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10.000 Jahre Pflanzenkultur

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Der Großteil unserer heutigen Nahrungspflanzen war unseren Vorfahren noch unbekannt. Das gilt umso mehr, je weiter wir in der Geschichte zurückblicken. Gleichzeitig wurden in früheren Jahrhunderten in Mitteleuropa Pflanzen angebaut und verzehrt, die heute ein Nischendasein fristen. Manche Arten und Formen scheinen gar ganz verschwunden.

Die Anfänge der Kultivierung von Pflanzen sind weltweit mit dem Beginn der Sesshaftigkeit vor ungefähr 10.000 Jahren verbunden. Erst der jahrtausendelange Prozess der züchterischen Veränderung brachte aus Wildpflanzen unsere heutigen Nahrungspflanzen hervor. Manche Kulturpflanzen wie Lauch, Salat (Lattich) oder Puffbohnen (Vicia faba) wurden dabei so stark verändert oder sind schon so lange in Kultur, dass keine ursprüngliche Wildform mehr bekannt ist.

Durch Mönche kam die Spargelkultur nach Mitteleuropa. Foto: Anke Brosius

Die vermutlichen Ursprungsformen unserer Nutzpflanzen sind in rund zehn geografischen Gebieten zu finden, die auf fast allen Kontinenten verteilt liegen (Vavilov-Zentren). Das einzige in Europa liegende Ursprungsgebiet umfasst die Mittelmeerländer; hier wurden unter anderem Einkorn, Erbsen, Hopfen, Spargel und Kohl in Kultur genommen. Andere in Mitteleuropa schon früh angebaute Kulturen wie Gerste, Hirse und Lein stammen hingegen ursprünglich aus Kleinasien und Nordafrika (Äthiopien).

Weil aus der Zeit der frühen menschlichen Siedlungen keine schriftlichen Überlieferungen existieren, können Rückschlüsse auf die damals gebräuchlichen Nahrungspflanzen nur aus archäologischen Funden gezogen werden. Wichtige Hinweise gibt die Archäobotanik, die neben Früchten und Samen auch an historischen Grabungsstellen aufgefundene Pollen und Sporen auswertet. Dabei ist nicht immer klar, ob es sich um wild gesammelte oder um bereits auf Feldern und in Gärten kultivierte Pflanzen handelt. So wurden in mitteleuropäischen Siedlungen der Jungsteinzeit bereits Spuren von Äpfeln gefunden. Ob diese aber von wilden Äpfeln stammen oder ob die Menschen damals schon begonnen hatten, Apfelbäume gezielt anzupflanzen und in der Folge auf Fruchtgröße und Geschmack auszulesen, bleibt offen.

Erbsen waren in Mitteleuropa die früheste Hülsenfrucht. Foto: Anke Brosius
Lein wurde sowohl als Nahrungs- wie auch als Faserpflanze genutzt. Foto: Anke Brosius
Die Ackerbauern der Jungsteinzeit kultivierten schon Schlafmohn. Foto: Anke Brosius


Die ältesten bekannten Ackerbaukulturen Europas nördlich der Alpen entstanden vornehmlich auf fruchtbaren Lößböden entlang der Flussläufe auf einem breiten Streifen zwischen dem heutigen Ungarn und Nordfrankreich. Angebaut wurden zu dieser Zeit vor allem Gerste, Emmer, Erbsen, Linsen und Lein, seltener Einkorn, Hirse und (Schlaf-)Mohn. Ein beträchtlicher Teil der Nahrung, vor allem Kräuter, Blattpflanzen, Wurzeln und Früchte, stammte damals vermutlich noch aus Wildsammlung.

Regionale Unterschiede

In der mittleren Jungsteinzeit ab etwa 4500 vor unserer Zeitrechnung (v. u. Z.) dehnten sich die Ackerbaugebiete Richtung Süden bis ins Alpenvorland aus, nach Norden hin über das norddeutsche Flachland bis nach Dänemark und Südschweden. Dabei differenzierten sich regionale Unterschiede heraus. So spielten im milden Bodenseeraum der Anbau von Nacktweizen und Mohn sowie von Flachs zur Fasergewinnung eine große Rolle. In Norddeutschland hingegen war Gerste das Hauptgetreide vor Emmer und Einkorn, der anspruchsvollere Weizen wurde hier nur vereinzelt angebaut. An Hülsenfrüchten gab es anfangs im Norden nur Erbsen, während in Süddeutschland auch Linsen kultiviert wurden. Erst zu Beginn der Bronzezeit (etwa 2000 v. u. Z.) kamen Ackerbohnen hinzu, die in Nord- und Ostdeutschland bald zu den wichtigsten Nahrungspflanzen zählten.

Zum Getreide gehörte auch eine zahlreiche, bunte Ackerbegleitflora. Manche Wildkräuter, die in archäologischen Ausgrabungen nachgewiesen worden sind, gelten heute als ausgestorben. Auch Hafer („Flughafer“), Roggen und Leindotter tauchten in Mitteleuropa anfangs als „Unkraut“ in Getreidefeldern auf. Im ersten Jahrhundert v. u. Z. wurde Hafer an der Unterelbe bereits feldmäßig angebaut, Leindotter wurde seiner öl- und eiweißhaltigen Samen wegen kultiviert.

Zum Getreide gehörte auch eine bunte Ackerbegleitflora: Feldrittersporn Foto: Anke Brosius

In den folgenden Jahrhunderten nahmen die regionalen Unterschiede im damaligen Germanien beträchtlich zu, denn die Römer brachten eine Vielzahl neuer Kulturpflanzen über die Alpen, darunter viele Gemüse- und Obstpflanzen, die im nicht römisch besetzten Norden nicht oder nur mit großer Verzögerung Einzug hielten. So konnte aus Brunnenfunden in Süddeutschland der Anbau vielfältiger Getreide nachgewiesen werden, Dinkel machte neben Gerste nun den Hauptanteil der Nahrung aus. An Hülsenfrüchten wurden neben Linsen, Erbsen und Ackerbohnen auch Speiseplatterbsen (Lathyrus sativus) verzehrt.

Anderes Gemüse gab es offenbar wenig – hauptsächlich Sellerie, Kohl und Schildampfer. Dafür wurden viele Gewürzpflanzen wie Fenchel, Kümmel, Wacholderbeeren und Hopfen verwendet. Gefunden wurden auch zahlreiche Spuren von bis heute medizinisch gebrauchten Pflanzen wie Malve, Schafgarbe, Thymian und Wegerich. In Norddeutschland waren Emmer, Hirse, Leindotter und Bohnen sowie Lein die wichtigsten Kulturen, Letzterer auch als Faserpflanze. Im Bereich der Nordseeküste, wo die Böden durch häufige Überflutungen salzhaltig waren, gediehen neben Lein vor allem Gerste, Ackerbohnen und Hafer.

Klimatisches Auf und Ab

Die Römer brachten Schildampfer mit. Foto: Anke Brosius

Während zur Römerzeit nördlich der Alpen im Vergleich zu heute vermutlich ähnliche bis etwas wärmere Temperaturen herrschten, was die Etablierung mediterraner Pflanzen begünstigte, folgten im Frühmittelalter Jahrhunderte mit deutlich kälterem und nasserem Klima. In der Folge nahm nicht nur die Pflanzenvielfalt wieder ab, auch reifte das Getreide, das nach wie vor die Nahrungsgrundlage bildete, häufig nicht aus oder es gab Überschwemmungen, sodass es immer wieder zu Missernten und Hungersnöten kam. Auch aufgrund von Kriegen und Seuchen bei Mensch und Vieh ging die Bevölkerungszahl stark zurück. Siedlungen wurden verlassen, ehemalige Ackerflächen holte sich die Wildnis zurück.

