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„Bürobauern“ brauchen mehr Vertrauen und weniger Zwang

Schwierige Witterungsbedingungen und schwankende Preise hat es schon immer gegeben – damit kommen Landwirtinnen und Landwirte zurecht. Stress und Frust entstehen auf den Betrieben in erster Linie durch praxisferne Bewirtschaftungsauflagen, Dokumentations- und Meldepflichten sowie Kontrollen. Die Streichung der Agrardieselbeihilfe und die mittlerweile zurückgenommene Tilgung der Kfz-Steuerbefreiung sind daher nicht Ursache, sondern lediglich Auslöser der Bauernprotestwelle im vergangenen Winter gewesen.

In Brüssel ist die Botschaft angekommen, dass die Anforderungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik überspannt wurden. Mit der sogenannten GAP-Mini-Reform sind erhebliche Erleichterungen bei den einzuhaltenden Mindestanforderungen (Glöz-Standards) verbunden, die aber national noch umgesetzt werden müssen. An anderer Stelle droht – entgegen den Aussagen und Forderungen der Politik – ein weiterer Aufwuchs an Bürokratie. Beispiele sind das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz, das Tierschutzgesetz und das EU-Lieferkettengesetz.

Ein klares Signal der bürokratischen Überfrachtung der Höfe ist, dass der vor wenigen Wochen veröffentlichte Katalog des Bauernverbandes Schleswig-Holstein mit den wichtigsten Forderungen zum Bürokratieabbau allein 33 Punkte umfasst. Es erstaunt dann nicht, wenn junge Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter berichten, dass sie viele Tage darauf verwenden, Agraranträge abzuarbeiten oder ihre Dünge-Daten in das Meldeprogramm Endo-SH einzutragen, während ihnen die Arbeit auf dem Feld und im Stall im Nacken sitzt. Besonders Familienbetriebe ohne zusätzliche Arbeitskräfte leiden unter diesem Druck. Das wurde auch beim Kreisbauerntag Stormarn deutlich gemacht.

Umso erfreulicher ist die Tatsache, dass sich trotz der hohen Arbeitsbelastung viele Betriebe im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit engagieren, zum Beispiel am Tag des offenen Hofes, der am 9. Juni bundesweit stattfindet. Der persönliche Austausch auf den Höfen dient dem Verständnis der Verbraucher für die Belange der Landwirtschaft, schafft Vertrauen und stärkt den Rückhalt in der Bevölkerung für die Forderungen des Berufsstandes, zum Beispiel in Sachen Bürokratieabbau.

Verfechter von Ordnungsrecht wie Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) verteidigen ihre „Hiebe mit der Gesetzeskeule“, indem sie argumentieren, dass gut gemachte Regeln Bürokratie abbauten. Doch leider gewinnt das Argument der besseren Kontrollierbarkeit zu oft den Abwägungsprozess gegen die Praktikabilität auf den Höfen. Hier ist ein Paradigmenwechsel gefragt, der Landwirten mehr Vertrauen entgegenbringt.

Im Journalismus heißt es: Die Arbeit muss der Redakteur haben, nicht der Leser. Entsprechend sollte auch in der Landwirtschaft der Grundsatz gelten: Die Verwaltung sollte die Hauptarbeit leisten, nicht der Bauer. Das würde Frust abbauen und Hofnachfolger motivieren, Betriebe weiterzuführen. Denn niemand wird Bauer, um im Büro zu sitzen.

Dr. Robert Quakernack

Das Feldversuchswesen der Landwirtschaftskammer

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Die Landwirtschaft in Schleswig-Holstein sieht sich mit vielschichtigen Herausforderungen konfrontiert – seien es der Klimawandel oder politische Richtlinien und Entscheidungen. Das Versuchswesen der Landwirtschaftskammer (LKSH) liefert an ihren sieben Standorten im Land unabhängige und neutrale Versuchsergebnisse, die die Landwirte bei der Entscheidungsfindung (Beispiel Sortenwahl) und die Beratung im Land (Beispiel Pflanzenschutz) unterstützen.

Am Standort der Kammer im Sönke-Nissen-Koog wurde erstmals zur Aussaat 2023 ein langjähriger Systemversuch angelegt. Über eine fünfgliedrige Fruchtfolge mit Zwischenfruchtanbau vor der Sommerung (Wintertriticale – Wintergerste – Winterraps – Winterweizen – Sommerhafer) werden hier zwei verschiedene Düngungsintensitäten (100 % nach Düngebedarfsermittlung (DBE), 80 % nach DBE) und drei verschiedene Pflanzenschutzstrategien (kein Pflanzenschutzmitteleinsatz, um 50 % reduzierter Pflanzenschutzmitteleinsatz, Pflanzenschutzmitteleinsatz nach LKSH-Empfehlung) in jeder Kultur geprüft. Ziel ist, über eine langjährige Fruchtfolge Kenntnisse über die optimale Düngungsmenge in Kombination mit einer entsprechend angepassten Pflanzenschutzstrategie zu generieren. Als Vergleich dient eine etablierte Referenzfruchtfolge am Versuchsstandort.

Vor dem Hintergrund stetiger Änderungen im Bereich des Pflanzenschutzes und des Ziels einer Reduzierung des chemischen Pflanzenschutzes erarbeitet das Feldversuchswesen dazu mögliche Lösungen. Im Bereich der Ungras- und Unkrautbekämpfung rückt die Hack- und Striegeltechnik in das Interesse des Bereiches Pflanzenschutz. In verschiedenen Kulturen (Beispiel Mais und Zuckerrübe) sind Versuche auf der südlichen Geest im Raum Krumstedt angelegt, in denen chemische Behandlungsstufen, chemisch-mechanisch kombinierte Behandlungsstufen und mechanische Behandlungsstufen miteinander verglichen werden.

Spätsaat Winterweizen, Kastorf, November 2023. Foto: Sebastian Schwarz

Anbau der Zwischenfrüchte

Im Bereich des Zwischenfruchtanbaus wird zur Ernte ein dreijähriger Versuch an den Standorten Schuby und Futterkamp abgeschlossen. Zur Herbstaussaat werden zehn verschiedene Zwischenfruchtmischungen in einem Exaktversuch ausgesät. Im folgenden Frühjahr werden die Zwischenfrüchte mechanisch bearbeitet, sodass eine Aussaat von Sommergerste folgen kann. Es handelt sich um eine einheitliche Sommergerstensorte. Somit lässt sich ein Vorfruchtwert der einzelnen Zwischenfruchtmischungen prüfen. Ergebnisse zu dieser Fragestellung können nach der Ernte präsentiert werden.

