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Schadnagerbekämpfung in der Landwirtschaft

Bau- und Energielehrschau in Futterkamp zu Praxis und Rechtslage
Von Hans-Jochim Rohweder, Landwirtschaftskammer SH
Hier war die Schadnagerbekämpfung erfolgreich. Foto: Landpixel

Schadnager wie Ratten und Mäuse werden von Futter- und Nahrungsmittelresten angelockt und nisten sich schnell in unterschiedlichen Verstecken auf dem Hof ein. Zeitige und gezielte ­Bekämpfungsmaßnahmen sind dann notwendig, um den hohen Vermehrungsraten dieser Nager entgegenzuwirken. Gesetzliche Vorgaben sind dabei einzuhalten. In der Bau- und Energieausstellung im Lehr- und Versuchszentrum in Futterkamp gab es kürzlich Tipps und wichtige Erläuterungen dazu.

Im ersten Vortrag erklärte Simon Durigo, Hygan Hygieneservice, die Biologie und Lebensgewohnheiten von Ratten und Mäusen sowie die Rechtsgrundlage zur Bekämpfung dieser Schadnager. Dabei ging er intensiv auf die Hausmaus, die Hausratte und insbesondere die Wanderratte ein.

Unterschiede zwischen diesen Arten bestehen unter anderem in der Größe der Tiere und in der Futteraufnahme. Eine Wanderratte benötigt eine tägliche Futtermenge von 25 bis 35 g und frisst sich in einem Zuge satt. Die angenommenen Fraß- oder Köderplätze werden von ihr immer wieder aufgesucht. Eine Maus dagegen nascht eher an verschiedenen Punkten und nimmt bis zu acht Mal täglich wenige Gramm an Nahrung auf.

Schadnager sind scheu und folgen dem Futter. Zur nötigen Köderaufnahme muss dieser dem vorhandenen Futter im Geschmack überlegen sein. Ebenso muss das Köderdepot den Ansprüchen der Schadnager zusagen. So sollen entsprechend passende Ein- und Ausgänge vorhanden sein, und weiter soll das Köderdepot den vorsichtigen Tieren Sicherheit vermitteln.

Sachkunde ist notwendig

Der Erwerb und die Verwendung von Rodentiziden (Wirkstoffködern mit Blutgerinnungshemmer) sowie der Einsatz von Schlagfallen machen für berufsmäßige Anwender ein Sachkundezertifikat notwendig.

Für den Landwirt im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb gelten noch bis zum 28. Juli 2025 (Übergangsfrist) folgende Sachkundevarianten:

Sachkunde nach § 4 Tierschutzgesetz als eintägige Veranstaltung mit schriftlicher Prüfung. Dieser Sachkundenachweis erlaubt den Einsatz von Schlagfallen auch über den 28. Juli 2025 hinaus.

Sachkunde im Rahmen der Pflanzenschutzanwender. Bezüglich des Pflanzen- und Lebensmittelschutzes dürfen Rodentizide gekauft werden, aber für den Einsatz dieser Mittel ist die Sachkunde zum Töten von Wirbeltieren (§ 4 Tierschutzgesetz) nötig.

Notwendige Sachkunde für die Eigenanwendung ab 28. Juli 2025:

Sachkunde für Rodentizide nach Gefahrstoffverordnung durch einen Dreitageskurs mit schriftlicher und praktischer Prüfung und Gültigkeit für sechs Jahre.
Schlagfallensachkunde durch einen Eintageskurs ohne Wirkstoffverwendung.

Hark Herrfurth, „Hartmann! Chemie“ (Mitte), ist professioneller Schädlingsbekämpfer. Er referierte am Bau- und Energielehrschautag über praxisnahe Rattenbekämpfung und sponserte Sachpreise für eine Verlosung. Frank Frohberg, Firma Suding (r.), war einer der drei Gewinner. Mit im Bild ist Jens Wiese, GEA. Foto: Hans-Jochim Rohweder

Bekämpfung der Schadnager

Über die fachmännische Bekämpfung von Schadnagern informierte Hark Herrfurth von der Firma „Hartmann! Chemie“ als Sachverständiger für Schädlingsbekämpfung und Hygienemanagement. Er erklärte, wo sich die Ratten bevorzugt aufhalten, und zeigte auf, wie ihre Laufwege im Außenbereich zu erkennen sind. Dagegen sind die Schädlinge durch Spuren im Getreidelager oder Kotspuren leicht zu identifizieren.

Sauberkeit und Ordnung sind die ersten Schritte, um den Ratten das Einwandern zu erschweren. Wird ein Befall festgestellt, sind Köderstationen direkt am Befalls- oder Aufenthaltsort sowie an den Bauten und Laufwegen zu positionieren. Hier sind bereits wenige Meter für eine gute oder schlechte Köderaufnahme entscheidend.

Zunächst sollten die Köderstationen mit Cerealien, Getreidekörnern oder Müsli befüllt sein, um festzustellen, ob und welche Köderboxen angenommen werden und wie stark der Befall überhaupt ist. Ist ein Schadnagerbefall festgestellt, kann nach Aufstellung eines Lageplanes die Bekämpfung starten.

