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Preiskampf im Lebensmittelhandel

Marktüberblick
Von Karsten Hoeck, LK-Markt
Foto: Imago

Beim Einkauf im Supermarkt steht man jetzt immer öfter vor leeren Regalen. Bekannte Markenprodukte fehlen plötzlich im Sortiment der Lebensmittelketten. Das ist keine Folge von Hamsterkäufen, wie man sie bisher beobachten konnte. Die Ursache ist der aktuelle Preiskampf der Industrie mit den Abnehmern im Handel. Die Hersteller begründen die heraufgesetzten Preisforderungen mit höheren Rohstoffkursen, gestiegenen Energie- und Transportkosten. Auch die Ernährungsindustrie braucht höhere Erlöse, um die gestiegenen Preise für Milch, Getreide und Fleisch zahlen zu können.

Einzelhandel als Inflationsbremse?

Die großen Handelsketten argumentieren, viele Lieferanten nutzten die aktuelle Lage zur Durchsetzung überhöhter Forderungen. Um den Preisanstieg nicht noch zu beschleunigen, fährt die Handelsseite in den Preisverhandlungen eine harte Linie. Statt Markenware werden in den Geschäften Eigenmarken angeboten und Sonderangebotsaktionen eingeschränkt.

Die Teuerung in Deutschland ist so stark wie seit den 1950er Jahren nicht mehr, vor allen die Lebensmittelpreise sind extrem gestiegen. Viele Verbraucher konzentrieren sich beim Einkauf auf die Grundnahrungsmittel. Hochpreisige Produkte, Snacks oder Süßigkeiten werden immer weniger gekauft. Entsprechend lassen sich hier kaum Preisaufschläge durchsetzen. Um Verteuerungen zu verstecken, haben einige Hersteller einfach die Packungsgrößen reduziert, während der Verkaufspreis gleich geblieben ist.

Marktforscher erwarten weitersteigende Preise in allen Bereichen. Viele Hersteller müssen noch Kostensteigerungen, vor allem bei Energie, weitergeben.

Konsumkritiker sehen in der aktuellen Entwicklung jedoch auch eine Art Beruhigung des zuletzt überhitzten Konsumverhaltens. Neue Supermärkte mit immer größerer Verkaufsfläche müssen mit Ware gefüllt werden. Der Verbraucher wünscht mittlerweile eine Riesenauswahl in allen Bereichen. All diese Güter müssen erzeugt, transportiert und gelagert werden. Am Ende wird jedoch ein Teil teuer entsorgt, da die Haltbarkeit überschritten wurde.

EU-Richtlinie gegen unfairen Handel

In der Vergangenheit haben die großen Handelsketten ihre Marktmacht gegenüber ihren Lieferanten ausgespielt. Die Preisverhandlungen fanden teilweise unter widrigen Bedingungen statt. Diese unfairen Handelspraktiken sollen durch die neuen UTP-Richtlinien der EU begrenzt werden. In Deutschland mussten bis zur Jahresmitte die Lieferverträge angepasst werden. Dabei wird unterschieden zwischen komplett verbotenen Praktiken (schwarz) und erlaubten, sofern beiden Handelspartner zugestimmt haben (grau). Dies betrifft Vorgänge wie die kurzfristige Stornierung von Lieferungen, die Rückgabe von unverkaufter Ware oder Zahlungen der Lieferanten für Verkaufsaktionen, Lagerung oder Werbung. Jeder EU-Mitgliedstaat muss zukünftig eine Behörde einrichten oder benennen, welche die Durchsetzung der Richtlinie überwacht. Viele Erzeugerverbände fordern zusätzlich eine einheitliche Herkunftsbezeichnung für Lebensmittel.

Lebensmittel deutlich teurer

Laut Marktbeobachtern ist es den Anbietern von zum Beispiel Gemüse, Fleisch und Wurst gelungen, im Jahresverlauf höhere Verkaufspreise durchzusetzen. In den vergangenen Wochen gab es einen regelrechten Preissprung bei Eiern als Folge der Vogelgrippe. Insgesamt lagen die Preisaufschläge für Lebensmittel im Oktober im Vergleich zum Vorjahresmonat bei 20,3 % und damit deutlich über der Inflationsrate.

Doch nicht alle Preissprünge für Konsumgüter lassen sich mit höheren Energiekosten, dem Ukraine-Krieg, Hamsterkäufen oder neuen Vertragsvorschriften begründen. Oftmals wird auch Ware aus spekulativen Gründen zurückgehalten. Diese künstliche Verknappung treibt die Inflation zusätzlich an. Die Preissprünge nach oben und unten nehmen in allen Bereichen zu. Der Preisvergleich wird immer wichtiger, um sich vor Überraschungen beim Einkauf zu schützen.

Marktlage für die Woche vom 14. bis 20.11.2022

Getreide: Nach dem vorangegangen Preisanstieg sind die Kurse deutlich zurückgesetzt worden.

Raps: Auch die Matif-Rapskurse haben ihre Vorwochengewinne wieder abgegeben. Die Ukraine liefert vorerst weiter.

Futtermittel: Der niedrige Eurokurs sorgt für hohe Importkosten für Komponenten. Hiesiges Getreide wird günstiger.

Kartoffeln: Das Angebot reicht für die Nachfrage gut aus. Die Kurse bleiben unverändert. Es ist wenig freie Ware am Markt.

Schlachtrinder: Der Markt blieb zuletzt ausgeglichen. Die Preisspannen zwischen verschiedenen Abnehmern sind verhältnismäßig weit.

Schlachtschweine/-sauen: Gegen den Protest vieler Schlachtereien blieb der Vereinigungspreis in der Vorwoche unverändert.

Ferkel: Auch die Ferkelkurse blieben zuletzt unverändert. Importferkel sind im Kurs sogar etwas gestiegen.

Milch: Die hohen Milchgeldpreise haben die Produktion hierzulande nicht erhöht. Weltweit nimmt die Produktion nur leicht zu.

Schlachtlämmer/-schafe: Das Angebot übertrifft die saisonbedingt ruhige Nachfrage. Die Kurse geben nach.

Markttendenzfür die Woche vom 21. bis 27.11.2022

Getreide: Aktuell ist die Nachfrage ruhig. Für die Preisentwicklung bleibt die Lage am Schwarzen Meer entscheidend.

Raps: Die Ölmühlen können sich weiter mit Ware aus der Ukraine und aus Australien eindecken. Biodiesel bleibt gefragt.

Futtermittel: Bei einem knappen Angebot wird mit festen Kursen für Soja- und Rapsschrot gerechnet.

Kartoffeln: Vorerst wird mit einer saisonüblich ruhigen Nachfrage gerechnet. Dies gilt auch für den Export.

Schlachtrinder: Die Kurse für Jungbullen tendieren weiter fest. Für Schlachtkühe wird weniger geboten.

Schlachtschweine/-sauen: Hauspreise und reduzierte Schlachtungen sorgen weiter für Preisdruck.

Ferkel: Vorerst rechnet man mit stabilen Kursen. Gegen Jahresende könnte die Nachfrage wieder steigen.

Milch: Es wird bis weit ins nächste Jahr nicht mit sinkenden Milchpreisen gerechnet. Butter und Käse bleiben teuer.

Schlachtlämmer/-schafe: Viele Lämmer werden verspätet schlachtreif. Dazu sorgen Importe für weiteren Preisdruck.

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