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Über Afrikanische Schweinepest und Kupierverzicht

Schweine aktuell: Der Schweinetag Nord-Süd 2022
Von Dr. Charlotte Grimberg-Henrici, Schweinespezialberatung SH
Für die ASP-Früherkennung kann nun zwischen verschiedenen Verfahren gewählt werden. Foto: Dr. Charlotte Grimberg-Henrici

Am 27. Januar 2022 fand zum zweiten Mal der Schweinetag Nord-Süd statt. Der Schweinetag Nord-Süd wurde von den vlf Schleswig/Flensburg, Nordfriesland, Ostholstein, Stormarn, dem Verein für Fachschulabsolventen Mölln und Bad Segeberg-Kaltenkirchen, dem Netzwerk Fokus Tierwohl sowie der Schweinespezialberatung Schleswig-Holstein gemeinsam gestaltet und erneut online angeboten. Auch dieses Jahr fand die Veranstaltung mit 150 Teilnehmern große Resonanz, die zum größten Teil aus der Praxis kamen. Die diesjährige Veranstaltung sorgte für mehr Klarheit bezüglich der Afrikanischen Schweinepest (ASP) und präsentierte mit einem Praktikerbericht Erfahrungen zum Kupierverzicht.

Nach einer Begrüßung von Karin Müller, der Geschäftsführerin der Schweinespezialberatung Schleswig-Holstein, eröffnete Dr. Gabriele Wallner vom Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein die Veranstaltung. Dr. Wallner ist Referentin für Veterinärwesen und informierte über die Rechtsgrundlage zur ASP. Schwerpunkte waren das europäische und das nationale Tiergesundheitsrecht, die Konsequenzen eines ASP-Ausbruchs im Wild- und Hausschweinebestand, die Neubenennung der verschiedenen ASP-Zonen und die damit verbundenen Anforderungen zur Verbringung der Hausschweine. Des Weiteren stellte sie die verschiedenen Verfahren der ASP-Früherkennung vor. Das Verfahren 1 beinhalte eine kontinuierliche Untersuchung der Falltiere und regelmäßige amtliche Betriebskontrollen. Im Seuchenfall seien somit alle Voraussetzungen zur Verbringung der Tiere erfüllt. Das Verfahren 2 beinhalte keine kontinuierliche Untersuchung der Falltiere, jedoch regelmäßige amtliche Betriebskontrollen. Im Seuchenfall sei eine mindestens 15-tägige Untersuchung verendeter Tiere notwendig, um die Voraussetzungen zur Verbringung der Tiere zu erfüllen. Das Verfahren 3 beinhalte keine kontinuierliche Untersuchung der Falltiere und auch keine regelmäßigen amtlichen Betriebskontrollen. Im Seuchenfall sei somit mindestens eine amtliche Betriebskontrolle erforderlich und eine mindestens 15-tägige Untersuchung verendeter Tiere notwendig, um die Voraussetzungen zur Verbringung der Tiere zu erfüllen.

Die Biosicherheit im Betrieb

Als weiterer wichtiger Teil des Themas ASP folgte der Vortrag über Maßnahmen zur Verbesserung der Biosicherheit von Dr. Jürgen Harlizius, der bei der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen arbeitet und als Fachtierarzt für Schweine dem Team des Tiergesundheitsdienstes angehört. Dr. Harlizius informierte über die aktuelle Verbreitung der ASP, die Risiken der Einschleppungswege, über die nicht vorhandene Aussicht auf eine Impfung gegen ASP und die Notwendigkeit der Einhaltung der Schweinehaltungshygieneverordnung. Er präsentierte mit anschaulichen Bildern Umsetzungen zur Einfriedung, Hygieneschleusen und Kadaverlagerung aus der Praxis. Harlizius schloss seinen Vortrag mit dem Erfahrungsbericht über einen lettischen Schweinebetrieb ab, der einen ASP-Ausbruch verkraften musste. Es sei ein Vorzeigebetrieb unter anderem bezogen auf Tiergesundheit, Hygiene und ASP-Prävention. Das Besondere sei der schleichende und damit verschleierte Verlauf der ASP in dem Bestand gewesen. Der Einschleppungsweg der ASP konnte bislang immer noch nicht aufgeklärt werden. Die Aussage war, dass die ASP sich auch subklinisch zeigen und somit länger im Bestand unentdeckt bleiben kann. Somit seien klare hygienische Abgrenzungen zwischen verschiedenen Produktionszweigen notwendig, um die Seuche nicht unbemerkt weiterzutragen. Die Einfriedung des Geländes und die vor Wildschweinen sichere Lagerung von Futter und Stroh seien weitere wichtige Maßnahmen, die getroffen werden müssten.