Erste schriftliche Quellen, aus denen ein neuer Aufschwung von Landwirtschaft und Gartenbau hervorgeht, gibt es gegen Ende des ersten Jahrtausends u. Z. In dieser Zeit werden nördlich der Alpen viele Kloster gegründet. Insbesondere Benediktiner- und Franziskanermönche bringen aus Italien Pflanzenableger und Gartenwissen mit, ziehen in ihren Gärten vielfältige Heilkräuter, Gemüse und Würzpflanzen und beleben den Obstbau neu. Auch weltliche Gutshöfe sind ein Hort der zahlreichen neuen Nutzpflanzen, darunter verschiedene Zwiebelformen, Lauch, Rettich, Amarant, Gurken, Mangold, diverse Minzen, Salbei und Liebstöckel. Im mittelalterlichen Wärmehoch (etwa zwischen 1000 und 1300) gedeihen auch Vigna-Bohnen und Kichererbsen, Melonen, Pfirsiche und Esskastanien.

Bis diese Pflanzenvielfalt im Norden ankommt, dauert es allerdings ein wenig. Um 1150 werden im Marschland zumindest Küchenzwiebeln großflächig angebaut – ursprünglich waren hier nur wilde Allium-Formen bekannt. Der Weinanbau breitet sich im 13. Jahrhundert bis nach Schottland und Südskandinavien aus. Seit der Erfindung des Wendepflugs ist Roggen zur Hauptgetreideart geworden. Ab dem 14. Jahrhundert kommt Buchweizen nicht nur als Brotfrucht, sondern auch zum Bierbrauen auf und etabliert sich vor allem auf armen Sand- und Moorböden. Der Anbau von Ölsaaten, vor allem Lein, Rübsen und Leindotter, gewinnt an Bedeutung; die ersten Ölmühlen entstehen. Das aus den Samen gewonnene Öl wird nicht nur zu Speisezwecken verwendet, sondern auch zur Befüllung von Lampen.

Bedrohte Sortenvielfalt

Der Flaschenkürbis war der europäische Kürbis des Mittelalters. Foto: Anke Brosius

Beim Gemüse gibt es inzwischen eine große Vielfalt, die fortwährend durch neu hinzukommende Arten ergänzt wird: Neben Kürbissen, Gartenbohnen und später auch Feuerbohnen aus Amerika werden in den Gärten Radieschen aus Italien, Spinat aus Spanien, Schwarzwurzeln aus Frankreich gezogen. Teilweise verdrängen neue, für besser befundene Arten aber auch die bisherigen: So geht mit der Verbreitung der Gartenkürbisse (Cucurbita) der Anbau des Flaschenkürbisses (Lagenaria) zurück; Gartenmelde und Mangold werden vom Echten Spinat verdrängt; manche Arten wie die Spargelerbse haben nicht mehr als eine regionale Bedeutung.

Dafür aber gibt es, da die Saatgutvermehrung auf den Höfen und in den Gärten stattfindet, viele unterschiedliche, an die jeweiligen Bedingungen angepasste regionale Sorten. Auch der Obstbau floriert und führt zu einer großen Vielfalt an Apfel- und Birnen-, Pflaumen- und Kirschsorten, die auf den Wiesen rund um die Höfe wachsen.

Besondere Bedeutung kommt der Kartoffel als neuem Grundnahrungsmittel zu. Nach Schleswig-Holstein gelangt die Knolle aus Amerika vergleichsweise spät, wird dann aber bald zu einem so wichtigen Ernährungsbestandteil, dass die Krautfäule der 1840er Jahre auch hier zur Hungersnot führt. Die heute so gewöhnlichen Tomaten finden in Deutschland erst nach 1920 allgemeine Verbreitung, Zucchini, Knollenfenchel und Zichoriensalate sogar erst in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg.

Während immer mehr Pflanzen aus aller Welt Küche und Garten bereichern, sind (und das gilt bis heute) gleichzeitig viele alte Arten vom Verschwinden bedroht: Einkorn und Emmer, Mispel und Quitte ebenso wie viele Gemüse- und Obstsorten, die bei der „Marktfähigkeit“ und der Vereinheitlichung des Angebots nicht mithalten können. Gab es etwa Mitte des 19. Jahrhunderts noch eine bunte Palette weißer, gelber, dunkelroter und violetter Möhrensorten, setzte sich im 20. Jahrhundert die orangefarbene Einheitsmöhre durch. Von rund 2.000 Apfelsorten allein in Deutschland machen heute genau sieben (!) den Großteil der gehandelten Früchte aus, darunter nur eine einzige „alte“ Sorte.

‚Boskoop‘ ist heute die einzige „alte“ Apfelsorte im Erwerbsobstbau. Foto: Anke Brosius

Auch durch die Professionalisierung und zunehmende Zentralisierung des Saatgutanbaus und -handels droht die über einen so langen Zeitraum geschaffene Vielfalt an Kulturpflanzen verloren zu gehen, insbesondere die vielen regionalen Sorten. Zum Glück gibt es seit einigen Jahrzehnten eine Gegenbewegung, die den in jahrtausendelanger Züchtungsarbeit entstandenen kulturellen wie kulinarischen Reichtum der Menschheit, der in den alten Arten und Sorten liegt, schätzt und zu erhalten sucht.

Viele Verletzungen im Umgang mit Pferden

Etwa jeder fünfte Unfall in den Grünen Berufen ereignet sich bei Arbeiten in der Tierhaltung, so die Unfallstatistik der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG). Dabei passieren gemessen an den Tierzahlen besonders viele Unfälle im Bereich der Pferdehaltung.

Unfallschwerpunkte sind weiterhin das Führen oder der Umgang mit Pferden bei deren Pflege oder Versorgung. Für eine sichere Pferdehaltung stellt die SVLFG diverse Hinweise und Broschüren zur Verfügung, die im Betrieb umgesetzt werden sollten. Während es in der Rinderhaltung für bauliche Änderungen Übergangsfristen gab, gelten die aktuellen Unfallverhütungsvorschriften für die Pferdehaltung seit dem 1. April 2021. Dennoch möchten wir an dieser Stelle auf einige Schwerpunkte der aktuellen Unfallverhütungsvorschriften hinweisen.

Bei der Ausstattung von Reithallen ist darauf zu achten, dass am Hufschlag eine lichte Höhe von 4 m vorhanden und die Bande umlaufend und ebenfalls in ausreichender Höhe vorhanden ist. Gleichzeitig soll sie Beinfreiheit für den Reiter bieten. Außerdem muss es die Möglichkeit geben, vorhandene Spiegel abzudecken, damit beim Freispringen oder Laufenlassen der Pferde keine Unfallgefahr besteht.

Tierbetreuer benötigen Kenntnisse für einen sicheren Umgang mit den Pferden, sie sollten hierin unterwiesen werden. Insbesondere gehört das Tragen einer persönlichen Schutzausrüstung wie Schuhen mit Stahlkappe und vor allem beim Longieren das Tragen von Handschuhen zum sicheren Umgang mit Pferden dazu. Beim Führen von Pferden darf der Strick nicht um das Handgelenk gewickelt werden und beim Loslassen muss das Pferd mit dem Kopf zum Führenden gewendet und der Gefahrenbereich unverzüglich verlassen werden.

Weitere Informationen, beispielsweise zum sicheren Verladen und zu den Anforderungen an bauliche Anlagen, sowie betriebliche Checklisten zur Überprüfung des Betriebes gibt es auf der Homepage der SVLFG

Zeitraum 2016 bis 2020: Zahlenangaben in Prozent (Grafik: SVLFG)

Was kann Hausärzte aufs Land ziehen?

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Was können Gemeinden tun, um junge Hausärzte aufs Land zu holen, wie sinnvoll sind Praxisgemeinschaften und was bringt die geplante Krankenhausreform für den Ländlichen Raum? Um diese und andere Fragen rund um die künftige ärztliche Versorgung auf dem Land ging es gestern in Neumünster.

Der LandFrauenverband Schleswig-Holstein begrüßte dazu in den Holstenhallen Dr. Oliver Grundei, Staatssekretär im Ministerium für Justiz und Gesundheit Schleswig-Holstein. Grundei sparte nicht mit Kritik an der geplanten Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD). Viele Krankenhäuser in Schleswig-Holstein seien defizitär. Für sie ginge es momentan vor allem darum, zu überleben, bis endlich eine Entscheidung des Bundes vorliege. Für die ambulante Versorgung spiele die Attraktivität einer Region einen große Rolle, so Grundei. Zudem scheuten junge Ärzte oft das unternehmerische Risiko, eine eigene Praxis auf dem Land einzurichten. Kostenlose Räume für den Start einer neuen Praxis oder Ärztehäuser könnten helfen, die künftige Versorgung zu sichern, so der Staatssekretär.

