Theoretisch ist die Bekämpfung von Unkräutern mit Korvetto oder anderen clopyralidhaltigen Produkten teilweise im Frühjahr noch möglich, praktisch war das in den vergangenen Jahren aber nicht immer erfolgreich: Niedrige Temperaturen, oft auch verbunden mit Nachtfrost, sorgten häufig für schlechte Anwendungsbedingungen und damit auch für ungenügende Wirkungsgrade der Herbizide sowie mangelnde Verträglichkeit für die Kulturpflanzen. Außerdem war das mögliche Zeitfenster für Nachbehandlungen nach milden Wintern oft sehr kurz. Besonders rapserdflohgeschädigte Bestände boten aufgrund der geringeren Konkurrenzkraft des Bestandes Platz für den Neuauflauf von Unkräutern im Herbst. Somit muss der Fokus der Unkrautbekämpfung im Herbst liegen und für die Wahl der „richtigen“ Herbizide auch die Kenntnis des möglichen Unkrautspektrums auf der jeweiligen Fläche bestehen.
In den letzten Jahren gewinnen mit der Zunahme von Wetterextremen und Schädlingsdruck weitere Aspekte an Relevanz, die auch die Herbizidstrategie beeinflussen, da ein möglicher Rapsumbruch mittlerweile oft im Hinterkopf behalten werden muss.
Der Einsatz von Nachauflauf-Herbiziden mit dem positiven Nebeneffekt, dass man auf einige Unkrautarten situativer reagieren kann, hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Allerdings ist ein gänzlicher Verzicht auf die Bodenwirkstoffe, zum Beispiel Metazachlor und/oder Clomazone, nicht immer ratsam, wenn Unkräuter, wie Wegrauke, Ochsenzunge und Kamille, oder Ungräser (Ackerfuchsschwanz, Einjährige Rispe, Windhalm und Weidelgras) eine Rolle spielen.
Welche Herbizide wann einsetzen?
Zum Abdecken größtmöglicher Eventualitäten werden häufig kostenintensive Komplettlösungen angeboten beziehungsweise bevorzugt, die mitunter aber nicht überall erforderlich sind. Die Wirkstoffe haben zum Teil ein gut abgegrenztes Wirkungsspektrum mit klaren Stärken und Schwächen.
Empfehlungen der Kammer im Einzelnen
Der Wahl der Herbizid-Strategie muss sich vorzugsweise an den Problemunkräutern orientieren. So kommt man beim Auftreten der Wegrauke nicht am Wirkstoff Clomazone vorbei, vorausgesetzt die Auflagen lassen den Einsatz des Wirkstoffs zu. Das ist nach wie vor die sicherste Möglichkeit, dieses Unkraut, das zur Ernte massive Probleme bereitet, zu bekämpfen. Ähnlich verhält es sich mit der Ochsenzunge, Ackerkrummhals und Klatschmohn über den Wirkstoff Pendimethalin. Im Vorauflauf eingesetzt, benötigt man nur einen Bruchteil der Aufwandmenge und läuft nicht Gefahr, für den späten Einsatz (Vegetationsruhe!) keinen Termin zu finden. Für die Ungräser, wie Ackerfuchsschwanz, Rispe und Weidelgras, ist es der Wirkstoff Metazachlor (auch Dimethachlor, Napropamid und Pethoxamid), der bei feuchten Bodenbedingungen und ausreichender Aufwandmenge schon eine gute Bekämpfung erzielen kann. Dies wirkt sich dann positiv auf den nachfolgenden Einsatz der DIM und/oder der propyzamidhaltigen Produkte (Kerb FLO) aus.
Allerdings können die Bodenwirkstoffe bei stärkeren Regenereignissen auch dazu führen, dass die Rapsbestände kurzzeitig in ihrer Entwicklung gehemmt sind und somit auch Schwierigkeiten haben, beispielsweise bei Schäden durch Rapserdfloh, Kleine Kohlfliege oder auch Blattläuse, weiterzuwachsen.