Versuch zur Fruchtfolge

Am Standort Futterkamp wird bereits zur dritten Ernte ein Fruchtfolgeversuch in Kooperation mit der Fachhochschule Kiel, Fachbereich Agrar als langjähriges Projekt bearbeitet, der den Fokus auf die organische Düngung legt. Es werden verschiedene Güllen in unterschiedlichen Aufwandmengen über eine fünfgliedrige Fruchtfolge (Winterraps – Winterweizen – Silomais – Sommerhafer – Wintergerste) ausgebracht. Die organisch gedüngten Varianten werden dann mit rein mineralisch und nicht gedüngten Varianten verglichen. Ziel dieses Anbausystemversuchs ist es, am Ende der Versuchslaufzeit beurteilen zu können, ob durch regelmäßige Anwendung organischer Düngung zusätzliche Kohlenstoffmengen im Boden gespeichert werden und ob das Anbausystem vergleichsweise kompensationsfähiger beispielsweise gegenüber extremen Witterungseinflüssen ist. Ergebnisse zu diesem Versuch werden mit Ende der Projektlaufzeit veröffentlicht.

Versuchswesen im Grünland

Im Bereich des Versuchswesens im Grünland werden seit diesem Frühjahr zwei neue Versuche zum Tagesgeschäft der Sortenprüfung durchgeführt. Am Standort Schuby wird ein Nachsaatversuch mit verschiedenen Nutzungsintensitäten bearbeitet. Ein weiterer Versuchsfaktor neben der Nutzungsintensität sind die verschiedenen Nachsaatmischungen, die verwendet wurden. Unter genauer Beobachtung steht bei diesem Versuch eine mögliche Steigerung der Artenvielfalt im Grünland durch die Faktoren Nachsaatmischungen und Nutzungsintensität. Des Weiteren wurde ein Versuch zur organischen Düngung im Grünland angelegt. Zur Prüfung stehen hier unterschiedliche Güllezusatzstoffe, die zu einer besseren Ausnutzung der einzelnen Nährstoffe in der Gülle führen sollen. Die organische Düngung mit unterschiedlichen Kombinationen der Zusatzstoffe erfolgt zu Vegetationsbeginn und nach dem ersten und zweiten Hauptnutzungsschnitt.

Aussaat von Winterraps 2023 am Standort Futterkamp. Foto: Christoph Johannes Marten

Sortenprüfwesen in verschiedenen Bereichen

Ein wesentlicher Teil der Arbeit im eigenen Fachbereich Versuchswesen der Abteilung Pflanzenbau, Pflanzenschutz, Umwelt der Kammer fällt auf das Sortenprüfwesen, zum Beispiel im Bereich Getreide und auch Ölsaaten, Körnerleguminosen und Mais. Als unabhängige und neutrale Prüfeinrichtung untersucht die Kammer in den Landessortenversuchen Sortimente der gängigen Kulturarten (zum Beispiel im Bereich Getreide und auch Ölsaaten und Körnerleguminosen inklusive Gräser) in Schleswig-Holstein, sowohl als Winte­rungen wie auch als Sommerungen und im konventionellen sowie ökologischen Bereich.

Der Züchtungsfortschritt und die Anpassung neuer Sorten an sich verändernde agronomische Rahmenbedingungen werden durch den Ergebnisvergleich neuer Sorten mit etablierten Sorten geprüft. Somit kann eine neutrale Sortenempfehlung den Landwirten zur Verfügung gestellt werden und für die Anbauentscheidung in der Praxis wichtige Erkenntnisse liefern. Neben den Landessortenversuchen werden auch Wertprüfungen, Bundessortenversuche und EU-Sortenversuche von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Versuchswesens bearbeitet. So steht neue Genetik bereits früh unter Beobachtung der Kulturreferenten. An den Standorten im Sönke-Nissen-Koog und in Loit wurde im vergangenen Herbst jeweils zusätzlich eine Sortenprüfung Winterhafer angelegt.

Versuche zu Produktionstechnik

Produktionstechnische Versuche werden an allen Versuchsstandorten durchgeführt. In der Produktionstechnik beschäftigt sich das Versuchswesen mit Fragen zu optimalen Saatzeitpunkten (Beispiel Saatzeitenversuche Winterweizen, Spätsaatversuch Winterraps in Tensbüttel und Loit), zur Düngung beispielsweise am Standort Kastorf (Beispiel Stickstoffeffizienz unterschiedlicher Weizensorten, Wirkung von Biostimulanzien auf N-Verfügbarkeit), aber auch Fragen zu Aussaatstärken (Beispiel Bestandesdichte Mais). Im Mais wird unter anderem versucht, auf die Fragestellung zu Gemengeanbau Antworten zu finden. Auf dem Versuchsfeld Schuby werden 15 verschiedene Gemengevarianten mit beispielsweise Sonnenblume, Stangenbohne, Ackerbohne und Sorghum in Kombination mit Mais geprüft.

Im Bereich Produktionstechnik wurde an beiden oben genannten Standorten Sönke-Nissen-Koog und Loit Versuche im Winterweizen ausgesät, in denen die Aussaat in weiter Reihe mit verschiedenen Aussaatstärken bearbeitet wird. Die Versuchsergebnisse sollen Rückschlüsse auf eine optimale Aussaatstärke beispielsweise anhand der Bestandesdichte unter den Wachstumsbedingungen in weiter Reihe ermöglichen. Zum Thema Düngung im Mais werden mittlerweile das vierte Jahr in Folge mit eigener Strip-Till-Technik Versuche zur organischen Unterfußdüngung an drei unabhängigen Standorten im Land angelegt. Zusätzlich zur Ermittlung der optimalen organischen Düngermenge werden auch Varianten etwa mit Piadin oder Kieserit fein angelegt, um eine möglicherweise bessere Nährstoffausnutzung bewerten zu können.