Fototermin für Staatssekretär Dr. Oliver Grundei mit der Präsidentin des schleswig-holsteinischen LandFrauenverbandes Claudia Jürgensen

Der König der Wälder ist in Not

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Der genetische Austausch der einzelnen Rotwild-Vorkommen in Schleswig-Holstein ist durch die Zerschneidung, Verbauung und Zersiedelung der Landschaft nicht mehr ausreichend gegeben.

Ein von Künstlicher Intelligenz (KI) unterstütztes Feldforschungsprogramm soll jetzt bei der Datensammlung über die Wanderbewegungen der faszinierenden Großwildart helfen und Grundlagen für Entscheidungen zu mehr Schutz der Wanderwege oder auch für den Bau neuer Grünbrücken bilden.

Dafür hatte Digitalisierungsminister Dirk Schrödter (CDU) kürzlich im Wildpark Eekholt bei Großenaspe einen Förderbescheid über 70.000 € für das Projekt des Landesjagdverbandes (LJV) in der Tasche. „Wir sind Weltmeister, leider nicht immer in der richtigen Richtung“, meinte Wolfgang Heins, Präsident des LJV, anlässlich des Treffens im Wildpark Eekholt.

Gestatten Rotwild. Im Bild ein weibliches Tier im Eekholter Rotwildgehege. Die Gesichtserkennung ist viel schwieriger als beim Menschen, hieß es in Eekholt.

Schleswig-Holsteins „König der Wälder“ ist in Not und steht bereits auf der Vorwarnliste der Roten Liste im Artenschutz, erfuhr der Minister in der Runde mit Wolfgang Heins, dem leitenden Wildbiologen Frank Zabel sowie Linus Prinz, Project Manager KI-Transfer-Hub Schleswig-Holstein, und Hilmar Freiherr von Münchhausen für das International Council for Game and Wildlife Conservation (CIC).

„Für uns ist es eine besondere Freude, das ehrgeizige Projekt zu unterstützen, das es ermöglichen soll, auf Aufnahmen von Wildkameras basierend eine KI-unterstützte Gesichtserkennung für das Rotwild zu entwickeln und damit ein Stück zum Artenschutz beizutragen“, sagten Wildpark-Geschäftsführer Wolf-Gunthram Freiherr von Schenck und Isabelle Mahnert, Enkelin von Wildparkgründer Dr. Hans-Heinrich Hattlapa. „Der Wildpark beherbergt drei unterschiedliche Rotwildrudel in den Gehegen und bietet eine gute Basis für Gesichtsaufnahmen, die der KI-unterstützten Entwicklung des Erkennungsprogramms wertvolle Lernvorlagen bieten“, erklärte Frank Zabel. Er ist maßgeblich an der Entwicklung des Programms beteiligt.

Innehalten und die Lage erkennen

„Bereits heute ist die genetische Verarmung des Rotwildes im Land sichtbar“, so Wolfgang Heinz. Etwa 3.000 bis 4.000 Stück Rotwild ziehen ihre Fährten vom Lauenburgischen Sachsenwald über den Duvenstedter Brook, die Segeberger Heide oder die um den Wildpark Eekholt liegenden Forsten bei Heidmühlen, Forst Ihlo bis hin zum Froeslev-Jardelunder Moor an der dänischen Grenze in 16 inzwischen inselartigen Vorkommen. „Es ist bitter, Rotwild mit verkürzten Unterkiefern oder blind geborene Kälber zu sehen“, meinte Heinz.

Um das Thema der genetischen Verarmung beim Rotwild ist es in Schleswig-Holstein schlecht bestellt, erfuhr Minister Dirk Schrödter am Rotwildgehege im Wildpark Eekholt im Gespräch mit Hilmar Freiherr von Münchhausen vom CIC und Wolfgang Heinz, Präsident im Landesjagdverband (vorn v. li.).

„Es geht uns keineswegs nur um die Erhaltung der letzten auch jagdlich spannenden Großwildart, sondern um ein Innehalten und Erkennen, wie spät es bereits auf der Artenschutzuhr ist“, sagte Wolfgang Heinz. „Eine Großwildart wie das Rotwild zieht eine ganze Kette an Biodiversität hinter sich her und mit sich“, erklärte Frank Zabel. Dazu gehörten nicht nur im Haarkleid mitgetragene Pflanzensamen oder durch Rotwildbeweidung unterstützte Insekten oder Kleinlebewesen, die nicht einmal einen deutschen Namen tragen, geschweige denn eine Lobby besitzen.

Infrastruktur erschwert das Leben

Und für das Rotwild, das auf seine Wanderkorridore angewiesen ist, seien inzwischen nicht nur Autobahnen und andere Infrastrukturen eine Katastrophe, bemerkte Hilmar Freiherr von Münchhausen. Die letzten Wildwanderwege versperrten heute leider allzu häufig große Photovoltaik-Freiflächenanlagen mit teilweise Hunderten Hektar Zaun, hieß es.

Wie wichtig es ist, Chancen für bessere Entscheidungen und dabei auch modernste Technik zu nutzen, wird im neusten Wildtierforschungsprojekt zur genetischen Verarmung und den Wanderbewegungen des Rotwildes sichtbar, waren sich Wolfgang Heins (li.) und Minister Dirk Schrödter bei der Übergabe des Förderbescheides des Landes über 70.000 € einig.

An rund 546 km Autobahn in Schleswig-Holstein seien gerade einmal fünf Grünbrücken kaum nennenswert. Und bei der Planung von Solarflächen im Außenbereich seien Wildtiere nicht ausreichend berücksichtigt, lautete die Forderung der Jäger an die Landespolitik nach Nachbesserung. Allein die deutschlandweite Jagdstrecke des Rotwildes von etwa 73.000 Stück sei ein Indikator, welch hohe und auf den ersten Blick kaum erkennbare Bedeutung die Großwildart in ihren Lebensräumen im Land habe, meinte Hilmar Freiherr von Münchhausen.

„Das Projekt ,Rotwild-ID‘ zeigt anschaulich, wie vielfältig die Einsatzmöglichkeiten und der Nutzen Künstlicher Intelligenz sind und auf den ersten Blick etwa in Naturschutzprojekten gar nicht vermutet werden“, fasste Minister Dirk Schrödter zusammen. So können etwa eine Wildtierbeobachtung und ein Monitoring ganz ohne Stress oder ohne Besenderung von Tieren erfolgen und wertvolle Daten für Zukunftsentscheidungen liefern.

Eine echte Herausforderung, aber auch ein möglicher Durchbruch im Rotwildmonitoring, das steht hinter dem Projekt „Rotwild ID“, das in Zusammenarbeit mit dem Landesjagdverband und dem Wildpark Eekholt als Unterstützer entwickelt wird, freuten sich die Beteiligten mit Wildbiologe Frank Zabel, Digitalisierungsminister Dirk Schrödter, Wolfgang Heins, Präsident des LJV, Isabelle Mahnert, Enkelin von Wildparkgründer Dr. Hans-Heinrich Hattlapa, und Wildpark-Geschäftsführer Wolf-Gunthram Freiherr von Schenck über die Landesförderung des Projektes (v. li.).

Marktkommentar

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Der Weltmarktpreis für Weizen wird seit etwa 20 Jahren am Schwarzen Meer gemacht. Bis zirka 2000 war Russland noch Nettoimporteur, dann hat sich das Bild total gewandelt, vor allem durch eine grundlegende Modernisierung der russischen Landwirtschaft, die erheblich in westliche Landtechnik, Saatgut und Agrarchemie investierte. Seit 2014 sind die Getreideexporte Russlands von etwas über 30 Mio. t auf fast 60 Mio. t im Jahr 2023 gestiegen.

