Vier Tage lang von morgens um 8 Uhr bis spät in die Nacht gab es in den Holstenhallen in Neumünster Spring- und Dressursport, Vielseitigkeit, Kostüme und Show. Mit dabei waren Nachwuchsreiter, die zum ersten Mal in den Holstenhallen starteten, aber auch viele Routiniers und natürlich alles dazwischen. Sie alle boten den 45.000 Zuschauern viele spannende Stunden.
Josch Löhden und der Cornet Obolensky-Sohn EIC Schabernack gewannen das wichtigste Springen der VR Classics, den Großen Preis am Sonntagabend. Nachdem sie in der Qualifikation noch vier Fehler zu verzeichnen hatten, blieben sie im Finale fehlerfrei und setzten sich an die Spitze des 40-köpfigen Starterfelds. „Mein Plan war natürlich, null und superschnell zu reiten”, verriet der 33-Jährige aus Niedersachsen. Der Plan ging auf: Den Zweitplatzierten, Robin Naeve und Carlito H, nahm das Paar 5 s ab. Die Dänin Caroline Rehoff Pedersen blieb mit Golden Eye ebenfalls fehlerfrei und sprang auf Rang drei.
Als vierter Starter im zweiten Umlauf hatte Löhden keine Gelegenheit, sich andere Reiter vor ihm anzuschauen. „EIC Schabernack ist ein sehr, sehr schnelles Pferd, das sich nicht lange am Sprung aufhält und mitkämpft. Nach meiner Runde habe ich die ganze Zeit mitgefiebert und das Glück war dann auch noch auf meiner Seite”, erzählte er im Anschluss an seinen Sieg.
Robin Naeve, der 28-jährige Sohn des Nationenpreisreiters Jörg Naeve aus Bovenau, Kreis Rendsburg-Eckernförde, freute sich sichtlich über seinen zweiten Platz. Er gab zu, dass Carlito H „nicht das schnellste Pferd” sei, aber immer alles gebe. Neumünster sei für ihn als Schleswig-Holsteiner ein sehr spezielles Turnier: „Es gibt so viele Turniere an diesem Wochenende, ein Viersterneturnier in Opglabbeek, fünf Sterne in Hongkong, zwei Sterne in Oliva, aber mit dieser Stimmung in den Holstenhallen können die alle nicht mithalten. Es ist jedes Mal ein Genuss, hier zu reiten.“
Schon die Qualifikation für den Großen Preis war anspruchsvoll: Parcourschef Christian Wiegand und sein Team hatten für das Championat von Neumünster, ein internationales Weltranglistenspringen, einen Parcours über 1,55 m aufgebaut. Für das Stechen qualifizierten sich 17 der 51 Starterpaare. Der 26-jährige Bas Moerings und seine KWPN-Stute Kivinia siegten vor dem Sachsen Michael Kölz mit Catch Me P und Tobias Schwarz aus Baden-Württemberg mit Lugano.
Knappe Entscheidungen
Hannes Ahlmann aus Reher, Kreis Steinburg, triumphierte im Championat der Pferdestadt Neumünster. Der neunjährige Holsteiner Hengst Coquetto holte mit der schnellsten fehlerfreien Runde im Stechen seinem 24-jährigen Reiter den Titel, den Ahlmann noch auf seiner „Bucket List“ hatte, wie er im anschließenden Interview zugab. Sechs der 25 Teilnehmer in der nationalen Springprüfung der Klasse S* waren fehlerfrei geblieben und traten zum Stechen an. Die ersten drei Starterpaare mussten jeweils einen Abwurf in Kauf nehmen. Nisse Lüneburg und Chill Out RL gelang die erste Nullrunde in genau 39,0 s, doch ihre Führung währte nicht lang. Ahlmann und Coquetto benötigten lediglich 38,11 s. „Ich hatte mir ein, zwei Paare angeguckt und gesehen, dass vor mir relativ viele Fehler gemacht wurden. Nisse war der erste Nuller und ich wusste, dass ich auf Risiko, aber nicht total verrückt reiten muss”, beschrieb Ahlmann seine Strategie.
Bei der 20. Auflage des Indoor Eventing traten Olympiasieger, Europameister und Landesmeister zur Zweiphasenspringprüfung der Klasse M* über Naturhindernisse an. Getragen von der Begeisterung und dem Applaus der Reitsportfans lieferten sich die 17 Teilnehmer ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen. Zuerst übernahm der 16-jährige Lukas Goertz aus Schwentinental, Kreis Plön, auf dem Schimmel Mon Ami Brillante die Führung von Rebecca-Juana Gerken. Seine Zeit konnte erst der Fehmaraner Mathies Rüder auf seinem Irish Sport Horse Poynstown Porsch unterbieten. Reitmeisterin Ingrid Klimke und Equistros Siena just do it als drittletzte Starter waren allerdings fast 2 s schneller. „Ich wusste ja, dass Mathies vorn liegt und Lukas auch schnell geritten ist. Da habe ich gedacht, wer nicht wagt, der nicht gewinnt”, verriet die zweimalige Olympiasiegerin und fügte hinzu: „Das hat irre Spaß gemacht.“
Zum ersten Mal wurde das HGW Bundesnachwuchschampionat der Springreiter in den Holstenhallen ausgetragen. Unter den 25 qualifizierten Reitern aus ganz Deutschland waren auch drei Schleswig-Holsteiner: Lukas Goertz, Sophie Kessel aus Fleckeby, Kreis Rendsburg-Eckernförde, und Fritz Brunk aus Niebüll, Kreis Nordfriesland. In der Einlaufprüfung, einem Stilspringen der Klasse M**, überzeugten Kessel und der Holsteiner Crossfire mit einer 8,5 auf dem dritten Platz. Im Finalumlauf am Sonnabend zeigten alle drei Schleswig-Holsteiner schöne Runden, hatten aber jeweils einen Fehler. Bei Kessel wurde so aus einer 8,5 eine 8,0 und bei Goertz aus einer 8,2 eine 7,7. Platz neun und Platz 13 bedeutete das am Ende. Brunk kam mit F Casalita auf Platz 17. Das Nachwuchschampionat wird auch in den kommenden zwei Jahren in Neumünster stattfinden.
