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Wie düngt man mit dem NIR-Sensor?

Versuchsergebnisse der Kammer Niedersachsen
Von Bernd Schlagge, Landwirtschaftskammer NI
Trotz bodennaher Ausbringtechnik ist die Nährstoffeffizienz von Gülle noch steigerungsfähig. Fotos: Bernd Schlagge

Für eine gezielte Ausbringung müssen die Inhaltsstoffe der Gülle bekannt sein. In aktuellen Versuchen werden die Abweichungen von Richtwerten, einzelnen Behälterproben und der NIRS-Technik bestimmt und ihr Einfluss auf die auszubringende Güllemenge aufgezeigt.

Aufgrund der hohen Mineraldüngerpreise weiten viele Betriebe die organische Düngung aus. Allerdings sind die Nährstoffe aus Gülle unter Umständen lediglich zu 50 % wirksam. Um unnötige Ertragseinbußen zu verhindern, müssen die vorhandenen Nährstoffe effizienter genutzt werden. Dafür ist eine exakte Kenntnis der Nährstoffgehalte der Gülle erforderlich. Auf deren Grundlage kann das ideale Ausbringvolumen pro Hektar festgelegt und damit eine gleichmäßige und bedarfsgerechte Nährstoffverteilung realisiert werden.

Nährstoffermittlung

Üblicherweise werden zur Nährstoffermittlung entweder Richtwerte verwendet oder Laboranalysen erhoben. Allerdings können in beiden Fällen deutliche Abweichungen von den tatsächlichen Werten auftreten. Beispielsweise können die Nährstoffgehalte in Abhängigkeit von der Gülleart, der Fütterung und der Homogenität extrem schwanken.

Dazu bildet die NIRS-Technik eine vielversprechende Alternative. Sie bietet die Möglichkeit, die Inhaltsstoffe bei der Befüllung der Fässer zu bestimmen und dadurch auftretende Nährstoffschwankungen zu erfassen. Daraufhin könnte das Ausbringvolumen pro Hektar entweder automatisiert über eine Durchflussmengenregelung oder manuell über die Fahrgeschwindigkeit angepasst werden.

Versuch

Vor diesem Hintergrund wird hier ein von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen durchgeführter Versuch vorgestellt, der die Leerung eines Behälters umfasst und sich durch die Ermittlung von fassweisen Nährstoffgehalten auszeichnet. Auf diese Weise können die unter Praxisbedingungen auftretenden Abweichungen von Richtwerten, einzelnen Behälterproben und der NIRS-Technik aufgezeigt und Maßnahmen für eine effizientere Gülleausbringung aufgedeckt werden.

Im weiteren Verlauf dieses Artikels wird dafür zunächst beschrieben, wie die fassweise Nährstoffermittlung bei der durchgeführten Behälterleerung über die unterschiedlichen Abschätzvarianten realisiert werden konnte.

Anschließend werden die ermittelten Verläufe der Nährstoffgehalte präsentiert und die Homogenität der Gülle beurteilt.

Daraufhin werden die mittleren Abweichungen aufgezeigt, die bei den Richtwerten, den einzelnen Behälterproben und der NIRS-Technik aufgetreten sind.

Schließlich wird deutlich, wie sich Abweichungen bei der Nährstoffermittlung auf die auszubringende Güllemenge auswirken können.

Dieser Versuch wurde im Zuge des von der BLE (Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung) geförderten Projektes „Einsatz von NIR-Sensoren zur Quantifizierung der Nährstoffgehalte in flüssigen Wirtschaftsdüngern“ durchgeführt.

Quelle: Bernd Schlagge

Ablauf

Im Rahmen des Versuchs wurde ein mit Mastschweinegülle gefüllter Hochbehälter vollständig geleert. Dabei wurde die Gülle aus dem Behälter durch eine mobile NIRS-Station (NIRS 1) in einen Güllewagen gepumpt und ausgebracht. Am Güllewagen waren ein Probenahmehahn sowie ein zweites NIRS-System (NIRS 2) verbaut, welches von einem anderen Hersteller stammt.