Der russische Staat erhebt eine Exportsteuer von derzeit etwa 36 US-$/t Weizen, die direkt in den russischen Staatshaushalt fließt. So ist der russische Staat an einem möglichst hohen Export interessiert. Dabei versucht Moskau, einen FOB-Preis von etwa 200 US-$/t nicht zu unterschreiten, denn so können den Produzenten (die oft genug Oligarchen gehören) nach Abzug der Exportsteuer und Logistikkosten etwa 135 US-$/t gezahlt werden, die sie benötigen, um die nächste Aussaat zu finanzieren.

Anzeichen von Bodenbildung

Durch günstige Preise ist russischer Weizen derzeit sehr konkurrenzfähig. Im März könnten mehr als 4 Mio. t ausgeführt werden. Allerdings sind die Preise von Exporteuren in den vergangenen Tagen nicht mehr gesenkt worden. Es finden sich zunehmend Käufer, die Kontrakte knapp oberhalb der Marke von 200 ­US-$/t fob abschließen.

Russland hofft, der ukrainischen Wirtschaft (vor dem Krieg entfielen 10 % des ukrainischen BIP auf die Landwirtschaft) möglichst viel Schaden zuzufügen. Russlands Angriffe gegen die Getreide-Infrastruktur der Ukraine sollen deren Exportfähigkeit untergraben. Das Ende des Getreideabkommens bedeutete, dass ein Großteil des ukrainischen Getreides nach Europa ging, wo der Widerstand wegen des Preisverfalls für in Europa produziertes Getreide auf die Hälfte ständig größer wurde. Die alternative Schifffahrtsroute bewirkt eine Vervielfachung der Logistikkosten, die zulasten des Auszahlungspreises für ukrainische Landwirte geht, der inzwischen unter 100 €/t gesunken ist. Wegen der niedrigen Preise in der Ukraine hatben sich auch Motivation und Möglichkeiten der dortigen Bauern verringert, die Saat für 2024 auszubringen, weil jeder Hektar finanzielle Verluste bedeutet. Aktuell wird geschätzt, dass die ukrainische Weizenernte 2024 gegenüber dem Vorjahr um etwa 10 % geringer sein wird.

Russlands Kriegsziele

Putin arbeitet an einem Zusammenbruch der ukrainischen Landwirtschaft. Die Sicherung der Welternährung ist ihm herzlich egal, was schon der Exportstopp für Getreide vom 15. März bis zum 30. Juni 2022 zeigte. Dieser trug maßgeblich zur Explosion der Nahrungsmittelpreise im Frühsommer 2022 bei. Nahrungsmittel als Waffe einzusetzen, ist das Gleiche wie der Einsatz von Energielieferungen als Waffe, wenn diese im Winter zurückgehalten oder für „unfreundliche“ Staaten gedrosselt werden.

Für deutsche Marktfruchtbetriebe bestehen in der derzeitigen Lage wenig Aussichten auf steigende Getreidekurse. Auch wenn in der EU wegen der übernässten Böden in Nordwesteuropa weniger Getreide geerntet wird und auch die Ernte in der Ukraine geringer ausfallen wird, verteidigt Russland seine dringend benötigten Weltmarktanteile mit einer aggressiven Preispolitik. Für Tierhalter ist jetzt vielleicht der richtige Zeitpunkt für langfristige Futtermittelkontrakte, denn billiger als jetzt kann auch Russland nicht verkaufen. Und die Prognosen für eine weitere Rekordernte in Russland sind bekanntlich gut.

Marktlage – für die Woche vom 25. bis 31.3.2024

Getreide: Die Preise für Brotweizen stabilisierten sich um 200 €/t, die für Futterweizen bei etwa 10 € weniger.

Raps: Am heimischen Rapsmarkt belebten die Preissteigerungen die Abgabebereitschaft der Erzeuger.

Futtermittel: Das 30-Monatstief der Mischfutterpreise belebte das Interesse der Landwirte an mittelfristigen Mischfutterkontrakten.

Kartoffeln: Die ersten Frühkartoffellieferungen hatten anscheinend kaum Auswirkungen auf die Preise.

Schlachtrinder: Das enttäuschende Ostergeschäft hatte die Jungbullennotierungen nicht beflügelt.

Schlachtschweine/-sauen: Die Marktverhältnisse auf dem Schlachtschweinemarkt blieben unverändert.

Ferkel: Die Preisentwicklung in der Karwoche war sehr stabil.

Milch: Die aktuellen Rohstoffmärkte sind von einer ausreichenden Verfügbarkeit und einer abnehmenden Nachfrage gekennzeichnet.

Schlachtlämmer/-schafe: Mit dem beginnenden Ramadan und den bevorstehenden Osterfeiertagen hat sich der Handel mit Lammfleisch belebt.

Markttendenz – für die Woche vom 1. bis 7.4.2024

Getreide: Wegen der Sorge um mögliche Lieferunterbrechungen aus Osteuropa könnte sich Weizen in Paris befestigen.

Raps: Preissteigerungen sollten das Verkaufsinteresse auch an Partien der Ernte 2023 beleben.

Futtermittel: Die geringe Wettbewerbsfähigkeit für Exportgetreide am Weltmarkt drückt die Preise für Futtergetreide weiter.

Kartoffeln: Viel Export und überregionaler Absatz haben die Vorräte längst dezimiert.

Schlachtrinder: Die Preise für Jungbullen geben geringfügig nach, die für Kühe ziehen weiter an.

Schlachtschweine/-sauen: Mit steigenden Temperaturen und der nahenden Grillsaison nimmt die Nachfrage erfahrungsgemäß zu.

Ferkel: Nach Einschätzung einiger Teilnehmer dürfte nach Ostern eine festere Tendenz möglich sein.

Milch: Es werden bessere Butterverkäufe fürs Ostergebäck und wegen der kommenden Spargelsaison erwartet.

Schlachtlämmer/-schafe: Nach wie vor ist das heimische Angebot klein und lässt sich zügig zu etwas höheren Preisen vermarkten.

Trilog-Einigung wackelt

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Die seit 2022 als Hilfe für die Ukraine in Kraft gesetzten autonomen Handelsmaßnahmen laufen noch bis zum 5. Juni. Bis dahin muss die jetzt gefundene Trilog-Einigung vom EU-Parlament und dem Rat formell bestätigt werden. Mit einer endgültigen Zustimmung des Europaparlaments wird Ende April gerechnet. Auch der Rat müsste die Einigung zeitnah formalisieren. Hier zeichnet sich allerdings vereinzelt Widerstand ab. Genannt werden Frankreich und Polen. Sollte zeitnah eine Lösung gefunden werden, könnten die neuen Handelsrestriktionen fristgerecht am 6. Juni für ein weiteres Jahr in Kraft treten.

Der Trilog-Kompromiss, die Handelsrestriktionen gegenüber der Ukraine in Teilen auszuweiten, wackelt. Brüsseler Diplomaten bestätigten, dass unter anderem Frankreich und Polen sowie Ungarn die zwischen EU-Kommission, Rat und Europaparlament gefundene Übereinkunft so nicht mittragen wollen. Dem Vernehmen nach soll die Einfuhr von noch mehr Agrarprodukten begrenzt werden. Konkret hatten sich die Co-Gesetzgeber darauf verständigt, Eier, Geflügelfleisch, Mais, Hafer, Getreideschrot beziehungsweise -grütze sowie Honig und Zucker über Quoten zu begrenzen. Das heißt, sobald die importierten durchschnittlichen Mengen der Jahre 2022 und 2023 überschritten werden, sollen Zölle über eine Notbremse greifen. Während der Handelsausschuss des Parlaments die Einigung bereits gebilligt hat, wurde die Abstimmung im Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten (Coreper) nun auf diese Woche verschoben.

