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Zweiter Sieg für Marvin Jüngel

Mehr als 100.000 Zuschauer haben in diesem Jahr den Weg nach Hamburg-Klein Flottbek auf sich genommen, um dort fünf Tage Spring- und Dressursport zu erleben. Ein großer Teil von ihnen sah auch die Entscheidung im 93. Deutschen Springderby, als Marvin Jüngel sich zum zweiten Mal hintereinander mit seiner Stute Balou’s Erbin das Blaue Band holte.

Zwei der 32 Paare haben den weltberühmten Parcours in Klein Flottbek ohne Fehler absolviert: Frederic Tillmann drehte die 162. Nullrunde in der Geschichte des Derbys, Marvin Jüngel folgte mit der 163. „Wir haben uns die ganze Zeit vorgenommen, möglichst cool an die Sache heranzugehen“, erklärte der junge Sachse. „Heute früh hat sich Balou’s Erbin so entspannt in der Box verhalten – da wusste ich schon, dass es gut werden könnte, dass ich nur entspannt bleiben muss. Und das hat super geklappt.“

Frederic Tillmann musste zuerst ins Stechen, riskierte alles, war unglaublich schnell unterwegs und leistete sich am letzten Sprung, der Mauer, einen Fehler. Im Schritt mit einer Hand auf dem Oberschenkel ritt der Titelverteidiger Marvin Jüngel vor 27.500 Zuschauern zur letzten Runde des Tages ein. Fokussiert, konzentriert und mit eiserner Ruhe blieb er erneut fehlerfrei. Lediglich zwei Zeitfehler schlugen am Ende zu Buche.

„Balou’s Erbin hat so mitgekämpft, es war ein unbeschreibliches Gefühl“, strahlte der 22-jährige Jüngel. „Ich hatte das Glück, dass ich wie im vergangenen Jahr wieder als zweiter Reiter ins Stechen gehen konnte, und habe Frederic gesehen. Ich habe gewusst, dass ich an seine Zeit niemals herangekommen wäre. Da war für mich klar: Ruhe bewahren und fehlerfrei reiten.“ Marvin Jüngel ist damit der zehnte Reiter, der mindestens zweimal hintereinander das Derby gewonnen hat, und mit seinen 22 Jahren der Jüngste in dieser Liste der Mehrfachsieger.

Frederic Tillmann sorgte ebenfalls für Furore. Er ist der erste Reiter, der mit vier gebrochenen Rippen fehlerfrei den Derbyparcours absolviert hat. Der Franzose Emeric George hatte mit seiner Stute Dune du Ru die zweite Derbyqualifikation gewonnen. Am Sonntag platzierte er sich mit der schnellsten Vierfehlerrunde auf Platz drei.

Bester Schleswig-Holsteiner war Simon Heineke. Der Bereiter des Stalls Moorhof in Wedel, Kreis Pinneberg, war in der zweiten Qualifikation Vierter und kam im Finale mit dem Holsteiner Cordillo auf den fünften Platz. Das Paar hatte einen Abwurf am Einsprung zu Pulvermanns Grab.

Derbydebüt für Mathies Rüder

Ein Held des 93. Deutschen Springderbys war Stefan Jensen aus Bosbüll, Kreis Nordfriesland. Nach dem letzten Hindernis riss er die Hände in die Höhe und freute sich unbändig. Auf seinem 18-jährigen Cyrus L hat er den Derbyparcours ohne Hindernisfehler absolviert, aber leider sieben Zeitstrafpunkte kassiert. Trotzdem war der 52-Jährige überglücklich: „Die sieben Zeitstrafpunkte sind völlig egal, ich bin so begeistert. Es war ein großer Traum von mir, hier fehlerfrei zu reiten. Und mein Pferd hatte so viel Spaß“, sagte Jensen, der am Ende Siebter wurde.

Bemerkenswert war auch der Auftritt von Mathies Rüder. Der 18-jährige Fehmaraner feierte sein Derbydebüt und musste nach einem guten Auftakt die zweite Qualifikation abbrechen, da das Gebiss seines zwölfjährigen Holsteiner Hengstes For Freedom EKT gebrochen war. Reiten durfte er aufgrund seines guten Ergebnisses aus der ersten Qualifikation trotzdem. Das Paar kam mit acht Fehlern auf einen tollen zehnten Platz und war damit noch platziert. Einen Patzer mehr hatte Christian Hess aus Heidmühlen, Kreis Segeberg. Er kam mit Claron und 16 Fehlerpunkten auf den 16. Platz.

Nicht so gut lief der Sonntag für die zwei norddeutschen Damen. In der ersten Qualifikation lag die 22-jährige Hamburgerin Elisa Marlene von Hacht auf Patz drei, in der zweiten Qualifikation wurde sie Zweite. Am Sonntag schied sie dann aus, genau wie Janne Friederike Meyer-Zimmermann, der mit Electric Joy die Bahnschranken zum Verhängnis wurden. „Da darf man jetzt nicht enttäuscht sein“, sagte die Pinnebergerin. „Es ist schade, ich glaube, den Rest hätten wir gut geschafft, aber das nützt nichts. Deswegen ist das Derby ja auch besonders: Es kann einen überall erwischen.“ Doch der Wallach ist erst neun Jahre alt und hatte vorher zwei fehlerfreie Runden in den Qualifikationen gezeigt. Auch im Finale war er brav den Wall hinuntergelaufen. Das Paar wird man also im Derbypark wiedersehen.

Schreckmoment im Großen Preis

Mit einem extrem spannenden Stechen wurde der Große Preis von Hamburg beendet. 14 der 50 Starter waren fehlerfrei geblieben und hatten sich für das Stechen qualifiziert. Sie lieferten sich einen Kampf um Sekundenbruchteile, den der Brasilianer Yuri Mansur gewann. Hinter dem Schweizer Olympiasieger Steve Guerdat platzierte sich als bester deutscher Reiter der Europameister von 2021, André Thieme aus Mecklenburg-Vorpommern, auf Platz drei. Bundestrainer Otto Becker hatte nicht mit so vielen Nullfehlerritten gerechnet, erklärte er: „Der Parcours war schwer, aber fair.“

Mansur hatte die elfjährige Miss Blue-Saint Blue Farm gesattelt und erfüllte sich neun Jahre nach seinem ersten Start in Hamburg einen Traum: „Das Turnier hier in Hamburg ist mit uns brasilianischen Reitern eng verbunden“, sprudelte es aus dem stolzen Sieger. „Früher haben wir uns die Übertragungen aus Hamburg immer und immer wieder im Fernsehen angesehen. Als ich dann das erste Mal hier war, war das für mich schon etwas absolut Besonderes.“ Und jetzt dieser Sieg.

Während des Großen Preises sorgte der Sturz des Iren Trevor Breen für Schreckminuten auf dem Derbyplatz. Sein Pferd hatte den Absprung zu einem der Oxer nicht gefunden und war gestürzt. Der erfahrene irische Springprofi wurde mit einem Krankenwagen ins Krankenhaus gefahren, wo ein Bruch an der Halswirbelsäule diagnostiziert wurde. Er wird aber voraussichtlich keine bleibenden Schäden davontragen.

Im Speedderby wurde jedes Paar von den etwa 24.000 Zuschauern lautstark gefeiert. Marieke Reimers aus Mehlbek, Kreis Steinburg, und Lordillo S waren in diesem Jahr in 104,70 s unschlagbar. Das Paar ließ die Zweitplatzierten Robert Bruhns aus Brandenburg und Cellisto AR fast 7 s hinter sich. Den vielleicht größten Jubel aber genoss der Drittplatzierte: der 69-jährige Karl-Heinz Markus mit seiner selbst gezogenen Fiona. Der Rentner aus dem Emsland bekam tosenden Applaus.

Katharina Haas siegt im Viereck

Im Viereck war es ebenfalls spannend und „ganz schön anstrengend“, wie die Siegerin des 64. Deutschen Dressurderbys am Ende feststellte. Katharina Haas war aus Österreich angereist und sicherte sich souverän den Sieg. Im Finale mit Pferdewechsel erreichte die 30-Jährige die beiden besten Bewertungen, allerdings nicht mit ihrem eigenen Pferd Let It Be NRW, sondern mit den beiden Fremdpferden.

Siegerin im 64. Deutschen Dressurderby wurde die Österreicherin Katharina Haas mit ihrem Let it Be NRW. Foto: Reitsport-Hellmann

Am besten war sie mit dem 13-jährigen Royal Dream von Finalkonkurrentin Sarah Waldsperger unterwegs. „Alle Pferde waren echt fair und gut zu reiten. Die meisten Fehler sind mir tatsächlich mit meinem eigenen Pferd passiert, ich weiß auch gar nicht so genau, warum“, resümierte Haas. Aber sie könne sich gut auf andere Pferde einstellen, im Alltag reite sie rund zehn Pferde täglich. Haas gewann auch den Fairnesspreis per Zuschauervoting.

Im Derby verwies sie den in Dänemark lebenden Deutschen Maik Kohlschmidt auf Platz zwei und Sarah Waldsperger aus Wentorf, Kreis Herzogtum Lauenburg, auf Platz drei. Letztere sagte über das Finale: „Es war spannend, ein schönes Erlebnis. Ich habe mich gefreut und bin eigentlich davon ausgegangen, dass mein Pferd für alle sehr angenehm zu reiten sein wird.“ Ihr Pferd, der 13-jährige Royal Classic-Sohn Royal Dream, gehört ihrer Schwester.