In den vergangenen Jahren verschoben sich infolgedessen die Einsatzstrategien der Herbizide dahingehend, dass je nach Standort immer öfter nur eine reduzierte Bodenherbizid-Maßnahme und anschließende gezielte Nachbehandlung durchgeführt wurden.
Beispiele für Spritzfolgen im Überblick
Breite Mischverunkrautung mit Wegrauke, aber ohne Ackerfuchsschwanz und Einjähriger Rispe:
• 0,25 bis 0,3 l/ha Clomazone 360 CS im VA
→ Wegrauke, Hirtentäschel/Ackerhellerkraut, Klettenlabkraut, Vogelmiere; Lücke: Clomazone hat unter anderem eine Kamille-Schwäche und ein Nachauflauf-Herbizid ist zwingend notwendig, zum Beispiel:
• 0,2 l/ha Runway (Kamille, Kornblume, Klatschmohn) oder
• 0,35 l/ha Effigo (Kamille, Kornblume, Klettenlabkraut) oder
• 0,25 l/ha LaDiva ab ES 12 (+ Storchschnabel, Hundskerbel)
Breite Mischverunkrautung mit Wegrauke und Ackerfuchsschwanz, Einjähriger Rispe:
• 1,0 l/ha Fuego + 0,25 bis 0,3 l/ha Clomazone 360 CS im VA
→ Schwerpunkt: Wegrauke, Hirtentäschel/Ackerhellerkraut, Kamille, Klettenlabkraut, Ackerfuchsschwanz, Rispe; Lücke: Klatschmohn, Storchschnabel-Arten, Ackerstiefmütterchen, Ochsenzunge/Ackerkrummhals, Hundskerbel, (Kornblume-Nebenwirkung durch Clomazone oft nicht ausreichend)
→ Tipp: bei stärkerem Klettenlabkrautdruck und/oder Geflecktem Schierling sollte anstelle von Fuego alternativ Fuego Top (+ Wirkstoff Quinmerac) zum Einsatz kommen; darüber auch gute Zusatzwirkung gegen Hundskerbel
Möglichkeiten, um Lücken zu schließen:
• + 0,2 l/ha Runway VA  + Kornblume, Klatschmohn und/oder
• + 0,5 bis 0,7 l/ha Stomp Aqua  + Ochsenzunge/Ackerkrummhals, Klatschmohn oder
• ab BBCH 12 der Kultur 0,25 l/ ha LaDiva  Storchschnabel-Arten, Hundskerbel, Klatschmohn (siehe oben)
• 2,0 bis 2,5 l/ha Butisan Kombi + 0,25 bis 0,3 l/ ha Clomazone 360 CS im VA
→ Wegrauke, Hirtentäschel, Ackerhellerkraut, Kamille, Storchschnabel-Arten, Klettenlabkraut; Lücke: Kornblume, Stiefmütterchen, Ochsenzunge/Krummhals, stärkerer Hundskerbel-Besatz
→ Die aufgrund der Abstandsauflagen clomazonefreien Ränder/Bereiche müssen später gegen Wegrauke mit Fox nachbehandelt werden.
Wegraukenfreie Standorte, aber mit Ackerfuchsschwanz
Vorauflauf (VA)
• 2,0 bis 2,5 l/ha Butisan Gold  Kamille, Storchschnabel-Arten, Klettenlabkraut (normaler Besatz), (Klatschmohn); Lücken: Wegrauke, Kornblume, Ackerstiefmütterchen, Ochsenzunge/Ackerkrummhals
• 1,5 l/ha Fuego Top + 0,2 l/ha Runway VA  Kamille, moderater Besatz Klatschmohn, Kornblume, Ackerstiefmütterchen, Klettenlabkraut nicht immer ausreichend; Lücken: Wegrauke, Storchschnabel-Arten
• 1,5 l/ha Fuego Top + 0,5 bis 0,7 l/ ha Stomp Aqua (Kombination muss im VA fallen)  Kamille, Ochsenzunge/Krummhals, Klatschmohn, Teilwirkung Ackerstiefmütterchen, Klettenlabkraut nicht immer ausreichend; Lücken: Wegrauke, Kornblume, Storchschnabel-Arten
→ bei Bedarf Nachlage: Splitting-Nachlage mit Fox 0,3 und 0,7 l/ha  Wegrauke, Ackerstiefmütterchen, (Ochsenzunge/Ackerkrummhals), bei frühem Einsatz gute Teilwirkung auf Storchschnabel-Arten
und/oder Runway 0,2 l/ha → vor allem Kornblume, Ackerstiefmütterchen (NG 349 beachten!)