Als einen „schwachen Kompromiss“ haben die EU-Ausschüsse der Bauernverbände (Copa) und ländlichen Genossenschaften (Cogeca) die politische Übereinkunft bezeichnet. Die beiden Dachverbände beklagen, dass als Referenzzeitraum nicht auch die Einfuhren aus dem Jahr 2021 miteinbezogen werden und somit teilweise auch das Vorkriegsniveau berücksichtigt werde. Auf Kritik stößt zudem, dass Gersten- und Weizenimporte aus der Ukraine zunächst nicht berücksichtigt werden sollen. Der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Bernhard Krüsken, bezeichnete es derweil als „nicht nachvollziehbar, dass entscheidende Forderungen des EU-Parlaments unberücksichtigt bleiben“. Nach Ansicht des Generalsekretärs sollte auch Weizen in die „Notfallbremse“ mit einbezogen werden. Auch der Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses, Norbert Lins (CDU), monierte, dass Weizeneinfuhren nicht begrenzt werden sollen.

Da die aktuell gültigen autonomen Handelsmaßnahmen nur noch bis zum 5. Juni gültig sind, stehen die Co-Gesetzgeber unter Zeitdruck. Das Europaparlament strebt an, Ende April in der letzten Sitzungswoche vor der Europawahl Anfang Juni final abzustimmen. Die Frage ist nun, ob durch den Widerstand des Rates das Einigungspaket wieder aufgeschnürt werden muss. Dies würde eine für die Ukraine rechtzeitige Annahme der für ein Jahr angelegten Regelung fast unmöglich machen.

Die Berichterstatterin des EU-Parlaments, Sandra Kalniete, unterstrich, dass das anhaltende Engagement der EU angesichts des brutalen russischen Angriffskrieges bis zum Sieg der Ukraine fortgeführt werde. Dies habe allerdings auch Auswirkungen auf die Landwirte in der EU. Deren Bedenken habe man nun aufgenommen. age

Osterglocken kündigen den Frühling an

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Keine andere Zwiebelblume kann im zeitigen Frühjahr mit den Osterglocken konkurrieren. Pünktlich zur Osterzeit zwischen Ende März und Mitte April öffnen sich die leuchtend gelben Blüten und strahlen in reinen Farben. Auffallend ist die Vielfalt dieser Frühlingsblüher.

Neben den gelben Trompetennarzissen weist diese artenreiche Gattung, die meist als „Osterglocken“ bezeichnet wird, eine Vielfalt an Formen, Wuchsgrößen und Farben auf: von der Teller- und Trompetenform bis zu weit zurückgebogenen Blütenblättern und zu Blütenfarben, die sich von Weiß über Gelb mit orangefarbenen oder scharlachroten Augen bis zu zweifarbigen Blüten erstrecken.

Besonders beliebt sind Osterglocken zum Schnitt bunter Frühlingssträuße. Aber hier ist Vorsicht geboten; stehen sie mit anderen Blumen in der Vase, können sie großen Schaden anrichten: Tulpen verkrüppeln, Nelken welken, Freesien und Anemonen blühen nicht auf, und die Blütenblätter der Rosen verbrennen sogar. Schuld daran ist das Narzissenstängelgift. Diese Probleme lassen sich jedoch vermeiden, wenn man die Osterglocken einen Tag separat ins Wasser gibt und sie erst am zweiten Tag zu anderen Schnittblumen in die Vase stellt. Möglich ist es auch, das Gift zu neutralisieren, indem man einen Esslöffel Aktivkohle im Vasenwasser verrührt.

Im Freiland sorgt diese Giftigkeit der Narzissen für unproblematisches Wachstum. Während Tulpenzwiebeln in wühlmausgefährdeten Gärten oft über Winter aufgefressen werden, traut sich kein Tier an die Osterglockenzwiebeln heran, die sich deshalb ständig weiter ausbreiten.

Voraussetzung für eine jährlich wiederkehrende, reichhaltige Blüte ist es, dass das Kraut, wie bei allen Frühlingsblühern, so lange unberührt stehen bleibt, bis es sich von allein einzieht. Nur dann können alle wichtigen Stoffe für die Regeneration der Zwiebel gespeichert werden, aus der im nächsten Jahr der neue Austrieb mit den Blüten erfolgt. Sinnvoll ist es auch, sich bildende Fruchtkapseln auszukneifen, da eine Vermehrung aus Samen unerwünscht ist und die Zwiebel nur Kraft kostet. Im Rasen wird das Laub erst ab Mitte Juni gemäht, wenn es vergilbt ist. In Beeten und Rabatten kann man mit einem kleinen Trick das unschöne vergilbende Laub, das nach allen Seiten auseinanderfällt, wenig sichtbar gestalten: die Blätter eines Horstes werden zusammen zu einem Knoten gefasst und fallen dann kaum noch auf.

Zeigt sich im Laufe der Jahre eine Blühunwilligkeit der Narzissen, wird es Zeit zum Umpflanzen. Dann werden im Juli die Zwiebeln aus der Erde genommen, geteilt und in Trupps wieder eingepflanzt. Ideal ist ein lockerer, humoser Boden, der mit Kompost verbessert werden kann. Nach Möglichkeit sollten Stellen gewählt werden, an denen die letzten fünf Jahre keine Osterglocken gestanden haben, da sonst leicht eine Bodenmüdigkeit auftritt.

„Tue Gutes und rede darüber“

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Die Zukunft bauen – das wollen die ZukunftsBauer! Thomas Andresen aus Sillerup, Kreis Schleswig-Flensburg, engagiert sich in der schleswig-holsteinischen Arbeitsgruppe dieses Projektes des Deutschen Bauernverbandes (DBV). Was für ihn dabei im Fokus steht, schildert er im Gespräch mit dem Bauernblatt.

Was macht Sie zu einem ZukunftsBauer?

Eigentlich würde ich mich selbst so nicht bezeichnen, aber im Rahmen dieser DBV-Initiative passt das schon. Zukunft ist so vielschichtig und vielseitig. Und jeder Landwirt hat Bereiche, in denen er besonders gut ist, wodurch er sich als ZukunftsBauer sehen kann. Wichtig ist, dass nicht die Probleme, sondern die Lösungen im Fokus stehen.

War Ihnen sofort klar, dass es beim ZukunftsBauer nicht um den Bauern als Landwirt geht, sondern um den Zukunft Bauenden?

Ich finde diese Doppeldeutigkeit clever. Der Begriff basiert ja auf der sogenannten rheingold-Studie. Die wesentlichen Erkenntnisse daraus sind für mich allerdings nichts Besonderes. Mit den Themen Selbstverständnis, Rollenverständnis und Kommunikation habe ich mich schon immer auseinandergesetzt. Dazu gehören Fragen zur Betriebsentwicklung und danach, wie mein Bild in der Gesellschaft ist. Öffentlichkeitsarbeit ist mir schon immer wichtig gewesen. Dadurch kann ich meine Außendarstellung selbst beeinflussen.

Muss ein ZukunftsBauer intensive Öffentlichkeitsarbeit betreiben?

Nein, überhaupt nicht. Das ist halt mein Weg. Aber Öffentlichkeitsarbeit ist ein weites Feld. Es geht damit los, Rücksicht zu nehmen, wenn man mit dem Trecker eine Ortschaft durchfährt. Es gilt also, sich zu engagieren und nicht die Schuld für etwas bei anderen zu suchen.

Können Sie konkrete Beispiele nennen?

Mit den Leuten hier im näheren Umfeld haben wir kaum Konflikte, weil wir versuchen, das nicht zu provozieren. Meine Mitarbeiter fahren immer langsam, wenn irgendwo Spaziergänger oder Reiter unterwegs sind. In der Nähe von Häusern, in denen kleine Kinder wohnen, fangen wir nicht noch abends an, Mais zu häckseln. Sonntags fahren wir nur Gülle, wenn es unbedingt sein muss. Dazu richten wir jedes Jahr ein Osterfeuer aus und spendieren Wurst und Fleisch für die Nachbarschaft. Solche Events stärken den Zusammenhalt.

Kann der ZukunftsBauer auch bis in die Großstädte wirken?

Ja, der ZukunftsBauer ist besonders für die Kommunikationsebene mit den Verbrauchern in der Stadt eine große Chance. Über diese Initiative zeigen wir, dass wir schon viel weiter sind in unserer Entwicklung, als die Menschen in Berlin, Hamburg oder Kiel vermutlich denken.

Wie stark ist der ZukunftsBauer bereits innerhalb der Branche bekannt?

