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Treibhausgasemissionen reduzieren zum Klimaschutz

Mit Gewässerschutzberatung individuelle Lösungen für Moorstandorte finden
Von Dr. Thomas Räbiger, GWS Nord Gewässerschutzberatung
Grünlandfläche im Buchholzer Moor an der Burger Au. Fotos: Dr. Thomas Räbiger

Die Gewässerschutzberatung dient dem Ziel, den Nährstoffeintrag von Stickstoff- und Phosphorverbindungen in das Grundwasser sowie in die Oberflächengewässer und Meere zu verringern. Auf landwirtschaftlich intensiv genutzten Moorböden besteht ein erhöhtes Austragspotenzial für überschüssige Nährstoffe, da hier traditionell entwässerungsbasiert gewirtschaftet wird.

In Schleswig-Holstein sind zirka 10 % der Landfläche Moorböden. Hier wirtschaften 3.904 Betriebe, wobei 41 % davon mit maximal 20 % ihrer Betriebsfläche betroffen sind. 80 % der schleswig-holsteinischen Moore werden landwirtschaftlich genutzt, vorrangig als Dauergrünland zur Futtergewinnung. Der Kartendienst des Umweltportals ­Schleswig-Holstein bietet eine gute Möglichkeit, um sich online über die Kulisse der Moor- und Anmoorböden Schleswig-Holsteins zu informieren ­(siehe Abbildung; umweltportal.schleswig-holstein.de).

Entwässerte Moorflächen sind oft Grenzertragsstandorte, wo durch mikrobielle Torfzersetzung erhebliche Mengen an CO2 und zuvor gebundenen Nährstoffen freigesetzt werden, die Böden kontinuierlich verarmen und in der Folge durch Sackungsprozesse der Aufwand für die Entwässerungsmaßnahmen stetig steigt.

Klimaschutz durch Wiedervernässung

Indem die natürliche Fähigkeit der Stoffrückhaltung erhalten beziehungsweise durch Wiederherstellung eines natürlichen Abfluss- und Überflutungsregimes gefördert wird, können Nähr- und Schadstoffe aus durchströmendem Wasser gefiltert und gespeichert werden. Die Nährstoffausträge, insbesondere Stickstoff, werden reduziert.

Um den hierfür notwendigen Torferhalt zu gewährleisten beziehungsweise die Torfzehrung zu minimieren, sollten die Grundwasserstände ganzjährig so hoch wie möglich gehalten werden. Die Wiedervernässung ist die entscheidende Schlüsselmaßnahme zur Verringerung der hohen Treibhausgas (THG)-Emissionen aus entwässerten Mooren in Form von CO2 und Lachgas. Eine Anhebung der mittleren Jahreswasserstände auf 20 cm unter Flur führt zu einer Verringerung von THG-Emissionen um etwa ein Drittel gegenüber einer Nutzung bei tieferen Wasserständen.

Soll die Emissionsvermeidung maximiert werden, sind Wasserstände nahe der Bodenoberfläche anzustreben. Dies ist ein aktiver Beitrag zum Klima- und Gewässerschutz, bedingt jedoch eine grundlegende Anpassung der Betriebe an die neuen Herausforderungen, da eine (intensive) landwirtschaftliche Nutzung in gewohnter Form auf nassen Flächen nicht mehr möglich ist.

Welche klimaschonende Moornutzung gibt es?

Als alternative Nutzungsformen auf nassen Moorböden gelten Paludikultur, Agroforstsysteme sowie Photovoltaikanlagen. Bei der Paludikultur handelt es sich um die land- und forstwirtschaftliche Nutzung nasser Hoch- und Niedermoore. Die Nutzung kann als Nasswiese erfolgen oder als sogenannte Anbau-Paludikultur, zum Beispiel in Form von Schilf zur Reetnutzung. Weitere Kulturen sind Rohrkolben (Baustoff), Rohrglanzgras (Silage, Heu, Einstreu) und Schwarzerlen (Baustoff) sowie Torfmoose auf Hochmoorböden als Torfersatzstoff im Erwerbsgartenbau.

Zudem kann der Biomasseaufwuchs von Moorflächen thermisch verwertet oder als Ausgangssub­strat für Biogasanlagen genutzt werden. Dies erfordert jedoch eine Umrüstung bestehender Anlagen.

Aktuell kommen Paludikulturen kaum zur Anwendung, da Wertschöpfungsketten noch nicht hinreichend etabliert werden konnten. Um Bewirtschafter von Moorböden mehr Anreize zu einer Umstellung auf nasse Nutzungsformen zu bieten, müssen die Bedürfnisse auf allen Seiten (Erzeuger – Verwerter – Vermarkter) besser aufeinander abgestimmt werden.

