Schon deutlich vor dem Erntetermin des Winterrapses wurde in diesem Jahr das zum Teil große Unkrautpotenzial auf einigen Flächen sichtbar. Kamille, Kornblume, Klatschmohn, Rauken und Disteln überragten einige Bestände. Vorherige Lücken, vor allem durch den Befall mit Rapserdfloh verursacht, wurden von diesen dominanten Arten genutzt. Der Artikel gibt Hinweise zur Herbizidstrategie.
Rückblickend auf die vergangenen Jahre hat sich die Strategie der Unkrautbekämpfung – von ehemals ausschließlich Bodenherbiziden in hohen Aufwandmengen – verändert, da einerseits das Portfolio der Nachauflaufherbizide größer geworden ist, aber andererseits auch, weil zusätzliche Einflussfaktoren wie Schädlingsbefall oder Witterung verstärkt an Bedeutung gewonnen haben. Somit sind für den Einsatz der Bodenherbizide und deren Intensität neben dem eigentlichen Unkraut- und Ungrasspektrum auch noch zusätzliche Aspekte relevant:
• Wie gelingt eine erfolgreiche Etablierung des Rapses bei möglicher Trockenheit in der kritischen Jugendphase?
• Wie stark sind der frühe Zuflug des Rapserdflohs und der damit verbundene Reifungsfraß?
• Muss eventuell aufgrund der vorherigen Punkte der Raps umgebrochen werden?
Unter diesen drei Gesichtspunkten rücken die Nachauflaufherbizide stärker in den Vordergrund – mit dem angenehmen Nebeneffekt, dass man auf einige Unkrautarten situativer reagieren kann, vorausgesetzt, dass das Wirkungsspektrum der Nachauflauf-Herbizide dies ermöglicht. Aber Vorsicht, nicht immer ist ein Verzicht auf Bodenwirkstoffe wie Metazachlor und/oder Clomazone ratsam! Ausschlusskriterien sind beispielsweise das Auftreten von Ackerfuchsschwanz und/oder Wegrauke.
Hier die richtige Entscheidung zu treffen, setzt einerseits Flächen-, zum anderen auch Unkrautkenntnis voraus. Die Wirkstoffe haben zum Teil ein gut abgegrenztes Wirkungsspektrum, sodass damit ein zielgenauer Einsatz möglich ist. Zusätzlich können mitunter erhebliche Herbizidkosten für nicht notwendige „Komplettlösungen“ eingespart werden. Allgemein gilt: Der Einsatz der Wirkstoffe sollte sich an den Problemunkräutern beziehungsweise Ungräsern orientieren, alles andere sind Mitnahmeeffekte. Stellvertretend werden vier Szenarien vorgestellt.
Szenarien mit vier Unkräutern
Ackerfuchsschwanz: Im Zuge ansteigender Resistenzentwicklung gegen blattaktive FOP und DIM kommt man am Bodenwirkstoff Metazachlor nicht vorbei. Der Einsatz beispielsweise von Fuego oder Fuego Top (+ Quinmerac gegen Klettenlabkraut, Kerbel und Gefleckten Schierling) erfordert aber ein gewisses Fingerspitzengefühl. Nachfolgende Niederschläge sichern den erforderlichen Wirkungsgrad gegen Ackerfuchsschwanz und auch Kamille-Arten. Starkregen dagegen führt zu Stress bei den Rapspflanzen, der besonders in Jahren mit hohem Rapserdflohdruck durchaus einmal kritisch werden kann. Die Rapsbestände werden kurzzeitig in ihrer Entwicklung gehemmt und können dann dem Blattfraß des Rapserdflohs nicht davonwachsen. Hier befindet man sich in einer Zwickmühle, denn ein hoher Wirkungsgrad gegen Ackerfuchsschwanz ist nahezu Pflicht, damit der Druck auf die stark resistenzgefährdeten Blattherbizide Focus Ultra und Select 240 EC nicht zu groß wird. Wo diese beiden Herbizide schon nicht mehr wirken, ist der Einsatz von Metazachlor umso bedeutender, um überhaupt den Kerb-Flo-Termin in der Vegetationsruhe zu erreichen.
