Die Bestände der Wintergerste und des Winterroggens sind jetzt zum Beginn des Frühjahrs überwiegend gut entwickelt. Optimale Aussaatbedingungen im Herbst sowie der milde Winter sind hierfür verantwortlich. Allerdings ist auch Ausgangsbefall mit Echtem Mehltau, Rhynchosporium-Blattflecken und insbesondere auch mit Roggen-Braunrost und mit Zwergrost zu beobachten.
Die Witterung im April und Mai wird bestimmen, wie hoch der Krankheitsdruck ausfällt.
Rhynchosporium und Netzflecken
Sowohl in der Wintergerste als auch im Winterroggen haben Rhynchosporium-Blattflecken eine große Bedeutung. Die Verbreitung der Sporen erfolgt durch Regentropfen. Mindestens zwölf Stunden Blattnässe sind für eine erfolgreiche Infektion nötig. Aufgrund des Übertragungsmediums Wasser erfolgt die Verbreitung im Bestand vergleichsweise langsam. Insgesamt ist diese Krankheit auf niederschlagreiche, milde und strahlungsarme Witterung angewiesen.
In der Wintergerste spielt in anfälligen Sorten auch die Netzfleckenkrankheit eine Rolle. Für stärkere Frühjahrsinfektionen sind sowohl eine warme Witterung und starke Sonneneinstrahlung als auch ausreichende Niederschläge nötig. Die Verbreitung erfolgt mit dem Wind, womit eine schnelle Durchdringung der Bestände möglich ist.
Gersten-Mehltau und Roggen-Mehltau sind auf die jeweilige Kultur spezialisiert. Feuchtes Mikroklima und milde, strahlungsarme Witterung sind für die Entwicklung essenziell. Ertragsverluste durch den Echten Mehltau waren in den vergangenen Jahren selten.
Große Bedeutung der Rostkrankheiten
Der Zwergrost in der Wintergerste sowie der Braunrost im Roggen hatten in den vergangenen Jahren jeweils die höchsten Befallswerte aller Blattkrankheiten. Auch die Ertragsverluste können durch Befall mit diesen Rostpilzen gerade bei frühzeitig stärkerem Befall besonders hoch ausfallen. Die Entwicklung beider Krankheiten wird durch strahlungsreiche Witterung in Verbindung mit milden Nachttemperaturen gefördert. Außerdem ist für eine erfolgreiche Infektion eine geringe Blattnässedauer von zirka sechs bis zehn Stunden ausreichend, womit vereinzelte Niederschläge und auch teilweise stärkerer Tau genügen. Schwächere Infektion können bereits bei niedrigen einstelligen Temperaturen erfolgen, weshalb auch bereits aktuell ein Ausgangsbefall zu beobachten ist. Für eine schnelle Befallsentwicklung in der Schossphase sind jedoch höhere Temperaturen nötig.
Der Zwergrost in der Gerste ist an milde Temperaturen angepasst, sodass der optimale Temperaturbereich für Infektion und Pilzwachstum bei ungefähr 15 bis 20 °C liegt. Mindestens 15 °C sollten auch beim Roggen-Braunrost für eine stärkere Infektion vorliegen. Der Temperaturbereich für eine optimale Entwicklung liegt allerdings zwischen 20 und 25 °C bei Nachttemperaturen von über 12 °C.
Ramularia schwer einzuschätzen
In der Gerste hat die Ramularia-Sprenkelkrankheit in den vergangenen Jahren bei fehlendem Fungizidschutz vermehrt deutliche Ertragsverluste hervorgerufen. Dabei nimmt die Bedeutung in Schleswig-Holstein von Norden nach Süden zu. Leider bleibt es schwierig, Infektionsbedingungen zu erkennen und die Befallssituation einzuschätzen, da einige Aspekte der Epidemiologie noch unbekannt sind. Der Hauptinfektionsweg scheinen windverbreitete Sporen zu sein, die milde Temperaturen und eine lange Blattnässedauer für eine erfolgreiche Infektion benötigen. Die Symptome der Krankheit treten jedoch nur bei intensiver Sonneneinstrahlung auf. Daher tritt die Ramularia-Sprenkelkrankheit häufig erst zur Milchreife ertragsrelevant auf.
Weniger Krankheiten durch tolerante Sorte
Die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein veröffentlicht jährlich die Krankheitsbonituren der Landessortenversuche in der Wintergerste. Die Toleranzunterschiede zwischen den Sorten sind in jedem Jahr und für alle wesentlichen Krankheiten groß. Dies gilt es in der Fungizidstrategie auch für den reduzierten Einsatz in gesunden Sorten zu nutzen.
