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Entwaldungsfreie Lieferketten – aufgeschoben ist nicht aufgehoben

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Nach monatelanger Kritik an der EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte (EUDR) reagiert Brüssel nun und will den eigentlich für Anfang Januar geplanten Start des Gesetzes um ein Jahr nach hinten verschieben. Somit soll das Gesetz nun für Großunternehmen (ab 20 Mio. € Bilanzsumme und 250 Beschäftigten) am 30. Dezember 2025 und für Klein- und Kleinstunternehmen am 30. Juni 2026 in Kraft treten, sofern EU-Parlament und -Rat der Verschiebung zustimmen. Die EU hat damit eingesehen, dass dieses Gesetzesvorhaben wieder einmal ein Schnellschuss ohne Berücksichtigung der praktischen Umsetzbarkeit war.

Worum geht es bei EUDR eigentlich?

Es handelt sich bei EUDR in erster Linie um ein Gesetz zum Schutz des Regenwaldes in Südamerika. Somit dürfen Produkte wie Kaffee, Holz, Kakao, Palmöl, Kaut­schuk und vor allem auch Soja nur noch in der EU verkauft werden, wenn dafür nachweislich nach 2020 keine Wälder mehr gerodet wurden. Bei Verstößen drohen hohe Strafen mit bis zu 4 % des Jahresumsatzes in der EU. Dementsprechend scharfe Kritik kam auch aus allen Bereichen der Wirtschaft und der Politik.

Einfluss von EUDR auf die landwirtschaftlichen Märkte

In erster Linie geht es dabei um den Sojamarkt. Hier herrschte lange Zeit große Unsicherheit, was viele Landwirte über Monate davon abhielt, Kontrakte über das Jahresende hinaus abzuschließen. Die Unsicherheit rührte nicht nur aus der Preisfindung für entwaldungsfreies Soja, sondern auch aus den fehlenden Vorgaben und Lösungsansätzen für eine praktische Umsetzung im Handel mit Soja. Dementsprechend wurde vom Landhandel in der Regel ein Risikoaufschlag von bis zu 60 €/t für Kontrakte ab Januar kommenden Jahres erhoben. Diese Aufschläge bestehen zum einen aus den Zertifikatskosten und zum anderen aus den Zusatzkosten für die Nachverfolgbarkeit und das komplett separate Transportieren und Lagern, ähnlich der GVO-freien Variante. Gerade für den Landhandel und die Landwirte, die bereits umfangreiche Kontrakte im Proteinfuttermittelbereich abgeschlossen haben, kommt der Aufschub des Inkrafttretens der EUDR ziemlich ungelegen. Denn die Großhandelspreise für Sojaschrot ab Hamburg haben auf die Nachricht Mitte voriger Woche deutlich reagiert. Hier gaben die Preise direkt um 14 €/t nach. Und auch Rapsschrot wurde um 7 €/t mit nach unten gezogen. Somit haben auch die Landhändler das finanzielle Nachsehen, die sich schon große Mengen Sojaschrot gesichert haben.

Auswirkungen auf die hiesigen landwirtschaftlichen Betriebe

Neben den finanziellen Effekten, die die Landwirte aktuell mehr oder weniger betreffen, hat die Verordnung aber auch noch weitere Auswirkungen auch für die hiesigen Betriebe. Denn der zusätzliche Dokumentationsaufwand, der aus dieser Verordnung resultiert, ist mit der Terminverschiebung ja nicht aufgehoben, sondern nur aufgeschoben.

Zwar ist der Aufwand im Bereich Dokumentations- und Nachweispflicht sicherlich im Handel deutlich größer als bei den landwirtschaftlichen Betrieben, dennoch ist dies wieder einmal das Gegenteil von Bürokratieabbau. Konkret betroffen sind hierzulande Betriebe, die Rinder, Soja oder Holz in den Verkehr bringen. Sie müssen dann einmal im Jahr eine Sorgfaltserklärung abgeben. Im Rinderbereich ist geplant, dies über die HIT-Datenbank umzusetzen.

Landesregierung stimmt für EWKG-Novelle

Das Kabinett hat am Dienstag vergangener Woche dem finalen zweiten Entwurf der Gesetzesnovelle zur Energiewende und zum Klimaschutz in Schleswig-Holstein (EWKG) endgültig zugestimmt. Mit der Novelle wird das ambitionierte Koalitionsziel der Klimaneutralität 2040 gesetzlich festgeschrieben. Gleiches gilt für das Ziel von mindestens 45 TWh jährlicher Stromerzeugung an Land durch Erneuerbare Energien ab dem Jahr 2030.

Mit der EWKG-Novelle legt Schwarz-Grün laut Klimaschutzminister Tobias Goldschmidt (Grüne) ein Gesetz vor, das die Dringlichkeit der Maßnahmen zeige, aber auch Augenmaß walten lasse. Die Landesregierung reagiert mit der Gesetzesänderung zudem auf veränderte Rahmenbedingungen im Bund. Durch die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) sowie die Verabschiedung des Wärmeplanungs-, des Energieeffizienz- und des Klimaanpassungsgesetzes wurden weitreichende Gesetzesanpassungen auch auf Landesebene notwendig. Der nun beschlossene EWKG-Entwurf wurde nach der Verbändeanhörung und Beteiligung der Träger öffentlicher Belange über den Sommer überarbeitet und wird nun dem Landtag zur weiteren Beratung und Beschlussfassung zugeleitet.

Wichtige Neuregelungen der EWKG-Novelle

Klimaziel: Das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel der Klimaneutralität 2040 wird im neuen EWKG gesetzlich festgeschrieben.

Ausbauziel für Erneuerbare Energien: Das Ziel von mindestens 45 TWh jährlicher Stromerzeugung aus Erneuerbare Energien an Land ab dem Jahr 2030 wird ebenfalls im EWKG gesetzlich festgeschrieben. Zum Vergleich: Im Jahr 2023 waren es 20,6 TWh; im Jahr 2012 10,4 TWh.

PV-Standards: Beim Neubau von Wohngebäuden, bei größeren Dachrenovierungen von Nichtwohngebäuden, bei Parkplatzneubauten, -erweiterungen und -sanierungen ab 70 Stellplätzen besteht zukünftig eine Photovoltaik (PV)-Verpflichtung.

Landesverwaltung: Die Verwaltung soll bis 2040 treibhausgasneutral werden. Bis 2030 sollen die Emissionen um mindestens 65 % gegenüber 2015-17 sinken. Dafür sollen die Landesliegenschaften an Wärmenetze angebunden werden und der Anteil energetisch sanierter Gebäude steigen. Bei Baumaßnahmen sollen nachwachsende, recycelte oder recyclingfähige Baumaterialien standardmäßig verwendet werden, wenn sie technisch geeignet sind. Bis Ende 2030 sollen auf diesen Gebäuden PV-Anlagen mit einer Leistung von 12.500 kWp installiert sein.