Erfahrungen zum Kupierverzicht

Einen Themenwechsel nahm der Praktikerbericht über Erfahrungen zum Kupierverzicht von Jan-Hendrik Hohls vor. Er ist Landwirt aus der Lüneburger Heide und stellte seinen Betrieb mit 320 Sauen im teilgeschlossenen System vor. Seit 2017 ist sein Unternehmen Modell- und Demonstrationsbetrieb zur Verbesserung und Anreicherung der Haltungsumgebung. Sein Rezept für einen Ringelschwanz ist eine ganzheitliche betriebliche Ausrichtung hin zu mehr Tierwohl und Tiergesundheit und ein vor allem weizenreduziertes Futterkonzept für die Tiere. Zudem ist Hohls überzeugter Selbstmischer des Futters für seine Tiere. Die ganzheitliche betriebliche Ausrichtung beginne bei der Sau. Eine sogenannte Arena dient als Deckzentrum, seine Sauen ferkeln in 7,3 m2 großen Bewegungsbuchten ab und ziehen dort während einer vierwöchigen Säugezeit ihre Ferkel auf. Die erste Hürde für den Ringelschwanz sei die Zeit zwei bis vier Wochen nach dem Absetzen. Um den Ferkeln genug Ablenkung zu bieten, arbeitet er mit einer erhöhten Ebene in der Aufzucht, Kontaktgittern zu Nachbarbuchten, Strukturierung der Bucht und einer intensiven Tierkontrolle. Zudem erhalten die Tiere stark weizenreduziertes, grobes Futter und bekommen regelmäßig Haferkleie in Schalen angeboten. Hohls betonte, dass ein sogenannter Notfallkoffer mit Besonderheiten im Falle eines Beißausbruches nie fehlen dürfe, um die Tiere voneinander ab- und wieder auf ihre Umgebung zu lenken. Er nannte Beispiele wie das Anbieten von Baumwollseilen, Fischmehl, Jutesäcken und Ferkeltorf. Acht bis zwölf Wochen nach dem Absetzen sei wieder eine kritische Zeit erreicht, in der der Ringelschwanz gefährdet sei. Seine neuesten Projekte sind zum einen die Erweiterung seines Maststalles mit einem Außenauslauf und regelmäßiger Strohgabe und zum anderen der Bau eines Pigport5-Stalles. Jedoch betonte Hohls, dass der intakte Ringelschwanz herausfordernd und durch mehr Aufwand und Zeit teurer sei. Außerdem müssten finanzielle Reize für den Landwirt gesetzt werden, um dies realisieren zu können.

Schlusswort Schweinetag Nord-Süd

Das Abschlusswort des zweiten Schweinetages Nord-Süd übernahm dieses Jahr Thorsten Reimers, Landwirt, Schweinehalter und Vorstandsmitglied der Schweinespezialberatung Schleswig-Holstein. Er sprach die seit Corona andauernde berufszerstörende wirtschaftliche Situation der Schweinehalter an und lobte das Interesse der Praktiker an der Veranstaltung trotz der stark angespannten Situation. Im Namen des ganzen Teams des Schweinetages Nord-Süd bedankte er sich für die wertvollen Vorträge und freut sich auf den dritten Schweinetag Nord-Süd 2023.

Der Ringelschwanz verlangt ein abgestimmtes Betriebskonzept. Foto: Dr. Charlotte Grimberg-Henrici
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