz Ende August, für die die aufbereiteten und anonymisierten Daten der Landwirtschaftskammer, dem Bauernverband und dem Landwirtschaftsministerium sowie allen Interessierten zur Verfügung gestellt werden.

Darüber hinaus sind die aus dieser Erhebung gewonnenen Getreideproben die einzige Quelle für bundesweite Qualitätsuntersuchungen des Max-Rubner-Instituts (MRI) in Detmold, die zum Beispiel Inhaltsstoffe, Verarbeitungseigenschaften und die Belastung mit gesundheitlich nicht erwünschten Stoffen umfassen. Diese Untersuchung erfolgt anonymisiert und nicht im Rahmen von Kontrollen oder Sanktionierungsmaßnahmen, sodass die einzelnen Ergebnisse der Qualitätsuntersuchungen den Landwirten in Schleswig-Holstein auch nicht zurückgemeldet werden können. Den beteiligten Landwirten gilt großer Dank, da die Ernte- und Qualitätsermittlung ohne ihre Mithilfe nicht möglich wäre.

Wie läuft die Besondere Ernteermittlung ab?

Die Stichprobenziehung wird im Rahmen der ersten Vorbereitungen auf der Grundlage der Anbauverhältnisse des vergangenen Jahres mithilfe des statistikinternen Betriebsregisters Landwirtschaft bereits zu Jahresbeginn durch die Mitarbeiter des Statistikamtes Nord durchgeführt. Zunächst wird die für jede Getreideart festgelegte Anzahl von Stichprobenbetrieben repräsentativ für das ganze Land nach dem Zufallsprinzip ausgelost.

Wesentlich hierbei ist, dass die Auswahl der Betriebe und Felder für jede Fruchtart getrennt und proportional zu ihrer Anbaufläche erfolgt. Sehr große Betriebe und Betriebe mit großen Anbauflächen einer Fruchtart können in diesem Stichprobenverfahren deswegen häufiger gezogen werden. Im nächsten Schritt wird der ermittelte Betrieb besucht und das zu beprobende Feld auf dem Betrieb ausgelost, sodass die hochgerechnete Summe der Probefelder die Gesamtheit aller Felder im Land und somit auch den Landesertrag widerspiegelt.

Im Anschluss beginnt die Arbeit für die Kommissionen. Dabei ist jede Kommission einer bestimmten Region in Schleswig-Holstein zugeordnet. Im Frühjahr nehmen sie Kontakt zu denjenigen Landwirten auf, die mittels der zufälligen Stichprobenziehung für die Datenerhebung der BEE ausgewählt worden sind. Kurz vor dem Erntetermin entnehmen die Kommissionen auf jedem ausgewählten Probefeld an fünf Stellen entlang einer Diagonalen durch das Feld Getreideschnittproben von jeweils 1 m2 Größe.

Diese Proben werden zum Lebens- und Futtermittellabor Agrolab Lufa gebracht, welches sie ausdrischt und auf Feuchtigkeit und Gewicht untersucht. Danach werden die Ergebnisse der 5 m2 pro Feld durch das Statistikamt auf den Ertrag (dt/ha) hochgerechnet.

Zusätzlich werden zu jedem dritten bis vierten Probeschnittergebnis sogenannte Volldruschergebnisse benötigt, welche die verwogenen Gesamterntemengen der beprobten Felder darstellen. Zu diesem Zweck sind die ausgewählten Landwirte verpflichtet, zum Ende der Ernte die genauen Erntemengen der ausgewählten Felder zu melden. Anhand der gesammelten Probeschnitt- und Volldruschergebnisse werden daraufhin die Ernteergebnisse durch das Statistikamt Nord berechnet.

Während in manch anderen Bundesländern die Volldruschergebnisse ausreichen, werden in Schleswig-Holstein vor den Volldruschergebnissen auch die oben angesprochenen Probeschnitte durchgeführt, unter anderem um rechtzeitig im August Daten an das Statistische Bundesamt liefern zu können. Dieses kompliziert erscheinende zweistufige Vorgehen ist aber auch von Vorteil für die Landwirte, da die Probeschnitte arbeits- und zeitsparender von den Kommissionen durchgeführt werden und die Zahl der Volldruschverwiegungen auf den landwirtschaftlichen Betrieben verringert werden kann. Die Kosten für die umfangreichen Probeschnitte werden vom MLLEV übernommen.

Fläche nach dem Probeschnitt. Foto: Mathias Bubacz

Aufgabe der Landwirte

Gemäß Agrarstatistikgesetz stellen die ausgewählten landwirtschaftlichen Betriebe nicht nur ihre Felder für die Schnittproben kostenlos zur Verfügung, sondern geben dem Statistikamt Nord darüber hinaus auch Auskunft über weitere Daten wie Größe und Ackerzahl des Probefeldes, Sorte und Vorfrucht der angebauten Kultur sowie die Verwendung von organischen Wirtschaftsdüngern. Diese Daten werden anonymisiert und dienen ausschließlich der Erstellung der Ernteergebnisse sowie der Qualitätsermittlung.

