Auch Einfaches kann Eindruck machen. Das beweist die Magnolie, deren botanisch schlichter Blütenaufbau darauf hindeutet, dass Magnolien zu den ersten Blütenpflanzen auf unserem Planeten gehörten. Die bei uns beliebten Arten öffnen ihre zuweilen an zarte Tulpen erinnernden großen Blüten noch vor dem Blattaustrieb. An älteren Sträuchern entfaltet sich dann während der kurzen Blütezeit oft ein einziges Blütenmeer.
Rund 240 Magnolienarten sind heute bekannt. Die bei uns kultivierten Arten stammen in der Regel aus Ostasien, wo sie in Wäldern und Mooren sowie entlang von Flussläufen wachsen. Zwar sind Magnolien auch in Nordamerika heimisch, allerdings blühen diese Arten weniger eindrucksvoll erst nach der Blattentfaltung und sind zugleich starkwüchsiger, was sie als Gartenpflanzen weniger geeignet macht. Bis zum Beginn der Eiszeiten waren Magnolien auch in mitteleuropäischen Wäldern zu Hause.
Foto: Anke Brosius
Die gesamte Entwicklungsgeschichte der Magnoliengewächse (Magnoliaceae) reicht rund 100 Millionen Jahre zurück. Somit gehören sie zu den ältesten Blütenpflanzen der Erde, ihr einfacher Blütenaufbau gilt als Blaupause für die weitere Entwicklung der Blütenpflanzen. Die Blüten sitzen bei Magnolien endständig an den Trieben. Die Blütenblätter sind meist spiralförmig um die Sprossachse herum angeordnet. Magnolienfrüchte ähneln den Zapfen von Nadelbäumen, die entwicklungsgeschichtlich älter sind als unsere Laubbäume.
Nacheiszeitlich kamen die ersten Magnolien im 18. Jahrhundert nach Europa, und zwar nach Frankreich, wo auch die ersten Kreuzungsversuche mit Magnolien durchgeführt wurden, deren prominentestes Ergebnis die Tulpenmagnolie ist. Auch der Gattungsname würdigt mit Pierre Magnol (1638-1715) einen französischen Botaniker.
Magnolienblüten produzieren zwar reichlich Pollen, aber keinen Nektar. Das liegt schlicht daran, dass es, als die Magnoliengewächse entstanden, auf der Erde noch keine Bienen und andere sogenannte Hautflügler gab, die sich von Nektar ernährten. Magnolien werden von Käfern bestäubt, die durch den Duft der Blüten angezogen werden und einen Teil der Pollen fressen.
Den richtigen Standort wählen
Das Wichtigste bei der Pflanzung einer Magnolie ist die Wahl des richtigen Standorts, denn ein späteres Verpflanzen vertragen die Gehölze nicht gut. Der Boden sollte durchlässig und tiefgründig sein, der pH-Wert nach Möglichkeit im sauren Bereich liegen. Auf zu hohen Kalkgehalt reagieren die Blätter mit Gelbfärbung (Chlorose). Schwach alkalische Böden werden durch Bedeckung der Baumscheibe mit Rindenmulch „magnoliengerechter“.
Ideal ist ein sandig-humoser oder sandig-lehmiger Boden, der nicht zu trocken sein sollte (aber keinesfalls staunass). Auch die Luftfeuchtigkeit sollte entsprechend dem natürlichen Standort nicht zu gering sein. Magnolien gedeihen in Sonne und Halbschatten, vier Stunden tägliche Sonneneinstrahlung während der Vegetationsperiode sind das Minimum.
In der Regel wird eine Magnolie als Solitärgehölz in Einzelstellung gepflanzt. Dabei sollte man den Standort unbedingt so wählen, dass auch die ausgewachsene Pflanze genügend Platz zur freien Entfaltung hat. Weil Magnolien flach wurzeln, ist es wichtig, nicht zu tief zu pflanzen. Die junge Pflanze sollte nicht tiefer zu stehen kommen als in der Baumschule.
Schnitteingriffe vermeiden
Hat man einen geeigneten Platz gefunden, sind Magnolien sehr pflegeleicht. Eigentlich braucht man nichts weiter zu tun als in sehr trockenen Sommern zu gießen und in den ersten Jahren eventuell etwas Winterschutz zu geben. Nach einer reichhaltigen, erschöpfenden Blüte ist je nach Bodenzustand die Gabe von reifem Kompost oder Hornspänen sinnvoll.
Die flachen, fleischigen Wurzeln vertragen keine Bodenbearbeitung im Wurzelraum. Hacke, Grabegabel oder gar Spaten sind also tabu. Ab dem dritten Standjahr kann man die Baumscheibe mit Bodendeckern bepflanzen, idealerweise mit solchen, die später im Jahr, wenn die Magnolie nur noch grün ist, Blütenakzente setzen.
Einen unter normalen Umständen nicht nötigen Schnitt vertragen Magnolien nicht besonders gut. Im Frühjahr geschnittene Magnolien können sogar regelrecht ausbluten. Der unregelmäßige, malerische Wuchs gehört zum Charakter dieser Pflanzen. Lässt sich ein Schnitteingriff nicht vermeiden, sollte man ihn in den Hochsommer (Ende Juli bis Mitte August) legen, weil dann die Wundheilungskraft am größten ist, und bewölkte, trockene Tage bevorzugen.
Arten und Sorten
Die bei uns am häufigsten gepflanzten Arten sind die Sternmagnolie (Magnolia stellata) und die Tulpenmagnolie (Magnolia soulangeana). Während die Sternmagnolie in den Bergen Japans wild wächst, handelt es sich bei der Tulpenmagnolie um eine Kreuzung zweier aus China stammender Arten.
