StartNachrichtenLand & LeuteAufs Korn genommen: Gute Gründe – böse Gründe

Aufs Korn genommen: Gute Gründe – böse Gründe

Von Tonio Keller
Ursache und Wirkung werden in der Argumentation bisweilen vertauscht. Foto: Imago

Wir sind als denkende Menschen bemüht, stets nach dem Grund von Verhaltensweisen zu fragen – fast wie unter einem Zwang. Dabei werden auch Verhaltensweisen begründet, für die gar kein offensichtlicher Grund vorliegt.

Vor allem begründen Menschen nur allzu gern ihre eigenen Untaten. Kaum jemand gibt als Motiv zu „weil ich eben böse sein wollte“, nein, es werden stets „gute“ Gründe vorgebracht, seien es auch frei erfundene. Selbst Despoten mit nahezu absoluter Macht fühlen sich verpflichtet, ihre Taten unentwegt mit Begründungen zu schmücken.

Es ist aufschlussreich, dass die deutsche Grammatik bei Warum-Fragen keinen Unterschied zwischen finaler und kausaler Bedeutung macht. Kausal heißt: aufgrund welcher Ursache? Final heißt: zu welchem Zweck? Auf die Frage „Warum überfällt ein Mensch zum Beispiel – na, sagen wir mal, eine Bank?“ wäre eine kausale Antwort „Weil er in einer finanziellen Notlage ist“, eine finale „Weil er sich bereichern möchte“.

Manchmal steht allerdings nicht die kausale Ursache, sondern die finale Absicht an erster Stelle, und die vermeintliche kausale Begründung wird nachgeliefert. Dann ist die Absicht die Ursache, die Begründung eine Folge davon. Und es finden sich immer Begründungen für die gewünschte Absicht. Der Bank­räuber könnte ebensogut sagen „Ich werde die Bank in jedem Fall überfallen.“

Es gibt Fälle, da sind Begründungen nichts als Schaumschlägerei. Manchmal auch in Gestalt von Schaum vor dem Mund. 

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