Zum ersten Mal gab es im Ponydressurderby einen männlichen Sieger, den 14-jährigen Mats Buck aus Nordrhein-Westfalen. Mit seinem Pony Dancing Sun HF verwies er seine Konkurrentinnen Emily Schirrmacher und Ava Müller auf die Plätze. „Es war abnormal“, sagte der Ponyderbysieger. „Wenn man da hineinreitet und sieht, dass die Ränge bis oben hin voll sind, überall sitzen Leute, das ist ein superschönes Gefühl.“ Neben dem Gewinn des Blauen Bandes war sein Highlight die Siegerehrung auf dem großen Derbyplatz: „Das war wirklich die beste Siegerehrung, die ich bisher hatte.“

Leonie Ottmar ist U25-Siegerin

Die 23-jährige Leonie Ottmar aus Flensburg sicherte sich vor Leonie Sahm und Kim Burschik das Blaue Band im U25-Dressurderby. „Hier in Hamburg zu gewinnen, das ist ein Traum“, sagte die Siegerin und zögerte kurz: „Nein, davon habe ich noch nicht mal geträumt, das ist mehr als ein Traum!“ Mit dem achtjährigen Don Horatio, im Besitz ihrer Trainerin Vera Fürst, hatte sich die studierte Biologie- und Lebensmitteltechnologin ins Finale der besten Drei mit Pferdewechsel geritten. „Ich habe zwar noch nie ein solches Finale mit Pferdewechsel geritten, aber ich saß schon auf vielen verschiedenen Pferden“, erzählte sie. So habe sie schon ein bisschen Übung damit, sich schnell auf andere Pferde einzustellen. „Ich war während des ganzen Finales unheimlich fokussiert. Am Ende ist die ganze Anspannung von mir abgefallen und der Adrenalinpegel wieder gesunken. Da war ich dann schon kaputt, aber unheimlich happy. Es hat wahnsinnig viel Spaß gemacht.“

Die 23-jährige Leonie Ottmar aus Flensburg gewann das Blaue Band im U25-Dressurderby. Foto: Reitsport-Hellmann

Neben dem Sport war auch die Zucht wieder Teil der Veranstaltung: Elf Holsteiner Fohlen kamen auf dem Derbyplatz zur Versteigerung. Zur Preisspitze avancierte Espartaco, ein Sohn des Ermitage Kalone. Die einstige Derbysiegerin Carassina von Concerto II (Thomas Kleis) ist die Großmutter des Hengstes, der für 20.500 € nach Österreich wechselte. Für die Auktion seien aufgrund technischer Schwierigkeiten mit dem Online-Bietersystem erschwerte Bedingungen entstanden. Einem insgesamt positiven Ergebnis mit einer Verkaufsquote von 100 % und einem Durchschnittspreis von rund 13.050 € habe dies aber nicht im Weg gestanden.

Erspartaco von Ermitage Kalone erzielte den höchsten Preis bei der Holsteiner Fohlenauktion auf dem Derbyplatz. Foto: Janne Bugtrup

Derbychef Volker Wulff hatte viel Spaß bei seiner letzten Auflage des Turniers: „Es war einfach mega! Wir hatten so viele Menschen im Derbypark wie noch nie“, resümierte er. Genau waren es 104.000 und damit mehr als jemals zuvor. Das 93. Deutsche Spring- und Dressurderby war das letzte, das von dem Team von En Garde Marketing um und mit Wulff organisiert und veranstaltet wurde. Mit einem Rückblick auf die vergangenen 25 Jahre erklärte Wulff: „Ich würde diese 25 Derbyjahre als Buch beschreiben. Ein Buch, das sich selbst geschrieben hat und das wir mitschreiben konnten. Ein Buch voller Emotionen, Liebe, Hoffnung, Zuversicht und Aktivitäten. Natürlich waren auch Enttäuschungen dabei. Ein buntes Buch, das wir jetzt nach 25 Jahren schließen.“ Natürlich seien im Team in den vergangenen Tagen schon einige Tränen geflossen, aber er wünsche dem Derby alles Gute für die Zukunft. pm

Trendwende am Getreidemarkt?

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Getrieben von Wettermeldungen steigt der Weizenpreis seit einigen Wochen wieder an. In Paris kletterten die Kurse für Septemberweizen seit Ende Februar, Anfang März um fast 50 €/t. Besonders Wettermeldungen aus Russland, das als Exportweltmeister den Weltmarktpreis maßgeblich beeinflusst, bringen weitere Thermik in den Markt. Nach früheren Meldungen über Trockenheit in Südrussland sind es nun Nachrichten über die Gefahr massiver Ernteeinbußen durch Fröste Anfang Mai in den wichtigen Getreide-Anbaugebieten Woronesh, Lipezk und Tambow in der Zentralen Schwarzerde-Region. Hier werden zirka 10 % des russischen Weizens produziert. Der Kälteeinbruch könnte eine Neuaussaat notwendig machen, wird berichtet. Auch wird erst ab der zweiten Maihälfte mit Niederschlägen in Südrussland gerechnet. Bis dahin könnte die Entwicklung der Pflanzen allerdings bereits negativ beeinflusst sein.

Am 10. Mai schloss der meistgehandelte Kontrakt Septemberweizen an der Matif bei 249,50 €/t. Ursache waren auch die weiter gestiegenen russischen Exportpreise. Kontrakte für Weizen wurden fob Exporthafen mit 215 bis 219 US-$/t gehandelt, 3 bis 4 US-$ höher als in der Woche davor. Große Vorräte aus der vergangenen Ernte ermöglichen die noch anhaltend hohen physischen Verladungen von bis zu 1 Mio. t Weizen pro Woche.

Erste Schätzung neue Ernte

Am 10. Mai veröffentlichte das USDA (US Department of Agriculture) auch seine „World Agricultural Supply and Demand Estimates“, den WASDE-Bericht. Bei der globalen Weizenproduktion erwartet das USDA im kommenden Jahr 2024/2025 einen neuen Rekord von 798,2 Mio. t. Rückgänge der Ernten in Russland, der Ukraine, der EU und auch in Kanada sollen durch Zuwächse in China, Indien, Argentinien und Australien wieder wettgemacht werden. Russland werde auch im kommenden Jahr unangefochtener Exportweltmeister in Sachen Weizen bleiben, mit einem veranschlagten Exportvolumen von 52,0 Mio. t, 1,5 Mio. t weniger als die Schätzung für die laufende Saison. Erwartet werden weltweite Endbestände von 253,6 Mio. t, also eine Abnahme von 4,2 Mio. t und damit die niedrigsten Bestände seit 2015/16. Die Bestandsabnahme soll vor allem in Russland (–3,5 Mio. t) stattfinden. Investoren sahen Kaufargumente in dieser Prognose, Juli-Weizen stieg an der Chicago Board of Trade um 2,5 %.

Im Maissegment rechnet das USDA mit einem weltweiten Produktionsrückgang im kommenden Jahr auf 1,2 Mrd. t. In der Ukraine erwarten die US-Experten eine Ernte von 27,0 Mio. t, ein Minus von 4,0 Mio. t. Für Argentinien wird von einem Rückgang um 2,0 auf 51,0 Mio. t ausgegangen. Im Sojakomplex wird von einer Steigerung der US-Ernte auf rund und 121 Mio. t im kommenden Herbst ausgegangen, etwa plus 8 Mio. t gegenüber dem laufenden Jahr. Auch für Brasilien prophezeien die USDA-Experten eine kräftige Produktionssteigerung um 15,0 Mio. t auf 169,0 Mio. t.

Kleine Weizenernte in der EU

In der EU-27 wird von der EU-Kommission nach der schwierigen Herbstaussaat für 2024 immer noch eine geringe EU-Weizenernte von 120 Mio. t erwartet, nach 126 Mio. t im Vorjahr und einem Fünfjahresdurchschnitt von 127 Mio. t. Die Weizenvorräte sollen EU-weit um 9 Mio. t sinken, für Mais wird ein Plus von 5 Mio. t und für Gerste eines von plus 4 Mio. t erwartet.

Wettermärkte werden häufiger

Alle die oben genannten Prognosen von USDA, EU und dem Internationalen Getreiderat IGC beruhen auf der Annahme, dass in etwa durchschnittliche Ernten eingefahren werden, es werden mehrjährige Durchschnittswerte fortgeschrieben. So gewinnt man ein Bild von den weltweiten grundsätzlichen Produktionsmöglichkeiten, und sie scheinen mehr als ausreichend zu sein. Disruptive Ereignisse wie der Angriff Russlands auf die Ukraine oder Wetterereignisse wie Starkregen oder Frosteinbrüche lösen Preisbewegungen aus, die nicht vorhersehbar sind. Man spricht dann von einem Wettermarkt. Angesichts des Klimawandels und der Zunahme von extremen Wetterereignissen werden wir zukünftig immer mehr mit diesen Wettermärkten zu tun haben. 