Die Landwirte melden neben der Bereitstellung der herangezogenen Probeschnittflächen zum Ende der Saison auch die Feuchtigkeitsgehalte des Erntegutes sowie die exakten Erntemengen der ausgewählten Volldruschflächen, welche durch das Abwiegen beim Landhandel oder auf dem eigenen Betrieb durch geeichte Waagen oder Mähdrescherwaagen ermittelt werden. Diese Daten werden vom Statistikamt benötigt, um die Ernteergebnisse möglichst präzise berechnen zu können. Sollte auf den ausgewählten Flächen kurz vor dem gewünschten Erntetermin noch kein Probeschnitt erfolgt sein, sollte der Landwirt gern Kontakt zu den Kommissionen aufnehmen, um gemeinsam eine für alle sinnvolle Lösung zu finden.

Ermittlung der Ernteergebnisse

In das Gesamternteergebnis fließen zusätzlich zu den Ergebnissen der hier beschriebenen Besonderen Ernte- und Qualitätsermittlung auch die Daten aus der freiwilligen Ernte- und Betriebsberichterstattung mit ein. Dadurch kann unter anderem ein größeres Spektrum an Anbaukulturen abgedeckt werden.

Rückblick auf das vergangene Jahr

Das unbeständige und niederschlagsreiche Wetter während der Ernteperiode im vergangenen Jahr ließ die Hektarerträge uneinheitlich ausfallen. Für Schleswig-Holstein liegt der Getreideertrag (ohne Körnermais) 2023 bei einem vorläufigen Ergebnis von 75 dt/ha und somit etwa 16 % unterhalb des Getreideertrags für das Jahr 2022. Vom Winterweizen zum Beispiel wurden im vergangenen Jahr auf zirka 150.000 ha Anbaufläche gut 1,2 Mio. t geerntet. Die Erntemenge liegt damit knapp 14 % unter dem Vorjahresergebnis. Weitere Ergebnisse zu der Besonderen Ernte- und Qualitätsermittlung 2023 sind unter https://t1p.de/ci9ar zu finden.

Mit den ersten vorläufigen Ernteprognosen ist dank der BEE Mitte bis Ende Juli zu rechnen.

Quelle: Anna-Lena Sager, Andrea Bruhn, Statistikamt Nord
Quelle: Anna-Lena Sager, Andrea Bruhn, Statistikamt Nord
Quelle: Anna-Lena Sager, Andrea Bruhn, Statistikamt Nord

Goldesloer und Timmendorfer Ostseeschinken ausgezeichnet

Im Rahmen der Gastronomie-Messe Nord Gastro & Hotel in Husum traf sich der Qualitätsausschuss der Landwirtschafts­kammer zur 261. Sitzung.

Zwei neue Produkte wurden mit dem Gütezeichen Geprüfte Qualität Schleswig-Holstein ausgezeichnet. Der Goldesloer, ein über Jahre veredelter Kornbrand der Firma August Ernst GmbH & Co. KG, sowie der luftgereifte Timmendorfer Ostseeschinken der Firma Wilhelm Brandenburg GmbH & Co. OHG erhielten auf Beschluss des Gremiums das begehrte regionale Qualitätszeichen.

Im Anschluss an die Sitzung führte der gemeinsame Messerundgang den Ausschuss unter anderem an die Stände der Getränke Tadsen GmbH und der Flensburger Brauerei. Ebenfalls in der Getränkehalle der Messe begrüßte Geschäftsführer Rüdiger Behn (Mitglied des Qualitätsausschusses, r.) Abteilungsleiterin Ina Abel (MLLEV, Abteilung Nachhaltige Landentwicklung), Geschäftsführerin Meike Kern (Messe Husum), Ausschussmitglied Bernd Stöfer (Geschäftsführer Nordsee Käserei) und Präsidentin Ute Volquardsen (Vorsitzende des Qualitätsausschusses; v. li.) persönlich am Stand der Waldemar Behn GmbH.

Utas kunterbunte Welt

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Wenn man das „Atelier Lädchen“ von Uta Gerstmann aus dem Dorf Schönböken im Kreis Plön betritt, kommt sofort Freude auf. Kunterbunte Gemälde von Fuchs, Kuh, Katze und Co. verbreiten hier in ländlicher Idylle gute Laune.