Klimaneutraler ÖPNV: Bis 2030 fährt der Schienennahverkehr – dies umfasst S-Bahnen oder Regionalbahnen – klimaneutral. Ab 2040 fahren alle Fahrzeuge des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) klimaneutral – auch wenn Verkehrsdienstleistungen von Dritten erbracht werden. Ab 2035 werden Neugenehmigungen für Mietwagen, Taxis und andere Formen des Sammelverkehrs nur noch erteilt, wenn die Fahrzeuge emissionsfrei sind. Dies soll durch die Förderung etwa von Ladesäulen und Wasserstofftankstellen gefördert werden.

Fernwärmeversorgung: Wärmenetzbetreiber sind mit dem neuen EWKG verpflichtet, jede Preisänderung in ein Meldeportal einzugeben. Ein neues Online-Portal zeigt den Ausbau der Wärmenetze, um die Wärmewende öffentlich darzustellen. Zudem müssen Fernwärmeunternehmen, die aufgrund überdurchschnittlich hoher Betriebskosten und ineffizient betriebener Netze hohe Preise nehmen, einen Sanierungsfahrplan für ihr Wärmenetz vorlegen, um Ursachen für die hohen Kosten zu beseitigen.

Klimafreundliches Heizen: 15 % der Wärmeversorgung bestehender Gebäude müssen weiterhin aus Erneuerbaren Energien stammen, bis die weitergehenden Verpflichtungen des GEG greifen. Ist dieser 15-%-Anteil gegeben, kann neben der Wärmepumpe, Solarthermie oder Fernwärme auch übergangsweise eine Öl-, Gas- oder elektrische Heizung genutzt werden.

Wärmeplanung: Für die laut Wärmeplanungsgesetz des Bundes vorgeschriebene Wärmeplanung werden die Gemeinden verantwortlich sein. Dafür erhalten sie über das Land Bundesmittel in Form eines finanziellen Ausgleichsbetrags von 17 Mio. €. Für die Umsetzung gilt das Zieljahr 2040: Wärmenetze müssen in Schleswig-Holstein – entsprechend dem im Gesetz verankerten Klimaziel – spätestens ab 2040 klimaneutral betrieben werden, der Anteil der Erneuerbaren bei 100 % liegen. Dabei bietet das Land Unterstützungen und Förderungen an und sieht zudem für die Wärmeplanung kleiner oder von Wärmenetzen abgeschnittener Kommunen Erleichterungen vor:

Für Gemeinden, die wahrscheinlich keinen Anschluss an ein Wärme- oder Wasserstoffnetz erhalten, gibt es die Möglichkeit eines verkürzten Verfahrens für die Wärmeplanung.

Gemeinden, die kleiner als 10.000 Einwohner (Stand 1. Januar 2024) sind, können ein vereinfachtes Verfahren durchlaufen: Dies ermöglicht es etwa, die Öffentlichkeitsbeteiligung zu vereinfachen. Nicht mehr vorgeschrieben sind die Wärmeverbrauchsdatenerfassung, die Darstellung der Baualtersklasse der Gebäude und der Letztverbraucher.

Mit der Kabinettsbefassung wurden die Möglichkeiten vereinfachter Verfahren besonders für kleinere Kommunen erweitert. Das Land ermöglicht es benachbarten Kommunen, eine gemeinsame Wärmeplanung durchzuführen (Konvoi-Verfahren). Dabei können die Gemeinden die Aufgabe an das zuständige Amt oder den Kreis übertragen. Bereits verpflichtete Kommunen erhalten ein Wahlrecht, ob sie nach dem bisherigen EWKG (Ende 2024 oder Ende 2027) ihre Wärmeplanung machen oder nach dem WPG (2025 oder 2028). Bereits vorgelegte Wärmepläne haben Bestandsschutz.

Anpassung an den Klimawandel: Durch die Umsetzung des Klimaanpassungsgesetzes müssen Kreise und kreisfreie Städte bis zum 30. September 2029 Klimaanpassungskonzepte erstellen. Dafür erhalten sie eine einmalige Zahlung in Höhe von 150.000 €. Diese Klimaanpassungskonzepte müssen mindestens folgende Elemente enthalten: Eine Klimarisikoanalyse oder eine vergleichbare Entscheidungsgrundlage, eine Darstellung der Handlungsfelder, in denen Anpassungsbedarf besteht, einen Maßnahmenkatalog zur Umsetzung des Klimaanpassungskonzepts.

Biologischer Klimaschutz: Weil Moore Kohlenstoff speichern und als Wasserspeicher bei der Klimaanpassung helfen, sollen sie geschützt und renaturiert werden. Auch Humus soll als Kohlenstoffspeicher und -senke erhalten und aufgebaut werden. Künftig soll das Gesetz die Anpassung an den Klimawandel ebenfalls berücksichtigen und daher „Gesetz über die Energiewende, den Klimaschutz und die Anpassung an die Folgen des Klimawandels“ heißen.

Hinweise zum Pflanzenschutz im Wald

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Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Forstwirtschaft ist eine seltene Ausnahme. Allerdings kann es Situationen geben, in denen ein solcher im Sinne des Integrierten Waldschutzes als letztes Mittel angezeigt ist. Hierbei gibt es natürlich viele und sehr detaillierte Vorschriften zu beachten. Zu zwei möglichen Anwendungsbereichen werden im Folgenden Hinweise gegeben.

Das Pflanzenschutzrecht dient neben dem Schutz der Produktion agrarischer Produkte, zu denen auch Rohholz zählt, auch dem Schutz der Anwender und der Umwelt. Hier wurden auf der Grundlage übergeordneter Rechtsvorschriften unter anderem der Einsatz der Wirkstoffe Zinkphosphid und lambda-Cyhalothrin in Teilen neu geregelt.

Schadnagerbekämpfung in Schutzgebieten

Kurzschwanzmäuse können Jungbäume erheblich schädigen.
Fotos: Dr. Borris Welcker

Das Pflanzenschutzmittelverzeichnis Teil 4/Forst listet einige Produkte zur Bekämpfung von Erdmaus, Feldmaus, Rötelmaus und Schermaus auf. Sie können nach dem Nachweis der zwingenden Notwendigkeit über geeignete Prognoseverfahren in Forstkulturen zum Einsatz kommen. Alle zugelassenen Mittel nutzen den Wirkstoff Zinkphosphid.