Wer es nicht macht, ist ein Spekulant

Viele bringen die Warenterminbörse mit Spekulation und sogar Glücksspiel in Verbindung. Jedoch kann sie auch Gutes bewirken, wenn man sie richtig einsetzt. Dann kann sie sogar ein wichtiges Instrument des betrieblichen Risikomanagements sein. Die Absicherung von Preisen bestimmter Agrarrohstoffe, das sogenannte Hedging, ist das Ziel. Und das funktioniert, wenn man weiß, was man tut. Was ist denn eigentlich eine Warenterminbörse und wie nutzt man sie? Diese Fragen sollen im folgenden Beitrag geklärt werden.

Bis vor einigen Wochen kannten die Preise für Weizen und Raps nur eine Richtung: bergab. Und so mancher Blick zurück tut weh. Waren im vergangenen Jahr durchaus Preise von zirka 300 €/t für Weizen und 600 €/t für Raps zu erreichen, liegen die Kurse an der Euronext derzeit bei 220 €/t beziehungsweise 420 €/t. Mithilfe der Warenterminbörse hätte man sich die höheren Preise durchaus noch für die weitere Vermarktung sichern können.

Daher ist es wichtig, sich nun zu informieren, um beim nächsten Aufschwung die Chancen des Hedging zu nutzen. Die Kurse an der Warenterminbörse prägen zudem auch die realen Kassapreise des traditionellen Händlers vor Ort. Und bei allem Vertrauen: Wenn man versteht, was an den Börsen passiert und wie man sie nutzt, dann kann man die Preise des eigenen Handelspartners besser beurteilen.

Wie funktioniert der Warenterminmarkt?

An einer Warenterminbörse findet der Handel von Agrarprodukten statt. Allerdings werden hier nicht die physische Ware, sondern sogenannte Terminkontrakte oder Futures gehandelt. Diese Geschäfte auf Papier beinhalten zwar genaue Angaben über Qualität, Menge, Preis und Lieferzeitpunkt, doch die Ware fließt nicht (oder nur sehr selten). Mit dem Kauf oder Verkauf entstehen Liefer- oder Abnahmeverpflichtungen, die zumeist vor dem Liefertermin durch ein Gegengeschäft (Glattstellung des Kontraktes) aufgelöst werden.

Börsenkurse wirken sich auf Erzeugerpreise aus

Die Kurse, die an der Börse gehandelt werden, sind transparent und geben den Marktteilnehmern wichtige Informationen über die aktuelle Stimmungslage an den verschiedenen Märkten. Grundsätzlich entscheiden allein das Angebot und die Nachfrage über den Preis. Das gilt auch für die Warenterminbörsen. Der Getreidemarkt ist jedoch ein globaler Markt. Hier spielt zum Großteil das globale Umfeld eine Rolle. Die Börsenteilnehmer sind international und kommen zumeist aus allen Stufen der Wertschöpfungskette. Deshalb lässt sich erahnen, dass alle das Produkt betreffenden Aspekte und Informationen in die Kursentwicklung miteinfließen.

Die Erzeugerpreise orientieren sich schließlich an den Kursen, die an der Warenterminbörse gehandelt werden. Händler und Erfasser sichern sich zum Teil selbst über den Future-Handel ab, und das schafft den Bezug zum physischen Markt. Eine Beobachtung der Börsenkurse ist für Erzeuger also in jedem Fall angeraten.

Landwirte können selbst aktiv werden

Der Landwirt kann aber auch aktiv am Börsengeschehen teilnehmen und sogenannte Termin-Kontrakte (Futures) kaufen oder verkaufen. Dabei muss er noch nicht einmal über die physische Ware in entsprechender Menge verfügen. Dann geht er jedoch ein Risiko als Spekulant ein. Ist dagegen die physische Ware (zum Beispiel Raps, Weizen) in ausreichender Menge vorhanden, gleichen sich die Verluste auf dem einen Markt durch Gewinne auf dem anderen aus. Mit diesem Nullsummenspiel kann ein Landwirt schon vor der Ernte einen attraktiven Preis sichern. Im Börsenumfeld wird das als „Hedging“ bezeichnet.

Erste Schritte im Börsenhandel

Der Handel an der Warenterminbörse ist nur möglich, wenn man mit einem Börsenmakler zusammenarbeitet. Dieser wird alle notwendigen Formalitäten mit dem Händler durchgehen und ein Börsenkonto bei einem Finanzdienstleister eröffnen. Diese Clearingstelle (zum Beispiel Saxobank) führt das Börsenkonto, übernimmt die Abrechnung der Handelsvorgänge und stellt den finanziellen Barausgleich sicher.

Um die Sicherheit aller Handelspartner zu gewährleisten, ist es zunächst nötig, vor dem Handel eine Sicherheitsleistung auf das Börsenkonto einzuzahlen. Diese Initial Margin wird wie eine Mietkaution zum Ende des Handelsgeschäftes wieder ausbezahlt. Sollten sich jedoch am Terminmarkt Verluste einstellen und das Kontoguthaben nicht ausreichen, werden diese von der Initial Margin abgezogen. Der Geldbetrag sollte dann wieder nachgezahlt werden, denn eine Kontoauslastung von über 100 % könnte eine Zwangsglattstellung der vorhandenen Kontrakte zur Folge haben. Dann wäre die Absicherungsstrategie gescheitert. Es ist daher unbedingt darauf zu achten, dass man ausreichend Liquidität zur Verfügung hat, falls der Markt einmal gegen einen läuft.

Dann kann es losgehen: Zunächst muss man entscheiden, für welche Rohstoffe man die Preisabsicherung vornehmen möchte. Hat man Weizen oder Raps zu vermarkten? Wie hoch ist die zu vermarktende Menge? Dementsprechend muss man sich mit den Kontraktspezifikationen der jeweiligen Börsen vertraut machen.

Beim Rapskontrakt der Euronext handelt es sich zum Beispiel um 50 t Raps, die pro Kontrakt gehandelt werden können. Es ist jedoch zu beachten, dass man nicht 100 % seiner Ernte zugrunde legt, denn falls diese doch einmal kleiner als gedacht ausfallen sollte, würde das Nullsummenspiel nicht mehr aufgehen. Berater empfehlen, bis zu 50 % der Ernte abzusichern. Das heißt, bei dem Handel eines Rapskontraktes müsste die physische Erntemenge schon 100 t betragen.

Preisabsicherung für Raps

Wenn alle Formalitäten erledigt sind, kann der Handel beginnen. Zunächst ist es wichtig zu entscheiden, welchen Termin man zu welchem Kurs absichern will. Entsprechend muss man auch die entsprechenden Terminkontrakte verkaufen. Hat man seine Entscheidung getroffen, wird dem Broker mitgeteilt, mit welchem Kontrakt in welcher Anzahl und zu welchem Kurs der Handel durchgeführt werden soll. Es ist allerdings auch möglich, diesen Handel selbst über ein Handelsprogramm durchzuführen, das zur Verfügung gestellt werden kann.

Findet sich an der Börse nun ein Gegenspieler, das heißt ist jemand bereit, zu den erwarteten Konditionen zu kaufen, wird die Order durchgeführt und in das Börsenkonto eingebucht. Nun ist man an den Kursbewegungen beteiligt. Wichtig ist es nun, dass das Börsenkonto immer im Plus bleibt. Am Ende führt man den Verkauf des physischen Rapses zur Ernte 2024 durch und stellt die Kontrakte durch einen Rückkauf glatt.

Der Markt bewegt sich – verschiedene Szenarien

Die Rapskurse sind gestiegen. Das ist im physischen Markt ein Vorteil, denn man kann seinen Raps zu höheren Preisen verkaufen. Aber: Gleichzeitig hat der Anstieg einen Börsenverlust generiert, denn man muss die Kontrakte teurer zurückkaufen, um den Handelsvorgang glattzustellen. Man hält jedoch seinen gewünschten Absicherungspreis.

Die Rapskurse sind unverändert geblieben. Dann wird kein Gewinn oder Verlust an der Börse verbucht.

Die Rapskurse sind gefallen. Das ist am physischen Markt ein Nachteil, denn man kann seinen Raps nur zu einem geringeren Preis verkaufen. Hier kommt einem das Börsengeschäft jedoch zugute. Man kauft die Kontrakte bei der Glattstellung zu einem geringeren Kurs zurück. Damit generiert man einen Börsengewinn. Wenn man diesen zu dem physischen Erlös addiert, kommt man wieder auf den gewünschten Absicherungspreis.

Vereinfachtes Beispiel:

Preis fällt: Im Dezember wurde der Rapskontrakt für August 2024 zu 450 €/t verkauft. Im August findet der Verkauf der physischen Ware zur Ernte statt. Der Erzeugerpreis ist auf 380 €/t gefallen. Auch der Börsenkurs für den August-Kontrakt ist auf 380 €/t gefallen. Nun wird für die Glattstellung der Kontrakt aber zu diesem günstigeren Kurs auch zurückgekauft. Das generiert einen Börsengewinn von 70 €/t.

Preis steigt: Der Rapskontrakt wurde zu 450 €/t verkauft. Der Preis steigt im August auf 500 €/t. Die Rapsernte kann also für 500 €/t verkauft werden. Aber: Auch der Börsenkurs ist gestiegen, und für die Glattstellung muss ein Rückkauf erfolgen. Hier ergibt sich nun ein Verlust von 50 €/t.

In beiden Fällen wird aber der zuvor gewählte Absicherungspreis von 450 €/t erreicht.