Die meisten Berufskollegen haben zumindest schon davon gehört, aber viele können damit nicht wirklich etwas anfangen. Das liegt vermutlich daran, dass die Empfehlungen aus der Studie normales landwirtschaftliches Unternehmertum beschreiben. Seit Generationen haben wir unsere Betriebe weiterentwickelt, um sie für die jeweils nächste Generation fit zu machen. Jetzt heißt das halt „ZukunftsBauer“. Vorher war es einfach nur „Bauer“.

Liegt der Schwerpunkt also in der Außendarstellung?

Auf jeden Fall. In öffentlichen Gremien wird es teilweise so dargestellt, dass wir erst einmal in die Branche kommunizieren und an unserem Selbstbild arbeiten müssen. Ich denke, das Selbstbild haben wir eigentlich schon. Und die Kommunikation nach innen schließt die Kommunikation nach außen ja nicht aus. Wir müssen die Betriebe, die wirklich gute Ideen haben, als Leuchtturmprojekte hervorheben, sodass es auch in der städtischen Bevölkerung ankommt. In der Vergangenheit haben wir zu wenig über die guten Dinge geredet, die wir machen, zum Beispiel im Bereich Tierwohl oder bei der Antibiotika-Reduktion. Ich meine zudem, wir dürfen auch darstellen, dass wir mit unserer Hände Arbeit Geld verdienen wollen, um unsere Familien zu versorgen und Mitarbeiter ordentlich zu bezahlen.


Hof Barslund:
470 ha LF (Mais, Roggen, Gerste, Hafer, Triticale, Mäh- und Dauerweiden)
1.200 Rinder inklusive Nachzucht (Schwarzbunt (80 %), Angler, Rotbunt und Jersey)
100 Mastbullen
70 Mutterschafe
270 Hühner (Freilandhaltung)
Biogas (75 kW), PV (666 kW), Windkraftbeteiligung
hof-barslund.de

Maisdüngung – Nährstoffe gezielt an die Wurzel bringen

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Die nach dem niederschlagsreichen Winter größtenteils intensiv wassergesättigten Flächen trocknen nun nach und nach ab und können für die Maisbestellung vorbereitet werden. Vor der Düngung der Flächen mit Düngemitteln mit wesentlichen Gehalten an Stickstoff und Phosphor ist stets eine Düngebedarfsermittlung (DBE) nach den Vorgaben der Düngeverordnung (DÜV) zu erstellen.

Die Höhe des N-Düngebedarfes von Silomais ist nach DÜV zunächst abhängig von dem Durchschnittsertrag der betriebseigenen Flächen. Dieser wird mit dem Basisertrag nach DÜV abgeglichen, und dementsprechend wird der vorgegebene Düngebedarf um Zu- und Abschläge korrigiert. Je 50 dt FM/ ha Mehrertrag sind maximale Zuschläge von 10 kg N/ha anzusetzen. Bei geringeren Erträgen im Vergleich zum Basisertrag sind je 50 dt FM/ha Abschläge in Höhe von 15 kg N/ha zu beachten.

In dem Beispiel in Tabelle 1 ist die DBE für eine nach Angaben des Deutschen Maiskomitees in Schleswig-Holstein durchschnittliche Ertragsannahme von 426 dt/ ha aufgeführt. Von dem ertragsbasierten Bedarfswert sind in der DBE der Nmin-Wert (0 bis 90 cm Tiefe), die anzurechnenden 10 % des Gesamt-N aus der organischen Düngung zu den Vorkulturen des Vorjahres sowie die Nachlieferung über den Humusgehalt des Bodens und die Abschläge für Vor- beziehungsweise Zwischenfrüchte abzuziehen, um den N-Düngebedarf der jeweiligen Fläche zu erhalten. In dem gewählten Beispiel besteht ein Düngebedarf von 136 kg N/ha.

Weitere Vorgaben in der N-Kulisse

Silomais ist eine der meistangebauten Kulturarten innerhalb der N-Kulisse in Schleswig-Holstein. Auf Flächen in der N-Kulisse sind weitere Vorgaben in der Bedarfsermittlung und auch in der praktischen Düngung zu beachten. Der bedeutendste Punkt ist die Reduktion des ermittelten N-Bedarfs um 20 %. Ausnahmen können hier gemacht werden, sofern der reduzierte N-Gesamtdüngebedarf für die Flächen des Betriebes innerhalb der N-Kulisse und auch der jeweils schlagspezifisch ermittelte Bedarf (ohne die Reduktion um 20 %) nicht überschritten wird. Wird dies sichergestellt, können N-Mengen zwischen Kulturarten und Flächen verschoben werden, um eine N-bedürftigere Kulturart höher zu versorgen.

Des Weiteren errechnet sich der Basisertrag nicht aus den vergangenen fünf Anbaujahren, sondern stets aus den Jahren 2015 bis 2019. Hierüber wird sichergestellt, dass die Anbaujahre mit bereits erfolgter N-Reduktion nicht herangezogen werden und mögliche Ertragseinbußen sich nicht potenzieren.

In dem Beispiel in Tabelle 1 ergeben sich dementsprechend 109 kg N/ha. Zu beachten ist auch, dass die 170-kg-N-Obergrenze in der N-Kulisse schlagspezifisch einzuhalten ist. Insbesondere bei Fruchtfolgekombinationen innerhalb eines Jahres, zu denen organisch gedüngt werden soll, ist dies zu bedenken, beispielsweise bei Ackergras vor Silomais, wenn beide Kulturarten organisch versorgt werden sollen. Dies gilt aber auch für eine Kombination aus Festmist- und Gülledüngung zu Silomaisflächen.

Zu beachten ist zudem die verkürzte Einarbeitungsfrist bei der Aufbringung von Wirtschaftsdünger auf unbestelltem Ackerland. Hier ist eine Einarbeitung innerhalb einer Stunde vorgeschrieben. Wirtschaftsdünger müssen zudem jährlich auf die Gehalte von N und P analysiert werden (außer Festmist von Huf- oder Klauentieren). Auch muss zwingend eine Zwischenfrucht im vorangegangenen Herbst eingesät worden sein, wenn der Mais gedüngt werden soll. Eine Ausnahme besteht hier nur, wenn die Vorkultur mit der Ernte erst nach dem 1. Oktober das Feld räumt.

Phosphat als wichtiger Nährstoff

Phosphat ist für Silomais, insbesondere in der Jugendentwicklung, ein wichtiger Nährstoff. Der Bedarf nach DÜV variiert je nach Durchschnittsertrag und Gehaltsklasse des Bodens. Zu beachten ist, dass nach DÜV ab einer P-Bodenversorgung von 25 mg P2O5/100 g Boden (ermittelt nach DL-Methode) lediglich die in der Bedarfsermittlung errechnete P-Abfuhr (siehe Tabelle 2) gedüngt werden darf. Sollte die Düngemenge dennoch die Abfuhr überschreiten, muss dies in einer Fruchtfolge über drei Jahre wieder ausgeglichen werden.

Trotz des hohen P-Bedarfs in der Jugendphase kann sich Mais jedoch vergleichsweise schlecht Phosphat aneignen. Der Nährstoff muss den Pflanzen daher in einer wasserlöslichen Form möglichst wurzelnah zur Verfügung stehen. Neben der klassischen mineralischen Unterfußdüngung erweist sich in Versuchen der Landwirtschaftskammer auch die Verwendung von Mikrogranulaten als Bandapplikation als vorteilhaft, um P-Überschüsse durch eine verringerte Applikation des Nährstoffs zu verhindern.

Eine weitere Möglichkeit, den Nährstoff P an die Wurzel zu bekommen, besteht über die Unterfußdüngung (UFD) von organischen Wirtschaftsdüngern, denn schließlich werden über die Wirtschaftsdünger meist bereits hohe Mengen des Nährstoffs auf die Fläche gebracht. In jahrelangen Versuchen der Landwirtschaftskammer konnte gezeigt werden, dass die mit Nitrifikationshemmern versetzten Güllen oder Gärsubstrate ein Nährstoffdepot im Wurzelbereich der Maispflanzen bilden, wodurch der Nährstoffbedarf des Maises in vollem Umfang und ohne zusätzliche mineralische N-/P-UFD gedeckt werden kann, ohne Ertragsverluste zur Folge zu haben (siehe Abbildung).