Die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung vom 8. September 2021 verbietet aber unter § 4 unter anderem die Anwendung von Rodentiziden mit dem Wirkstoff Zinkphosphid in Naturschutzgebieten, Nationalparks, Nationalen Naturmonumenten und gesetzlich geschützten Biotopen im Sinne des § 30 Bundesnaturschutzgesetz sowie in FFH-Gebieten. Viele Waldflächen unterliegen einer oder mehrerer dieser Schutzkategorien, und die Waldeigentümer sind selbst dafür verantwortlich, sich über den möglichen Schutzstatus ihrer Forstflächen zu informieren.

Welche Möglichkeiten gibt es, wenn innerhalb eines der benannten Schutzgebiete ein signifikanter Verlust von Jungpflanzen in Forstkulturen droht? Zum einen sind mechanische, wirkstofffreie Verfahren wie Fallen oder Fangwannen selbstverständlich möglich. Deren Grenzen im Hinblick auf Effektivität in der Senkung der Nagerpopulation sowie tierschutzrechtliche Anforderungen müssen natürlich bedacht werden.

Zum anderen ermöglicht der § 4, Absatz 2 die Beantragung von Ausnahmen von diesem Verbot bei der zuständigen Pflanzenschutzbehörde, sofern erhebliche forstwirtschaftliche oder andere wirtschaftliche Schäden sonst nicht abzuwenden sind. Eine solche Antragstellung ist aber mit umfangreichen Vorgaben verbunden. So muss zum Beispiel für Anträge in Natura-2000-Gebieten vom Antragsteller eine FFH-Verträglichkeits-Vorprüfung durchgeführt werden. Somit sind die Naturschutzbehörden am Verfahren zu beteiligen. Das Ergebnis der fachgerechten Prognose zum Nachweis der Schadschwellenüberschreitung ist selbstverständlich vorzulegen.

In Gebieten, in denen der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln generell verboten ist, kann auch keine Ausnahmegenehmigung erteilt werden. Und schließlich ist auch das besondere gesellschaftliche Interesse an einer Bekämpfung nachzuweisen, zum Beispiel zum Erhalt einer Laubholzkultur auf einer kalamitätsbedingten Wiederaufforstungsfläche nach Verlust standortfremder Nadelbäume.

Produkt: Karate Forst flüssig

Derzeit gibt es mit dem Produkt Karate Forst flüssig nur noch ein anwendbares Insektizid zur Bekämpfung von rinden- und holzbrütenden Borkenkäfern im Wald. Der hier verwendete Wirkstoff lambda-Cyhalothrin ist ein selektiv auf Kerbtiere wirkendes Kontakt-Nervengift. Obwohl bei sachgerechter Anwendung keine unmittelbare giftige Wirkung auf Warmblüter wie den Menschen als Anwender nachgewiesen ist, ist dieser Wirkstoff als potenziell gesundheitsgefährdend eingestuft (GHS-Kennzeichnung „Ausrufezeichen/ Achtung“ und „Umwelt“).

Daher sehen die Anwendungsbestimmungen eine zwingend einzuhaltende Maximalexposition bei der Ausbringung von Karate Forst flüssig vor. Diese wurde in Abstimmung mit der Forstwirtschaft vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit am 8. Mai neu festgelegt. Damit wird festgeschrieben, wie viel dieses Pflanzenschutzmittels, gemessen in Litern pro Tag, von den Anwendern maximal sicher gehandhabt und ausgebracht werden kann und darf. Es geht dabei um die Ausbringung von 0,2%iger und 0,4%iger Behandlungsflüssigkeit an liegendem Holz im Forst.

Wird zum Beispiel eine 0,4%ige Behandlungsflüssigkeit durch eine Person angemischt, das Gerät damit befüllt und handgeführt ausgebracht, dürfen pro Anwender und Arbeitstag nur 1,3 l des Mittels gehandhabt und angewendet werden. Dies entspricht allerdings 325 l Spritzbrühe am Tag, sodass einer normalen Ausbringung mit einer Druckspeicher-Rückenspritze keine Hürden in der Arbeitsorganisation entgegenstehen dürften.

Weitere Möglichkeiten, sofern eine größere Ausbringungsmenge erforderlich erscheint, ergeben sich zum Beispiel durch den Einsatz einer zweiten sachkundigen Person beispielsweise für das Ansetzen und Befüllen oder durch die Nutzung einer Ausbringungstechnik mit einer den Anwender schützenden Fahrerkabine. Diese muss dann die definierte Schutzklasse aus Dichtigkeit und Luftfiltration aufweisen, um Anwender während der Ausbringung der Behandlungsflüssigkeit wirksam vor einer Exposition insbesondere durch Spritznebel zu schützen.

Die vorgeschriebene persönliche Schutzausrüstung ist natürlich immer außerhalb der Fahrerkabine zu tragen. Der Innenraum darf nicht mit möglicherweise kontaminierten Oberflächen in Berührung kommen. Die acht möglichen Aufwandszenarien sind in der Tabelle dargestellt.

Fazit

Das Pflanzenschutzrecht ist die entscheidende Grundlage dafür, dass einerseits die Möglichkeit besteht, die Produktion unserer Ernteerzeugnisse vor nicht mehr vertretbaren Verlusten zu schützen, andererseits dabei aber Mensch und Umwelt nicht über ein vertretbares Ausmaß hinaus zu gefährden. An dieser Stelle soll nur ein Streiflicht auf zwei relativ neue Aspekte der vielen Detailvorschriften geworfen werden, um mögliche Anwender zu sensibilisieren. Weitere Informationen zu diesem Thema sind vor allem über das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit erhältlich, aber auch die Landwirtschaftskammer berät bei Bedarf zum Einsatz von Pflanzenschutz. Die sorgfältige Beachtung aller rechtlichen Vorschriften, des Pflanzenschutzmittelverzeichnisses sowie der jeweiligen Gebrauchsanweisung einschließlich der Sicherheitsdatenblätter ist zum eigenen Schutz und dem Schutz der Umwelt unerlässlich.

Bundeswaldinventur: Umbau verlangt Ausdauer

Der deutsche Wald gibt mehr Kohlenstoff ab, als er aufnimmt. Das zeigt die am Dienstag von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) vorgestellte Bundeswaldinventur (BWI), in deren Rahmen zuletzt 2022 umfangreiche Daten zum Zustand der Wälder in Deutschland erhoben wurden.