Fazit

Zugegeben: Es wurde nur ein vereinfachtes Beispiel beschrieben. Die Schwankungen der sogenannten Basis (Preisabstand zwischen den beiden Märkten) wurden hier nicht berücksichtigt, denn die Märkte bewegen sich nicht immer zu 100 % parallel. Daher könnte sich das Ergebnis noch in die eine oder andere Richtung verschieben. Aber dieses Risiko ist nicht so groß wie das Risiko, sich der Volatilität der Märkte schutzlos auszuliefern. Im Prinzip ist Hedging wirklich eine sichere Sache. Und wer sich nicht vor Preisschwankungen schützt, ist der eigentliche Spekulant.

Hiesige Bäume als Dauerpatienten

Die Lage der Wälder in Deutschland hat sich im vergangenen Jahr auf einem niedrigen Niveau stabilisiert. Wie aus dem Bericht zur Waldzustandserhebung 2023 hervorgeht, sind nur noch 20 % der Bäume gesund.

„Der Wald entwickelt sich zum Dauerpatienten“, sagte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir bei der Vorstellung des Berichts am Montag in Berlin. Die Klimakrise habe den Wald fest im Griff, so der Grünen-Politiker. Lang andauernde Trockenheit und hohe Temperaturen hätten bleibende Schäden hinterlassen und machten die Bäume anfälliger für Schädlinge.

Vergleicht man die Entwicklung der Verlichtung der Baumkronen mit der des Jahres 2022, zeigt sich ein gemischtes Bild. Der Anteil der Bäume ohne Verlichtung bei den Kiefern ist seither von 13 % auf 23 % gestiegen. Weniger stark war die positive Veränderung bei den Fichten mit einem Anstieg von 17 % auf 24 %. Demgegenüber hat sich die Situation der zwei wichtigsten Laubbäume in Deutschland verschlechtert. Bei den Eichen ist der Anteil der Bäume ohne Kronenverlichtung von 19 % auf 17 % gesunken. Bei den Buchen waren es nach 21 % im Jahr 2022 lediglich noch 15 % im Folgejahr.

Mit Hinweis auf die umfangreichen Niederschlagsmengen im Winter 2022/23 stellte Dr. Nicole Wellbrock vom Thünen-Institut fest: „Wir haben jetzt die Möglichkeit, einen Puffer zu haben, aber das löst natürlich nicht dauerhaft die Probleme.“ Der Thünen-Wissenschaftlerin zufolge ist ein Umbau des Waldes dringend notwendig.

Özdemir betonte, dass die Waldbesitzer mit dieser Herausforderung nicht alleingelassen werden dürften. Ihm zufolge sind im laufenden Bundeshaushalt 250 Mio. € für Waldfördermaßnahmen über die Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) und das Förderprogramm Klimaangepasstes Waldmanagement eingestellt. Der Minister bezeichnete den Waldumbau als Generationenaufgabe, für die es keine schnelle Lösung gebe. Nur ein gesunder Wald könne seine vielfältigen Funktionen als Kohlenstoffspeicher, Rohstofflieferant, Erholungsort, Arbeitsplatz sowie Lebensraum für Tiere und Pflanzen optimal erfüllen.

Die Waldzustandserhebung ist abrufbar unter t1p.de/m70iz

Einfach einzigartig

Das Deutsche Spring- und Dressurderby 2024 steht vor der Tür. Fünf Tage dauert der Turnierklassiker in der Himmelfahrtswoche. Zum Programm gehören der älteste und schwerste Parcours der Welt, internationale Top-Prüfungen auf Fünfsterneniveau und Dressur, wie es sie nur in Hamburg gibt. Das Herzstück des Events ist wieder das Deutsche Springderby am Sonntag.

Von Mittwoch, 8. Mai, bis Sonntag, 12. Mai, ist es endlich wieder Zeit für fünf Tage internationalen Spitzenreitsport im Derbypark nahe der Elbe. Natürlich mit allem, was dazugehört: Ponykinder und Weltmeister, ambitionierte Amateure und Vollprofis, wagemutige Springreiter und elegante Dressurkönner – die bunte Welt des nationalen und internationalen Pferdesports tummelt sich in Hamburg-Klein Flottbek. Insgesamt geht es in den 42 Prüfungen um rund 840.000 € Preisgeld, aber vor allem um Derbyehren und den Jubel der Zuschauer. Im vergangenen Jahr feierten 98.000 Menschen die Pferde und Reiter im Derbypark, so viele wie noch nie.

Das Championat von Hamburg im Preis der Deutschen Vermögensberatung AG (DVAG) macht den Turnierdonnerstag – traditionsgemäß Christi Himmelfahrt – zu einem gefühlten Turniersonntag. Hier geht es im Parcours schon fast um olympische Höhen: 1,55 m hoch sind die Hindernisse, Sieg und Platzierungen werden im Stechen entschieden und die besten 40 qualifizieren sich für den Longines Grand Prix am Sonnabend. Mario Stevens hatte mit Starissa im vergangenen Jahr in dieser Prüfung dominiert und sprach von seinem „Traum, mal hier das Championat zu gewinnen“. Bereits davor geht es im Rising Star by Mercedes-Benz Hamburg um Anforderungen auf Fünfsterneniveau.

Auch in der Anrecht-Investment Dressurarena fallen bereits wichtige Würfel: Im Grand Prix, dem Preis der Liselott und Klaus Rheinberger Stiftung, fällt die Entscheidung, wer am Sonntag im Deutschen Dressurderby um das Blaue Band reiten darf.

Über den Wall

In der zweiten Qualifikation zum Deutschen Springderby, dem Preis der Deutschen Kreditbank AG, stehen schon am Freitag alle Pferde zum ersten Mal in diesem Jahr auf dem weltberühmten 3 m hohen Wall. Nach dieser Feuerprobe steht fest, wer im 93. Deutschen Springderby die Chance bekommt, Springsportgeschichte zu schreiben.

Am Sonnabend wird dann einer der wichtigsten Großen Preise der Welt entschieden, der hochdotierte CSI5* Longines Grand Prix of Hamburg. Im vergangenen Jahr traten in dieser Prüfung Weltcup- und Olympiasieger gegeneinander an. In einem rasanten Stechen verwies der 29-jährige Gerrit Nieberg den amtierenden Olympiasieger Ben Maher auf Platz zwei. Es sind die Besten, die in diesem Grand Prix über 1,60 m hohe Hindernisse flitzen und um 250.000 € Preisgeld reiten. Kurz danach sausen Pferde und Reiter im Agria Speedderby über typische Derbyhindernisse. Auch für die Zuschauer ist dies ein absolutes Highlight.

In der Dressurarena fallen die Entscheidungen im U25-Dressurderby, dem Kasa Brandt-Preis, im Grand Prix Special, dem Preis des Helenenhofes von Familie Schwiebert, sowie in der Grand Prix Kür, gestiftet von Freiherr von Jenisch. Zudem wird in der Kür der hochbegehrte Harmonie- und Fairnesspreis vergeben.

Sonntag ist Derbyzeit

Bereits am Sonntagmorgen entscheidet sich im Dressurviereck der Sieg im Deutschen Ponydressurderby, präsentiert von Selleria Equipe. Dann folgt Höhepunkt Nummer eins: das Almased 64. Deutsche Dressurderby. Das Dressurfinale mit Pferdewechsel auf Grand Prix-Niveau gibt es nur in Hamburg. Die größte Herausforderung für die Spitzendressurreiter sind meist die Seriengaloppwechsel auf den Fremdpferden. Dann sind die Daumen der Zuschauer besonders fest gedrückt.

Einen solchen Spannungsmoment gibt es auch am Nachmittag im 93. Deutschen Springderby, präsentiert von Idee Kaffee: Wenn Pferd und Reiter auf dem Wall ankommen, hält das Publikum die Luft an. Es geht vorsichtig den Wall hinunter, die Spannung bleibt, und wenn dann die Planke nicht fällt, wird frenetisch gejubelt. Jeder Derbystarter wird vom Publikum durch den legendären Parcours begleitet – mit Höhen und Tiefen, jubelnd und mitfiebernd und vor allem mit Begeisterung beim Zieleinlauf. Am Ende ist das Buch der Derbygeschichte wieder um ein spannendes Kapitel reicher.

Ein Dressurfinale mit Pferdewechsel auf Grand-Prix-Niveau gibt es nur in Hamburg. Foto: Thomas Hellmann Thomas Hellmann

Das Deutsche Spring- und Dressurderby ist immer auch ein gesellschaftliches Ereignis in der Hansestadt. Die Besucher kommen nicht nur für den Pferdesport, sondern auch für den geselligen Klönschnack, vertiefte Fachgespräche unter Pferdeleuten, exklusives Shopping in der vielfältigen Ausstellung oder einfach, um die ersten Erdbeeren des Jahres zu genießen. Alle Infos zum Derby gibt es online unter www.hamburgderby.de pm

Milchvieh muss viel leisten

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Kühe mit weniger Kraftfutter zu füttern, entspricht dem ökologischen Gedanken. Mit der niedrigeren Milchleistung lassen sich die Vollkosten oft nicht decken. Eher gelingt das Heumilchbetrieben, die von höheren Prämien profitieren.

Die Diskussion um die richtige Kraftfuttermenge in der Milchviehhaltung hält an. In nahezu allen Bioanbauverbänden diskutieren Mitglieder das Thema regelmäßig. Kürzlich hat Naturland Richtlinien für Rinderbetriebe vorgelegt, die den Einsatz von Futtermitteln beschränken, die auch als Lebensmittel für Menschen genutzt werden können.