An allen Standorten werden unterschiedlichste Versuche im Pflanzenschutz durchgeführt. Strategieversuche im Bereich der Fungizide, Wirksamkeitsprüfungen im Bereich der Herbizide und Insektizide sind nur eine kleine Auswahl dieser vielschichtigen Versuchstätigkeiten.

Um möglichst für alle Naturräume in Schleswig-Holstein repräsentative Versuchsergebnisse bereitzustellen, erstrecken sich die Versuchsstandorte über Geest, Marsch und Östliches Hügelland.

Organische Unterfußdüngung mit Strip-Till-Technik in Wallsbüll 2024
. Foto: Merle-Marie Barth

Analyse und Versuchsauswertung

Sämtliche Ernteproben werden in der zentralen Probenaufbereitung (ZPA) auf dem Messegelände während der Ernte zusammengetragen und vollumfänglich auf die wichtigsten Qualitätsparameter mit moderner NIRS-Technik analysiert. Die Analyse wird direkt nach der Ernte durchgeführt, um schnelle Ergebnisse für beispielsweise die Sortenempfehlung zum Winterraps liefern zu können.

Die allgemeine Versuchsauswertung und Versuchsplanung werden zentral durch das PIAF-Team am Standort Rendsburg durchgeführt. In dem bundesländerübergreifenden Datenbanksystem PIAF werden sämtliche Versuchsdaten (Boniturdaten, Erntedaten, Standortdaten et cetera) gespeichert. Dank eines leistungsfähigen Serversystems ist es möglich, Versuchsdaten an allen Versuchsstandorten dezentral zu erfassen und auf weitere Daten zuzugreifen. Durch die Zentralisierung der Probenaufbereitung und des Datenmanagements mit PIAF stehen Versuchsergebnisse zeitnah nach der Ernte zur Verfügung.

Fazit

Die Versuchsfragen und somit die Versuchsdurchführung sind über die vergangenen Jahre komplexer und umfangreicher geworden. Besonders Fragestellungen zur Produktionstechnik (Beispiel Düngung, Saatzeit et cetera), Fruchtfolgegestaltung, Bearbeitung von Flächen mit Zwischenfruchtanbau und im Pflanzenschutz (Beispiel Hack- und Striegeltechnik, allgemeine Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz) setzen viel Engagement und Know-how voraus.

Pflanzenschutzversuche, Kastorf, Mai 2022. Foto: Christoph Johannes Marten

Die unterschätzte Wiederkäuer-Zoonose

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Q-Fieber, Queensland-Fieber oder Ziegengrippe ist eine meldepflichtige bakterielle Erkrankung durch den Erreger Coxiella burnetii. Die Erkrankung tritt vor allem bei Rindern, Ziegen, Schafen und Neuweltkameliden auf. Eine Impfung gegen den zoonotischen Erreger ist möglich und kann Aborte, Fruchtbarkeitsstörungen und dauerhaft immungeschwächte Tiere verhindern.

„Q-Fieber ist eine der am häufigsten unterdiagnostizierten Erkrankungen in Milchviehbetrieben“, ist Dr. Christina Hirsch, Ceva Tiergesundheit GmbH, überzeugt. Auf einer Veranstaltung hat die Rinderpraktikerin jüngste Erkenntnisse zur Verbreitung der Zoonose vorgestellt. Q-Fieber komme, so Hirsch, nahezu weltweit vor.

Untersuchungen auf Antikörper in Tankmilchproben von rund 4.000 deutschen Betrieben zwischen 2015 und Juni 2023 hätten bei 72 % einen positiven Antikörpernachweis gezeigt, so Hirsch. Jüngste Untersuchungen von 3 % aller österreichischen Betriebe haben bei 70 % Antikörper und somit Hinweise auf Q-Fieberinfektionen ergeben. Erreger-DNA, sogenannte Antigene, in der Tankmilch haben Tierärzte in einer noch unveröffentlichten Studie in 65 Betrieben zwischen September 2020 und März 2022 bei 40 % der Betriebe gefunden. Betriebsleiter sind bei der Diagnostik zurückhaltend, weil ein positiver Antigennachweis meldepflichtig ist. Die Veterinärbehörden können im Einzelfall Maßnahmen anordnen.

Das Bakterium Coxiella burnetii (C. burnetii) ist sehr umweltstabil und überlebt auch in Trockenheit rund zwei Jahre. Es ist bis 60 °C thermostabil. Die Übertragung erfolgt vor allem über kontaminierte Stäube. Neben Milch, Blut, Kot und Harn enthalten die Plazenta, Fruchtwasser und Vaginalschleim die höchsten Erregerkonzentrationen mit bis zu 109 Bakterien pro Gramm Plazenta. Eingetrocknete Einstreu mit infiziertem Fruchtwasser ist hochinfektiös. Auch die Triebwege von infizierten Weidetieren sind potenzielle Infektionsquellen für Tiere und Menschen.

Für das Jahr 2020 sind beim Robert-Koch-Institut lediglich 55 Q-Fieber-Fälle bei Menschen dokumentiert. Das Friedrich-Loeffler-Institut dokumentierte für das gleiche Jahr 159 Fälle bei Rindern, eine Infektion bei Schafen und zwei bei Ziegen. Die Ergebnisse der jüngsten Studien lassen eine viel höhere Dunkelziffer annehmen.

Übertragung durch Staub

Für Berufsgruppen mit engem Tierkontakt ist der Kontakt mit kontaminierten Stäuben, der infektiösen Plazenta, Fruchtwasser, Vaginalschleim und den Neugeborenen infizierter Tiere relevant. Die Tierärztin zitierte eine Studie aus dem Jahr 2017 zur Quantifizierung des Berufsrisikos bei intensivem Tierkontakt. Untersucht wurden 250 Blutproben von Schäfern, Rinderhaltern, Rindertierärzten, Tierschutzkontrolleuren und Gynäkologen zwischen 2009 und 2016. 70 % der Schäfer, Rinderhalter und Rindertierärzte wiesen Antikörper auf, Tierschutzkontrolleure immerhin noch 41 %.