Danach hat sich der Kohlenstoffvorrat im Wald seit 2017 um 41,5 Mio. t verringert, da der Abgang, überwiegend durch Stürme und Dürre sowie Käferbefall, den Zuwachs an lebender Biomasse überstieg. Verantwortlich für den Negativsaldo ist Özdemir zufolge die Klimaveränderung. Um die Entwicklung umzukehren, sei der weitere Umbau der Wälder und damit viel Ausdauer notwendig.

Aus Sicht von Naturschutz und Biodiversität zeigt die BWI aber auch positive Entwicklungen. So ist die Menge an Totholz um ein Drittel gegenüber der letzten Inventur vor zehn Jahren gestiegen. Außerdem sind die Wälder seitdem strukturreicher geworden. Sie haben eine stärkere Baumartenmischung und vermehrte Schichtung, auch die Naturnähe hat zugenommen. Der Anteil der Nadelbäume sank von 60 % im Jahr 2012 auf 52 %  zehn Jahre später. Die Daten zur nachwachsenden Waldgeneration bestätigen diese Trends. Özdemir wertet das auch als eine Folge der politischen Maßnahmen zur Anpassung der Wälder an den Klimawandel. Er nutzte den Termin, um einmal mehr für seinen Vorschlag eines neuen Bundeswaldgesetzes zu werben.

Insgesamt zeigt die BWI außerdem eine leicht positive Waldflächenentwicklung in Deutschland; unterm Strich waren 2022 bundesweit 15.000 ha mehr bewaldet als zehn Jahre zuvor. Das Ergebnis überrascht auf den ersten Blick, insbesondere im Kontext der fortschreitenden Flächenversiegelung durch Siedlung und Infrastruktur. Dr. Thomas Riedel vom Thünen-Institut begründet den Befund mit dem hohen Schutzstatus, den der Wald in Deutschland genieße.

Die BWI berücksichtigt auch die Bedeutung des Walds als Rohstoffquelle. So wurde errechnet, dass der deutsche Wald über einen Holzvorrat von 3,7 Mrd. m3 oder durchschnittlich 335 m3 / ha verfügt. In den zehn Jahren bis 2022 wurden in Deutschland durchschnittlich 72,6 Mio. m3 Rohholz jährlich geschlagen. Auf einen Hektar bezogen entspricht das 6,7 m3, die pro Jahr genutzt wurden. Der Holzzuwachs betrug rund 9,4 m3/ha.

Wieder mehr Schweine in Deutschland

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Nach den amtlichen Ergebnissen der Viehzählung im Mai 2024 werden in Deutschland etwas mehr Schweine als im Vorjahr gehalten.

Die Anzahl der Betriebe mit Schweinehaltung ist dagegen weiterhin rückläufig. Im Vergleich zur Vorjahreszählung ist der deutsche Schweinebestand um 1,1 % auf 21,2 Millionen Tiere angestiegen. Ein Plus zeigt sich vor allem in der Zuchtschweinehaltung. Die Anzahl der Sauen ist in Deutschland um 1,4 % auf 1,41 Millionen gestiegen. Der Jungsauenbestand erhöhte sich um 3 %. In der Kategorie Ferkel verzeichneten die Statistiker sogar ein Plus von 5,1 % auf 6,41 Millionen. Die Zahl der Mastschweine war am 1. Mai mit 9,45 Millionen dagegen noch um 2,3 % geringer als im Vorjahr. Dieses Minus sollte jedoch durch die erhöhte Ferkelzahl bald ausgeglichen werden.

Die Zahlen des Bundesstatistikamtes Destatis zeigen jedoch auch, dass immer mehr Schweinehalter aufgeben. Die Anzahl der Betriebe mit Schweinehaltung ging deutschlandweit innerhalb eines Jahres um 2,7 % auf 15.770 zurück.

Auch in Schleswig-Holstein reduzierte sich die Zahl der Schweinebetriebe im Jahresverlauf um 3,7 % auf 500. Dies betraf vor allem die Zuchtsauenbetriebe, von denen es nur noch 170 im Land gibt (–7,6 %). Der Sauenbestand hat sich hierzulande dagegen nur um 0,2 % auf 59.800 Tiere reduziert. Damit werden etwa 350 Sauen je Betrieb gehalten. Betriebe mit Mastschweinen gibt es noch 450. Bei einer mittleren Bestandsgröße von 1.060 Tieren ergibt sich eine Gesamtzahl für Schleswig-Holstein von 476.800 Tieren. Dies sind 1,4 % weniger als vor einem Jahr.

Zusammenhalt, Stärke, Hoffnung

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Jede Krise, so schlimm sie gerade auch sein mag, birgt Chancen und Möglichkeiten. Davon ist die argentinische Fotografin Magalí Druscovich überzeugt. Denn das, was die Menschen im Angesicht von Schrecken, Leid und Schmerz eint, ist Zusammenhalt, Solidarität, Stärke und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

In ihrer aktuellen Ausstellung „Home Front“, die am vergangenen Sonntag im Betsaal des Jüdischen Museums Rendsburg eröffnet wurde, erzählt Magalí Drus­covich in zehn eindrucksvollen, großformatigen Fotografien die Geschichten von Menschen in Israel nach dem 7. Oktober 2023, dem Tag des brutalen Überfalls der Hamas auf Israel. Sie dokumentiert mit diesen Bildern nicht nur den Schmerz, sondern auch die engen Verbindungen und die gegenseitige Unterstützung, die in der Krise enstanden sind. Im Talmud, einem der bedeutendsten Schriftwerke des Judentums, werden dieses Prinzip der gegenseitigen Fürsorge, die Verantwortung füreinander und der Zusammenhalt der Gemeinschaft mit dem Begriff „Arevut“ beschrieben.

Magalí Druscovich vor einer ihrer Fotografien
Foto: Iris Jaeger

„Es ist diese Resilienz, diese Widerstandskraft, die gelebte Solidarität und Gemeinschaft in den Fotos, die uns so angesprochen haben und für uns ausschlaggebend waren, diese Ausstellung zu zeigen“, erklärt Mirjam Gläser, stellvertretende Leiterin des Jüdischen Museums und dort zuständig für Bildung und Vermittlung. Als die 32-jährige Fotografin sich mit ihrem Fotoprojekt an verschiedene jüdische Museen wandte, habe man gleich reagiert: „Wir hatten zuvor schon länger überlegt, was wir als Jüdisches Museum zum 7. Oktober machen können, und versucht, Ideen zu entwickeln, wie man diesen Tag als Erfahrung für Jüdinnen und Juden in unsere neue Dauerausstellung einbauen könnte, aber nicht so recht etwas gefunden. Umso mehr haben wir uns gefreut, als Magalí uns diese Ausstellung vorgestellt hat. Für uns ist es eine passende Möglichkeit, anlässlich dieser Terroranschläge vom 7. Oktober und der sehr aufgeheizten Debatte die menschliche Seite der Krise zu zeigen, bei den Menschen zu bleiben und bei deren Geschichten“, erläutert Gläser das Zustandekommen dieser Ausstellung.