Die Bioland-Beratung hat Zahlen von Biomilchviehbetrieben ausgewertet, um zu untersuchen, wie wirtschaftlich der Einsatz von Kraftfutter (KF) ist. Grundlage dafür sind Vollkostenrechnungen der Wirtschaftsjahre 2019/2020 und 2021/2022. Knapp ein Fünftel der Betriebe liegt in Süddeutschland, die anderen in Mittel- und Norddeutschland.

Zum Vergleich zwischen den Wirtschaftsjahren wurden die Daten von 70 identischen Betrieben herangezogen. Die Betriebe wurden in zwei Gruppen eingeteilt – danach, ob sie mehr oder weniger als 150 g Kraftfutter pro 1 kg Milch verfüttern. Im Wirtschaftsjahr 2021/2022 haben die Betriebe ihre Milchleistung im Durchschnitt um 2 % gesteigert. Den Kraftfutteraufwand pro Kilogramm Milch haben sie um 3 % erhöht, wobei der Kraftfutterpreis um 6 % gesunken war. Der Milchauszahlungspreis lag um 3 % höher als im Vorjahr. Beide Betriebsgruppen konnten im Wirtschaftsjahr 2020/2021 ihr kalkulatorisches Betriebszweig­ergebnis verbessern.

Milchvieh muss viel leisten. Fotos: Isa-Maria Kuhn

Grundfutter macht mehr Arbeit

Die Ergebnisse aus dem Wirtschaftsjahr (WJ) 2020/2021 bestätigen die Erkenntnisse aus dem WJ 2019/2020: Betriebe mit einem niedrigen Kraftfutteraufwand sparen bei den Direktkosten, die maßgeblich durch die Futterkosten beeinflusst werden. Sie haben aber höhere Arbeitserledigungskosten, also Personal- und Mechanisierungskosten der Innenwirtschaft.

Zudem erzielen sie aufgrund der niedrigeren Milchleistung geringere Erträge. Deshalb erzielen Betriebe mit niedrigem Kraftfutteraufwand ein niedrigeres kalkulatorisches Betriebszweigergebnis pro Kuh. In der Folge benötigen sie einen höheren Milchauszahlungspreis, um ihre Vollkosten zu decken.

Fünf der ausgewerteten Betriebe haben ihren Kraftfutteraufwand pro Kilogramm Milch vom ersten zum zweiten WJ so erhöht, dass sie die Schwelle von 150 g KF pro 1 kg Milch überschritten. Auch diese Betriebe konnten ihr Betriebszweigergebnis verbessern, allerdings nicht so stark wie die anderen Betriebe, denn die Milchleistung pro Kuh ist weniger stark angestiegen, als die Kraftfuttermenge angepasst wurde.

Potenzial der Kühe im Blick

Für einen dieser Betriebe allerdings hat es sich gelohnt, mehr Kraftfutter zu geben. Es ist ein familiengeführter Gemischtbetrieb im Norden von Baden-Württemberg, der nach einer Fütterungsberatung die Kraftfuttermenge erhöht hat. Die Beratung hatte ermittelt, dass mit der bisherigen Fütterung das Potenzial der Milchmenge pro Kuh nicht ausgeschöpft wurde.

Die Kühe im Betrieb fressen Körnermais und Ausputzgetreide, als Grundfutter bekommen sie überwiegend Luzernegras als Silage oder Gras auf der Weide. Durch das zusätzliche Kraftfutter hat sich die Milchleistung erhöht. Obwohl die Grundfutterleistung entsprechend gesunken ist, ergab sich weiterhin eine gute Kraftfuttereffizienz (siehe Tabelle). Mit dem Mehrerlös konnte der Betrieb andere Kostensteigerungen kompensieren wie die höheren Kosten für die Grobfuttererzeugung.

In einer Befragung aller ausgewerteten Betriebe sagten die Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter, dass sie damit rechnen, dass ihre Betriebe größer werden, mehr Flächen bewirtschaften und mehr Tiere halten. Zudem erwarten sie eine höhere Milchleistung. Dafür wollen sie weniger Kraftfutter je Kuh aufwenden, so würde der Kraftfutteraufwand je Kilogramm Milch sinken. Ob dies gelingen wird, hängt maßgeblich von den Grundfutterqualitäten in den nächsten Jahren ab.

Spezialfall Heumilch

Neun Heumilchbetriebe betrachtet die Bioland-Beratung in einer eigenen Auswertungsgruppe. Sie halten zwischen 30 und 120 Kühen. Auch diese Betriebsleiter verfütterten im WJ 2020/2021 sehr unterschiedlich hohe Kraftfuttermengen. Im Winter erhielten die Milchkühe überwiegend unter Dach getrocknetes Heu. Sieben Betriebe liegen in Baden-Württemberg und Bayern. Sechs Betriebe füttern weniger als 100 g Kraftfutter pro 1 kg Milch. Weil diese Stichprobe so klein ist, sind lediglich ungefähre Rückschlüsse auf die Grundgesamtheit der Bioheumilchbetriebe möglich.

Die ausgewerteten Heumilchbetriebe zeichnen sich gegenüber den Nicht-Heumilchbetrieben durch eine 29 % höhere Grundfutterleistung aus. Das lässt sich einerseits durch das hochwertige Winterfutter erklären, das mit großem Energieaufwand unter Dach konserviert wird. Es verursacht aber zugleich höhere Grundfutterkosten. Andererseits profitieren die Betriebe in den Sommermonaten von viel Futter von der Weide oder auch aus der Frischgrasfütterung. Auffällig ist die um 28 % längere Nutzungsdauer der Tiere in Heumilchbetrieben. Analog dazu ist die bereinigte Reproduktionsrate um 22 % niedriger.

Höhere Einnahmen erzielt

Der Blick auf die Wirtschaftlichkeit von Heumilch zeigt: Heumilchbetriebe profitieren häufig von zusätzlichen Flächenprämien wie für Silageverzicht im gesamten Betrieb oder für Messerbalkenschnitt. Hinzu kommt, dass sie für verkaufte Tiere mehr erlösen und Zuschläge auf den Milchauszahlungspreis erhalten, durchschnittlich +7,2 ct/kg Milch. Bei ähnlichen Produktionskosten, die um 61 € je Kuh und Jahr günstiger abschneiden, erzielen die Heumilchbetriebe ein besseres kalkulatorisches Betriebszweigergebnis. Sie übertreffen die Vergleichsgruppe um 191 € je Kuh und Jahr.

Unterteilt man die Heumilchbetriebe nach ihren Kraftfuttermengen pro Kilogramm Milch, ist zu beobachten, dass ein niedrigerer Kraftfuttereinsatz wie bei allen ausgewerteten Betrieben zu einer niedrigeren Milchleistung führt und damit der Umsatz sinkt. Gespart werden 10 dt Kraftfutter je Kuh und Jahr, die Personalkosten sind geringfügig höher. So ergeben sich etwas niedrigere Produktionskosten – um 325 € je Kuh und Jahr – und ein um 80 € je Kuh und Jahr besseres kalkulatorisches Betriebszweig­ergebnis.

Fazit

Insgesamt ist es die verfütterte Kraftfuttermenge, die produktionstechnische und betriebswirtschaftliche Kennzahlen von Biomilchviehbetrieben stärker beeinflusst als die Heufütterung. Grund dafür ist vermutlich, dass sich das Kraftfuttermanagement auf das gesamte Futterjahr auswirkt. Die Fütterung von Heu beschränkt sich jedoch vor allem auf die Wintermonate. Im Sommer unterscheiden sich Heumilchbetriebe hinsichtlich der Fütterung oftmals nicht von anderen Betrieben.

Lego-Oma baut Teilhabe

Rita Ebel baut Rampen – damit alle Menschen freie Bahn haben. Sie sitzt selbst im Rollstuhl und weiß, wie nur eine Stufe den Alltag einschränkt.

Die kleine Stufe am Eingang zur Bäckerei ist eigentlich kein Problem. Zumindest dann nicht, wenn man laufen kann. Doch für Rita Ebel aus Hanau im Main-Kinzig-Kreis sind die nicht mal 15 cm Höhenunterschied ein Hindernis. Denn seit etwa 30 Jahren sitzt sie im Rollstuhl. Die heute 67-Jährige verlor während einer Autofahrt das Bewusstsein und krachte in eine Hauswand. „Die Ärzte stellten einen inkompletten Querschnitt fest“, sagt sie. Das heißt, sie kann ihre Beine fast nicht mehr bewegen. Ihre Perspektive: ein Leben im Rollstuhl. Dass in diesem Leben auch Lego eine große Rolle spielen würde, das hätte sie nicht gedacht.