Zum Start des Versuchs wurden die Nährstoffgehalte der Gülle bestimmt, indem wie üblich eine Probe aus dem aufgerührten Behälter entnommen und an ein anerkanntes Labor geschickt wurde.

Anschließend wurde begonnen, den Behälter zu entleeren. Dabei konnten die Nährstoffgehalte der Gülle fassweise über die beiden unterschiedlichen NIRS-Systeme bestimmt werden.

Zusätzlich dazu wurden fassweise Laboranalysen erhoben. Diese spiegeln die tatsächlichen Verläufe der Nährstoffgehalte über die Behälterleerung wider und sollen als Referenz dienen.

Während des Versuchs wurde durchgehend aufgerührt. Allerdings kam nach Fass 19 eine Anhäufung an ungelösten Feststoffen zum Vorschein. Um den Behälter maximal zu entleeren, wurde das Rührwerk daraufhin gegen die Anhäufung ausgerichtet und im Anschluss mehrmals nachjustiert.

Versuchsaufbau der fassweisen Beprobung und NIRS-Messung

Ergebnisse

Für den Vergleich der Abschätzvarianten werden zusätzlich zu den Versuchsgrößen die Richtwerte der Düngebehörde sowie eine im Vorfeld vom landwirtschaftlichen Betrieb erhobene Behälterprobe herangezogen. Auf diese Weise werden alle praxisüblichen Möglichkeiten zur Nährstoffermittlung berücksichtigt. Die unterschiedlichen Verläufe des Stickstoffgehalts sind in Abbildung 2 dargestellt.

Quelle: Bernd Schlagge

Es ist zu erkennen, dass der Richtwert, die Einzelprobe des Betriebes und die beim Versuch entnommene Behälterprobe deutlich unterschiedliche, konstante Stickstoffgehalte vorgeben.

Im Gegensatz dazu ist von NIRS 1 ein ansteigender Verlauf im Bereich des Richtwerts ermittelt worden. Dagegen liegen die Messwerte von NIRS 2 zunächst auf konstant niedrigem Niveau, bis nach der Umstellung des Rührwerks ein Sprung erfolgt. Anschließend schwanken die Werte auf einem deutlich höheren Niveau.

Die Ergebnisse der fassweise erhobenen Laboranalysen sind grün dargestellt und zeigen auf, dass der Stickstoffgehalt tatsächlich angestiegen ist. Beim ersten Fass liegt der Wert bei zirka 3,5 kg N/m³. Anschließend erfolgt ein relativ konstanter Anstieg bis auf zirka 4,5 kg N/m³.

Augenscheinlich nähren sich diesem Verlauf NIRS 1 und der Richtwert am besten an. Im Vergleich dazu schwankt der reale Phosphorgehalt deutlich extremer, siehe grüner Verlauf in Abbildung 3. Dabei tritt bis zu Fass 18 ein moderater Anstieg auf, bis die Umstellung des Rührwerks einen deutlichen Sprung auslöst. Anschließend setzt sich der Anstieg weiter fort. Es ist ersichtlich, dass dieser Verlauf von keiner Abschätzvariante hinreichend genau abgebildet werden kann.

Der Gehalt an Trockensubstanz verläuft ähnlich zum Phosphorgehalt. Doch im Gegensatz dazu kann sich NIRS 1 dem Verlauf in diesem Fall relativ gut annäheren (siehe Abbildung 4).

Quelle: Bernd Schlagge
Quelle: Bernd Schlagge

Homogenität

Die ermittelten Nährstoffverläufe bestätigen den beim Versuch gewonnenen Eindruck, dass die Gülle trotz des permanenten Aufrührens nicht homogenisiert werden konnte. Das äußert sich unter anderem darin, dass der Stickstoffgehalt in den Fässern über die Behälterleerung um knapp 30 % zugenommen hat. Zudem haben sich der Phosphor- und der TS-Gehalt sogar mehr als verdoppelt.

Diese extreme Inhomogenität ist einerseits auf das unterdimensionierte Rührwerk des Betriebes zurückzuführen. Andererseits ist eine vollständige Homogenisierung selbst unter optimalen Bedingungen kaum realisierbar, da insbesondere Schweinegülle zu einer sehr schnellen Ausbildung von Schwimm- und Sinkschichten mit unterschiedlichen Nährstoffgehalten neigt.

