Züchter und Halter von Galloway-Rindern trafen sich am vergangenen Wochenende zur Mitgliederversammlung des Bundesverbands Deutscher Galloway-Züchter (BDG) in Schleswig-Holstein. Das Rahmenprogramm bot spannende Einblicke in nachhaltige Rinderhaltung und regionale Vermarktung – mit dem Besuch des Sylt-Gutes Andersen als einem der besonderen Höhepunkte.
Der Auftakt fand am Freitag auf dem Betrieb Bunde Wischen eG statt. Der Bioland-Betrieb bewirtschaftet 1.500 ha Naturschutzfläche mit rund 900 Galloways und weiteren robusten Rinderrassen sowie Koniks. Betriebsleiter Gerd Kämmer gewährte Einblicke in die naturschutzbasierte Mutterkuhhaltung in halboffenen Weidelandschaften. Themen wie Kugelschuss auf der Weide, nachhaltiges Parasitenmanagement, Wolfsprävention und die Direktvermarktung von hochwertigem Biofleisch stießen auf großes Interesse und auch eine Besichtigung der großen Herde wurde durchgeführt.
Exkursion nach Sylt
Das Programm führte die Züchter am Sonnabend auf die Nordseeinsel Sylt. Nach der Überfahrt begrüßte Seniorchef Sönke Andersen die Gäste in Westerland. Eine geführte Bustour bot Einblicke in den landwirtschaftlich geprägten Osten der Insel – ein oft übersehener Aspekt Sylts außerhalb der touristischen Zentren. Anschließend versammelte sich die Gruppe am Betrieb der Familie Andersen in Keitum. Direkt am Bahnhof gelegen, vereint das Sylt-Gut Andersen, umgeben von grünen Weideflächen, auf denen die robusten Galloways grasen, einen gut bestückten Hofladen, eine eigene Schlachterei, eine Manufaktur und vor allem familiäre Gastfreundschaft.
Juniorchef Theide Andersen erläuterte die Besonderheiten der Galloway-Haltung auf der Insel. „Unsere Rinder leben ganzjährig in der freien Natur Sylts“, erklärte er. „Die Salzwiesen liefern dabei nährstoffreiches Futter von besonderer Qualität.“ Seit 1989 werden hier Galloways unter dem Herdbuchnamen „Von Sylter Salzwiesen“ gezüchtet. Die Zucht erfolgt ökologisch und stressfrei. Mit einem Zuchtbullen sichert man die natürliche Genweitergabe, während die Kühe unter freiem Himmel kalben und bis zur Schlachtreife draußen leben. Die Herdbuchzucht, die nie genetisch verändert wurde, ermöglicht eine lückenlose Rückverfolgbarkeit bis zu den Ursprüngen aus dem schottischen Shankend Farm Cottage.
Auch die Direktvermarktung ist ein zentrales Element: „Bei der Sylter Landschlachterei und der Galloway-Zucht im Allgemeinen steht die regionale Wertschöpfung oft im Mittelpunkt. Das ist gut für die Tiere, gut für die Qualität und gut für die Region.“ Die Familie betreibt für den Verkauf einen Hofladen: „Wir bieten derzeit 84 verschiedene Produkte an – von Fleisch und Wurst über Honig, Marmelade bis zu Fellen“, berichtet Theide Andersen. Auch Lämmer würden gehalten und regional vermarktet. Diese unterschiedlichen Ausrichtungen des Betriebes fordern viele helfende Hände und so ist der Familienbetrieb personell breit aufgestellt. Neben den Brüdern Theide und Bleicke und dem Vater Sönke arbeiteten etwa auch Mutter Maren und weitere Familienmitglieder und Angestellte mit. „Und die vierte Generation ist sogar auch schon da“, ergänzte Theide.
Sönke Andersen schilderte den Werdegang des Hofes und erinnerte an die Vision seines Vaters: eine artgerechte Haltung von Galloways unter den besonderen Bedingungen der Insel. Der Grundstein für diese Zucht wurde 1987 von Dr. Claus Andersen gelegt, als er die ersten Tiere nach Sylt brachte. Selbst gelernter Koch, habe er den Betrieb im weiteren Verlauf stetig erweitert und an die Bedürfnisse der Kundschaft angepasst.
Vielfalt in der Zucht
Arno Molter, Vorsitzender des BDG, hob besonders die gelungene Integration regionaler Betriebe in das Rahmenprogramm hervor. Er betonte, dass solche Veranstaltungen die vielfältige Galloway-Züchtung in Deutschland gut demonstrierten und die Mitgliederversammlung samt Rahmenprogramm eine einzigartige Gelegenheit sei, regionale Besonderheiten sowie Kultur, Land und Leute kennenzulernen.
Rüdiger Stadus, stellvertretender BDG-Vorsitzender, lenkte den Blick derweil auf aktuelle Herausforderungen und gab an, dass die Blauzungenkrankheit den Galloway-Züchtern Sorge bereite und ein großes Problem sei. Aber auch die Flächenbewirtschaftung bleibe eine Herausforderung: Zu intensive Pflege oder völliges Ruhigstellen der Weideflächen können den Artenreichtum schmälern. Nur durch eine halboffene, tiergestützte Bewirtschaftung, wie sie etwa die Galloways ermöglichten, bleibe das Grünland artenreich und der Lebensraum Weide erhalten. Eingriffe des Menschen seien unvermeidlich, sie müssten jedoch stets ausgewogen erfolgen. Die vielen behördlichen Auflagen seien wenig hilfreich, schloss Stadus ab.
Der späte Sonnabend stand im Zeichen des Züchterabends. Nach der Ehrung der Jungzüchter 2024 berichtete Dr. Walter Reulecke vom Fleischrinder-Zuchtverband Schleswig-Holstein über aktuelle Entwicklungen in der Galloway-Zucht. Die offizielle Mitgliederversammlung des BDG fand am Sonntagvormittag statt, auf der Mitglieder und Gäste über aktuelle Themen des Verbands diskutierten. Aufgrund des freiwilligen Ausscheidens zweier Vorstandsmitglieder kam es auch zu Neuwahlen: Neu im Vorstand sind Johannes Herold und Christian Boss.
Nachmittags bot sich die Möglichkeit, Galloway-Betriebe in der Region zu besichtigen und ein gelungenes Wochenende ausklingen zu lassen.