Lego-Oma, Bau von Rollstuhlrampen, Barrierefreiheit, Teilhabe und Inklusion
Fotos: Lego-Oma

Bauplan aus dem Netz

Vier Monate nach ihrem Unfall verließ Ebel das Krankenhaus. Ihre Wohnung war nicht behindertengerecht und auch in ihrem Umfeld musste sie feststellen, dass überall Stolperschwellen lauerten. Doch Ebel wollte sich nicht ausbremsen lassen. Die sportbegeisterte Frau probierte alle Sportarten aus, die sich ihr anboten: „Ich habe gefochten, bin Kajak gefahren und habe mich im Wasserski versucht“, blickt Ebel zurück. Beim Trick-Ski, einer Wettkampfdisziplin des klassischen Wasserski, wurde sie sogar Vize-Europameisterin. Doch auch sonst hielt die aktive Frau nicht still. „Mein Leben ist durch den Unfall anders geworden, aber nicht weniger schön“, sagt sie heute überzeugt. Durch Zufall stieß Ebel nach 20 Jahren auf einen Bericht in einer Fachzeitschrift. Dort war auf einem Foto ein elektrischer Rollstuhl auf einer Rampe aus Lego zu sehen. Ein Supereinfall, befand die gelernte Versicherungsfachangestellte, die bis zu ihrem Unfall als Geschäftsführerin in einer Baufirma tätig war. Warum also nicht fortan Rampen aus Lego bauen – für den guten Zweck.

Neu war die Idee, aus den bunten Steinen Rampen zu bauen, damals schon nicht mehr. Bereits 2014 hatte Raul Krauthausen, ein Aktivist für Inklusion und Barrierefreiheit, einen Bauplan für Rampen aus Lego ins Internet gestellt.

Rampen für alle

Ebel baute und sammelte ihre eigenen Erfahrungen. Sie probierte viel aus. „Zunächst bauten wir zwei einzelne schmale Spuren, mittlerweile zwei breite, die zusammengelegt eine große Fläche ergeben“, sagt sie. Inzwischen bauen sie und ihr neunköpfiges Team die Rampen immer so. Dennoch wiegt jedes Element rund 9 kg. „Das Gewicht hängt maßgeblich von der Höhe der Stufe ab, die wir überwinden müssen“, erklärt Ebel, „aber höher als 16 Zentimeter darf sie nicht sein.“ Versuche, mehr als eine Stufe zu überwinden, scheiterten: „Das war dann zu steil und hätte dazu geführt, dass kein Rollifahrer sie eigenständig hätte benutzen können.“ Und eben darum geht es Ebel. Sie möchte, dass Menschen mit Beeinträchtigungen teilhaben können. „Und wenn wir es genau nehmen, helfen unsere Rampen auch vielen anderen Menschen – denen mit Kinderwagen oder Rollatoren“, ergänzt sie.

Während die ersten Rampen noch einteilig waren, bauen Ebel und ihr Team heute meist mehrteilige.

Die Rampen der Lego-Oma, wie Ebel sich nennt, sind offiziell keine. Denn Rampen müssen in Deutschland eine Norm erfüllen. Das heißt: Ihre Steigung darf nicht größer als 6 % sein. „Daher bauen wir offiziell nur Auffahrhilfen“, schmunzelt die 67-Jährige. Den Einfall dazu hatte ihr heutiger Mann Wolfgang. Die Abgrenzung ist wichtig, weil sonst Gewährleistungs- und Haftungsansprüche folgen könnten. Und das, obwohl Ebel keine Rampe je verkauft hat. Sie sind alle ein Geschenk. Die meisten der 116 Rampen, die sie mit ihrem Team in den vergangenen fünf Jahren gebaut hat, stehen im öffentlichen Raum und kommen so der Allgemeinheit zugute.

Nur selten bauen sie für Einzelpersonen. „Das können wir einfach nicht leisten“, erzählt Ebel, die mittlerweile deutschlandweit unterwegs ist, um mit Schulen oder Vereinen Rampen zu bauen. „Es macht wahnsinnig viel Freude, kostet aber auch viel Zeit – und Steine“, sagt Ebel. An eben diesem Punkt hakt es ab und an. Denn Ebel baut nur aus „brachliegenden Steinen“, wie sie es nennt. „Wir wollen nur die Steine nutzen, die ohnehin ungenutzt auf dem Dachboden liegen“, erklärt sie, „auf gar keinen Fall wollen wir Kindern ihr Spielzeug klauen.“ Ebel hat Glück. Immer wieder melden sich Menschen bei ihr, die Steine spenden wollen. Gerade wenn Ebel Rampen mit Motiven in entsprechenden Farben bauen will, ist das auch nötig. Ihre Bauanleitungen stehen im Internet – in neun Sprachen – und wurden über 800 Mal in die Welt verschickt.

Doch nicht überall trifft Ebels Tun auf Lob. Raul Krauthausen, der Urheber der Lego-Rampen, distanziert sich mittlerweile von seiner damaligen Idee. Auf seiner Internetseite nennt er den Bau von Legorampen inzwischen „Fürsorgekampagnen“. Er schreibt: „Sie lenken von den eigentlichen Herausforderungen ab.“ Er fordert dazu auf, Politik und Verwaltung an ihre Verantwortung für mehr Barrierefreiheit zu erinnern. Rita Ebel ist da anderer Meinung: „Das eine tun heißt doch nicht das andere lassen.“

Tee-Speicher Meldorf

Iris Jaeger

Auch in Schleswig-Holstein stehen Lego-Rollstuhlrampen beziehungsweise Auffahrhilfen. So zum Beispiel seit Neuestem in Meldorf, Kreis Dithmarschen, vor dem Tee-Speicher von Kerstin Jacobs. 2022 hat sie das Ladengeschäft übernommen und störte sich an der Türschwelle. Vergangenes Jahr ist sie auf den Beauftragten für Menschen mit Behinderung der Stadt Meldorf, Michael Hegger, zugegangen, um mit ihm zusammen nach einer Lösung zu suchen. Zuvor erkundigte sich Kerstin Jacobs beim Ordnungsamt, was erlaubt ist, und beantragte ein Sondernutzungsrecht.

Kerstin Jacobs suchte für die Schwelle vor ihrem Tee-Speicher nach einer Lösung und fand sie mit der Lego-Rampe, die nun feierlich eingeweiht wurde.
Foto: Privat

Im regen Austausch mit Michael Hegger ging es dann darum herauszufinden, welche Art von mobiler Rampe es sein sollte, was gerade auf dem Markt so vorhanden war und womit alle gut umgehen könnten. „Dabei kamen wir beide zusammen auf die Idee mit der Lego-Rampe“, erzählt die Inhaberin des Tee-Speichers. Es wurden Informationen beschafft, Michael Hegger bekam die Bauanleitung der Lego-Oma und seit Oktober stand für Kerstin Jacobs fest: „Ich baue die Lego-Rampe.“ Nachdem mehr als 20 kg Legosteine sowie weiteres Material wie eine Bautenschutzmatte besorgt waren, ging im April der Bau los. Zirka 14 Stunden dauerte das Zusammensetzen der Teile bis zur fertigen Rampe. Am 5. Mai erfolgte dann die feierliche Einweihung. Für dieses Ereignis stellte Wagner Pralinen aus Brunsbüttel extra Pralinen in Form von Legosteinen her, die in 340 Tüten verpackt für den guten Zweck verkauft wurden. Der Erlös geht an die Lebenshilfe Dith­marschen.

Wie Essen die Seele streichelt

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Essen und Gefühle haben eine Menge miteinander zu tun. Was wir mögen und was nicht sowie unsere Esskultur hängen ganz häufig mit sehr frühen Erfahrungen in unserem Leben zusammen. „Essen, das die Seele streichelt“, beschreibt es Dr. Judith Bühlmeier. Als Bildungsreferentin des LandFrauenverbandes Schleswig-Holstein ist sie für die Themenbereiche Ernährung und Hauswirtschaft zuständig und hat das Thema neu im Angebot. Zur Premiere kam sie zum LandFrauenverein Eckernförde.

Weil Essen und Gefühle eng zusammenhängen, können frühe Erfahrungen ein Leben lang prägen. So kann das Gericht, das es häufig bei Oma in den Ferien gab, bis ins Alter hinein Lieblingsgericht bleiben. Der Grund sind die positiven Erinnerungen und Gefühle, die sich damit verbinden. Das gleiche Gericht aus Kindertagen kann bei einem anderen bis ins Alter hinein zu Abneigung führen, weil es in Kindheitstagen zwangsweise aufgegessen werden musste.

Den endgültigen Anstoß für das Thema hat Judith Bühlmeier in der Corona-Zeit erhalten. Damals hätten sich viele Zeitschriften mit dem Essverhalten der Menschen In Krisenzeiten beschäftigt. Dies sei freilich keinesfalls immer und überall ein Thema: „Emotionales Essen kann sich nur in Zeiten des Nahrungsmittelüberschusses entwickeln. Es ist deshalb eine Erscheinung der Neuzeit“, so die promovierte Ernährungswissenschaftlerin und ausgebildete Ernährungsberaterin.

Schokolade und Glück

In ihrem Vortrag beschäftigte sie sich auch mit der magischen Anziehungskraft von Süßigkeiten. Schokolade und andere energiehaltige Naschereien würden oft aus Gewohnheit abends vor dem Fernseher weggenascht. „Da kann es helfen, die Süßigkeiten weit weg zu deponieren, sodass sie nicht so leicht verfügbar sind.“ Darüber hinaus steige der Konsum von Schokolade und anderem Süßkram oft in Krisenzeiten. Fast jede dürfte das schon einmal an sich selbst beobachtet haben. Aber warum genau macht Schokolade eigentlich glücklich? „Sind es spezielle Inhaltsstoffe, die in ihr enthalten sind?“, stellte sie eine rhetorische Frage in den Raum und gab auch gleich die Antwort: „Dagegen spricht, dass der Effekt sofort auftritt. Wären spezielle Inhaltsstoffe dafür verantwortlich, würde die Wirkung erst später eintreten.“ Der Effekt sei vielmehr auf den Energiegehalt der Schokolade zurückzuführen. Das sei ein Erbe der Evolution, so die Referentin. „Standen früher Menschen unter Stress, brauchten sie schnell viel Energie, entweder um zu fliehen oder anzugreifen.“ Bühlmeier verwies auf Experimente mit Menschen, die unter Stress standen und denen über eine Magensonde energiehaltige Nahrung zugeführt wurde. „Obwohl sie nichts schmeckten, hat sich ihr Stresslevel sofort gesenkt.“ Und der Wohlgeschmack sei noch ein zusätzlicher Anreiz zum Essen.