Die direkte Übertragung erfolgt meist bei der Geburtshilfe. Das Risiko, sich über Rohmilch oder Rohmilchkäse zu infizieren, ist laut Robert-Koch-Institut gering. Zu einer Vektor-Übertragung kann es durch Zeckenkot und -blut beim Scheren von Schafen und durch Haustiere wie Hunde, Katzen, Schweine, Vögel und andere Spezies auf Wildtiere, Wiederkäuer und umgekehrt kommen. Infektiöser Staub an verschmutzter Kleidung ist der Weg, auf dem der Q-Fiebererreger durch Besucher, Berater, Tierarzt oder Klauenpfleger in den Betrieb gelangen können.

Beim Menschen verläuft eine Q-Fieber-Infektion zu rund 50 % symp­tomlos. Im akuten Fall kommt es zu grippeähnlichen Symptomen, seltener zu einer Hirnhaut- oder Herzbeutelentzündung. Ansteckungen während der Schwangerschaft können zum Abort führen. Nach Angaben des Friedrich-Loeff­ler-Instituts kann es bei 40 % der Betroffenen nach einer akuten Q-Fieberinfektion zum sogenannten Q-Fieber-Müdigkeitssyndrom kommen. Hirsch verglich die chronifizierte Form, die auch ein geschwächtes Immunsystem zur Folge habe, mit den jüngsten Erfahrungen von Long Covid. Für Hausärzte und Spezialisten in der Humanmedizin ist Q-Fieber oft nicht präsent.

Achtung bei Lungenentzündung

Hat C. burnetii eine Herde infiziert, kommt es bei Ziegen und Schafen in 90 % der Fälle zu Aborten. Zahlreiche Tot- und Frühgeburten und lebensschwache Lämmer können zum Totalausfall führen. „Durch den Bestand ziehen regelrechte Abortstürme“, berichtet Dr. Christina Hirsch aus ihrer Praxiserfahrung. Im Rinderbetrieb stehen Reproduktionsstörungen wie Nachgeburtsverhalten, Metritis und Fruchtbarkeitsstörungen im Vordergrund. Aborte und lebensschwache Kälber treten auch hier gehäuft auf. Im Zusammenhang mit Q-Fieber seien vermehrte Zwillingsgeburten beobachtet worden, so Hirsch. „Wenn ein Betrieb häufiger Kälber mit Saugschwäche hat, sollte man dringend an Q-Fieber denken“, mahnt sie.

Häufig erkrankten die Tiere nicht schwer, schieden aber dennoch Erreger aus. Q-Fieber schwächt das gesamte Immunsystem der Tiere, und so beobachten Tierhalter häufig einen unspezifischen Verlauf oder Reaktionsketten mit ganz verschiedenen Symptomen. „Oft sind Symptome wie ein Rückgang der Milchleistung, erhöhte Zellzahlen oder das vermehrte Auftreten von Mortellaro nur schwer von Ursachen im Management abzugrenzen“, so Hirsch. „Wenn jedoch vermehrt Kühe an Lungenentzündung erkranken, muss man Q-Fieber in Betracht ziehen“, mahnte sie.

Zirkuliert C. burnetii in einer Milchviehherde, sind rund 10 % der Kühe Dauerausscheiderinnen. „Diese Tiere, häufig die besten Kühe in der Herde, haben eine chronische Infektion ohne sichtbare gesundheitliche Probleme“, erklärt die Tierärztin. Als Erregerpools steckten sie naive Tiere jedoch regelmäßig an. Ohne nachhaltiges Sanierungskonzept liefen in solchen Betrieben alle drei bis vier Jahre Wellen mit einer großen Zahl von Aborten durch den Bestand.

Folgen von Q-Fieber in der Rinderherde:

Schwächung des Immunsystems

schlechte Fruchtbarkeitsleistung

erhöhter Arbeits- und Behandlungsaufwand

erhöhter Antibiotikaeinsatz

finanzielle Verluste

Bei Verdacht gibt eine Tankmilchprobe mittels Elisa-Test auf Antikörper Aufschluss. Nach einem positiven Befund sichert ein PCR-Test das Ergebnis ab. Fällt dieser erste PCR-Test negativ aus, rät die Expertin wegen der unregelmäßigen Erregerausscheidung zu zwei weiteren Tests im Abstand von drei bis vier Wochen.

Immungeschwächte Herden

Bei einer akuten Q-Fieber-Infektion rät die Tierärztin zu einer antibiotischen Behandlung stark betroffener Tiere durch den Bestandstierarzt und einem anschließenden Sanierungskonzept mit einer Q-Fieber-Impfung. Dauerausscheiderinnen sollten den Betrieb bald verlassen. Bei ihnen führe die Impfung lediglich zu einer Verringerung der Erregerausscheidung.

Ein Impfstoff gegen Q-Fieber ist für Rinder, Ziegen und Schafe zugelassen. Nach einer zweimaligen Impfung im Abstand von drei Wochen zur Grundimmunisierung ist eine Auffrischung nach neun Monaten notwendig. Die Impfung sollten alle Tiere ab einem Alter von drei Monaten erhalten. Die Tierärztin rät, diese möglichst in der kühleren Jahreszeit zu verabreichen und ausreichend Abstand zu anderen Impfungen einzuhalten. Die Tiere reagierten durchaus ein bis zwei Tage lang mit Temperaturerhöhung und einem leichten Rückgang der Milchleistung. Auch seien Reaktionen an der Einstichstelle zu beobachten. Das zeige, dass das Immunsystem sich mit der Impfung intensiv auseinandersetze, so die Veterinärin.

Erste Effekte der Impfung seien drei bis sechs Monate nach dem Sanierungsstart sichtbar. Ab dem zweiten und dritten Jahr könnten Impfbetriebe einen deutlichen Rückgang der Fruchtbarkeitsprobleme beobachten und Dauerausscheiderinnen zunehmend durch die normale Remontierung merzen. Dann werden auch die finanziellen Vorteile einer Impfung deutlich sichtbar.

Weitere Informationen finden sich im Netz unter:

https://t1p.de/p0dn8

https://t1p.de/mabed

https://t1p.de/islql

Kartoffeln: Knapp und teuer

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Vor dem Start der Frühkartoffelsaison steigt die Spannung im Großhandelsgeschäft. Das Angebot aus dem Vorjahr fällt aktuell nur noch gering aus. Gute Qualitäten sind kaum im Angebot. Auch Frühkartoffeln aus dem Mittelmeerraum finden nur zögernd den Weg in den hiesigen Handel.