Wegrauke: Wer schon einmal Raps mit durchgegangener Rauke dreschen musste, wird diese Erfahrung so schnell nicht vergessen. Sikkation ist nicht mehr erlaubt, und somit hat die Bekämpfung der Rauke-Arten eine noch viel größere Bedeutung. Die sicherste Möglichkeit gegen die Wegrauke garantiert der Wirkstoff Clomazone (zusätzlich werden zum Beispiel Klettenlabkraut und Vogelmiere erfasst, absolute Schwäche sind Kamille-Arten). Allerdings lässt sich der Wirkstoff aufgrund spezieller Clomazone-Auflagen (Übersicht 1 und 2) nicht überall problemlos einsetzen. In diesen Fällen ist eine Nachauflaufbehandlung mit Fox notwendig. Ein Splitting im frühen Stadium zeigt höhere Wirkungsgrade (ab Vierblattstadium des Rapses 0,3 l/ha, gefolgt im ES 16 mit 0,5 bis 0,7 l/ha) als die Einmalbehandlung. Eine Kombination mit Runway erreicht Zusatzleistungen gegen Kornblume, Kamille und Klatschmohn. Jahresbedingt schwierig zu handhaben sind die Bedingungen, die auch einmal einen Einsatz unmöglich machen. Mit Ausnahme von Runway und Effigo sind mit Fox keine anderen Mischungspartner möglich. Zusätzlich müssen zum Zeitpunkt der Behandlung die Rapsblätter absolut trocken sein, da es sonst zu Blattflecken, den typischen Fox-Sprenkeln, kommen kann. Zwischen der Herbizidmaßnahme und dem Einsatz eines Wachstumsreglers, Insektizids oder Gräserherbizids sollten (fünf bis) sieben Tage liegen, da sich die Wachsschicht des Rapses erst wiederaufbauen muss. In einem regenreichen Herbst oder täglich taunassen Beständen kommt man da sehr schnell an seine Grenzen. Alternativ den sehr breit wirkenden Belkar Power Pack einzusetzen, ist aufgrund der ausschließlich unterdrückenden Wirkung nur bei einem geringen Wegrauken-Besatz eine Option.
Ochsenzunge beziehungsweise Ackerkrummhals kam früher vorzugsweise auf sehr leichten Standorten vor, aber inzwischen hat die Pflanze sich auf sämtlichen Standorten mit intensivem Rapsanbau etabliert. Ihr Auftreten sollte man kennen, denn sie kann wirksam nur mit dem Wirkstoff Pendimethalin im Stomp Aqua (weitere Stärke ist Klatschmohn) bekämpft werden. Die Bekämpfung ist am einfachsten im Vorauflauf mit 0,5 bis 0,7 l/ha Stomp Aqua als Mischpartner zu Metazachlor oder Clomazone möglich und damit um ein Vielfaches wirkungssicherer und preislich deutlich attraktiver als die Nachauflaufvariante mit 2,0 l/ ha Stomp Aqua in der Vegetationsruhe. Allein den Begriff Vegetationsruhe zu definieren, war in der Vergangenheit bei den wärmeren Wintern schwierig genug, und bis dahin haben die Ochsenzunge-/Krummhals-Pflanzen eine beachtliche Größe erreicht, sodass kein Spielraum für eine Reduzierung der Aufwandmenge gegeben ist. Beide möglichen Termine, Vorauflauf sowie Vegetationsruhe, sollten unbedingt eingehalten werden, da sonst Verträglichkeitsprobleme für die Kultur drohen. Der Einsatz des Belkar Power Packs hat in der Vergangenheit zu schwankenden Ergebnissen geführt.
Storchschnabel-Arten konnten in der Vergangenheit nur im Vorauflauf mit dem Bodenwirkstoff Dimethenamid-P, enthalten in Butisan Gold und Butisan Kombi, oder Napropamid, zum Beispiel Colzor Trio und andere, bekämpft werden. Mit der Einführung des Produkts Belkar (Wirkstoff Halauxifen-Methyl, Synonym Arylex) hat sich eine sehr gute Alternative im Nachauflauf aufgetan. Auch größere Storchschnabel-Pflanzen werden meist sicher erfasst. Aber Achtung, erfolgt kein Einsatz von Metazachlor im Vorauflauf, muss Belkar zwingend in Kombination mit Synero (Wirkstoff Aminopyralid = Runway VA) als Belkar Power Pack appliziert werden, denn Belkar solo hat eine ausgesprochene Kamille-Schwäche. In Kombination mit Synero werden Unkräuter wie Kamille, Kornblume, Klatschmohn, Hundskerbel, Klettenlabkraut und Hirtentäschel weitestgehend bekämpft. Als Bekämpfungslücke bleiben sämtliche Ungräser wie Ackerfuchsschwanz und Einjährige Rispe und so weiter.