Als Fotografin liege ihr Fokus auf Themen wie Menschenrechten, Gesundheit und Jugend, erzählt ­Druscovich. Für ihre bereits preisgekrönten Projekte kommt sie mit den Menschen vor Ort ins Gespräch, trifft sich mit ihnen, hört ihre Geschichten, führt Interviews, recherchiert zu den Themen, bevor sie fotografiert.

So war es auch bei diesem Projekt, für das sie durch Israel reiste, um die Geschichten Betroffener zu erfahren. Zum Beispiel von Rami, der 140 Kinder auf dem Nova-Musikfestival rettete, oder von Kathy, die 1.200 Kinder aus dem Süden und Norden im Kfar Maccabiah Hotel aufnahm, von Gabriel, der gegen Terroristen kämpfte, um seinen Kibbuz zu verteidigen. Alles begann mit dem Schicksal von Sigalit Shemer, die ihren 21-jährigen Sohn Ron beim Nova-Musikfestival verlor. „Sieben Tage lang suchte sie nach ihm und versuchte herauszufinden, was mit ihm geschehen ist. Die Armee teilte ihr mit, dass er erschossen wurde. Um zu erfahren, was genau ihr Junge in den Stunden vor seinem Tod erlebte, und um zu verstehen, was geschehen ist, wollte sie alles wissen. Sie begann mit Umfragen unter Überlebenden, hinterließ Posts in den Sozialen Medien, um andere Festivalteilnehmer zu finden, die mit ihrem Sohn in den letzten Stunden zusammen waren. Sigalit fand heraus, dass ihr Sohn bei dem Versuch starb, einem Mädchen zu helfen. Sie suchte nach weiteren Informationen und startete dafür eine Kampagne in einer israelischen Facebook-Gruppe, in der sie weitere Betroffene traf und in der ich auch Mitglied war. Auf diese Weise kam unser Kontakt zustande. Sigalit erzählte mir, dass es ihr geholfen habe zu wissen, was mit ihrem Sohn passiert ist, um zu verstehen, zu trauern und um weiterleben zu können“, erzählt Druscovich von den Anfängen von „Home Front“.

Sigalit Shemer, Naama Navon, Talila Ariel und Tali Atias (v. li.) verloren ihre Kinder beim Nova-Festival. Sie kannten sich vor dem 7. Oktober nicht, doch sie eint der Schmerz, ein Kind zu verlieren.
Foto: Magalí Druscovich

Sigalit lernte weitere Mütter kennen, die ihre Kinder bei dem Festival verloren hatten. Das sei für sie etwas Besonderes gewesen, weil sie nun mit anderen Betroffenen ihre Trauer und den unbegreiflichen Schmerz teilen konnte. Das war der Anfang des Projekts. „Ich begann zu verstehen, wie die Zivilgesellschaft Israels begann, sich auf so vielen verschiedenen Wegen gegenseitig zu helfen und zu unterstützen, da waren so viele verschiedene Szenarien und Erlebnisse von Menschen, die in der Ausnahmesituation füreinander da waren, im Süden, im Norden, innerhalb und außerhalb Israels“, berichtet die Fotografin von ihren Erfahrungen. Daraus habe sich für sie eine Art Landkarte ergeben, die sie durch Israel und zu den Menschen führte, die sie in ihren ausdrucksstarken Fotografien porträtierte.

Natürlich seien dabei auch sehr emotionale Momente gewesen, zum Beispiel als die Mütter ihr erzählten, dass sie von ihren verstorbenen Kindern Zeichen erhalten hätten. „Es hat mich beeindruckt, wie diese Mütter zugleich trauerten und feierten, das Leben feierten, das ist etwas Besonderes im Judentum. Denn sie alle wollen trotz des Verlustes und des Schmerzes weiterleben, das Leben ist etwas Kostbares“, so die Fotografin.

„Die Fotografien von Magalí Druscovich machen menschliche Schicksale jenseits politischer Debatten sichtbar. Sie fordern dazu auf, das Leid aller Betroffenen in Israel und Gaza/Palästina anzuerkennen. Es geht nicht um einfache Schuldzuweisungen, sondern um die Menschen, ihre Verluste und ihre Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Mit der Ausstellung richten wir den Fokus auf die Betroffenen vor Ort und schaffen in Zeiten von festgefahrenen Debatten einen Raum für Dialog. Jedes Menschenleben zählt“, heißt es in einer Ausstellungsbeschreibung auf einem Banner im Betsaal des Museums.

Bis zum 2. Februar 2025 ist die Ausstellung im Jüdischen Museum Rendsburg zu sehen. Weitere Informationen unter jmrd.de

Info

Magalí Druscovich ist Bildjournalistin und Autorin mit Schwerpunkt auf Menschenrechten, Jugend- und Gesundheitsthemen sowie der Erforschung von Traumata und Resilienz, insbesondere in Lateinamerika. Sie wurde 1992 in Buenos Aires geboren. Die Argentinierin studierte Soziale Kommunikationswissenschaften an der Universität von Buenos Aires (UBA) und Fotojournalismus an der ARGRA. 2017 erhielt sie ein ­ICP-Direktoratsstipendium für ein Studium am International Center of Photography (ICP) im Programm für Dokumentarfotografie, wo sie den Rita-K.-Hillman-Preis für herausragende Leistungen erhielt.

Ihre Arbeiten wurden in zahlreichen Medien veröffentlicht, darunter Reuters, „The New York Times“, „The Guardian“, „Revista Anfibia“, „El País“, „Rest of World“, Unicef Argentina, „Página 12“, „Clarín“, „LatFem“, „Der Spiegel“, „Le Monde Diplomatique“, Télam und vielen anderen. Weitere Informationen unter ­magalidruscovich.com