Magnolia stellata blüht sehr früh bereits ab März bis April. Die schmalen, weißen Blütenblätter (Petalen) öffnen sich weit, eben sternförmig. Dabei können die duftenden Blüten einfach oder mehr oder weniger gefüllt sein. Es gibt etliche Sorten: Die beliebte ‚Royal Star‘ blüht etwas später als die Wildform mit größeren, durchweg gefüllten, reinweißen Blüten. Die blassrosa Knospen von ‚Waterlily‘ entwickeln sich zu weißen Blüten. Auch die stark gefüllten, rosaroten Blüten von ‚Chrysanthemiflora‘ hellen sich im Blühverlauf auf. Die Sternmagnolie bleibt mit 2 bis 3 m Höhe und Breite vergleichsweise klein, ‚Chrysanthemiflora‘ und ‚Royal Star‘ wachsen etwas kräftiger.
Die baumartige Sternmagnolie Magnolia x loebneri entstand aus einer Kreuzung von M. stellata mit der Kobushi-Magnolie (M. kobus) und kann bis zu 8 m hoch werden. Niedriger bleiben die Sorten ‚Leonard Messel‘ und ‚Merril‘, die zu einem mehrstämmigen Großstrauch mit 3 bis 5 m Höhe und Breite heranwachsen. Die weißen Blüten von ‚Merril‘ besitzen besonders breite Blütenblätter, diejenigen von ‚Leonard Messel‘ sind rosa und leicht gefüllt. M. loebneri blüht etwas später als M. stellata.
Die Purpurmagnolie (Magnolia liliiflora) wächst wild in bergigen Regionen Mittelchinas (Yunnan) und ist in Ostasien schon seit mindestens 1.500 Jahren als Garten- und Kübelpflanze in Kultur. Die Purpurmagnolie wird 3 bis 4 m hoch und breit. Ihre purpurrosa Blüten stehen schmal aufrecht und erscheinen gleichzeitig mit den Blättern im April bis Mai. Die Blüten der Sorte ‚Nigra‘ sind besonders groß, ‚Susan‘ blüht oft im Herbst noch einmal nach.
Bei der beliebten und verbreiteten Tulpenmagnolie (Magnolia soulangeana) handelt es sich um eine Kreuzung der Purpurmagnolie mit der starkwüchsigen, weiß blühenden Yulan-Magnolie (Magnolia denudata). M. soulangeana wächst als großer Strauch oder kleiner Baum 4 bis 8 m hoch und wird im Alter oft breiter als hoch. Die Farbe der ballonförmigen Blüten, die sich im April an den unbelaubten Zweigen öffnen, variiert von Weiß über Rosa bis Purpurfarben, wobei die Blütenpracht von Jahr zu Jahr dichter und eindrucksvoller wird. Die Tulpenmagnolie ist von allen Magnolienarten allerdings am wenigsten tolerant gegenüber kalkhaltigen Böden.
Anders als die bisher genannten Arten blüht Magnolia sieboldii im Sommer (Juni bis Juli) und wird deshalb auch Sommermagnolie genannt. Ihre schalenförmigen, weißen Blüten mit scharlachroten Staubgefäßen duften besonders abends und nachts. M. sieboldii wird 3 bis 4 m hoch und breit. Sie gedeiht am besten an geschützten Standorten, auch im lichten Schatten. Manchmal blüht sie im Herbst nach.
Frostschäden vorbeugen
Leider ist eine prachtvolle Magnolienblüte immer auch vom Wetterglück abhängig, denn Magnolienblüten sind sehr frostempfindlich. Schon nach einem leichten Nachtfrost verfärben sich Blüten und Knospen braun. Ganz besonders gilt dies für die Tulpenmagnolie, während die Blüten der Sternmagnolie etwas härter im Nehmen sind. Die Gefahr verfrorener Blüten lässt sich vermindern, indem der Wurzelbereich ab dem Spätwinter mit einer dicken Mulchschicht bedeckt wird, was die Bodenerwärmung und somit die Blüte verzögert. Auch ein Standort, der sich im Frühjahr nicht zu früh erwärmt, ist hilfreich.
Allerdings leidet in der Regel nur die Blüte, nicht das Holz. Tulpenmagnolien sind bis −24 °C winterhart, die Sternmagnolie verträgt sogar Temperaturen unter −30 °C. Anders ist es bei Magnolia sieboldii, deren späte Blüte zwar nicht durch Frost gefährdet ist. Da der Saft der Sommermagnolie im Frühjahr sehr früh zu steigen beginnt, kann es bei Spätfrösten allerdings zu Erfrierungen an den Trieben kommen.
Grundsätzlich frostempfindlicher sind junge Bäume. Im Herbst gepflanzte Jungbäume können im ersten Winter Frostschäden erleiden, weshalb man Magnolien nur im Frühjahr pflanzen sollte. In den ersten drei bis vier Jahren kann man die empfindlichen Wurzeln zudem mit einer Mulchschicht schützen und, wenn es sehr kalt wird, die jungen Pflanzen ganz mit Vlies oder Säcken umwickeln.
Schwachwüchsige Arten wie die Sternmagnolie lassen sich zumindest für ein paar Jahre auch im Kübel ziehen. Allerdings brauchen sie dann einen kühlen, aber frostfreien oder zumindest geschützten Überwinterungsplatz und einen besonders guten Wurzelballenschutz.