Mögliche Spritzstrategien
Je nach Unkrautspektrum ergeben sich viele mögliche Spritzstrategien, nachfolgend werden einige vorgestellt:
• Breite Mischverunkrautung mit Wegrauke, aber ohne Ackerfuchsschwanz und Einjährige Rispe:
Basiswirkstoff Clomazone gegen Wegrauke, dann im Nachauflauf Belkar Power Pack
0,25 bis 0,3 l/ha Clomazone 360 CS im VA
0,25 l/ha + 0,25 l/ha Belkar Power Pack (Belkar + Synero) ab ES 12
Wegrauke, Hirtentäschel, Kamille, Storchschnabel-Arten, Klettenlabkraut, Kornblume, Klatschmohn, Ackerstiefmütterchen
Tipp: zwingend Synero dazu, da Clomazone und Belkar eine Kamille-Schwäche haben
• Breite Mischverunkrautung mit Wegrauke und Ackerfuchsschwanz, Einjähriger Rispe
-> Basiswirkstoffe Clomazone gegen Wegrauke und Metazachlor gegen Ackerfuchsschwanz und Rispe
1,0 l/ha Fuego + 0,25 bis 0,3 l/ha Clomazone 360 CS im VA
-> Wegrauke, Hirtentäschel/Ackerhellerkraut, Kamille, Klettenlabkraut; Lücke: Klatschmohn, Storchschnabel-Arten, Ackerstiefmütterchen, Ochsenzunge/Ackerkrummhals, Hundskerbel, (Kornblume: Nebenwirkung durch Clomazone, oft nicht ausreichend)
-> Tipp: bei stärkerem Klettenlabkraut-Druck und/oder Geflecktem Schierling sollte anstelle von Fuego alternativ Fuego Top (zusätzlich Wirkstoff Quinmerac) zum Einsatz kommen; gute Zusatzwirkung gegen Hundskerbel
Möglichkeiten, um Lücken zu schließen:
+ 0,2 l/ha Runway VA -> Kornblume, Klatschmohn; Lücke: bei Ochsenzunge/Ackerkrummhals sowie Storchschnabel-Arten und/oder
+ 0,5 bis 0,7 l/ha Stomp Aqua -> + Ochsenzunge/Ackerkrummhals, Klatschmohn oder
ab ES 12 0,25 l/ha Belkar  Storchschnabel-Arten (Hundskerbel, Klatschmohn)
2,0 bis 2,5 l/ha Butisan Kombi + 0,2 l/ha Clomazone 360 CS im VA
-> Wegrauke, Hirtentäschel, Ackerhellerkraut, Kamille, Storchschnabel-Arten, Klettenlabkraut; Lücke: Kornblume, Stiefmütterchen, Ochsenzunge/Krummhals, Hundskerbel
-> Die aufgrund der Abstandauflagen clomazonefreien Ränder/Bereiche müssen gegen Wegrauke mit Fox nachgearbeitet werden (Belkar hat nur eine unterdrückende Wirkung).
• Wegraukenfreie Standorte, aber mit Ackerfuchsschwanz
Vorauflauf (VA)
2,0 bis 2,5 l/ha Butisan Gold -> Kamille, Storchschnabel-Arten, Klettenlabkraut (normaler Besatz); Lücken: Wegrauke, Kornblume, Ackerstiefmütterchen, Ochsenzunge/Ackerkrummhals
1,5 l/ha Fuego Top + 0,2 l/ha Runway VA -> Kamille, moderater Besatz Klatschmohn, Kornblume, Ackerstiefmütterchen, Klettenlabkraut nicht immer ausreichend; Lücke: Wegrauke, Storchschnabel-Arten
1,5 l/ha Fuego Top + 0,5-0,7 l/ha Stomp Aqua (Kombination muss im VA fallen) -> Kamille, Ochsenzunge/Krummhals, Klatschmohn, Teilwirkung Ackerstiefmütterchen, Klettenlabkraut nicht immer ausreichend); Lücke: Wegrauke, Kornblume, Storchschnabel-Arten
-> bei Bedarf Nachlage: Splitting-Nachlage mit Fox 0,3 und 0,7 l/ha -> Wegrauke, Ackerstiefmütterchen, (Ochsenzunge/Ackerkrummhals), bei frühem Einsatz gute Teilwirkung auf Storchschnabel-Arten und/oder Runway VA 0,2 l/ha -> Kornblume, Ackerstiefmütterchen
-> 0,2 l/ha Runway ebenfalls möglich, dann aber NG 349 beachten!