Fungizidresistenz bei Netzflecken
Resistenzen entstehen durch Selektion einzelner resistenter Isolate, deren Anteile über wiederholte Anwendungen einzelner Wirkstoffe bis zur vollständigen Verdrängung des Wildtyps steigen. Die Anwendungshäufigkeit einzelner Wirkstoffe oder Wirkstoffgruppen ist damit der wesentliche Faktor für Resistenzentwicklungen. Besonders stark fortgeschritten sind die Resistenzen der Netzfleckenkrankheit in der Gerste. Hier sind aktuell nur noch die zwei Fungizide Pyraclostrobin (Produkte: Comet, Tomec, Balaya, Priaxor) und Trifloxystrobin (Produkt: Delaro Forte) stärker wirksam. Diese Produkte sollten aber nur in anfälligen Sorten oder bei sehr hohem Infektionsdruck zum Einsatz kommen, um deren Wirkung möglichst lange zu erhalten.
Fungizidresistenz bei Ramularia
Auch gegenüber der Ramularia-Sprenkelkrankheit sind nur noch wenige Fungizide wirksam. Eine gute Kontrolle ist durch eine Kombination des Kontaktfungizides Folpet (Produkt: Folpan 500 SC) mit den Azol-Fungiziden Mefentrifluconazol (Beispielprodukt: Revytrex) oder Prothioconazol (Beispielprodukte: Ascra Xpro, Pioli + Soratel) in jeweils robusten Aufwandmengen möglich. Dabei sollte ein jährlicher Wirkstoffwechsel in der Abschlussbehandlung zwischen den zwei genannten Azol-Fungiziden erfolgen.
Abschlussbehandlung sichert Ertrag
Sowohl im Winterroggen als auch in der Wintergerste hat die Abschlussbehandlung zum Ährenschieben die höchste Relevanz in der Krankheitskontrolle und der Ertragsabsicherung. Des Weiteren ist der Schutz der Blattetagen F-1 und F-2 sinnvoll, wobei nur in anfälligen Sorten insgesamt mehr als zwei Behandlung wirtschaftlich sind.
Sofern die Blattetage F-2 (Stadium 31-32) voll entwickelt ist, muss auf Infektionsbedingungen für Rhynchosporium-Blattflecken geachtet werden. Hier reichen in Abhängigkeit vom Infektionsdruck und der Sortenanfälligkeit 0,3 bis 0,6 l/ha eines prothioconazolhaltigen Produktes (250 g/l Wirkstoffgehalt) gut aus. In der Wintergerste muss ab diesem Entwicklungsstadium auch auf den Zwergrost geachtet werden. Im Winterroggen kann der Braunrost ebenfalls bereits in der Schossphase auftreten. Sind Sporenlager der Rostkrankheiten sichtbar, ist die oben genannte Fungizidempfehlung ebenfalls sinnvoll. Alternativ sind speziell gegen Roste auch 0,6 bis 0,8 l/ ha eines tebuconazolhaltigen Fungizides (250 g/l Wirkstoffgehalt) möglich. Der Echte Mehltau wird in beiden Kulturen und Empfehlungen ebenfalls miterfasst.
Die Abschlussbehandlung der Wintergerste sollte so terminiert sein, dass sowohl der Blattapparat als auch Grannen direkt vom Fungizid benetzt werden. Empfehlenswert sind die Produkte 1,2 l/ha Revytrex, 1,2 l/ha Pioli + 0,6 l/ha Soratel oder 1,2 l/ha Ascra Xpro, jeweils immer in Kombination mit 1,0 bis 1,5 l/ha Folpan 500 SC, um eine ausreichende Absicherung gegen die Ramularia-Sprenkelkrankheit zu gewährleisten. Nur speziell in für Netzflecken anfälligen Sorten sollte den zuvor genannten Kombinationen 0,5 l/ha Comet/Tomec zugemischt werden oder die Wahl auf 1,5 l/ha Delaro Forte + 1,5 l/ha Folpan 500 SC fallen.
Im Winterroggen liegt in der Abschlussbehandlung der Schwerpunkt auf dem Braunrost sowie unter feuchten Bedingungen weiterhin auf den Rhynchosporium-Blattflecken. Idealerweise erfolgt diese Behandlung auch zum Ährenschieben des Roggens. Die Präparate Elatus Era + Traciafin (0,8 l/ha + 0,2 l/ ha) oder Pioli + Soratel (1,4 l/ha + 0,7 l/ha) sind dabei zu bevorzugen.
Fazit
Liegen kühle und feuchte Witterungsbedingungen vor, ist mit Rhynchosporium-Blattflecken zu rechnen. Strahlungsreiche und eher trockene Witterung fördert den Roggen-Braunrost sowie den Zwergrost in der Gerste, die besonders hohe Ertragsverluste verursachen können. Der Fungizideinsatz zum Ährenschieben bietet in beiden Kulturen das höchste Potenzial zur Ertragsabsicherung. Mit Ausnahme anfälliger Sorten sind mehr als insgesamt zwei Fungizidbehandlungen nicht wirtschaftlich. Daher sollte man das Einsparpotenzial durch Sortentoleranzen insbesondere in der Wintergerste nutzen. Dies gilt auch in Hinblick auf die schwierige Resistenzsituation der Ramularia-Sprenkelkrankheit sowie für die Netzfleckenkrankheit in der Gerste.