Gabriel und Tamir wurden im Rahmen ihres freiwilligen Wachdienstes gerufen, um den Kibbuz zu schützen. Dank eines Anrufs der Armee wurden sie auf das Eindringen von Terroristen in das Gebiet aufmerksam gemacht. Gabriel und Tamir bekämpften die Terroristen, und ihr Kibbuz war einer der wenigen in der Gegend, in den kein Terrorist eindringen konnte, was das Leben der gesamten Gemeinschaft rettete.
Zikim, Israel 2024/Foto: Magalí Druscovich
Rami Shani (65) rettete in Re‘im auf dem Musikfestival 35 junge Menschen mit seinem Auto. Unter Beschuss fuhr er Maor Morchiano (29) und seine Freundin Shani Katz (28) in Sicherheit. Das Paar verlor fünf Freunde, mit denen sie zum Festival gegangen waren. Während der Fotoaufnahmen trafen sie Rami zum ersten Mal. „Er ist unser Engel, er hat uns nicht nur einmal, sondern zweimal gerettet. Wir leben dank ihm.“
Modiin, Israel 2024/Foto: Magalí Druscovich
Zohar, Or und Selda versteckten sich 48 Stunden lang im Schutzraum ihres Hauses in Sderot, während Terroristen in ihrer Nachbarschaft schossen und ihr Haus durchsuchten. Ohne Nachrichten von der Regierung beschlossen sie, am nächsten Morgen zu fliehen. Nächte lang schliefen sie im Auto oder bei Verwandten, gequält von Albträumen, bis sie schließlich Kfar Maccabiah erreichten und dort wieder ein Gefühl von Gemeinschaft fanden. Kathy Hason war für die Aufnahme und Betreuung von mehr als 1.200 Flüchtlingskindern aus dem Süden im Hotel Kfar Maccabiah verantwortlich. Auf dem Foto spielen Zohar, Or und Selda mit Kathy
Ramat Gan, Israel/Foto: Magalí Druscovich
Noch immer befinden sich mehr als 100 Geiseln in den Händen der Hamas. Die gelbe Anpin-Schleife ist ein Zeichen der Solidarität mit den Geiseln und darf von den Besuchern der Ausstellung mitgenommen werden.
Fotos: Iris Jaeger


Kennzeichnungs-Irrsinn

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Seit 2019 gibt es das freiwillige Kennzeichnungssystem der Wirtschaft für die Haltungsform bei Nutztieren. Nach dem Motto „Es ist schon alles geregelt, nur nicht durch den Staat“ trat dann im August 2023 das staatliche Tierhaltungskennzeichnungsgesetz in Kraft. Seit August 2024 sind deutsche Schweinemäster – außer für die Haltungsform 1 – zu Angaben verpflichtet. Die administrative Verantwortung liegt bei den Bundesländern, die das (bis auf Bayern) gerade noch rechtzeitig umgesetzt haben. Ab August 2025 muss der nachgelagerte Bereich das Gesetz umsetzen – außer bei mariniertem, paniertem oder gepökeltem Fleisch oder Fleischwaren (Wurst, Kochschinken, Hackbraten). Tierhalter oder Verarbeiter aus dem Ausland können freiwillig teilnehmen.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemirs (Grüne) Kennzeichnung soll für Transparenz in Bezug auf die Haltungsform sorgen. Als wenn es die nicht schon gegeben hätte. Staatlich verordnete Verwirrung entsteht schon bei der Chargenbildung. So muss ein Anteil von weniger als 20 % aus einer anderen – höheren – Haltungsstufe nicht deklariert werden. Sind es mehr als 20 %, muss der Anteil aller Haltungsformen angegeben werden. Die 20-%-Marke gilt auch für kennzeichnungsfreies Fleisch aus dem Ausland. So kann zukünftig der Fall auftreten, dass auf einem Produkt „zu 80 % Haltungsstufe 2“ steht, der Verbraucher über die übrigen 20 % aber im Unklaren bleibt. Die Haltungsform Auslauf/Weide fällt nicht unter die 20-%-Regelung. Für die Haltungsform Bio gilt die EU-Verordnung 2018/848 mit völlig anderen Vorgaben.

Das ist schon verwirrend, aber noch nicht alles. Denn dazu kommt die Herkunft: „Ursprung Deutschland“ bedeutet, dass Geburt, Mast und Schlachtung in Deutschland stattfinden. Ohne deutsche Ferkel kann man „aufgezogen und geschlachtet in Deutschland“ angeben. Erfolgt die Zerlegung im Ausland, können zwei gleiche Produkte in der Theke landen, eines mit und eines ohne Haltungsformkennzeichnung.

Alles klar? Eines ist zumindest keine Frage: Der Aufwand steigt, vor allem in der Schlachtung und Verarbeitung. Denn die Informationskette darf nicht reißen. Von der Viehannahme über den Schlachtkörper bis zur Chargenbildung in Verarbeitung und Verpackung oder an der Bedientheke erhöht sich die Zahl der Varianten.

Verkauft sich eine höhere Haltungsstufe nicht, wäre es sinnvoll, Teilstücke in einer niedrigeren Haltungsstufe zu verarbeiten. Doch ist ein Downgrading eben nur unter 20 % Chargenanteil erlaubt, darüber nicht. Abgesehen von diesem Irrsinn ist das Downgraden tatsächlich schwierig, weil die Vorgaben der Stufen nicht aufeinander aufbauen. Also bleibt nur, den Preis für höhere Haltungsformen an der Ladentheke zu senken. Imagebildend ist das nicht. Zielführend schon gar nicht. Es ist politische Schaumschlägerei auf Kosten der Transparenz und bewährter Instrumente, wie des Kennzeichnungssystems des Handels oder der Initiative Tierwohl (ITW).

Der verwirrte Verbraucher wird das Zeichen bestenfalls ignorieren und sich weiter am Preis orientieren, dem sichersten Maßstab einer Kaufentscheidung unter intransparenten Verhältnissen. Gut möglich aber, dass das ITW-Zeichen, das in Deutschland bekannter ist als das EU-Biosiegel, unter Cem Özdemirs „Transparenzoffensive“ leidet. Dann hätten wir viel verloren. Einfach irre.

Sönke Hauschild, Foto: bb

Biogasanlage Futterkamp

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Nach 20-jähriger vertrauensvoller Zusammenarbeit übergeben die Stadtwerke Kiel zum Ende des Jahres die Biogasanlage in Futterkamp der eigens dafür gegründeten Betreibergesellschaft.

Ziel der Übernahme ist es, mithilfe der vorhandenen Infrastruktur die Wärmeversorgung am Standort Futterkamp aufrechtzuerhalten. Die bisher maisbetonte Fütterung wird zukünftig gülle- und festmistoptimiert sein. Die Anlage wird in den nächsten Monaten Schritt für Schritt übergeben, sodass erforderliche Ertüchtigungsmaßnahmen parallel angeschoben werden können.

Im August unterzeichneten Dr. Klaus Drescher (r.) und Rüdiger Kieker, Bereichsleiter Controlling der Stadtwerke Kiel, den Überlassungsvertrag (siehe Bild). In der Hauptversammlung 2023 hatten die Deputierten dem Vorhaben zugestimmt.