Organische Düngung auf Maisflächen

Typischerweise steht Silomais auf langjährig organisch gedüngten Böden, die je nach Standortbedingungen, Vor- und Zwischenfrüchten sowie Höhe der Wirtschaftsdüngergaben deutlich mehr N nachliefern, als über die DBE nach DÜV angegeben wird. Aufgrund der späteren Bodenbearbeitung im Frühjahr und der spät einsetzenden Beschattung durch die Maispflanzen sind die Mineralisationsbedingungen auf diesen Flächen besonders günstig. Auch kann der Mais über die lange Standzeit wie kaum eine andere Kultur diese verfügbar werdenden Nährstoffe aufnehmen. Eine Reduktion der Düngung ist daher empfehlenswert.

Da auf den Mais anbauenden Betrieben meist ohnehin Wirtschaftsdünger vorhanden ist, sollte der Nährstoffbedarf vorrangig hierüber gedeckt werden. Nach der DÜV ist die geforderte Anrechnung der Mindestwirksamkeit, bezogen auf den Gesamtstickstoffgehalt im Jahr des Aufbringens von 60 % für Rindergülle und Gärsubstrate beziehungsweise 70 % für Schweinegülle, relativ hoch. Aus diesem Grund ist zwingend darauf zu achten, den enthaltenen Stickstoff nicht über Ammoniakverluste bei der Ausbringung entweichen zu lassen.

Umso bedeutender ist daher die zügige Einarbeitung der Wirtschaftsdünger, um den Kontakt zur Luft zu unterbinden. Insbesondere bei warmen und abtrocknenden Witterungsbedingungen können durch die zeitnahe Einarbeitung (innerhalb von vier Stunden, in der N-Kulisse innerhalb einer Stunde) die gasförmigen Ammoniakverluste deutlich reduziert werden. Um die Höhe der aufgebrachten Nährstoffmengen richtig einschätzen zu können, empfiehlt sich immer eine Wirtschaftsdüngeranalyse.

Blick auf Grundnährstoffe und pH-Wert

Für hohe Erträge im Mais ist neben der Versorgung mit N und P auch eine bedarfsgerechte Bereitstellung von weiteren Nährstoffen zu beachten. Auf leichten und trockenheitsgefährdeten Standorten ist eine gute Kaliumversorgung der Silomaisbestände bedeutend. Ein Teil der Kalidüngung kann bereits über Gülle oder Gärsubstrat abgedeckt werden. Ein noch offener Bedarf kann über Kornkali gegeben werden, mit dem dann auch der Schwefelbedarf gedeckt werden kann.

Häufig wird die Bedeutung eines gut eingestellten pH-Wertes unterschätzt. Jedoch hat der pH-Wert einen bedeutenden Einfluss auf die Verfügbarkeit der Nährstoffe. Auch reagiert Silomais besonders empfindlich auf zu geringe pH-Werte des Bodens. Mittels Kalkgaben kann der pH-Wert in einen optimalen Bereich für die jeweilige Bodenart gebracht werden und bietet bei der Wahl eines entsprechenden Kalkes auch die Möglichkeit, den Magnesiumbedarf mit dieser Gabe abzudecken.

Fazit

Vor dem Aufbringen von Düngemitteln mit wesentlichen Nährstoffgehalten ist grundsätzlich eine Düngebedarfsermittlung für N und P zu erstellen. Über die im Vegetationsverlauf lange Aufnahme der Nährstoffe bis in den frühen Herbst hinein können Wirtschaftsdünger im Mais optimal eingesetzt werden.

Ist Tiergesundheit eine Haltungsfrage?

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Über zwei Tage bot die Bioland-Schweine-Tagung am 20. und 21. Februar in Fulda ein bunt gefächertes Programm zu Fütterung, Stallbau und Vermarktung. Christian Wucherpfennig von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen fasst die wichtigsten Erkenntnisse zusammen.

„Tiergesundheit – eine Frage der Haltung?“ lautete der Titel des Vortrages von Stefan Wesselmann, Tierarzt aus Hohenlohe (Baden-Württemberg). Als Tierhalter sollte man nicht nur die Gesetze befolgen, sondern den Tieren gegenüber auch Empathie zeigen. „Bei der Stallplanung ist die Tiergesundheit in den Vordergrund zu stellen, zum Beispiel wie Infektionsketten unterbrochen werden können und ob ausreichend Kranken- und Genesungsbuchten eingeplant sind“, hob Wesselmann hervor. Die Haltung sollte, abgeleitet aus dem Qualitätsmanagement, einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess unterliegen. Ställe müssen bei allen Temperaturen von –20 °C bis +35 °C funktionieren. Daher sollten Wind- wie Sonnenschutz von Beginn an Teil der Stallplanung sein.

Auslauf- und Freilandhaltung trotz ASP

Dr. Katja Schulz vom Friedrich-Loeff­ler-Institut erläuterte die neue Risikobewertung unter ASP-Bedingungen. „In der Auslauf- und Freilandhaltung ist das Risiko für einen Eintrag zwar höher, aber wenn die Biosicherheitsmaßnahmen konsequent erfüllt werden, ist es tolerierbar“, erklärte Schulz und ergänzte: „Vögel und Nagetiere sind als Vektoren nur ein theoretisches Risiko und daher ohne Evidenz.“ Übernetzungen und Überdachungen seien weder praktikabel noch verhältnismäßig vor dem Hintergrund des bestehenden Risikos. Solche Vorgaben kämen einer Aufgabe der Haltungsform gleich. Im Ergebnis ist also die Auslauf- und Freilandhaltung auch im ASP-Seuchenfall möglich. Betriebe und Behörden können sich künftig an den „Empfehlungen zur Fortführung dieser Haltungsform in ASP-Sperrzonen“ orientieren.

Auch wenn die rohproteinreichen Wicken einige antinutritive Substanzen enthalten, ist eine Verfütterung an das Schwein möglich, wenn man die richtige Wicken­art wählt. Davon ist Dr. Lisa Baldinger, Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft Raumberg-Gumpenstein (Österreich), überzeugt. „Unbehandelt sind acht Prozent Rationsanteil in der Vormastration unproblematisch“, berichtete sie. Die in den Versuchen vorgenommene Behandlung in Form von Keimung oder Silierung brachte kaum Verbesserungen, sodass dazu nicht geraten werden könne, auch wenn diese Wicken den Schweinen besser geschmeckt hätten.

Da Fütterung und Tiergesundheit großen Einfluss auf die Produktqualität haben, begleitet das Unternehmen Ökoland GmbH Nord intensiv seine Vertragsbetriebe. „Wir bewerten die Betriebe anhand eines Tiergesundheitsindex, in den auch Schlacht- und Befunddaten einfließen“, erläuterte Dr. Leonie Blume. Jeder Betrieb erhält zeitnahe Rückmeldungen und bei Abweichungen einen Betriebsbesuch durch Ökoland sowie den Schweinegesundheitsdienst und den Bestandstierarzt zur Ursachenforschung. „Gesunde Tiere sind wirtschaftlicher, und am Ende macht es auch allen mehr Spaß“, warb Blume für die Vorgehensweise.

Die aufgelöste Bauweise spart Baukosten und ermöglicht dennoch eine klare Trennung der Funktionsbereiche Liegen, Fressen sowie Aktivität und Koten.

Probleme mit unüberdachten Ausläufen

Dr. Werner Hagmüller ist mit seinem Unternehmen „Schweinekompetenz“ selbstständiger Berater für Tiergesundheit und Haltungsverfahren. Zu Beginn beklagte er die Regelung der EU-Bioverordnung, nach der erhebliche Teile der Ausläufe nicht überdacht sein dürfen. „Die fehlende Überdachung führt zu einem Auslauf, der kaum zu entwässern ist, was auch zu erhöhten Emissionen führt“, betonte er. Auch bei vollständiger Überdachung könnten die Schweine Licht und frische Luft genießen, wenn man den Auslauf von den Seiten her offen gestalte. „In der Folge werden viele Betriebe vermutlich bei Neubauten im unüberdachten Bereich des Auslaufs künftig Spalten einbauen und im übrigen Teil mit Stroh sparsam sein“, warnte Hagmüller.

