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Als Ausbilder auf Augenhöhe agieren

Interview: Erwartungen und Vorkenntnisse der Auszubildenden ändern sich
Von Martina Johannes, Landwirtschaftskammer SH
Friedrich Klose (2. v. r.) bei der Besprechung von Ausbildungsinhalten mit dem Mitarbeiterteam Lina Machnik, Lutz Volbert, Matthias Klose (v. r.). Fotos: Sönke Hauschild

Jedes Jahr starten rund 350 junge Menschen ihre Ausbildung im Beruf Landwirt/Landwirtin. Die Zahlen sind stabil, aber die Erwartungen der jungen Menschen ändern sich. Friedrich Klose, Ausbilder aus Trittau und Vorsitzender des Berufsbildungsausschusses bei der Landwirtschaftskammer, schildert im Interview, wie sich dies auf seinen betrieblichen Alltag auswirkt. Martina Johannes, Fachbereichsleiterin Bildung der Landwirtschaftskammer, sprach mit ihm.

Herr Klose, rund jeder zweite Auszubildende ist heute nicht mehr auf einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen. Welche Auswirkungen hat dies auf den betrieblichen Ausbildungsablauf?

Friedrich Klose: Wenn Berufsstarter keine praktischen Vorkenntnisse in der Maschinenführung oder im Umgang mit Tieren mitbringen, müssen wir ihnen dieses „kleine Einmaleins“ vermitteln. Hierfür ist in der Betriebsorganisation Zeit einzuplanen, für Erläuterungen und Übungsmöglichkeiten, und es braucht Geduld. Aber genau das ist ja die Aufgabe der Berufsausbildung.

Für die Schulabgänger sind die ersten vier Wochen nach dem Ausbildungsstart eine deutliche Veränderung gegenüber dem Schulbetrieb. Gleichzeitig ist Erntezeit: Es muss unbedingt darauf geachtet werden, dass der Auszubildende gut in das betriebliche Arbeitsgeschehen einbezogen wird. Das ist besonders wichtig, wenn der Wohnort des Auszubildenden weit vom Ausbildungsbetrieb entfernt ist. Hier versuchen wir, Brücken für neue persönliche Kontakte zu bauen, zum Beispiel zur Landjugend oder zur Feuerwehr.

Nicht vom Betrieb zu kommen heißt nach meiner Erfahrung nicht, dass immer mehr Zeit für Wissensvermittlung benötigt wird. Es gibt viele Beispiele von jungen Menschen mit großer Lust auf Landwirtschaft und hoher Lernbereitschaft, die nicht aus der Landwirtschaft kommen und sehr erfolgreich durchstarten.

Besonders wichtig erscheint mir, dass die jungen Menschen nicht mit einem falschen Bild von der Landwirtschaft in die Ausbildung starten. Zwei oder drei Schnuppertage auf dem Betrieb vor der Vertragsunterzeichnung fördern das persönliche Kennenlernen und vermitteln ein realistisches Alltagsbild.

Die sogenannte Generation Z der zwischen 1997 und 2012 Geborenen hat teilweise andere Bedürfnisse und Haltungen als die Jahrgänge davor. Wie reagieren Sie darauf?

Bei Jugendlichen ist das Bedürfnis nach sinnstiftender Arbeit, Feedback und guter Balance von Arbeit und Familie/Freunden heute deutlich stärker ausgeprägt. Wir besprechen daher die Arbeitsabläufe auf dem Betrieb vor der Arbeitsdurchführung intensiver und nutzen die erstellten Arbeitsanweisungen als Fahrplan. Dabei steht das zu erreichende Ziel im Vordergrund. Das Hinterfragen und Einbringen von Vorschlägen zur Verbesserung der Arbeitsqualität versuche ich zu fördern.

Wenn der Wunsch nach Eigenständigkeit besteht, gebe ich mehr Raum dafür, zum Beispiel durch Zusammenstellung eines Pools von Arbeiten, die die Auszubildenden als Team mit selbstständiger Zeiteinteilung unter sich aufteilen.

