Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht – oder die Bäume vor lauter Schmetterlingen nicht, ab und an hilft zudem ein zweiter Blick, wie bei dem Foto „Im Wald der Monarchen“ des spanischen Naturfotografens Jaime Rojo. Mit diesem Foto wurde er Gesamtsieger beim Wettbewerb Europäischer Naturfotograf des Jahres (ENJ) 2024 der Gesellschaft für Naturfotografie (GDT). Diese und viele weitere beeindruckende Aufnahmen des Wettbewerbs sind erneut im Stadtmuseum Schleswig zu sehen.
Bereits zum zwölften Mal präsentiert das Stadtmuseum die Siegerbilder des Wettbewerbes: „Dafür bin ich sehr dankbar und finde es wunderbar, dass wir diese Ausstellung zeigen dürfen“, sagt Dr. Dörte Beier, Leiterin des Stadtmuseums Schleswig. Am Donnerstag vergangener Woche fand die Eröffnungunsveranstaltung statt.
2024 wurden knapp 18.000 Aufnahmen von fast 1.000 Amateur- und Profifotografen aus 38 Ländern eingereicht. Die fünfköpfige, international besetzte Jury ermittelte in drei Tagen intensiver Arbeit 107 Siegerbilder in neun Kategorien und zwei Sonderkategorien. Einige Teilnehmenden schafften es, mit gleich drei Bildern in die Auswahl zu kommen.
Dabei hatten die Jurymitglieder ganz unterschiedliche Hintergründe, Herangehensweisen und mitunter auch ganz unterschiedliche Antworten auf die vermeintlich einfache Frage, was ein gutes Bild sei. Letztlich waren sich aber alle einig: Jaime Rojos Bild „Im Wald der Monarchen“ ist mit seinem Detailreichtum und seiner Hintergrundgeschichte klassisch schön und zeitlos.
Foto: GDT ENJ 2024/Ingo Arndt
Die spektakuläre Aufnahme gelang dem Spanier im Schmetterlings-Schutzgebiet El Rosario in Mexiko, in dem Rojo für das „National Geographic Magazine“ unterwegs war. Dicht gedrängt überwintern die Monarchfalter dort in den Zweigen der Oyamel-Tannen, nachdem sie im Herbst Tausende von Kilometern aus ihren Sommerquartier im Norden Amerikas zurückgelegt haben. Kleinste Veränderungen in der Walddecke können das empfindliche Mikroklima, an das sich die Schmetterlinge angepasst haben, negativ beeinflussen.
Darum geht es unter anderem in dem Wettbewerb – zum einen die Schönheit und Vielfalt der Tier- und Pflanzenwelt in mitunter nie gesehenen Details zu zeigen und gleichzeitig für den Schutz der Natur und des Klimas zu sensibilisieren. „Bewahren als Idee, das ist die Motivation der teilnehmenden Fotografen. Sie wissen ganz viel über die Natur und wo sie ihre Motive finden, zum Wissen kommt Herz mit dazu. Etwas Alltägliches wie zum Beispiel Insekten erscheint in völlig neuen Ansichten, filigran, poetisch und schön. Das macht etwas mit einem. Die Ausstellung sensibilisiert jedes Jahr aufs Neue für die Belange der Natur und auch ich lerne jedes Mal wieder Neues dazu“, so Dörte Beier, die sich privilegiert fühlt, diese Bilder in einer Ausstellung zeigen zu dürfen.
Foto: GDT ENJ 2024/Kjell Vikestad
Und auch für den GDT-Regionalgruppenleiter von Schleswig-Holstein und Hamburg, den Meeresbiologen, Autor und preisgekrönten Tiefseefotografen Solvin Zankl, ist der Wettbewerb etwas ganz Besonderes: „Weil er Menschen einen Einblick in die Natur gibt, den sie so sonst nie haben“, erklärt er. Da es laut den Teilnahmebedingungen des Wettbewerbs nicht erlaubt sei, die Fotos mit irgendeiner Technik oder KI zu verfremden, könne man sicher sein, echte Originalaufnahmen zu sehen. In einer Zeit, in der man in den Medien und in den sozialen Netzwerken nicht mehr sicher sein könne, was echt sei oder nicht, sei das von besonderem Wert und es gebe nur noch wenige Orte, wo das möglich sei. „Somit ist das hier für mich ein ruhender Pol, wenn ich hier hereinkomme. Hier weiß ich, all diese Fotos zeigen Begegnungen der Fotografinnen und Fotografen, die diese Bilder gemacht haben. Sie sind da draußen gewesen und haben das Erlebnis gehabt. Sie sind den Tieren, Pflanzen und Landschaften begegnet. Man kann vor die Bilder treten und sich überraschen lassen, man kann sich in den Moment einfühlen, staunen oder schmunzeln“, so Zankl. Wer gerade anfange mit dem Fotografieren und sich für Naturfotografie begeistere, finde hier zudem sehr viele Inspirationen. In den Beschreibungen erfahren die Besuchenden oft, wie die Bilder entstanden.
Ebenfalls in der Ausstellung zu sehen sind auch wieder die Gewinner des Fritz-Pölking-Preises und des Fritz-Pölking-Jugendpreises. Für Schulklassen und junge Besuchende hat Museumspädagogin Sandy Ziegeler ein Kreuzworträtsel erarbeitet, das am Eingang ausliegt und mit dem die Kinder die Ausstellung auf ihre Weise entdecken können. Die Ausstellung ist bis zum 22. Juni zu sehen.
Weitere Informationen unter stadtmuseum-schleswig.de