Schließlich führte Bühlmeier ein kleines Schokoladenexperiment mit den Teilnehmerinnen durch. Jede bekam ein Stück Schokolade. Essen durften sie es zunächst nicht, nur vor sich hinlegen, anschauen, später daran riechen. Dann sollten die Frauen in sich hineinhorchen, was sich bei ihnen tue, um ganz zum Schluss festzustellen: „Ich könnte auch darauf verzichten.“

Alltagserfahrungen haben Einfluss auf das Essverhalten. Der Duft nach frischem Brot oder Kuchen in einer Bäckerei zum Beispiel. Auch Einladungen können zum übermäßigen Essen verführen, vor allem Menschen, die nicht Nein sagen können. „Die Steuerung des Essverhaltens ist komplex. Es wirken viele Faktoren – innere und äußere – zusammen“, so die Ernährungswissenschaftlerin. Sie hatte gute Tipps, um sich übermäßigem Essen nicht hilflos ausgeliefert zu fühlen: „Regelmäßigkeit beim Essen hilft. Es tut dem Körper gut, wenn zwischen zwei Essen eine längere Pause liegt. Man sollte mit dem Essen nicht warten, bis man Hunger hat. Wenn man erst Hunger hat, isst man mehr und man isst schneller.“ Die Bildungsreferentin riet zudem, mit dem Essen aufzuhören, wenn man satt sei, und nicht weiterzuessen, bis man nicht mehr könne. Zudem sei eine gewisse Routine wichtig. „Wenn man ganz flexibel bei den Essenszeiten ist, sind sie für den Körper unberechenbar.“

Kindheitsmuster

In ihrer Zeit als Ernährungsberaterin hat Bühlmeier oft mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet, die unter Essstörungen litten und denen das Hungerfühl völlig fehlte. Meist habe es sich um Kinder gehandelt, deren Mütter sich überfordert fühlten. „Emotionale Bedürfnisse, die mit Nähe hätten befriedigt werden können, wurden bei diesen Kindern mit übermäßigem Essen kompensiert“, so die Referentin. Erstmals erforscht habe die aus Deutschland in die USA emigrierte jüdische Ärztin und Psychoanalytikerin Prof. Hilde Bruch (1904-1984) diese Zusammenhänge. Seit Mitte der 1930er Jahre forschte sie zu fettleibigen Kindern. „Sie gilt noch heute als Koryphäe auf diesem Gebiet“, so Bühlmeier. So habe sie herausgefunden, dass in der frühen Kindheit die entscheidenden Voraussetzungen für das spätere Essverhalten gelegt würden durch Fütterungspraktiken und Lernen am Vorbild.

Aber auch Menschen, die nicht unter Essstörungen litten, kompensierten negative Gefühle oft mit vermehrtem Essen und damit positiven Gefühlen. „Das ist grundsätzlich nichts Schlechtes. Denn Essen besänftigt, macht glücklich und entspannt“, so Bühlmeier. Problematisch werde es dann, wenn das Maß verloren gehe: „Wer unter seinem Übergewicht leidet, sollte sich damit beschäftigen.“

Bildungsreferentin Judith Bühlmeier (r.) mit dem Vorstand des OV Eckernförde Foto: Sigrid Querhammer

Planung für 72-Stunden-Aktion 2025 angelaufen

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Einen guten Austausch, in dem erfreulich viele Kreisvorstände vertreten waren, gab es auf der zweiten Landesausschusssitzung dieses Jahres. Dazu hatte der Landesvorstand des Landjugendverbandes Schleswig-Holstein Anfang Mai nach Rendsburg eingeladen.

Der Landesvorstand gab zunächst einen Überblick über die Themen, die in der Zwischenklausur des Landesvorstandes und bei der Bundesmitgliederversammlung auf den Tisch kamen, die zwei Wochenenden vor der Landesausschusssitzung stattgefunden hatte (siehe Bauernblatt-Ausgabe 18/2024).

Vorfreude auf den Landjugendtag

Die Kreisvorstände sollten natürlich auch berichten, wie es bei ihnen läuft. Dafür wurde eine Gruppenaufgabe gestellt, in der kommuniziert werden musste, was es Neues gibt, welche Wünsche die Kreisvorstände an den Landesvorstand haben, was bei ihnen in den vergangenen Monaten los war. Aus jeder Gruppe stellte eine Person die Themen vor. Dabei stellte sich heraus, dass sich alle riesig auf den Deutschen Landjugendtag vom 14. bis 16. Juni in Jübek freuen. Angemerkt wurde aber auch, dass bei den Kreisverbänden nicht alle Informationen ankommen, dass viele Ortsgruppen Schwierigkeiten haben, neue junge Mitglieder zu motivieren und für die Landjugendarbeit zu gewinnen. Und was auch deutlich wurde: Viele Kreise wünschen sich kreisübergreifende Veranstaltungen, auch um neue Leute kennenzulernen.

Karen Stender, Geschäftsführerin der Laju Service GmbH, nahm sich an diesem Wochenende Zeit, um die Lajus aus den Kreisverbänden auf den neuesten Stand zum Beispiel zur Kassenführung zu bringen und um neue Seminare für das nächste Jahr abzufragen. Das Kassenseminar soll im kommenden Jahr auf jeden Fall wieder stattfinden.

Einen Ausblick auf die Seminare, die dieses Jahr noch angeboten werden, gab die zweite Vorsitzende des Landesverbandes, Marlies Muxfeldt. So soll es noch ein zweites JuLeiCa-Wochenende geben, die Norla muss geplant werden, und die 72-Stunden-Aktion für 2025 steht auch schon in den Startlöchern. Für diese findet am 22. Mai das erste Treffen in Rendsburg statt. In der Mittagspause versammelten sich alle zum Grillen im Pavillon auf dem Norla-Gelände, leider bei viel Regen und Wind.

Neues aus der Geschäftsstelle

Unter dem Tagesordnungspunkt „Aktuelles aus der Geschäftsstelle“ berichtete die Landesvorsitzende Lena Hagge, dass Geschäftsführerin Silke Meister zum 30. Juni dieses Jahres auf eigenen Wunsch die Geschäftsstelle verlassen werde. Derzeit liefen zudem Vorstellungsgespräche für die Landesbildungsreferentenstelle. Es wurden viele Fragen zur aktuellen Lage in der Geschäftsstelle gestellt. So wollten die Vertreter aus den Kreisen wissen, was passiert, wenn die Geschäftsführerstelle offen bleibt.

Dann stand eine Ideensammlung auf dem Programm, die die zweite stellvertretende Vorsitzende, Lisa Tödter, führte. Bei der Arbeit in Gruppen kamen viele tolle Vorschläge zusammen, von denen sicher viele umgesetzt werden können.

Thore Groth, Bildungsreferent der Geschäftsstelle, berichtete über den aktuellen Stand des Schutzkonzeptes und machte hierfür eine Umfrage mit neun Fragen rund um Sicherheit auf Veranstaltungen.

Zum Schluss gab es noch Informationen vom 75. Geburtstag und der Vollversammlung des Landesjugendrings, bei dem Lisa und die dritte Vorsitzende des Landesverbandes, Kim Piening, die Landjugend vertraten.

Auch der Bund der Deutschen Landjugend wird in diesem Jahr 75 Jahre alt. Dazu gibt es eine Wettaktion „rund um die 75“ mit einem gemeinnützigen Hintergrund. Weitere Infos gibt es in der Geschäftsstelle.

Einen kurzen Bericht gab es auch von der Bundesmitgliederversammlung in Heilbronn, zu der der Landesvorsitzende Tajo Lass, Lisa und Marlies reisten. Lena berichtete in dem Zuge auch noch einmal vom Arbeitskreis Jugend macht Politik, der für jeden etwas sein könne.

Ein Pfingstausflug zur Waldkapelle Mönkloh

Als „kleinste Außenstelle des Vatikans“ hat der Katholik und private Stifter Hans-Jürgen Frese (1934-2019), seine Waldkapelle Mönkloh einst schmunzelnd bezeichnet. Das Kirchlein steht im Rantzauer Forst und liegt direkt an der 343 km langen ­Mönchswegs-Etappe, die durch Schleswig-Holstein führt. Seit 2001 dient es Einheimischen, Pilgern und Besuchern als besinnlicher Ort der stillen Einkehr. Auch zu Pfingsten ist es rund um die Uhr geöffnet und ein lohnendes Ausflugsziel.

