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Die Ukraine und der EU-Markt

Marktkommentar
Von Claus Hoeck, LK-Markt
Foto: Pixabay

Die Ukraine gehört weltweit zu den großen Produzenten und Exporteuren von Getreide und Ölsaaten. Nach dem Überfall am 24. Februar 2022 blockierte Russland die Ausfuhren der Ukraine, was Mitte 2022 zu einem starken Preisanstieg bei Getreide führte.

Um die Ukraine wirtschaftlich zu stützen, befreite die EU Anfang Juni 2022 Agrarlieferungen aus der Ukraine von Einfuhrzöllen und Kontingenten, die bis dahin die Importe limitierten. Die Ukraine hatte nun freien Zugang zum EU-Binnenmarkt. Die Agrarexporte der Ukraine in die EU verdoppelten sich von 2021 zu 2022 auf etwa 13 Mrd. €, was die ukrainische Wirtschaft stabilisierte.

Initiativen zur Stabilisierung der Ukraine

Aus Sorge um die Welternährung wurde unter Vermittlung der UN und der Türkei von Russland und der Ukraine am 22. Juli 2022 das Abkommen zur sicheren Ausfuhr von Getreide unterzeichnet. Über diesen Schwarzmeerkorridor wurden fast 33 Mio. t exportiert. Empfängerländer waren China (rund 8 Mio. t), Spanien (etwa 6 Mio. t), die Türkei (zirka 3,2 Mio. t) und Italien (2,1 Mio. t). 44 % gingen laut Weltbank in reiche Länder und 3 % in arme Länder. Das UN-Welternährungsprogramm lieferte 0,725 Mio. t nach Afghanistan, Äthiopien, Kenia, Somalia, in den Sudan und den Jemen. Nach dem Abkommen sanken die Preise für Getreide weltweit deutlich.

Da der Schiffstransport wegen der russischen Minensperren im Übrigen nicht möglich war, wurden als dritte Maßnahme „Solidaritätskorridore“ geschaffen, um Getreide per Transit durch die EU auf den Weltmarkt zu liefern. Allerdings verblieben große Mengen in der EU. Die EU-Importe ukrainischen Weizens stiegen 2022 von 0,2 Mio. t. auf 1,78 Mio. t, ukrainische Maisimporte verdreifachten sich auf 3,75 Mio. t.

Diese Mengen gelangten mit niedrigen Preisen vor allem in Polen, Rumänien, Ungarn, der Slowakei und Bulgarien auf den Markt und drückten dortige Preise deutlich. Im Dezember 2022 forderten deshalb polnische Politiker, weniger Agrarprodukte aus der Ukraine zu importieren. Im März 2023 wandten sich Polen, Ungarn, die Slowakei, Rumänien und Bulgarien an die EU-Kommission und forderten Hilfe für ihre Bauern, 56 Mio. € wurden zur Verfügung gestellt. Im April 2023 verhängte erst Polen, dann die anderen betroffenen Staaten ein Importverbot für ukrainische Agrarprodukte.

Stopp des Schwarzmeerabkommens

Am 17. Juli 2023 teilte Russland mit, dass es das Abkommen zur sicheren Ausfuhr von Getreide nicht verlängere, dies stoppte die Exporte per Schiff. Zusätzlich greift Russland die Exportinfrastruktur der Ukraine mit Raketen und Drohnen an.

Anfang Oktober vereinbarte Polen mit der Ukraine, Getreide in verplombten Waggons zu Ostseehäfen zu transportieren, zur Weiterverladung für den Weltmarkt.

Die Ukraine teilt aktuell mit, dass sich der Getreideexport im Oktober 2023 gegenüber dem Vorjahresmonat halbiert habe, von 3,6 Mio. t auf 1,8 Mio. t, die Ausfuhren in die benachbarten EU-Staaten hätten leicht zugenommen. Ab August öffnete die Ukraine eine sichere Schiffsroute entlang der Küste, auf der bisher 40 Frachtschiffe mit 700.000 t Getreide die russische Blockade umgangen haben.

Die ukrainische Landwirtschaft hat ein großes Produktionspotenzial, kann billig produzieren und verkaufen. Dies spüren nun Rapsproduzenten in Deutschland, die angesichts der großen Importe aus der Ukraine, die um 100 €/t „unter Matif“ verkauft werden, bisher ihren Raps nicht verkaufen können oder wollen.

Marktlage für die Woche vom 13. bis 19.11.2023

Getreide: Die Getreidenotierungen blieben auch in der vergangenen Woche leicht unter Druck. Der jüngste Wasde-Bericht brachte keine festere Preisentwicklung.

Raps: Auch die Matif-Rapskurse gaben in der vergangenen Woche etwas nach. In der Ukraine übertrifft die Sonnenblumenernte die Erwartungen.

Futtermittel: Der Anstieg der US-Sojakurse hat sich nicht fortgesetzt. Die Notierungen sind in der Vorwoche wieder gefallen.

Kartoffeln: Einer weiterhin stetigen Nachfrage steht ein umfangreiches Angebot gegenüber. Die Kurse stehen leicht unter Druck.

Schlachtrinder: Die Kurse für Jungbullen blieben in der Vorwoche auf dem unveränderten Niveau der vergangenen Wochen.

Schlachtschweine/-sauen: Die Kurse für Schlachtschweine blieben in der Vorwoche auf dem Stand der vergangenen vier Wochen.

Ferkel: Das zum Jahresende leicht rückläufige Ferkelangebot reicht bislang für die Nachfrage aus. Die Kurse blieben unverändert.

Milch: Entsprechend der Jahreszeit gehen die Anlieferungsmengen zurück. Die Börsenkurse für Butter und MMP sind deutlich gestiegen.

Schlachtlämmer/-schafe: Die Lämmerkurse haben sich in den vergangenen Wochen kaum geändert. Das Angebot passt zur Nachfrage.

Markttendenz für die Woche vom 20. bis 26.11.2023

Getreide: Trotz neuer russischer Angriffe auf ukrainische Häfen wird weiter eher mit einer schwach behaupteten Preisentwicklung gerechnet.

Raps: Preisschwächen bei Soja- und Rohöl drücken auch auf die Rapskurse. Die hiesigen Ölmühlen sind vorerst gut mit Importware versorgt.

Futtermittel: Ölschrote bleiben hierzulande knapp und im Preis recht fest. Die Kurse für Futtergetreide haben sich wenig bewegt.

Kartoffeln: Angebot direkt vom Feld sorgt weiterhin für Preisdruck. Dennoch können sich für Lagerware Preisaufschläge behaupten.

Schlachtrinder: Die Kurse für Schlachtkühe gaben erneut nach. Man hofft hier auf eine demnächst wieder ausgeglichene Marktlage.

Schlachtschweine/-sauen: Die Nachfrage nach frei gehandelten Schweinen hat sich etwas belebt. Das Angebot bleibt jedoch bedarfsdeckend.

Ferkel: Entsprechend der Jahreszeit rechnet man mit einer leichten Belebung der Nachfrage. Die Kurse für Importferkel wurden leicht erhöht.

Milch: China importiert große Mengen an H-Milch und MMP. Dies sorgt für Ausschläge der Terminkurse für Milchprodukte.

Schlachtlämmer/-schafe: Die Handelsbeschränkungen durch die Blauzungenkrankheit wurden gelockert. Das belebt den Handel.

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