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Agrardiesel-Entscheidung in der Warteschleife

Haushaltsberatungen in Berlin: Bauernverband formuliert Kernforderungen
Von Dr. Robert Quakernack
Mit einer Demonstration am Mittwoch vor dem Reichstagsgebäude in Berlin untermauerte der DBV seine Forderungen an die Politik. Foto: DBV

Der Deutsche Bauernverband (DBV) bekräftigt seine Forderung nach einem Gesamtpaket zur Entlastung der Landwirtschaft. „Unsere Bäuerinnen und Bauern brauchen jetzt ein deutliches Signal, dass unsere Branche in Deutschland eine Zukunft haben soll“, heißt es in einem offenen Brief von DBV-Präsident Joachim Rukwied und den Landesbauernverbandspräsidenten an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Darin mahnen die Verbandsvertreter erneut eine tragfähige Lösung beim Agrardiesel an. Andernfalls müssten die deutschen Landwirte in drei Jahren mit den höchsten Steuersatz in ganz Europa tragen, ohne dass Alternativen für den Umstieg auf andere Antriebsarten existierten.  

In dieser Woche befasste sich der Bundestag mit dem Bundeshaushalt 2024. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und FDP hat der Bundestag am Donnerstagabend den Haushalt des Bundeslandwirtschaftsministeriums beschlossen. Mit einem Volumen von insgesamt 6,93 Mrd. € bleibt der Agraretat knapp unter dem Niveau des Vorjahres von rund 7,25 Mrd. €.

Größter Posten ist traditionell die landwirtschaftliche Sozialpolitik mit einem Anteil von rund 60 % an den Gesamtausgaben. Dahinter folgt die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK). Hier wurden im Zuge der parlamentarischen Beratungen die im Regierungsentwurf vorgesehenen Kürzungen von annähernd 300 Mio. € abgemildert. Zusammen mit 125 Mio. €, die aus dem Klima- und Transformationsfonds in die GAK fließen und dort für die Wiederaufforstung von Kalamitätsflächen eingesetzt werden sollen, stehen in diesem Jahr wiederum gut 1 Mrd. € an Bundesmitteln zur Verfügung. 

Am Freitag hat der Bundestag außerdem das Zweite Haushaltsfinanzierungsgesetz 2024 beschlossen. Da die Zustimmung des Bundesrats noch aussteht, können die darin enthaltenen Regelungen zum schrittweisen Abbau der Agrardieselvergünstigung allerdings noch nicht in Kraft treten. In nahezu allen Landesregierungen gibt es Kritik an der Streichung. Im Ergebnis wurde daher das Haushaltsfinanzierungsgesetz – entgegen der ursprünglichen Planung – nicht auf die Tagesordnung der Freitagssitzung der Länderkammer gesetzt. Voraussichtlich wird diese sich in ihrer nächsten Sitzung am 22. März mit der Vorlage befassen. Das Gesetz bedarf allerdings nicht der Zustimmung des Bundesrats. Dieser kann mit einem Einspruch das Verfahren lediglich weiter in die Länge ziehen. Mehrere Länder haben angekündigt, mit dem Bund und dem Berufsstand einen Kompromiss anzustreben.

Vonseiten der Verbände ist der Aufschub mit Erleichterung aufgenommen worden. Der Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein Klaus-Peter Lucht kommentiert die Absetzung der Agrardieselentscheidung im Bundesrat: „Wir werden die Zeit nutzen, um eine überproportionale Belastung der Landwirtschaft abzuwenden und die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Dafür brauchen wir ein echtes Entlastungs- und Stärkungsprogramm.“ Das sei das Mindeste, um der heimischen Landwirtschaft Perspektiven zu geben. Wenn die Politik die regionale Versorgung erhalten will, muss sie schnell konkrete Angebote machen und Lösungen herbeiführen, um unsere Landwirtinnen und Landwirte wirksam zu entlasten, so Lucht weiter.

Die Forderungen des BVSH an die Politik lauten:
– Eine für die Landwirtschaft tragfähige Lösung beim Agrardiesel
– Steuerliche Entlastungen und Maßnahmen zur Stärkung des einzelbetrieblichen Risikomanagements
– Steuerbefreiung für den Einsatz von nicht fossilen Kraftstoffen in der Landwirtschaft
– Ein Auflagenaufschub für die Landwirtschaft in Verbindung mit einem Programm zur Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit im europäischen Binnenmarkt
– Finanzielle Planungssicherheit für die Weiterentwicklung einer wettbewerbsfähigen Tierhaltung
– Eine ernst gemeinte und wirksame Initiative zur Entbürokratisierung auf nationaler und europäischer Ebene, insbesondere:
– Gewährung der europäischen Direktzahlungen drastisch vereinfachen; Die von der EU-Kommission vorgeschlagene Stilllegungsausnahme nutzen
– Pflicht zur Erstellung der Stoffstrombilanz aufheben
– Erleichterungen in der Düngeverordnung bei der Frühjahrsdüngung, Ausnahmen für gewässerschonend wirtschaftende Betriebe in roten Gebieten, bedarfsgerechte Grünlandversorgung aus Wirtschaftsdüngern
– Glyphosatanwendung „1 zu 1“ entsprechend der europäischen Regelung zulassen
– Landwirtschaftliches Bauen durch Lockerungen des Bau- und Immissionsrechts zukunftstauglich erleichtern
– Dokumentations- und Meldepflichten drastisch vereinfachen und zusammenfassen

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