Jeden Tag macht sich Silke Frese zur Waldkapelle auf. Nur wenige Schritte sind es von ihrem Zuhause bis zum Kleinod, das mittlerweile als Wahrzeichen von Mönkloh gilt. Als ihr Mann im September 2019 im Alter von 84 Jahren starb, stand für die Witwe fest, dass sie sich weiterhin um sein persönliches Vermächtnis kümmern würde. „Ich schaue hier regelmäßig nach dem Rechten, fege durch, mache Ordnung und entferne die abgebrannten Opferlichter“, sagt sie und läutet zur Begrüßung ein helles Glöckchen, das hoch oben im hölzernen Glockenturm thront.

In der kleinen Waldkapelle, seinem Lebenswerk, fühlt sich Silke Frese ihrem verstorbenen Mann besonders nah und verbunden.

Zuvor haben wir die ökumenisch geweihte Waldkapelle durch ein schmiedeeisernes Tor betreten. Wie viele Menschen hier einkehren, sieht man daran, dass heute, an einem Sonntag zur Mittagszeit, schon etliche Opferlichter auf dem Altar stehen und leuchten. Sie hüllen den kleinen, nur etwa 5 m² großen Raum in ein warmes, heimeliges Licht, durch das blau getönte Seitenfenster fallen Sonnenstrahlen hinein. Was für ein friedvoller und meditativer Ort. Silke Frese setzt sich auf eine Holzbank im Kirchlein und erzählt, wie alles begann.

„Mein Mann lebte bis zu seinem achten Lebensjahr in einem Osnabrücker Kinderheim. Während der Kriegswirren wurde er von einem katholischen Pfarrer und seiner Schwester, die ihm den Haushalt führte, als Pflegekind aufgenommen. Dort fühlte er sich wohl und erhielt eine gute Ausbildung. Aus Dankbarkeit ihnen gegenüber, und aus Dankbarkeit, dass aus ihm etwas geworden war, ließ er 2001 die Waldkapelle errichten.“ Hans-Jürgen Frese und seine Frau lebten da noch mit Hauptwohnsitz in Hamburg, wo der gelernte Kfz-Meister zunächst eine Tankstelle in Blankenese führte. Danach war er bis zum Eintritt in den Ruhestand als Sachverständiger und Prüfer beim TÜV Nord beschäftigt. Bereits 1972 kaufte der junge Familienvater in Mönkloh, der westlichsten Gemeinde des Kreises Segeberg, ein Wochenend- und Ferienhaus für die sechsköpfige Familie. Fortan pendelten die Freses zwischen ihrem Erstwohnsitz in der Großstadt und dem Zweitwohnsitz im 250-Seelen-Dorf. 2014 übersiedelte das Rentnerehepaar endgültig dorthin.

Im Innenraum finden höchstens fünf Personen Platz. Bei Veranstaltungen wird deshalb die danebenliegende Lichtung mit einbezogen.

Bevor es zum Baubeginn der Waldkapelle kam, musste Hans-Jürgen Frese manche Widerstände überwinden. „Wat schall dat?“, fragten zum Beispiel Dorfbewohner skeptisch. Doch er ließ sich nicht beirren und blieb hartnäckig am Ball. Schließlich gelang es ihm, von der Landesforstverwaltung für 30 Jahre einen Flecken am Rande des Mönkloher Waldes zu pachten. Eine Wrister Baufirma errichtete dort in seinem Auftrag binnen eines Jahres das rote Backsteingebäude mit Kupferdach und Glockenturm in idyllischer Lage unter prachtvollen Buchen. „Heute sind alle froh, dass die Waldkapelle da ist. Sie gehört einfach dazu und wird sehr gut angenommen. Die Menschen lassen hier ihre Kinder und Enkel taufen. Daneben finden Andachten, Trauungen sowie silberne, goldene und diamantene Hochzeiten statt“, freut sich Silke Frese über den Zuspruch. Diesen bemerke sie auch daran, dass sich immer wieder neue Gegenstände in der Waldkapelle einfänden, von denen sie nicht wisse, wie sie eigentlich dort hingekommen seien. Gebetsketten, Engel- oder Madonnenfiguren, verzierte Steine und andere Dekorationsobjekte zeugen davon, dass etliche Besucher diesen Ort zu ihrem ganz eigenen Erinnerungs- und Kraftort auserkoren haben. Menschen, die teilweise jahrzehntelang kein Gotteshaus von innen sahen, lassen sich hier inspirieren und vertrauen dem ausliegenden Gästebuch ihre geheimsten Gedanken und Gebetsanliegen an. Ebenfalls ist bekannt, dass manche Leute den Ort bewusst aufsuchen, um Trost zu finden und stille Zwiesprache mit lieben Verstorbenen zu halten.

Während eines gemeinsamen Rundumblicks möchte die Seniorin nun die Aufmerksamkeit auf das Interieur lenken. Ihr Mann habe sich dem ökumenischen Gedanken stets verbunden gefühlt. Das zeige sich auch in der Ausstattung. „Hier links hängt an der Wand ein Bild des Reformators Martin Luther und rechts jeweils eines vom früheren Papst Benedikt XVI. und dem amtierenden Papst Franziskus.“ Die 82-Jährige verweist ebenso auf Holzreliefs oben an den Wänden, auf denen die 14 Stationen des Kreuzwegs Jesu von der Verurteilung durch Pontius Pilatus bis hin zur Kreuzigung und Grablegung zu sehen sind. Anhand dieser Darstellungen lasse sich für den Betrachter dem Leid Jesu auf eindrückliche Weise nachspüren.

Die Mutter Gottes mit Jesuskind über dem Altar stiftete ein Pastor.

„Das Kunstwerk wurde von einem anonymen Stifter hierhergebracht und aufgehängt“, bemerkt sie. Die Gottesmutter mit Jesuskind über dem Altar stiftete ein Pastor. Die Holzbank stamme ursprünglich aus Bayern. Hans-Jürgen Frese ließ sie passgenau für die Waldkapelle kürzen. Ein schlichtes Holzkreuz mit Jesusfigur, ein Holzrelief eines Künstlers mit Namen C.C. Eick und eine Kniebank, die unter anderem als Ablage für eine Bibel, das Gästebuch und Glaubensschriften dient, schmücken das Innere ebenfalls. Im Sinne einer religionsübergreifenden Gemeinschaft liegen hier zudem die aktuellen Gemeindebriefe der Katholischen Pfarrei Seliger Eduard Müller und der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Bad Bramstedt aus.

„Immer am 3. Oktober organisierte mein Mann zum Tag der Deutschen Einheit eine ökumenische Andacht, die oft mehr als 300 Gläubige auf die Lichtung vor der Waldkapelle lockte. Sie lag ihm sehr am Herzen. Noch auf dem Sterbebett bat er unseren früheren Gemeindepfarrer und heutigen Domkapitular und Domprobst des Erzbistums Hamburg, Berthold Bonekamp-Kerkhoff, dass er an diesen Tag denken möge. Nun führt meine Tochter Sandra mit Unterstützung ihrer drei Geschwister die Tradition fort und organisiert die Andachten“, informiert Silke Frese. Unvergessen sei für die Familie das ökumenische „Gipfeltreffen“ anlässlich der Andacht zum zehnjährigen Bestehen der Waldkapelle im Jahr 2011 gewesen. Ein christliches Highlight! „Der damalige katholische Erzbischof Dr. Werner Thissen kam eigens aus Hamburg und predigte vor der Waldkapelle. Der frühere Bramstedter Propst der evangelischen Nordkirche, Kurt Riecke, war auch mit dabei.“ Jeweils abwechselnd hielten zu den alljährlichen Andachten die katholischen und evangelischen Geistlichen eine Predigt, musikalisch festlich umrahmt von den hiesigen Jagdhornbläsern.

Der Mönchsweg führt direkt an der kleinen Waldkapelle Mönkloh vorbei.

Bei einem abschließenden Kaffeetrinken im Beisein von Tochter Sandra und deren Mann berichtet die vierfache Mutter und siebenfache Großmutter von einem schönen Familienereignis, das demnächst in der Waldkapelle und auf der Lichtung stattfinden wird: der Taufe ihres ersten Urenkelkindes Carla. Mit der Waldkapelle in Familienhand soll es in Zukunft noch lange weitergehen. „Die Pacht für das Grundstück läuft in sieben Jahren aus. Wir wünschen uns alle, dass wir auch danach das Vermächtnis unseres Vaters bewahren und fortführen können“, unterstreicht seine Tochter.

Info

Pfingstgottesdienste

Infos zu den Pfingstgottesdiensten in der katholischen Pfarrei Seliger Eduard Müller mit ihren fünf Gemeinden gibt es unter seliger-eduard-mueller.de Die evangelischen Gottesdienste am Pfingstsonntag und Pfingstmontag finden in der Bad Bramstedter Maria-Magdalenen-Kirche statt. Weiteres unter ­kirche-badbramstedt.de

Ausflugstipp

Die Waldkapelle Mönkloh, Glückstädter Straße 64, 24576 Mönkloh, ist rund um die Uhr geöffnet. Ein Besuch in der wohl kleinsten Kirche des Nordens lässt sich wunderbar mit einem ausgiebigen Spaziergang im direkt angrenzenden Naherholungsgebiet verbinden. Durch Mönkloh führt auch der Radwanderweg Mönchspfad. Der Waldlehrpfad Hasselbusch befindet sich ebenfalls in der Nähe.

Infos zum Mönchsweg gibt es unter moenchsweg.de oder ­sh-tourismus.de/moenchsweg