Bereits im vergangenen Herbst sorgte Regenwetter für Ernteprobleme. Viele Partien wurden zu nass gerodet. Einige Felder konnten gar nicht mehr befahren werden. Durch den milden Winter waren die Lagerbedingungen nicht optimal. Dies hatte hohe Absortierungen zur Folge, was das Angebot weiter verringerte. Die Großhandelspreise für Speisekartoffeln der letzten Ernte erreichten in diesem Frühjahr Werte, die zu dieser Jahreszeit bisher noch nicht erzielt wurden. Viele regionale Notierungen wurden in diesem Frühjahr relativ früh eingestellt, da kaum noch alterntige Ware angeboten und gehandelt wurde.

Mittelmeerware europaweit gefragt

Mit dem rückläufigen inländischen Angebot stellt der LEH auf Importware um. Bisher wurden vor allem Frühkartoffeln aus Israel, Zypern und Ägypten angeboten. Jetzt sollten eigentlich größere Mengen aus Spanien und Italien folgen. Doch auch in Spanien fällt die Frühkartoffelernte klein aus, da weniger Fläche bepflanzt wurde und die Erträge gering sind. Das kleine Angebot ist europaweit gefragt. Statt der erwarteten Preisabschläge können sich aktuell nochmals höhere Forderungen für Frühkartoffeln durchsetzen. Spanische Ware wurde bislang mit 95,00 €/dt schon recht teuer gehandelt. Mittlerweile sind die Forderungen auf über 100 €/ dt gestiegen.

In vielen Regionen in Deutschland werden erste Frühkartoffeln aus dem Unterfolienanbau angeboten. Auch hier bleiben die Preise auf recht hohem Niveau. Die relativ kleinen Mengen, die hier geerntet werden, werden meist im Direktabsatz verkauft und ergänzen kaum das Angebot im Großhandel. Die frühe Ware aus dem Feldanbau wird ebenfalls zunächst vor Ort vermarktet. Auch bei der Auspflanzung in diesem Frühjahr sorgten zu nasse Böden für Verzögerungen. Damit verschieben sich die Erntetermine nach hinten. Während es im Norden zwischenzeitlich auch trockene Witterungsphasen gab, sorgten in Süd- und Westdeutschland erneut Gewitter für hohe Niederschlagsmengen, die die Feldarbeiten oft durchgehend behindert haben.

Regen verzögert die Abreife

Mittlerweile wird die Angebotslage im Kartoffelhandel als prekär bezeichnet. Die hohen Preise sorgen dafür, dass man auch im Ausland nach Quellen sucht. Bis auf dubiose Gerüchte blieb dies jedoch meist erfolglos. In überregionalen Regionen will man jetzt die Abreife der frühen Bestände künstlich beschleunigen. Wegen der Nässe bringt dies jedoch nur selten den erwünschten Erfolg. Auch hier wäre trockenes Wetter von Vorteil.

Die Preise für alterntige Ware steigen durch diese Entwicklung weiter an und übertreffen die Hausse des vergangenen Jahres. Doch nur wenige Anbieter haben noch Ware in entsprechender Qualität im Angebot und können profitieren. Auch für die Haupternte deuten sich bereits jetzt stabile Marktverhältnisse an, da die Anschlussorten erst spät in die Erde gekommen sind, was zu späten Ernteterminen führt. Somit deutet vieles darauf hin, dass Kartoffeln vorerst knapp und teuer bleiben.

Felder so groß wie die Nordsee

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Nach der Landwirtschaftslehre zog es Lasse Clausen aus Dollerup in die weite Welt. Er startet in Australien, fuhr nach Osteuropa und ahnte nicht, wie weit in den Osten ihn seine Reiselust noch bringen würde. Bei den Lohnverhandlungen war schnell klar, reich würde er nicht werden. Doch Lasse irrte sich, denn er wurde reich bezahlt – mit Erfahrungen. Hier sein Bericht.

Acht Monate Sonne, Kängurus, Großtraktoren und eine wahnsinnig schöne Natur waren perfekt für meine erste große Reise. Ich lernte Systeme kennen, die ausgereift sind, und Menschen, die verstehen können, wie es ist, das erste Mal weit weg von zu Hause zu sein. Nach dieser Reise ging es zurück nach Deutschland, aber nicht in die Heimat, sondern in den Osten Deutschlands. Hier lernte ich moderne Betriebe mit Riesenflächen, so weit das Auge reichte, und neusten Maschinen kennen. Schnell war klar, hier möchte ich Landwirtschaft studieren. Das Studium hat mir Zeit gegeben, um möglichst viel auszuprobieren.

Mehrere Saisons war ich in Mecklenburg Erntehelfer, bis sich die Möglichkeit ergab, in Rumänien weiterzumachen. Als ich dort mit einem großen Raupen­knickschlepper durch die Dörfer fuhr, musste ich höllisch aufpassen, dass die oberirdischen Stromleitungen nicht vom Arbeitsgerät erfasst wurden und das ganze Dorf ohne Strom war. Unterwegs begegneten mir Pferdefuhrwerke, jeweils beladen mit einem Big Bag voll handgeerntetem Mais, das Jahreseinkommen für einen ganze Familie. Trotz europäischer Hilfe und teilweise moderner Landwirtschaft ist das ländliche Leben noch immer sehr einfach und oft ärmlich.

Zurück im Studium wuchs mein Interesse, weitere Länder und Strukturen kennenzulernen. Eine kleine Dienstleistungsfirma, die mit Mähdreschern eines großen Landtechnikhersteller als Optimierungsexperte national und international agiert, bot mir die perfekte Chance. Nun standen Ungarn und die Ukraine auf den Plan. Ungarn erlebte ich als ein sehr sauberes Land mit guter Struktur und gastfreundlichen Menschen. Auch die Landwirtschaft ist mit unserer heimatlichen zu vergleichen. Nach einem erfolgreichen Projekt ging es vor dem Krieg weiter Richtung Kupjansk in der Ukraine. Riesige Flächen mit Schwarzerdeböden und wenigen Hindernissen eignen sich perfekt für Verfahrenstechnik und Agrarwirtschaft. Auch die Städte waren voll mit jungen Menschen und guten Restaurants. Raus aus der Stadt und angekommen im kleinen Dorf sah die Welt komplett anders aus. Kühe angebunden direkt am Straßenrand und der Senior mit zwei Kübeln Wasser aus dem Brunnen auf der Schulter, um die Tiere zu tränken. Jedes Haus mit einem großen Nutzgarten und fast jeder Dorfbewohner hat entweder einen kleinen Laster oder einen Mähdrescher, der in Europa vor 20 Jahren aussortiert wurde. Alle wollten sie beim Großbetrieb im Dorf arbeiten und zur Gemeinschaft gehören. Unsere modernen Mähdrescher sorgten für Aufsehen. Die Angestellten und Lasterfahrer verstanden schnell, dass sie mit unserer Technik und unserem Wissen am Ende mehr überhätten, denn ukrainische Mähdrescherfahrer werden nach Hektar und die Lkw-Fahrer nach Tonnen bezahlt.