Das Holzhäuschen im Garten öffnet Uta Gerstmann immer sonnabends, um ihre Kunst zu präsentieren. „Ich male Acryl auf Keilrahmen, gern sehr bunt, mal größer, mal kleiner, mal etwas märchenhaft, aber immer mit Herz und Hingabe“, meint die 61-Jährige. Für ein Motiv mehrere Knallfarben harmonisch miteinander zu kombinieren, dafür hat sie ein ganz spezielles Händchen. Hauptsächlich gilt ihre Leidenschaft maritimen Motiven und der heimischen Tierwelt. Da sie sehr ländlich wohnt, findet sie auf ausgiebigen Spaziergängen mit ihren Labradoodle-Hunden viele Inspirationen direkt vor der Haustür. Aber auch exotische Tiere wie Löwen haben es ihr angetan.

Impression vom Werktisch: Mal­utensilien der Künstlerin

Mit leuchtenden Augen stellt sie bei einem Rundgang durchs „Atelier Lädchen“ ihre Werke vor, denen sie stets fantasievolle Titel verleiht. Wir bleiben vor einem Bild stehen. Das Motiv: blauer Himmel, saftig grüne Weide, knallrote Morgensonne, zwei Schwarzbunte von hinten. „Dieses Bild habe ich auf den Namen ‚Backside of life‘ getauft“, schmunzelt sie. Der Hirschkopf gleich nebenan trägt den Titel „Herr Lavendel“. Ein Dackelporträt heißt „Der feine Herr“, ein Schafkopf firmiert unter „Heiter bis wollig“. Wie sympathisch! Wenn ihre Bilder irgendwann den Besitzer wechseln, sagt Uta Gerstmann nicht, dass sie verkauft seien, sondern dass sie „ein neues Zuhause“ gefunden hätten. Dieser kleine, aber feine Unterschied macht deutlich, wie sehr sie sich mit ihren Werken auch nach der Fertigstellung verbunden fühlt. Gut soll es ihnen gehen dort, wohin sie umziehen. Aber beginnen wir von vorn.

Der gebürtigen Wankendorferin wurde es nicht in die Wiege gelegt, einmal freischaffende Künstlerin zu sein. Sie erlernte den Beruf der Bürokauffrau, arbeitete im Zoofachhandel in der Aquaristik und im Landhandel und schloss erfolgreich eine Ausbildung zur Tierheilpraktikerin ab. Wegen gesundheitlicher Einschränkungen überlegte sie sich vor etlichen Jahren, wie es künftig für sie weitergehen sollte. Hier kam nun rein zufällig die Kunst ins Spiel. „2015 renovierte ich meine damalige Wohnung. Im Internet fand ich ein Bild mit einem Kuhkopf, das wunderbar in mein Schlafzimmer gepasst hätte. Doch es war unerschwinglich, und so dachte ich mir, das kann ich auch“, blickt sie zurück und verrät, dass es 20 holprige Anläufe brauchte, bis sie mit ihrem ersten selbst gemalten Kuhkopf vollends zufrieden war. „Dann fand ich ihn aber wunderschön.“

Als Autodidaktin begonnen

Da ihr das Arbeiten am Bild enorme Freude bereitet hatte, fing sie autodidaktisch an, sich intensiver in das Kunstschaffen hineinzufuchsen. Wie das Acrylmalen genau funktioniert, welche Techniken, Farben, Leinwände, Pinsel oder Malmesser dafür nötig sind, all das war für sie bis dahin nahezu unbekanntes Terrain. Deshalb begab sie sich auf eine spannende Entdeckungsreise, die schließlich in ihrer neuen Profession als freischaffende Künstlerin mündete. „2017 hatte ich meine erste Ausstellung in einer Gärtnerei und 2020 eine Schau unter dem Motto ‚BildHübsch und FarbenFroh‘ auf Hof Viehbrook in Rendswühren“, erzählt sie über die Anfänge. Durch positive Resonanz ermutigt, zeigte Uta Gerstmann fortan in weiteren regionalen Ausstellungen ihre Bilder. Über Mundpropaganda folgten Auftragsarbeiten für Heimtierbesitzer, die sich ein Bild ihrer Lieblinge im unverwechselbaren „Uta-Style“ oder ein anderes Herzensmotiv wünschten.

Überwältigende Resonanz

Ein Wendepunkt war der Besuch eines NDR-Fernsehteams für die Sendereihe „Nordtour“. Nach der Ausstrahlung im Januar 2021 waren die Reaktionen überwältigend. „Damit hatte ich gar nicht gerechnet. Sogar in Übersee wurde die Sendung geschaut. Ich bekam plötzlich Anfragen aus aller Welt, zum Beispiel aus Florida, Australien, Österreich, Tschechien und Spanien.“ Im Mai 2021 zog sie in ihr jetziges Haus um und eröffnete drei Monate später das „Atelier Lädchen“.