Für eine möglichst gezielte und gleichmäßige Nährstoffausbringung sollte daher in jedem Fall rechtzeitig, ordentlich und dauerhaft aufgerührt werden.

Die Anhäufung an ungelösten Feststoffen wurde im Behälter verteilt.

Genauigkeit

Für die Beurteilung der Genauigkeit der Abschätzvarianten sind deren mittlere Abweichungen zum Referenzverlauf entscheidend. Diese wurden für alle Nährstoffe berechnet und in der Tabelle zusammengefasst.

Es ist zu erkennen, dass die Richtwerte in diesem Fall relativ genau mit den wahren Nährstoffgehalten der Gülle übereinstimmen. Da bei Richtwerten allerdings kein direkter Bezug zur vorhandenen Gülle besteht, können die Abweichungen in anderen Fällen wesentlich höher ausfallen. Diese Annahme hat sich in durchgeführten Stichproben bestätigt.

Bei den einzelnen Behälterproben liegen dagegen deutlich größere Abweichungen vor. In den Abbildungen 2, 3 und 4 ist gut ersichtlich, dass der Anstieg der Gehalte Abweichungen hervorgerufen hat. Zusätzlich ist davon auszugehen, dass bei der Betriebsprobe entweder Fehler bei der Probenahme begangen worden oder Veränderungen der Gülle zwischen dem Probenahme- und Ausbringzeitpunkt aufgetreten sind.

Am genausten konnten die Nährstoffgehalte über das System NIRS 1 bestimmt werden. Dieses Ergebnis beweist, insbesondere im Zusammenhang mit den ermittelten Nährstoffverläufen, dass mit NIRS-Technik sowohl genaue Nährstoffgehalte gewonnen als auch Nährstoffschwankungen zwischen einzelnen Fässern erfasst und kompensiert werden können. Dadurch werden insbesondere die sehr ungünstigen Ausbringvorgänge, bei denen entweder eine extreme Unter- oder eine Überdüngung auftritt, vermieden. Insofern konnte mit NIRS-Technik tatsächlich eine Steigerung der Wirksamkeit der Gülle durch eine gleichmäßigere und gezieltere Ausbringung herbeigeführt werden.

Die Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die vorhandene Gülle von der hinterlegten Kalibrierung abgedeckt wird. Dieser Fall lag bei NIRS 2 augenscheinlich nicht vor. Außerdem treten beim Phosphorgehalt in der Regel größere Abweichungen auf.

Fazit

Mit der NIRS-Technik können unter Voraussetzung einer geeigneten Kalibration sowohl genaue Nährstoffgehalte gewonnen als auch Nährstoffschwankungen zwischen den einzelnen Fässern erfasst werden. Auf diese Weise konnte der Stickstoffgehalt über NIRS 1 im Durchschnitt auf 8 % genau ermittelt werden.

• Sowohl bei den Richtwerten als auch bei einzelnen Behälterproben sowie bei schlecht kalibrierten NIRS-Systemen können deutliche Abweichungen auftreten.

• Für den Stickstoffgehalt lagen die Abweichungen im Versuch bei bis zu 34 %.

• Auf Grundlage der Einzelprobe des Betriebes wären 26 % zu wenig Gülle ausgebracht worden. Dagegen wurde die optimale Ausbringmenge über NIRS 1 auf 7 % genau getroffen.

• Die Gehalte an Stickstoff, Phosphor und Trockensubstanz können über eine Behälterleerung erheblich schwanken.


Es werden Betriebe gesucht

Um die ermittelten Erkenntnisse zu bestätigen, werden in nächster Zeit sowohl weitere Behälterleerungen als auch pflanzenbauliche Versuche durchgeführt. Interessierte Betriebe, die innerhalb eines Tages oder weniger Tage ein gefülltes Güllelager vollständig leeren, können sich für die Teilnahme an weiteren Versuchen melden und damit einen betriebsindividuellen Verlauf der Nährstoffgehalte ermitteln lassen unter bernd.schlagge@lwk-niedersachsen.de

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