Nachwuchs im Fokus
Für den Nachwuchs aus der Region standen wie immer mehrere Prüfungen auf dem Programm. Im Championat der Ponyreiter überzeugten Amy Carlotta Reinfandt und ihr erst sechsjähriger Deutscher Reitponyhengst Nandoo N. Sie bekamen eine 8,8. „Ich kann es noch gar nicht richtig glauben“, gestand die 14-jährige Reiterin des Reit- und Fahrvereins Höllnhof Schülp, Kreis Rendsburg-Eckernförde, und berichtete, wie aufgeregt sie gewesen war. Henrike Beckmann und Crazy-Hardbreaker SP WE sprangen mit einer 8,5 auf den zweiten Platz vor Phelina Lage auf Gaarzer Casimir (8,4).
Der 20-jährige Mathies Rüder gewann im Sattel der Holsteiner Stute Flora V das Championat der Pferdestadt Neumünster der Junioren und Jungen Reiter. Leni Hansen und Lillet Wild Berry blieben ebenfalls fehlerfrei und belegten den zweiten Rang. Moritz von Hessen und L. B. Fashino komplettierten die Top drei. Für die Ehrenrunde tauschte Rüder den Sattel von Flora V gegen das Fahrrad, das er als Sonderehrenpreis bekommen hatte.
Zum Mannschaftsstilspringen der Klasse A**, dem Finale der Röschmann Team Trophy, waren die sechs besten Mannschaften eingeladen worden. Auch Bettina Roge mit den Reitern des Reitvereins Westwalddistrikt Nettelsee, Kreis Plön, war dabei. Das sehr junge Team hatte im vergangenen Jahr schon einmal teilgenommen. Diesmal behielten alle die Nerven, zeigten vier Toprunden und holten sich vor den Titelverteidigern des Fehmarnschen Ringreitervereins um Inga Czwalina den Sieg.
Im Youngster Cup standen die jungen Pferde im Mittelpunkt. Tjade Carstensen aus Sollwitt, Kreis Nordfriesland, gewann mit dem achtjährigen Mastermind sowohl die Einlaufprüfung als auch das Finale. Philipp Battermann-Voß aus Schülp, Kreis Rendsburg-Eckernförde, der Kasuarina HHL gesattelt hatte, kam nach Platz zwei in der Einlaufprüfung am Ende auf Platz drei. Dazwischen schob sich Tobias Schwarz mit Chakatol Boy.
Weltklasse im Viereck
Auch die Dressurreiter kamen in Neumünster auf ihre Kosten. Im FEI Dressage World Cup Grand Prix gingen am Sonnabend die Spitzenreiter des Vierecks an den Start. Die besten 15 Paare durften am Sonntag die Kür reiten. Dazu gehörten auch die Sieger vom Sonnabend, die Norwegerin Isabel Freese und ihr Oldenburger Total Hope. Die beiden mussten in der Kür nur die Dänin Nanna Skodborg Merrald und ihren Blue Hors Zepter an sich vorbeiziehen lassen, denn Merrald führte wie schon 2023 die Ehrenrunde an. Mit 81,465 % sicherte sie sich den Sieg und die maximale Anzahl an Punkten für den Weltcup.
Freese und Total Hope waren auf 81,265 % gekommen, es war also eine knappe Entscheidung. Dabei hielten alle erst einmal kollektiv den Atem an, als Total Hope zu Beginn der Prüfung kurzzeitig scheute. Doch Freese führte ihren Hengst vorsichtig zurück in die ursprüngliche Choreografie. Dass das Paar dennoch mehr als 81 % erreichen konnte, beweist die Qualität der restlichen Prüfung.
Im 30. Neumünsteraner Schauwettbewerb boten die acht teilnehmenden Reitvereine mehr als 90 min lang ganz viele Facetten des Pferdesports. Rund 550 Akteure mit 200 Pferden, Ponys und Hunden bevölkerten das Oval der Holstenhallen. Sie verzauberten die Zuschauer und eine Jury aus prominenten Teilnehmern mit ihren Choreografien und fantasievollen Kostümen. Der Reit- und Fahrverein Bad Segeberg nahm zum ersten Mal teil und konnte sich mit dem Schaubild „Tatort Segeberg – Mord auf dem Landesturnier“ den Sieg in der Jurywertung sichern. Publikumsliebling war die Reitgemeinschaft Augustenhof mit „So schön ist Schleswig-Holstein”. Der Applaus erreichte stolze 108 dB.
Veranstalter Francois Kasselmann befand am Ende des Turniers: „Es waren Gänsehautmomente dabei und das macht uns als Veranstalter sehr stolz. Die Stimmung in den Holstenhallen ist weltweit nicht zu toppen.”
pm