In ihrem „Atelier Lädchen“ in Schönböken präsentiert Uta Gerstmann ihre knallig bunten Gute-Laune-Bilder.

Hier bietet sie neben den kunterbunten Bildern kleine Dekorationen für Haus und Garten und Handgefertigtes aus der Umgebung an. „Ich bin eine Dekomaus. Schöne Dinge mochte ich schon immer“, gesteht sie lächelnd. Ihre Bilder entstehen jedoch nicht im Gartenhaus, sondern in der Wohnstube, in der sie sich einen Arbeitsplatz eingerichtet hat. Dort sitzt sie fast täglich an der Staffelei – bevorzugt mit ihren quirligen Vierbeinern zu Füßen – und geht mit Begeisterung ihrer Passion nach. Oft zieht es sie schon in den frühen Morgenstunden hierher. Die Ideen für neue Motive sprudeln dabei nur so aus ihr heraus. „Ich werde es nie schaffen, sie alle umzusetzen. Dafür müsste ich 200 Jahre alt werden.“ Um ihre Wirkungsstätte vorzustellen, geht es jetzt aus dem „Atelier Lädchen“ hinüber zum nur wenige Schritte entfernten Wohnhaus. „Aktuell bin ich dabei, einen Schweinekopf zu malen. Vom 20. bis 21. April nehme ich an einer Kunstmesse in den Holstenhallen Neumünster teil. Dafür brauche ich dringend neue Werke“, bemerkt Uta Gerstmann. Sie tritt an die Staffelei, auf der ihr noch unvollendetes Werk steht, rückt sich ein Kissen im Rücken zurecht und setzt sich. „Sehen Sie, den Hintergrund für mein Bild habe ich schon mit einem Malmesser aufgetragen und den Schweinekopf grob vorgemalt. Jetzt, wo diese Schichten gut durchgetrocknet sind, kann ich mit den nächsten Schritten fortfahren.“

Sie greift nach einem Malmesser und einer Farbflasche mit Orange, tunkt das Malmesser kurz hinein und beginnt, mit Schwung und ziehenden Bewegungen den Kopf weiter auszumalen. Danach nimmt sie ein sattes Schwarz und verstreicht es vorsichtig über ein Ohr. „Durch die dunkle Farbe kommt mehr Tiefe ins Bild“, erklärt sie.

Schweinekopf in Acryl: Tierische Motive aus der Heimat haben es Uta Gerstmann besonders angetan.

Den Augen eines Tieres widmet sich die Künstlerin stets besonders. Denn sie sind es, die dem Gesicht später einen einzigartigen, zu Herzen gehenden Ausdruck verleihen werden. Also legt sie das Malmesser beiseite und nimmt einen feinen Pinsel zur Hand. Sie skizziert die Augen und den Schweinerüssel und legt den Pinsel anschließend wieder auf den Werktisch. Für den Moment soll es mit der Demonstration ihres kreativen Schaffensprozesses genug sein. Wie lange sie an einem Bild male? „Das können je nach Größe bis zu 14 Tage sein, da ich ja die Trocknungszeiten zwischendurch mitberücksichtigen muss. Deshalb male ich meist an drei bis fünf Bildern gleichzeitig.“ Wenn sie mittendrin im Malen sei, vergesse sie Zeit und Raum und denke an nichts anderes. „Es kann passieren, dass ich mich mit einer dampfenden Tasse Tee an die Staffelei setze, gefühlt nur kurze Zeit später einen Schluck trinken will und überrascht feststelle, dass der Tee längst kalt geworden ist.“

Die Malerei habe ihr Leben verändert, sie habe gelernt, bewusst jeden einzelnen Augenblick mehr zu schätzen, mehr fokussiert bei sich und dem zu sein, was sie gerade mache. Wie sie die Stilrichtung ihrer kunterbunten Kunst bezeichnen würde? Sie denkt kurz nach. „Ich finde, man kann sie in keine Schublade stecken. Die Kunst ist frei. Sie muss nicht immer ernst daherkommen, sondern kann auch fröhlich und komisch sein. Ich male mit meinen Farben Emotionen“, antwortet sie. Auch ihre jeweilige persönliche Stimmung fließe in die Bilder ein. „Malen macht mich einfach glücklich“, bringt sie es zum Abschied auf den Punkt.

Das „Atelier Lädchen“ von Uta Gerstmann ist sonnabends und auf Anfrage geöffnet. Die aktuellen Öffnungszeiten und weitere Infos gibt es unter atelier-gerstmann.de

„Wo ist die Maus“ – lautet der Titel dieses Bildes
Fotos: Silke Bromm-Krieger
Wovon Katzen träumen
Bellezza wunderbare
Herr Lavendel
Little Finley
Heiter bis wollig
Backside of Life