Unser Miteinander findet auf Augenhöhe statt, und die Kommunikation ist viel offener. Mit manchen direkten Reaktionen musste ich als Chef auch erst umzugehen lernen. Bei der Arbeitszeitverteilung gehen wir stärker auf persönliche Anliegen und Bedürfnisse ein, sofern dies betrieblich möglich ist.

Ich halte es für wichtig, nicht gegen gesellschaftliche Veränderungen anzuarbeiten, sondern Anpassungen vorzunehmen und die Chancen zu nutzen.

Arbeitsprozesse sollten vor der Durchführung gründlich besprochen werden, hier Lutz Volbert bei der Ladungssicherung.

Die Landwirtschaft steht bei der Nachwuchsgewinnung im Wettbewerb mit anderen Branchen. Wie können sich die Ausbildungsbetriebe erfolgreich präsentieren?

Unsere besondere Stärke liegt aus meiner Sicht in unseren persönlichen Netzwerken vor Ort, im Dorf, im Bekanntenkreis und zu den örtlichen Schulen. Aber wir sollten uns sehr viel intensiver in den digitalen Medien attraktiv präsentieren – auf der Ausbildungsplattform der Landwirtschaftskammer, durch eine betriebliche Internetseite mit Videoclip und in den Sozialen Medien. Nach meinen Erfahrungen nehmen die telefonischen Anfragen interessierter junger Menschen ab und die Mailanfragen zu.

Für sehr wichtig halte ich, dass jede Anfrage auch beantwortet wird. Es darf nicht sein, dass junge Menschen, die ihren ganzen Mut für eine Anfrage zusammengenommen haben, keine Rückmeldung erhalten. Wenn die Ausbildungsplätze bei mir besetzt sind, gebe ich nach Möglichkeit einen Hinweis auf einen Berufskollegen mit freiem Ausbildungsplatz oder schaue, ob ich ein Angebot für das nächste Jahr machen kann.

Die Präsentation des Betriebes auf den verschiedenen Kanälen muss fortlaufend aktuell gehalten werden. Hierfür haben sich bei uns festgelegte Verantwortlichkeiten und regelmäßige Terminvorlagen bewährt.

Für die Ausbildung im Beruf Landwirt/Landwirtin wurde 2020 ein Leitbild für Ausbilderinnen und Ausbilder entwickelt. Wie konnten Sie diesen „Kompass“ in Ihrem Ausbildungsalltag nutzen?

Ich war als Ausbilder am Erstellungsprozess beteiligt und habe viele Denkanstöße mitgenommen. Die dort formulierten Werte und persönlichen Fähigkeiten behandele ich im Ausbildungsalltag. Wir haben vor Kurzem auch für unseren Betrieb ein kurzes Leitbild erstellt. Hierbei hat uns eine externe Kraft unterstützt. Durch diesen Prozess haben wir genauer hingeschaut, was unsere wichtigsten Erfolgsfaktoren sind. Mit den Auszubildenden bespreche ich nach den ersten vier Wochen im Betrieb das Leitbild. Als Abschluss setzen wir gemeinsam unsere Unterschriften darunter, das erhöht die Verbindlichkeit. Wir betrachten unser betriebliches Leitbild nicht als fix, sondern werden es bei Bedarf gemeinsam weiterentwickeln.

Sie wurden im Jahr 2022 vom Deutschen Bauernverband bundesweit als Ausbildungsbetrieb des Jahres ausgezeichnet. Was ist aus Ihrer Sicht besonders wichtig in der betrieblichen Ausbildung?

Ausbildung ist eine Zukunftsinvestition: Wir müssen uns ausreichend Zeit nehmen für die Erläuterung der Arbeitsabläufe und Gelegenheiten für eine fachliche Vertiefung der Ausbildungsinhalte intensiv nutzen, zum Beispiel durch Bestandsbeurteilungen oder Tierbeobachtungen. Ich halte es für sehr wichtig, das Auge unserer Nachwuchskräfte gezielt zu schulen und besondere Begabungen zu fördern.

Ein Lob in direkter Verbindung mit der Tätigkeit stärkt die Motivation und gibt Sicherheit. Mit der gezielten Vorbereitung auf die Prüfungen starten wir bereits im Frühjahr des Prüfungsjahres. Unser Ziel ist ein vertrauensvoller Umgang, daher investieren wir in ein gutes Miteinander.

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