„Sehr niedriger Einlagerungsstand“

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Marco Fleischmann verantwortet bei Yara die Geschäfte in Deutschland, den Beneluxstaaten, Österreich und der Schweiz. Zu den Herausforderungen im Düngemittelmarkt sprach er anlässlich der Einweihung des Ammoniak-Importterminals in Brunsbüttel mit dem Bauernblatt.

Wie stark ist aktuell die Düngernachfrage? Haben sich die Bauern für die kommende Saison schon eingedeckt?

Der Einlagerungsstand auf den Betrieben ist unserer Einschätzung nach auf einem sehr geringen Niveau. Das hängt mit der Volatilität der Märkte in den vergangenen Jahren zusammen. Wir sehen keine Überhänge aus der vergangenen Saison, da die Wachstumsperiode auf Grünland relativ lange anhielt.

Wie lautet vor diesem Hintergrund Ihre Empfehlung an die Landwirte?

Wir empfehlen, sich frühzeitig und intensiv mit dem Düngereinkauf auseinanderzusetzen. Durch politische Unsicherheiten – zum Beispiel der Nahost-Konflikt – kann sich die Lage im Energiebereich schnell ändern. Eine klassische Strategie zu Risikostreuung ist, die Einkäufe zu dritteln. Die erste Gabe sollte aber möglichst schon eingekauft sein.

Wann wird CO2-armer Dünger auf Basis von Grünem oder Blauem Ammoniak marktfähig?

Klar ist, dass die aus Erneuerbaren Energien produzierten Düngemittel noch teurer sind. Das liegt ganz einfach an den höheren Energiekosten. Aber wenn wir den Klimawandel ernst nehmen, müssen wir über CO2-Reduktion in der gesamten Produktionskette bis zum Endprodukt nachdenken. Wie sich die Kosten entwickeln, können wir aktuell schlecht abschätzen, weil es noch keinen echten Markt für solche Produkte gibt. Aber wir engagieren uns in Pilotprojekten, zum Beispiel mit Nordzucker oder Harry-Brot. Darin testen wir, wie Verbraucher auf Produkte mit niedrigerem CO2-Fußabdruck reagieren. Wir haben bereits Düngemittel aus Grünem Ammoniak hergestellt und in diesen Pilotprojekten eingesetzt.

Wächst angesichts zunehmend herausfordernder Anbaubedingungen die Bedeutung der Düngerqualität?

Die Qualität wird unserer Ansicht nach extrem unterschätzt. Mit einem qualitativ hochwertigen Dünger lässt sich die Nutzungseffizienz deutlich steigern. Jeder kennt doch die dunklen beziehungsweise hellen Streifen auf den Flächen im Frühjahr. Es geht also vor allem darum, pflanzengerecht zu düngen.
Der Einsatz von Nitrifikationsinhibitoren kann Lachgasverluste deutlich verringern und reduziert damit automatisch auch den CO2-Fußabdruck der produzierten Lebensmittel. Neben hochwertigem Dünger und digitalen Tools spielt natürlich das Auge des Bauern weiterhin eine wichtige Rolle.

Wie hat sich die Rolle des Düngemittelherstellers Yara in den vergangenen Jahren verändert?

Durch die Reduktion des Stickstoffdüngereinsatzes ist es für Landwirte immer schwieriger geworden, Qualitätsgetreide zu produzieren. Wir helfen hier mit dem Ausbau unserer digitalen Angeboten, aber auch mit persönlicher Beratung, um das bestmögliche Ernteergebnis trotz der restriktiven Düngemittelvorgaben zu erzielen.

Sie arbeiten auch an der Entwicklung von Biostimulanzien. Wo liegen Ihre Schwerpunkte?

Im Bereich der Biostimulanzien gibt es schon viele Angebote. Wir fokussieren uns momentan auf die Forschung. Bislang ist oft nicht klar, wie die genauen Wirkprozesse sind. Unstrittig ist aber, dass es positive Wirkungen auf das Pflanzenwachstum geben kann. Wir sehen die Biostimulanzien als ein Element der Integrierten Pflanzenproduktion. Ich glaube, dass in diesem Bereich zukünftig noch viel passiert.

Das Thema Bürokratieabbau ist in aller Munde. Inwieweit ist Yara von Dokumentationspflichten in Sachen Nachhaltigkeit betroffen?

Nachhaltigkeitsberichterstattung ist auch für uns ein Thema. Wir veröffentlichen beispielsweise jährlich einen Report auf unserer Homepage. Grundsätzlich ist für uns wichtig, dass es am Ende ein einheitliches System gibt, wie der CO2-Fußabdruck der Endprodukte gemessen wird, auf das sich der Verbraucher verlassen kann.

Wie bedeutend ist die Problematik verunreinigter Dünger, die weiterhin zum Beispiel aus Russland auf dem deutschen Markt landen?

Das ist ein nicht zu unterschätzendes Problem. Wir raten Landwirten unbedingt davon ab, solche Dünger aus Russland zu verwenden. Zum einen finanzieren wir damit indirekt den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Aber auch klimatisch ist das ein Problem, weil die Düngemittel aus Russland einen doppelt so hohen CO2-Fußabdruck haben wie in Europa produzierter Dünger. Für die Pflanzenernährung ist aber die mindere Qualität das Hauptproblem. Harnstoff aus Russland wird zumeist mangelhaft mit Ureasehemmern behandelt. Ein weiteres Problem ist eine schlechte Verteilung zum Beispiel aufgrund verklebter Streuerschaufeln. Sowohl die schlechte chemische Behandlung als auch die problematische mechanische Verteilung machen eine bedarfsgerechte Düngung damit kaum möglich.

Sehen Sie bei diesen Importen aus Drittländern die Politik gefordert?

Prinzipiell wollen wir uns dem internationalen Wettbewerb stellen. Wir bitten aber die Politik zu bedenken, dass wir durch Produkte aus Russland den Krieg mitfinanzieren. Wir sehen die Gefahr, dass hierfür insbesondere der Düngemittelmarkt missbraucht wird. Es gilt darüber hinaus, nachhaltige Produktionsweisen aufgrund des fortschreitenden Klimawandels zu stärken. Veranstaltungen wie die heutige Terminaleinweihung in Brunsbüttel bieten für uns daher eine gute Gelegenheit, mit der Politik über die Auswirkungen des Ukraine-Krieges, aber auch über die Düngegesetzgebung, die Energiesicherheit und Nachhaltigkeitsthemen zu sprechen.