Im Bereich Nutztierhaltung bietet sich die Beweidung durch Wasserbüffel oder Mutterkuhherden an. Geeignete Rassen sind zum Beispiel Schottische Hochlandrinder, Heckrinder, Galloways, Fjäll-Rinder, Hinterwälder und Murnau-Werdenfelser. Über Grünland (GL)-Programme des Vertragsnaturschutzes ist hierbei eine Förderung möglich: Weidewirtschaft Moor (in Brutgebieten von Wiesenvögeln; 300 bis 420 €/ha) beziehungsweise Grünlandwirtschaft Moor (mindestens 90 % der GL-Betriebsfläche; kategorisiert nach Bewirtschaftungsintensität; 50 bis 790 €/ha).

Extensive Schafweide nahe des Noorsgrabens im Moor bei Sarzbüttel

Verlässliche Rahmenbedingungen

Allgemein bedeutet die Pflanzenproduktion auf nassen beziehungsweise sehr feuchten Flächen bei aktueller Gesetzeslage den Verzicht auf Pflanzenschutzmittel, da deren Anwendung im Einzelfall schädliche Auswirkungen auf das Grundwasser hat. Auch der Einsatz von Stickstoff- und Phosphordüngern ist gegenwärtig auf wassergesättigten Böden nicht zulässig.

Die Grundvoraussetzungen für Landwirte, um ihre Betriebe nassen Nutzungsformen anzupassen, sind verlässliche Rahmenbedingungen, praxistaugliche Förderinstrumente, langfristige Perspektiven für Wertschöpfung sowie eine vertragliche Absicherung der Honorierung für erbrachte Gemeinwohlleistungen (Gewässer-, Klima-, Biodiversitätsschutz), um den zu erwartenden Ertragsrückgang und die Wertminderung der Flächen zu kompensieren.

Zudem werden bei der Umsetzung von „nasser“ Bewirtschaftung verschiedene Rechtsbereiche berührt, unter anderem Wasser-, Boden-, Naturschutz- und Agrarumweltrecht. Eine weitere Herausforderung ist, dass Wiedervernässung nur für größere Flächenverbünde sinnvoll und zielführend ist, sodass zukünftig mehrere benachbarte Betriebe zusammenarbeiten sollten. Dies bietet die Chance, Investitionen in neue Technik zur Moorbewirtschaftung wie etwa Raupenfahrzeuge oder Breitreifen zusammen, zum Beispiel genossenschaftlich, anzugehen sowie Anreize für Lohunternehmen und Firmen des nachgelagerten Bereichs, sich in diesen Regionen anzusiedeln, da größere Mengen an Rohstoffen für Papier, Pappe und Baustoffplatten produziert werden.

Moorschutzprogramme: Historie und Überblick

In Deutschland wird die Wiedervernässung von Mooren unter anderem auf Länderebene über Moorschutzprogramme gefördert. Bereits seit 2002 gibt es in Schleswig-Holstein ein Programm zur Wiedervernässung von Niedermooren und seit 2011 ein allgemeines Moorschutzprogramm für Nieder- und Hochmoore.

Die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein fördert Moorschutzprojekte im Rahmen der Förderrichtlinie für Moorschutz und Biologischen Klimaschutz. Über die neue Richtlinie zur Förderung von Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung in den Schleswig-Holsteinischen Niederungsgebieten fördert das Land Konzepte und Maßnahmen, die die Anpassung der Wasser- und Landwirtschaft in den tiefliegenden Niederungen, zum Beispiel in Moorgebieten, unterstützen.

Außerdem können zum Beispiel im Rahmen des Programms Förderung von langfristiger Pacht oder Grunderwerb für Zwecke des Naturschutzes Flächen langfristig (20 bis 30 Jahre) von Körperschaften des öffentlichen Rechts, Stiftungen, Verbänden und Vereinen gepachtet oder erworben werden, wobei die Förderung voll oder anteilig finanziert wird.

Die Vergabe von Klimapunkten ist ein Instrument zur Bewertung und Vergütung von Flächen in Abhängigkeit von ihrem Klimaschutzpotenzial. Pro potenzieller jährlicher Einsparung von 1 t THG (als CO2-Äquivalent) durch Wiedervernässung wird ein Klimapunkt vergeben. Hierbei bleiben Landwirtinnen und Landwirte Eigentümer der Fläche, verkaufen aber für 30 Jahre die Vernässungsrechte und bekommen je nach errechneter Klimapunkteanzahl das ermittelte Klimaschutzpotenzial vergütet. Dieses Klimapunktemodell wird aktuell in elf Pilotgebieten in Schleswig-Holstein erprobt.

Fazit

Die Bewirtschaftung von Mooren stellt betroffene Betriebe aufgrund der besonderen Umwelt- und Klimarelevanz dieser Standorte vor besondere Herausforderungen. Im Rahmen der landesweiten Gewässerschutzberatung in Schleswig-Holstein kann entsprechende Unterstützung geleistet werden, um die Nutzung hinsichtlich Düngung und Weidemanagement anzupassen. Möglichkeiten der Wiedervernässung und alternative Nutzungsformen auf nassen Moorböden sind in Betracht zu ziehen sowie auch Fördermöglichkeiten durch entsprechende Moorschutzprogramme. Begleitende Untersuchungen durch die Gewässerschutzberatung sind dabei möglich und erfahrungsgemäß von hohem Nutzen.

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