(inklusive Synergismus von Fox und Runway)
Breite Mischverunkrautung ohne Wegrauke oder stärkeren Druck von Ochsenzunge/Ackerkrummhals oder Ungräsern wie Ackerfuchsschwanz, Weidelgräsern und Einjähriger Rispe
• ab BBCH 12 der Kultur: 0,25 l/ha LaDiva (Unkräuter müssen aufgelaufen sein), dann Nachlage mindestens 14 Tage später mit 0,25 l/ ha Belkar in BBCH 16
Einsatzbedingungen für die Fox-Anwendung
Ein Splitting im frühen Stadium zeigt höhere Wirkungsgrade, als die Einmalbehandlung.
• 0,3 l/ha in BBCH 14, gefolgt von 0,5 bis 0,7 l/ ha in BBCH 16
• Mischpartner ausschließlich Runway oder Effigo
• trockene Blätter zum Zeitpunkt der Behandlung (Wachsschicht) und möglichst sonniges Wetter zum Zeitpunkt der Anwendung und danach
• Zwischen der Herbizidmaßnahme und dem Einsatz eines Wachstumsreglers, Insektizids oder Gräserherbizids sollten (fünf bis) sieben Tage liegen.
Übersicht im Internet zum Download
Eine Übersicht über die zugelassenen Herbizide mit den dazugehörigen Auflagen findet sich unter: https://t1p.de/ki7wu
Bekämpfung von Ausfallgetreide
Je nach Bodenbearbeitung, Gräserdruck und jahresbedingtem Auflaufverhalten sind meist ein bis zwei Anwendungen gegen Ausfallgetreide und weitere Ungräser notwendig. Durch die Vorauflauf-Behandlung mit Bodenwirkstoffen, wie oben beschrieben, werden zwar frühzeitig auflaufende Ungräser zum Teil erfasst, das Ausfallgetreide allerdings kaum.
Bei sehr trockenen Raps-Aussaatbedingungen läuft im Vorwege meist wenig Ausfallgetreide auf. Der Auflauf erfolgt dann erst nach der Saat nach einsetzendem Regen, sodass ein früher Einsatz eines FOP-Herbizids (zum Beispiel Agil-S, Targa Super und anderen) erforderlich wird, da sonst der Raps sehr schnell unterdrückt würde. Die Applikation sollte erst erfolgen, wenn das Ausfallgetreide zwei bis drei Blätter hat. Wurde im Vorauflauf mit Clomazone gearbeitet, muss erst das erneute Durchgrünen des Ausfallgetreides für eine ausreichende Wirkung der Produkte gegen Gräser abgewartet werden. Eine notwendige zweite Behandlung kann dann meist mit einem Wachstumsregler- und/oder Insektizideinsatz gegen Rapserdfloh kombiniert werden. Die Wachstumsregler wirken dabei zusätzlich oft wie ein Additiv und verbessern die Wirkstoffaufnahme. Gelistete Zusatzstoffe bringen nur bei Soloanwendungen einiger Graminizide eine Wirkungsverbesserung.
Fazit
Der Schlüssel einer erfolgreichen Unkrautbekämpfung liegt im Herbst. Dabei sind die Bodenherbizide nach wie vor ein wesentlicher Bestandteil der Herbizid-Strategie, bestehende Bekämpfungslücken können gezielt über den Einsatz von Nachauflauf-Herbiziden geschlossen werden.