Nachdem ich dachte, dass ich nicht noch weiter nach Osten kommen würde, ging es im vergangenen Jahr in die Steppen Kasachstans. Kasachstan ist das neuntgrößte Flächenland der Welt mit nur rund 20 Millionen Einwohnern. Man könnte sich die Ackerfläche wie die Nordsee vorstellen. Dazu kommen riesige Gebirgszüge: ein einmaliger Anblick. Und egal, bei welchen Landwirten wir waren, ob angemeldet oder spontan, wir wurden immer warmherzig empfangen und durften nicht ohne ein Festmahl wieder gehen. Die Gemeinschaft und Gastfreundschaft in Kasachstan waren für mich besonders.

Aber egal, in welchem Land ich war, die Lust auf Landwirtschaft und der Drang, sich stetig zu verbessern, verbinden alle Landwirte. Jeder Betrieb hat seine eigenen Herausforderungen und Wege, eine funktionierende Landwirtschaft zu betreiben. Für mich war es die beste Entscheidung, diese Erfahrungen zu sammeln. 

Mittagspause nach kasachischer Art: Lasse (mit der organfarbenen Kappe) hat oft große Gastfreundschaft erlebt.
Deutsche und osteuropäische Technik beim Warten auf die Abfahrgespanne
Kasachischer Buchweizeneintopf mit Fleisch
Lasse Clausen

Tipps für Protokoll und Pressearbeit

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Zur Unterstützung der ehrenamtlichen Tätigkeiten der Ortsvereine bot der LandFrauenverband Schleswig-Holstein ein Seminar für Schriftführerinnen an. Das Interesse war riesig. 51 LandFrauen meldeten sich an. Das Amt der Schriftführerin ist längst sehr vielfältig geworden und reicht oft vom Protokoll bis zu Administration der Webseite.

Unter den Teilnehmerinnen waren im Hinblick auf das vielfältige Amt sowohl Erfahrene als auch solche, die neu im Amt sind. Die Referentinnen Dr. Gaby Brüssow-Harfmann, Iris Christensen und Dr. Judith Bühlmeier sowie Landesvorstandsmitglied Petra Heide gaben Informationen zur Relevanz und Form der Protokollführung sowie der Meldung von Mitgliederzahlen und Tätigkeiten an den Landes- beziehungsweise Bundesvorstand. Ein Tagesordnungspunktbeschäftigte sich zudem mit der Erstellung von Pressemitteilungen und dem Umgang mit der Presse. Bauernblatt-Redakteurin Kathrin Iselt-Segert hatte zu Beginn der Tagesveranstaltung einen kurzen Überblick über wichtige Kriterien der Pressearbeit gegeben und ein Handout mit Tipps für die Schriftführerinnen mitgebracht.lfv

Einmal „Landwirt für einen Tag“ sein

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Landwirt oder Landwirtin für einen Tag sein – dieses Angebot richtete das Forum Moderne Landwirtschaft (FML) an Nichtlandwirte. Aktionstag war der vergangene Sonnabend, zum Teil auch verlegt auf ein späteres Datum. In Schleswig-Holstein stellten sich elf Betriebe zur Verfügung. Hier der Bericht vom Hof Hahnenkamp in Wobbenbüll, Kreis Nordfriesland, der an der Aktion teilnahm.

Es war ungewöhnlich voll im Melkstand auf Hof Hahnenkamp in Wobbenbüll. Zwei „Landwirte für einen Tag” mitsamt Videobegleitung durften zum Frühmelken der rund 200 Milchkühe und zum anschließenden Stalldienst antreten. Aus Köln und Norderstedt waren die beiden Mitarbeiter der Rewe Group pünktlich um 3.45 Uhr zum morgendlichen Melken angereist.

Den Milchviehbetrieb mit Nachzucht und 200 ha Acker- und Futterbau hat das Ehepaar Jörg Schulz und Urte Schulz-Möllgaard – ehemals eine Bankangestellte und ein Geschäftsführer des Maschinenrings Südholstein – im Jahr 2019 außerfamiliär übernommen. Seitdem engagiert sich vor allem Urte neben dem Betriebs- und Familienalltag aktiv im Forum Moderne Landwirtschaft und teilt Einblicke in das Hofleben über die Sozialen Medien.

Ins Leben gerufen hat das Forum Moderne Landwirtschaft die Aktion, die in diesem Jahr bereits zum fünften Mal stattfand. Hof Hahnenkamp ist zum ersten Mal einer der bundesweit 60 Betriebe, auf denen Interessierte ohne landwirtschaftliche Vorkenntnisse zum „Landwirt für einen Tag“ werden, von den Landwirten lernen und mit ihnen ins Gespräch kommen können.

Urte Schulz-Möllgaard erklärte, wie und warum Akupunktur bei Kühen funktioniert, und zeigte, wo die Nadeln gesetzt werden. Foto: Luise Lentfer

Der Lebensmitteleinzelhandelskonzern Rewe hat insgesamt sechs Plätze der Aktion genutzt, zwei davon auf Hof Hahnenkamp. ­Philipp Stiehler ist Geschäftsführer der Rewe Group Buying und Stefan Fiévet Teamleiter Recruiting der Region Nord. Das Unternehmen ist neben anderen bekannten Firmen selbst Mitglied des Forums.