Das einzusetzende Produkt muss für den Anwendungsfall zugelassen sein. Hinweise und Information auf der Köderpackung sind zu beachten. Auch die passende Auswahl der Köderform kann eine effektive Bekämpfung unterstützen. Es gibt Getreideköder, Pelletköder, Köderblöcke oder auch Gel- und Schaumköder. Bei vielen Futteralternativen kann ein möglichst attraktiver Köder vorteilhaft sein. Grundsätzlich sollte aber weiteres Futter schwer zugänglich sein. Löcher und Zugänge zum Futter sind daher zu verschließen, ebenso Futterkammern und Getreidelager.

Die Rattenköder müssen in der Box fixiert sein, damit keine unkontrollierte Verschleppung erfolgt. Eine Dauerbelegung der Köderboxen ist grundsätzlich nicht erlaubt, denn Rodentizide dürfen nicht eingesetzt werden, wenn kein Befall vorliegt. Es sind daher nur die aktiven Köderstationen mit Giftköder zu belegen. Alle Stationen, die keine Rattenaktivität zeigen, sind mit ungiftigem Futter zu befüllen. Wird eine Rattenaktivität festgestellt, kann wieder auf Giftköder gewechselt werden. Das spart Geld und vermeidet Vergiftungsrisiken. Als nichtchemische Alternativen zu Rodentiziden stehen Nagetierfallen zur Verfügung.

Planung und Dokumentation

Vor der Anwendung von Rattengift ist auf allgemein verständliche Schutzmaßnahmen hinzuweisen. Hinweisschilder beinhalten das verwendete Produkt mit dem Wirkstoffnamen, das Datum der Köderauslage und den Kontakt zum ­Anwender, weiter aber auch Erste-Hilfe-Maßnahmen und eine Giftnotrufnummer. 

Nach der Köderauslage soll die erste Kontrolle am fünften oder sechsten Tag erfolgen, dann jeweils in wöchentlichen Kontrollintervallen. Gefressene Köder sind zu ersetzen, und das Gebiet ist nach toten Ratten abzusuchen. Diese Kadaver sind zu entfernen und zum Beispiel in der schwarzen Tonne des Hausmülls zu beseitigen.

Bei Ratten muss jede Köderstelle mit zirka 250 g Köder belegt sein. Ratten treten fast immer in Familienverbänden auf. Zu wenig Köder führt dazu, dass Ratten die letale Dosis nicht aufnehmen, weil sie aus sozialen Gründen ihr Futter teilen.

Die häufigsten Fehler bei der Bekämpfung sind:

zu wenige Köder

zu wenige Köderstellen

zu wenige Kontrollen für das Nachlegen von Ködern

zu viel alternatives Nahrungsangebot

Um Ratten und Mäuse von Güllekanälen fernzuhalten, ist die Gülle ständig aufzurühren. Köder können auf den verbliebenen Laufwegen der Nager durch den Spaltenbereich hindurch am Abend positioniert werden. Weiter sind um das Stallgebäude herum Köderboxen zu platzieren.

Bekämpfung ohne Gift

Im Abschlussvortrag erklärte Ronald Boelzma sein System von Agro Pest Control (apc) zur giftfreien Schädlingsbekämpfung. Der apc-Bioplan 2025 ist auf drei verschiedene Barrieren abgestimmt, damit sich die Schadnager nicht auf dem Hof breitmachen. Barriere eins beinhaltet das Anlocken natürlicher Feinde wie Eulen oder Turmfalken. Diese Vögel verzehren drei bis fünf Nagetiere pro Tag. Bäume wie Kopfweiden, Erlen und Birken bieten diesen Vögeln einen Aussichtspunkt zum Jagen.

Die Barriere zwei besteht aus Biodiversitätsstreifen, die das Einwandern von Schadnagern verhindern sollen. Für diese Pflanzstreifen um den Hof oder Stall werden Blumen, Gräser oder Kräuter verwendet, die die Nagetiere von Natur aus meiden und die sie daher abwehren.

Barriere drei beinhaltet giftfreie Fallen außerhalb des verschlossenen Gebäudes. Ein Lockstoff macht diese automatischen Fallen für die Schadnager interessant. In der Falle werden die Tiere dann mit einem gasbetriebenen Schlagauslöser getötet. Eine Kartusche reicht für 25 Schlagauslösungen. Ebenso hilft ein Muschelschalenweg rund um die Ställe, weil Ratten und Mäuse ungern darauf herumlaufen.

Fazit

Wenn zur Schadnagerbekämpfung kein professioneller Schädlingsbekämpfer beauftragt werden soll, ist ab Mitte 2025 für die Verwendung von wirksamen Rattengiften ein dreitägiger Kurs mit Prüfung erforderlich, die dann sechs Jahre gültig ist. Für die Nutzung von Schlagfallen reicht ein eintägiger Kurs aus. Vorsorgen kann der Landwirt, indem er die Nistmöglichkeiten und sämtliche Futterzugänge für Ratten einschränkt.

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