(inklusive Synergismus von Fox und Runway)
• Breite Mischverunkrautung ohne Wegrauke und stärkeren Druck von Ochsenzunge/Ackerkrummhals und Ungräser wie Ackerfuchsschwanz, Weidelgräser, Einjährige Rispe
ES 12: Belkar Power: 0,25 l/ha Belkar + 0,25 l/ha Synero
ES 16: 0,25 l/ha Belkar
Der Vorteil dieser bodenherbizidfreien letzten hier gezeigten Variante liegt darin, dass der Herbizideinsatz erst erfolgt, wenn der Raps sich etabliert hat. Besonders bei schwierigen Auflaufbedingungen (Trockenheit, Verschlämmung/Verkrustung der Bodenoberfläche nach Starkregen oder früher Rapserdflohzuflug) erfolgt kein zusätzlicher Stress durch Bodenwirkstoffe. Eventuell doch notwendige Rapsumbrüche wären unkomplizierter. Allerdings ist diese Variante keine Option auf Flächen mit Ackerfuchsschwanz-Besatz, besonders vor dem Hintergrund, dass vielerorts die blattaktiven Herbizide Focus Ultra und Select 240 EC beziehungsweise VextaDim resistenzbedingt schwächeln. Die Ackerfuchsschwanz-Pflanzen hätten zum optimalen Kerb-Flo-Termin eine Größe und Wurzeltiefe erreicht, dass dann auch Kerb Flo an seine Grenzen kommt.
Des Weiteren müssen die Einsatzbedingungen von Belkar beachtet werden. Nicht jede Kombination ist möglich (Übersicht 3).
Eine Übersicht über die zugelassenen Herbizide mit den dazugehörigen Auflagen und Erläuterungen findet sich auf den Seiten 7 bis 12 auf unser Homepage unter dem Link: https://t1p.de/zzr2y
Bekämpfung von Ausfallgetreide
Je nach Bodenbearbeitung, Gräserdruck und jahresbedingtem Auflaufverhalten sind ein bis zwei Anwendungen gegen Ausfallgetreide notwendig. Durch die Vorauflaufbehandlung mit den Bodenwirkstoffen Metazachlor beziehungsweise Metazachlor + Dimethenamid-P werden einige frühzeitig auflaufende Ungräser zum Teil erfasst, Ausfallgetreide allerdings kaum.
Herrschen vor der Rapsbestellung sehr trockene Bedingungen, läuft im Vorwege wenig Ausfallgetreide auf. Dies geschieht dann meist zu einem frühen Zeitpunkt in der Kultur, sodass dann ein früher Einsatz eines FOP-Herbizids (zum Beispiel Agil S, Targa Super) notwendig wird, da sonst der Raps sehr schnell unterdrückt würde. Die Applikationen sollten erfolgen, wenn das Ausfallgetreide ein bis drei Blätter hat.
Wurde im Vorauflauf mit Clomazone gearbeitet, muss das Durchgrünen des Ausfallgetreides abgewartet werden. Für die Ausfallgetreidebekämpfung steht eine Vielzahl von Produkten aus der Gruppe der FOP zur Verfügung. Eine weitere notwendige, zweite Behandlung kann dann oft mit einem Wachstumsregler und/oder Insektizideinsatz gegen Rapserdfloh kombiniert werden. Die Wachstumsregler wirken dabei zusätzlich oft wie Additive und verbessern die Wirkstoffaufnahme. Gelistete Zusatzstoffe bringen nur bei Soloanwendungen einiger Graminizide Wirkungsverbesserungen. Bei geringem Gräserdruck ist eine spätere Einmalanwendung ausreichend.