Nach dem Melkstand ging es für die beiden Teilnehmer an die Fütterung der Tiere, die Vorbereitung von Kälberiglus und die Begleitung bei den anstehenden Feldarbeiten: Gülleausbringen, Bodenbearbeitung und Maisdrillen.

Was hat sie dazu bewegt, an der Aktion teilzunehmen? Stiehler geht es darum, den Landwirten näherzukommen und selbst zu erfahren, wo sich Probleme befinden, die sich nur gemeinsam lösen lassen. Bezüglich der Tatsache, dass auch der Lebensmitteleinzelhandel in den zurückliegenden Protesten in deutliche Kritik geriet, betonte er: „Ich glaube, dass wir wissen, was wir an den Landwirten haben, und dass die Landwirte wissen, was sie an uns haben.” Während der Arbeit und Pausen habe man mit den jungen Landwirten gute Gespräche darüber führen können, wie die zukünftige Zusammenarbeit gestaltet werden müsse, und zwar „langfristig und qualitätsgetrieben“, so Stiehler.

Beide Teilnehmer erwähnten ihren gewonnenen Respekt vor der Arbeit mit Tieren. „Ich habe ein Kalb in seine neue Box gebracht, aber ich hatte eher das Gefühl, das Kalb hat mich zur Box gebracht”, berichtete Fiévet. Beeindruckend sei außerdem die Gesundheitsüberwachung der Kühe: Der Betrieb arbeitet unter anderem mit smarten Pansenboli und Akupunktur zur Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes. Die Erfahrungen der „Landwirte für einen Tag” wurden von einem Kamerateam des Unternehmens zu Kommunikationszwecken festgehalten.

Praktikantin Hilke Schulte unterstützte Stefan Fiévet beim Umboxen eines Kalbs. Hier lernte er die Kraft des Tiers kennen. Foto: Luise Lentfer

Was die Landwirte zu der Teilnahme am Aktionstag bewogen habe, sei vor allem der allgemeine Verlust des Dialogs gewesen. Jetzt sei die Zeit, um aufeinander zuzugehen, anstatt Hoftüren zu verschließen. „Wir haben auch heute in unseren Gesprächen gemerkt, dass vieles ruckelt und hakt und dass alle offener werden müssen”, so Urte Schulz-Möllgaard. In der Milchwirtschaft gebe es besonderen Nachholbedarf in puncto Offenheit zwischen Landwirt, Meierei und Lebensmitteleinzelhandel bezüglich der Preise. Ehemann Jörg Schulz betonte, Hoftüren sollten nicht aus Angst heraus verschlossen bleiben, sondern geöffnet werden – auch mit kleinen Schönheitsfehlern.

Das Ehepaar ist der Meinung, dass Aktionstage wie diese Wirkung zeigten und häufiger stattfinden sollten. „Der Aktionstag war schon deshalb erfolgreich, weil jeder etwas mit nach Hause nimmt.”

Ein guter Deal bezieht Praktiker ein

Mit Wetterkapriolen oder schwankenden Marktpreisen können Landwirtinnen und Landwirte besser umgehen als mit übermäßiger Bürokratie. Das verdeutlichte Jens Timmermann-Ann, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Stormarn (KBV), am Montag (27. Mai) auf dem Kreisbauerntag in Feldhorst. Wie ein besserer Deal als der aktuelle Green Deal aussehen könnte, diskutierten schleswig-holsteinische Politiker mit Blick auf die anstehende Europawahl auf dem Podium.

„Der Green Deal besteht aus zirka drei Dutzend Gesetzgebungsverfahren“, berichtete Niclas Herbst, der für die CDU im EU-Parlament sitzt. Selbstkritisch stellte er fest, es habe in den vergangenen Jahren zu viel Ordnungsrecht und zu wenig Technologieförderung aus Brüssel gegeben. Die Idee, dass man eine europäische Regelung schaffe und dann ein nationale wegfalle, funktioniere nicht, sondern führe zu Überbürokratisierung. Herbst verdeutlichte aber auch, dass man Mut zur Lücke brauche, wenn man hier vereinfachen wolle. Er unterstütze die Bemühungen um ein Handelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten. „Vielleicht müssen wir aber mal darüber nachdenken, unsere Standards herunterzusetzen und nicht nur die in Südamerika zu erhöhen, wenn wir Freihandel wirklich wollen“, schlug er vor. Harsche Kritik äußerte er am Lieferkettengesetz (EUDR), dem kürzlich auch der EU-Rat zugestimmt hat. Er unterstrich: „Das Gesetz ist Quatsch.“ Großunternehmen wälzten die zusätzlichen Belastungen auf den Mittelstand ab. Das EUDR müsse um mindestens zwei Jahre verschoben werden.

Ziele sind wichtig

Der Grünen-Landtagsabgeordnete Dirk Kock-Rohwer betonte: „Wir dürfen die Klima- und die Biodiversitätskrise nicht kleinreden.“ Nach seiner Überzeugung müssten die Direktzahlungen in die Bezahlung von Gemeinwohlleistungen überführt werden. Hinsichtlich der gekippten EU-Pflanzenschutzverordnung (SUR) erklärte er: „Ich fand die Idee total gut, sich ein Ziel zu setzen, den Pflanzenschutzmitteleinsatz stark zu reduzieren.“ Es gelte, das Ökosystem anzugucken und es auf dem Weg, die Pflanzen zu schützen, nicht komplett zu demolieren. Da die Gesellschaft mehr Platz mit Frischluft für Nutztiere fordere, brauche es Investitionen in neue Ställe. Die Bürger in Deutschland zeigten sich aber beim Lebensmitteleinkauf besonders geizig. Deswegen sei hier Unterstützung der Politik gefordert.

Ökoquote in Kantinen

Inken Kuhn (SPD), Abgeordnete des Plöner Kreistages, ist der Meinung, dass das EU-Regelungs-Korsett Kreativität hemmt. „Wir legen EU-Regeln noch sehr viel genauer aus als unsere Nachbarländer, woraus noch viel mehr Regelungen entstehen“, so Kuhn. Sie hätte begrüßt, wenn die SUR auf EU-Ebene durchgegangen wäre. Dass Deutschland jetzt mit einem eigenen Zukunftsprogramm Pflanzenschutz national vornewegläuft, sieht sie kritisch. Der Green Deal müsse besser mit den Praktikern abgestimmt und kommuniziert werden. Außerdem müsse Politik Landwirte besser unterstützen, mehr Tierwohl zu gewährleisten. Kuhn plädierte dafür, dass die Landesregierung eine Ökoquote in Kantinen vorschreibt, um den Absatz entsprechend produzierter Waren zu fördern.