Vertrauen ist die wichtigste Grundlage

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Bestimmt hat schon jedes Mitglied im Bauernverband mit seiner Kreisgeschäftsstelle zu tun gehabt, und sicherlich ist ihm oder ihr dort bei dem Anliegen geholfen worden. Doch was umfasst eigentlich das gesamte Spektrum einer Kreisgeschäftsstelle, und wie sieht ihr Alltag aus? Das Bauernblatt hat sie besucht, heute: die Kreisgeschäftsstelle für den KBV Plön.

„Land der dunklen Wälder und kristall‘nen Seen“ – was das Ostpreußenlied besingt, könnte auch der Kreis Plön sein, besitzt er doch die meisten Seen in Schleswig-Holstein und unter ihnen die beiden größten, den Großen Plöner und den Selenter See. (Wobei „kristallklar“ – es gibt derzeit ein Blaualgenproblem!) Dazu kommt reichlich Wald in der Holsteinischen Schweiz, die sich der Kreis mit Ostholstein teilt. Manche Landwirte betreiben Campingplätze oder Ferienwohnungen, auch an der Plöner Ostseeküste – ein zusätzliches wirtschaftliches Standbein.

Tourismus und Naherholung

„Das ist Naherholungsgebiet pur – nicht mit Action, sondern mit viel Ruhe und Entspannung, und das prägt den Kreis“, sagt André Jöns. Er leitet seit drei Jahren die Kreisgeschäftsstelle als Nachfolger von Dr. Dierk Boie. Unterstützt wird er von Bianca Petersen, seit 2003 in der Geschäftsstelle im Zentrum der Kreisstadt, und Karen Holst, die seit eineinhalb Jahren dabei ist. „Sie unterstützen mich in sämtlichen Dingen“, sagt Jöns, etwa bei Pachtverträgen, die immer individuell erstellt werden, die Flurstücke werden dabei stets auf Stand gebracht. „Wenn ein Pachtvertrag erneuert wird, werden nicht einfach die alten Angaben überschrieben, es wird alles aktuell überprüft.“ Jöns ist überzeugt: „Gut erstellte Verträge führen zu weniger Streitigkeiten. Jetzt ist man sich einig, in fünf Jahren vielleicht nicht mehr. Da ist es fatal, wenn etwas schwammig formuliert ist.“

Viele Betriebsformen

Die Landwirtschaft im Kreis hat teil am Östlichen Hügelland in der Probstei und der Holsteinischen Schweiz mit Ackerbau auf sehr fruchtbarem Boden und im Süden an der Geest, wo die Milchviehhaltung zunimmt. Zum Kreisverband gehören auch die Mitglieder im gesamten Gebiet der kreisfreien Stadt Neumünster und diejenigen, deren Flächen sich auf das östliche und südliche Gebiet der Stadt Kiel erstrecken. „Wir haben hier viele Betriebsformen“, sagt Jöns. Über dem Norden des Kreises liegt auch der „Gürtel“ der historischen Adligen Güter wie Panker, Rantzau oder Rixdorf, auf Letzterem finden auch Kreisbauerntage statt. „Denkmalgeschützte Herrenhäuser sehen wunderschön aus, kosten aber viel in der Unterhaltung“, merkt der Geschäftsführer an.

Auswirkung der Seen

Die vielen Seen und das Schwentinetal haben nicht nur ästhetische Bedeutung, sie haben auch bewirkt, dass dort viele Naturschutzgebiete ausgewiesen sind, die für die Landwirtschaft Einschränkungen nach sich ziehen. Auch über Nährstoffeinträge kämen dort immer wieder Diskussionen auf, weiß Jöns: „Der Naturschutz ist hier stark vertreten.“ Die Wasserflächen ziehen zudem Wildvögel an: „Ein Gänseproblem gibt es nicht nur an der Westküste, es nimmt auch hier von Jahr zu Jahr zu.“

Und eine weitere, triviale Folge des vielen Wassers: „Es ist einfach sehr nass“, sagt Jöns, „man kann nicht immer fahren, wenn man möchte.“ Oft müssten große Stücke nachgesät werden, mit viel Arbeit und Kosten für die Landwirte, und das muss auch in den Agrarantrag eingearbeitet werden. Damit sind wir wieder beim täglichen Geschäft der Kreisgeschäftsstelle.

Dass Jöns nach drei Jahren noch dabei ist, die Mitglieder in seinem Kreis kennenzulernen, ist für ihn stimmig. „Man lernt eine Familie nicht bei einem Treffen kennen, sondern durch langjährige Zusammenarbeit. Die Landwirte müssen uns manchmal Sachen offenbaren, die sie kaum einem anderen erzählen würden. Dieses Vertrauen muss aufgebaut werden. Das braucht Zeit und muss wachsen.“ Auf dieses Vertrauen setzen er und seine Mitarbeiterinnen. „Alles, was wir hier besprechen, bleibt in diesem Büro“, verspricht Jöns. 

Kreisgeschäftsführer André Jöns mit seinen Mitarbeiterinnen Karen Holst (li.) und Bianca Petersen. Fotos: Tonio Keller

Hofüberlassung rechtzeitig zur Saison geschafft

Es musste dann möglichst rasch gehen mit der Hofüberlassung, damit Johannes Nohrden (30) noch die Junglandwirteprämie für die Bewirtschaftungssaison 2024 beantragen konnte. Und es hat geklappt: Im Mai konnte er rechtzeitig den Grundantrag auf seinen Namen stellen. „Das ging sehr schnell“, freut sich Johannes Nohrden, der auch Sprecher der Junglandwirte im Kreis Plön ist. „In der Geschäftsstelle haben sie alle Hebel in Bewegung gesetzt.“

Die Familie führt einen Ackerbaubetrieb in Eichhof in Neumünster-Einfeld, mästet dazu rund 60 Färsen. Ein großer Teil des Futters wird an einen Milchviehbetrieb in der Nachbarschaft geliefert, von dem sie auch die Färsen erhält. 2023 hat die Familie von diesem Nachbarn 100 ha zu ihren bisherigen 180 ha hinzugepachtet, für die sie bereits vorher die Lohnarbeit verrichtet hat. Diese Erweiterung war der Anlass für Vater Christian Nohrden (65), den Betrieb an Johannes abzugeben. Und das sollte bereits für 2024 vonstattengehen. „Die Mehrfläche ist eine große Investition, da ist die Junglandwirteprämie sehr wichtig“, betont Johannes.

Die Hofüberlassung kam in der Zeit der beginnenden Grundanträge, wenn in der Geschäftsstelle eigentlich alle Termine belegt sind. „Wir haben es gemacht, und wir haben es geschafft!“, ist Kreisgeschäftsführer André Jöns stolz.