StartNachrichtenLand & LeuteAufs Korn genommen: Maulwürfe

Aufs Korn genommen: Maulwürfe

Von Tonio Keller
Der Maulwurf ist in unseren Augen kein Ausbund an Schönheit. Ob er dieses Urteil verdient hat? Foto: Imago

Beim Buchhändler meines Vertrauens gibt es „Kartenbücher“. Das sind Postkarten­ensembles zu verschiedenen Themen, hauptsächlich Tieren, allen voran natürlich kleine Kätzchen und Hundewelpen, aber auch Elefanten oder Vögel und anderes liebreizendes Getier. Ich musste allerdings staunen über das Kartenbuch „Maulwürfe“. Wem schickt man denn solche Karten, wenn nicht um ihn zu ärgern?

Der Maulwurf sieht in unseren Augen nicht hübsch aus und hat einen schlechten Ruf. Er durchwühlt den Garten und hinterlässt Erdhügel, die hässlich sind und Schubkarren und Rasenmäher behindern. Er dient als Symboltier für Unterwanderer und Spione. Der Ausdruck „blind wie ein Maulwurf“ ist ebenfalls keineswegs nett gemeint. Und in den Bauernblatt-Comics von Kim Schmidt verspottet der Maulwurf regelmäßig den Bauern oder Gärtner.

Auch Alfred Brehm ließ in „Brehms Tierleben“ kein gutes Haar am Maulwurf. Er schrieb: „Er ist wild, außerordentlich wüthend, blutdürstig, grausam und rachsüchtig und lebt mit keinem einzigen Geschöpfe im Frieden außer mit seinem Weibchen, mit diesem aber auch bloß während der Paarungszeit und so lange die Jungen klein sind.“ Einzig der Maulwurf Grabowski bricht eine Lanze für seine Spezies, aber der ist bloß eine erfundene Kinderbuchfigur.

Nun wissen wir heute, dass es im Weltenbiotop keine „bösen“ Tiere gibt. Soll das Kartenbuch vielleicht ein Beitrag dazu sein, den Maulwurf zu rehabilitieren? Gibt es wohl entsprechend auch Postkarten mit Großaufnahmen von Stechmücken, Asseln oder Fadenwürmern? Aber an wen wollte man diese verschicken?

WEITERE ARTIKEL
- Anzeige -
- Anzeige -

Meistgeklickt