Großen Wert legt er auf die verschiedenen Funktionsbereiche, die für das Schwein gut erkennbar sein müssten. „Bio bietet sehr gute Voraussetzungen, leidet aber zuweilen an der Starrheit der EU-Bioverordnung“, schloss Hagmüller seine Ausführungen.

Über die Möglichkeiten, Emissionen in der Bioschweinehaltung zu reduzieren, referierte Ewald Grimm vom Kuratorium für Bauen in der Landwirtschaft. „95 Prozent des Ammoniaks kommen aus der Landwirtschaft, die im Wesentlichen aus der Tierhaltung selbst sowie aus Wirtschaftsdüngerausbringung und Dunglagerung resultieren“, erklärte er. Auf die Schweine entfällt davon etwa ein Drittel.

Bei den Vorschriften unterscheidet man zwischen dem Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen, womit beispielsweise Mindestabstände begründet werden, und der Vorsorge, möglichst wenig Emissionen zu verursachen. „Nur bei der Vorsorge gibt es die Abwägung zwischen Tierschutz und Emissionsminderung“, betonte Grimm.

Zwar bedürfen Anlagen unterhalb der Bundesimmissionsschutzgesetz-Grenzen nur einer Baugenehmigung, aber in bestimmten Fällen könnten auch hierfür die Vorgaben und Grenzwerte der TA Luft herangezogen werden. Davon kann in Ökobetrieben abgewichen werden, wenn die Vorgaben, zum Beispiel bei der Fütterung, mit der EU-Bioverordnung nicht vereinbar sind. Zur Emissionsminderung bei der Haltung wird in Kürze eine Vollzugshilfe erwartet, die Mindestanforderungen an die Haltungsform definiert, wie Vorgaben zu einer Jaucherinne zur Entwässerung im Auslauf oder Verfahren zur Trennung flüssiger und fester Bestandteile. Auch eine häufige Reinigung der Ausläufe kann darüber festgesetzt werden.

Christian Auinger von der österreichischen Firma Schauer erläuterte bauliche Möglichkeiten zur Emissionsminderung. So lassen sich mittels einer Entstaubung von Stroh die Staubpartikel um 80 % senken, was auch dazu beitrage, dass mit der Luft weniger Emissionspartikel transportiert würden. Bei ökologischer Haltung kommt es aber vor allem auf den Auslauf an. „Der mit Abstand größte Hebel ist die Kot-Harn-Trennung in einem begrenzten Bereich mit Spalten“, betonte Auinger. Weiterhin empfahl er zur Entwässerung von planbefestigten Ausläufen eine Rinne als Blechabdeckung mit Schlitzanteilen.

Für 200 Biosauen neu gebaut

Dr. Matthias Petig bewirtschaftet in 17. Generation einen Bioland-Betrieb im westfälischen Dörentrup. 2022 erfolgte ein Neubau für knapp 200 Biosauen auf der grünen Wiese in der Nähe des Hofes. Die Sauen werden im Zweiwochenrhythmus in zweireihigen Abferkelställen gehalten, die sich wiederum in vier Neuner-Abteile gliedern. In den insgesamt 108 Abferkelbuchten bleiben auch die abgesetzten Ferkel die erste Hälfte der Aufzucht. Die tragenden Sauen werden in Liegehütten mit Fressständen unter Dach und einem dazwischenliegenden Auslauf (aufgelöste Bauweise) gehalten, der zur Hälfte unüberdacht ist. Um selbst Jungsauen vermehren und verkaufen und auch die Vermehrungsbörge halten zu können, wurden knapp 200 Plätze geschaffen.

Umstellung auf 900 Mastplätze

Da Dr. Arne von Ruschkowski kurzfristig verhindert war, stellten Martin Kötter-Jürß von der Bioland-Beratung und Ulrike Westenhorst von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen dessen Betrieb vor. Von Ruschkowski hat den Hof 2021 von den Schwiegereltern übernommen und von 130 Sauen im geschlossenen System auf 900 Biomastplätze umgestellt. Die vorhandenen Gebäude wurden umgebaut und konnten somit weitergenutzt werden. Bedingt durch die großen Gebäude und die Einschränkung, dass nur in eine Richtung Ausläufe möglich waren, fiel die Wahl auf Großgruppenhaltung.

Da die Schweine den Innenbereich bei einer Entfernung zum Auslauf von bis zu 20 m häufig nicht sauber halten, wurde von der klassischen Gliederung „Liegen, Füttern, Auslauf“ abgewichen. Die Fütterung befindet sich nun im hinteren Bereich des Stalls auf Spalten. Von dort gelangen die Tiere in den großzügig eingestreuten Liegebereich, an den sich der Auslauf anschließt. Durch große Tore ist gewährleistet, dass der Liegebereich jederzeit problemlos gemistet werden kann. Der betonierte Liegebereich liegt tiefer, sodass kein Stroh in die Gülle gelangen kann. Trotz der Nutzung der Altgebäude entstanden Kosten je Platz von 1.200 € einschließlich Mist- und Futterlager. „Der Einstieg in die Bioschweinehaltung kostet viel Geld“, so die Schlussfolgerung von Westenhorst und Kötter-Jürß.

So steht‘s um das Futter

Alexander Krahn, langjähriger Mitarbeiter des Biolandhofes Engemann, stellte den Betrieb vor, der seit 1988 ökologisch bewirtschaftet wird. Mit dem Handel von Biogetreide wurde 2003 begonnen. Das Handelsvolumen liegt aktuell bei 80.000 t, wobei die Hälfte auf deutsche und hier wiederum vor allem auf Verbandsware entfällt. Angeboten werden alle Arten Getreide sowie Körnerleguminosen, Körnermais und Weizenkleie.

„Die schwierigen Erntebedingungen im vergangenen Jahr führten zu erheblichen Qualitätsproblemen, sodass große Teile der Ernte nicht mehr speisefähig waren und in den Futtersektor flossen“, berichtete Krahn. Zudem fiel die Leguminosenernte unterdurchschnittlich aus. In der Folge fiel der Futtergetreidepreis auf 27 bis 29 €/ dt, während Leguminosen mit 50 €/dt weiter hochpreisig sind. Die um 10 €/dt höheren Preise für Speisegetreide dokumentieren die Knappheit bei Speiseware.

Die Soja- und Maisernte fielen insgesamt gut aus. Im Januar kosteten Sojabohnen 78 €/dt und Mais lag bei 30 €/dt. „Die künftige Preisentwicklung ist nicht vorhersehbar, weil die Herbstbestellung vor allem in Norddeutschland teilweise nicht möglich war“, konnte Krahn diesbezüglich keine Voraussage machen.

Markt für Bioschweine entspannt

Einen Überblick über den Bioschweinemarkt gab Dr. Uwe Balliet, Geschäftsführer der Bio-Handel Nordwest GmbH. „Der Absatz ist in den vergangenen 14 Jahren mit gelegentlichen Schwankungen kontinuierlich gestiegen“, freute er sich. „Zum Wachstum in den vergangenen Jahren haben vor allem die Discounter beigetragen, die immer wieder neue Produkte aufschalten“, betonte Balliet. Da der Absatz der Erzeugergemeinschaft gut laufe und der Markt eine leichte Unterdeckung aufweise, könne man umstellungsinteressierten Betrieben mittlerweile wieder eine klare Perspektive geben.

„Ohne mehrjährige Verträge kann man jedoch keine Bioschweinehalter finden“, warnte Balliet, was der Handel aber mittlerweile verstanden habe. Er biete den Betrieben deswegen nun mindestens fünfjährige und teilweise auch zehnjährige Verträge an. „Der Bioschweinemarkt ist und bleibt aber ein kleiner Markt“, warnte Balliet vor einer zu großen Euphorie.