Der Wissenschaft folgen

Der FDP-Kandidat für die Europawahl, Helmer Krane, erklärte: „Aufgrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine hat sich die Situation bei Ernährung, Energieversorgung und Sicherheit verändert.“ Man könne die vor Kriegsbeginn eingespielte Green-Deal-Politik so nicht weiterführen. Es brauche zudem einen grundsätzlichen Wechsel, wie die Gemeinsame Agrarpolitik ablaufe. Die FDP stehe für einheitliche Standards in den Mitgliedstaaten mit möglichst wenig Bürokratie. „Der Glaube, dass mehr Ordnungsrecht zu mehr Planungssicherheit führt, ist ein Missverständnis“, unterstrich Krane. Er sprach sich für einen wissenschaftsbasierten Umgang mit den Themen Pflanzenschutzmittel und Züchtungstechniken aus.

Landesbauernverbandspräsident Klaus-Peter Lucht (li.) und Jens Timmermann-Ann (r.) ehrten den ehemaligen KBV-Vorsitzenden Friedrich Klose im Rahmen des Bauerntages für seine Verdienste mit der Silbernen Ehrennadel mit Eichenblatt.


Was uns junge Menschen an der Landwirtschaft motiviert, ist, dass man Dinge mit den eigenen Händen schaffen kann. Die viele Arbeit auf dem Hof lässt unsere Motivation nicht schrumpfen, der enorme Bürokratieaufwand aber schon. Betroffen sind hauptsächlich die Familienbetriebe, bei denen die Betriebsleiter selbst noch im Stall und auf dem Feld die Arbeit machen. Diese haben kaum noch die Zeit, diesem bürokratischen Aufwand gerecht zu werden. Liebe Politiker: Lasst die Landwirte Landwirte sein.“

Christopher Hoff, Netzwerk der jungen Landwirte Stormarn
Junglandwirt Christopher Hoff

Halten Sie Angler Kühe?

Im Rahmen des EIP-Projektes „Tierwohl, Nährstoff- und Klimaeffizienz beim Angler Rind“ laufen derzeit am Institut für Tierzucht und Tierhaltung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel zusammen mit der Universität Kassel Auswertungen, in denen unter anderem die Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken der Rasse Angler sowie der Digitalisierungsgrad in der Angler-Population über eine Umfrage erfasst werden sollen.

Die Rinderzucht Schleswig-Holstein eG ist Lead-Partner in diesem Projekt. Die Umfrage soll deutschlandweit Landwirte ansprechen, die Angler und/oder Angler alter Zuchtrichtung halten.

Erfahrungen und Einschätzungen der Halter sind sehr wertvoll, um ein umfassendes Bild der Rasse Angler zu bekommen. Die Ergebnisse dieser Umfrage dienen der Entwicklung von Zukunftsstrategien, um die überregionale Wettbewerbsfähigkeit der Rasse Angler zu steigern.

Hier gelangt man zur Umfrage

Viereck und Parcours frei auf dem Catharinenhof

Der Reit- und Fahrverein Wedel veranstaltet seit Jahren ein Pfingstturnier auf dem Catharinenhof. Neben Prüfungen bis zur ganz schweren Klasse bekamen auch die jüngeren Talente die Chance, ihr Können einem großen Publikum zu präsentieren.

Die Sieger der diesjährigen Wedeler Hauptprüfungen in Parcours und Viereck hießen Janne Friederike Meyer-Zimmermann und Felix Kneese. Meyer-Zimmermann hatte für das Springen der Klasse S* Cachonda gesattelt, die schon beim Deutschen Springderby in Hamburg eine Platzierung im Finale der Youngstertour ergattern konnte. Die Pinnebergerin und die achtjährige Holsteiner Stute aus der Familienzucht blieben sowohl im Umlauf als auch im Stechen fehlerfrei.

„Es ist für mich immer schön, die Entwicklung unserer jungen Pferde und ganz besonders der eigenen Zucht zu beobachten und zu begleiten. Ich war mit einigen tollen Nachwuchspferden in Wedel am Start. Meistens fehlerfrei, aber nicht unbedingt platziert, weil ich eher ruhig geritten bin“, sagte sie und fügte hinzu: „Der Weg ist das Ziel, und dass wir uns in vielen kleinen Schritten nach vorne bewegen. Manchmal guckt man irgendwann zurück und freut sich riesig, wie weit die Pferde gekommen sind.“

Vizelandesmeister Felix Kneese war ebenfalls mit mehreren Pferden gekommen. Er siegte im St. Georg Special* auf Kandare mit dem achtjährigen Oldenburger Wallach Double Check und in den Dressurprüfungen der Klasse S*** jeweils mit dem Oldenburger Wannabe.

Neben den Profis waren aber auch viele Amateure am Start. So wurde in Wedel unter anderem die erste Station des Kuschel-Cups in der Dressur gefeiert. Die Serie richtet sich an die Junioren des Jahrgangs 2007 und jünger aus den Leistungsklassen vier und fünf in Springen und Dressur, die Stammmitglied in einem dem Pferdesportverband Schleswig-Holstein oder dem Landesverband der Reit- und Fahrvereine Hamburg angeschlossenen Reitverein sind. Im Viereck wird auf dem Weg zum Finale eine Dressurreiterprüfung der Klasse L geritten.

In Wedel schnitt Jule Pauls von der Reitsportgemeinschaft Syltkuhlen am besten ab. Sie saß im Sattel ihrer Proud Gabbana Girl, einer Deutschen Reitponystute von D-Day AT, und erhielt von den Richtern Meike Schmidt und Dr. Alexander Busse die Wertnote 7,9. An zweiter Stelle wurde Theresa Waitz vom Norddeutschen und Flottbeker Reiterverein mit ihrer Palominostute Sunny Day platziert. Die Leistung des Paars wurde von dem Richterduo mit einer 7,5 bewertet. Die beiden Juniorinnen haben damit die ersten zwei Tickets für das Finale gelöst. pm