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Marktkommentar, Marktlage und Markttendenz KW 2522

Planungssicherheit? Fehlanzeige!
Von Caroline Hertell, LK-Markt
Foto: Pixabay 

Weltweit werden in diesem Jahr voraussichtlich 2.251 Mio. t Getreide und Mais geerntet. Ein Fünftel davon wird auf dem Weltmarkt gehandelt, der überwiegende Teil wird jeweils im Produktionsland verbraucht. Im Vorjahr führten Russland und die EU die Liste der größten Weizenexporteure an, auf dem fünften Platz landete die Ukraine. Die Liste beim Mais führten die USA und Brasilien an, auf dem vierten Platz folgte die Ukraine. Das wird so erst mal nicht wieder zu sehen sein. Die Warenströme müssen sich seit dem Krieg in der Ukraine neu ordnen. Viele Importländer sind auf der Suche nach neuen Herkünften. Das ist es auch, was die Rekordpreise am Terminmarkt stützt. Mit rund 4 % der globalen Weizenernte und 3 % der globalen Maisernte 2021/22 scheint der Anteil der Ukraine nicht so groß, wie man beim Blick auf die Preisexplosionen denken könnte. Doch der viel größere Exportanteil ist das Entscheidende und die Lieferausfälle das Preistreibende. In den jetzt schon zwei Jahre währenden Zeiten der Lieferengpässe bewegt das Thema Unsicherheit die (handelnden) Menschen und die Märkte ununterbrochen.

Wie viel kann die Ukraine liefern?

Im Süden der Ukraine laufen die Erntearbeiten in der Gerste. Kann die Getreideernte – unter Hindernissen – eingebracht werden, so fehlt es dennoch an Lagermöglichkeiten. Es liegen weiterhin rund 23 Mio. t Getreide und Ölsaaten im Land, die aus der vorigen Ernte stammen. Diese Kapazitäten fehlen zur Lagerung der neuen Ernte, andere wurden zerstört. In den Schätzungen zur ukrainischen Erntesaison 2022/23 durch den IGC und das USDA wurden die Auswirkungen des Krieges bisher wie folgt berücksichtigt: Weizenproduktion minus 35 bis 38 %, Export halbiert, der Anteil am Welthandelsvolumen halbiert sich. Maisproduktion um die Hälfte kleiner, Export je nach Schätzung bis zu minus 60 %, der Anteil am Weltmarkt halbiert sich mindestens. Diese Zahlen sind mit großer Unsicherheit behaftet, sie können sich noch deutlich ändern. Dennoch liefern sie schon eher nachvollziehbare Argumente für die Rekordpreislage fast aller Agrarrohstoffe. Im Prinzip bewirken relativ geringe Fehlmengen überproportionale Preissprünge an den Märkten, auch weil die Grundstimmung gereizt und angespannt ist nach den Ernteausfällen des Vorjahres. Die aktuell sehr unsicheren Prognosen wirken sich schon jetzt direkt auf die Preisbildung an den Terminmärkten aus, lange bevor sie sich bewahrheiten können. Planungssicherheit ist insgesamt teuer geworden, das Konstrukt der Weltmarktpreisbildung zeigt sich störanfällig und wackelig.

An der Nase herumgeführt

Bereits die Ankündigung der Exportsteuer in Russland hatte von Dezember 2020 an die Terminkurse steigen lassen. Der Grund: die Aussicht auf Lieferausfälle. Mittlerweile sind Begründungen der Preisentwicklung mit russischem Verhalten an der Tagesordnung. Zuletzt war da vor allem die Diskussion um mögliche Korridore für Getreideausfuhren aus ukrainischen Häfen. Dass die mögliche Ausfuhr ukrainischer Ware auf russische Rechnung zu einer Marktentspannung führt, ist auf sachlicher Ebene logisch, aber makaber. Dass dafür Bedingungen wie eine Entminung der angriffsgefährdeten Häfen durch die Ukraine gefordert werden oder ein Überlandtransport nach Belarus in Verbindung mit Sanktionslockerungen, ist dreist. Dass der russische Präsident gleichzeitig jegliche Verantwortung für Lieferausfälle in bedürftigen Importländern dementiert und trotzdem den großen Versorger gibt, ist unverschämt. Warum Russland ständig seine Produktions- und Exportschätzungen für die neue Saison anhebt, ist die nächste Frage mit einer potenziell empörenden Antwort. Und trotzdem hilft es nichts: Von den Entwicklungen rund um den Ukraine-Krieg hängen auch weiterhin die Kurse am Getreidemarkt ab, aus denen sich auf direktem Wege die hiesigen Preise ergeben.

Marktlage für die Woche vom 20. bis 26.6.2022

Getreide: Die Weizenterminkurse schrecken trotz Hitzeperiode in Frankreich vor der 400-€-Marke zurück.

Raps: Der Kurs trotzt den schwachen Vorgaben aus Übersee, Palm­öl und Sojaöl korrigieren durch den rückläufigen Rohölpreis.

Futtermittel: Während Sojaschrot wieder teurer wird, muss Rapsschrot weiter Federn lassen, das Angebot übersteigt die Nachfrage.

Kartoffeln: Importware drückt weiterhin auf die Preise, das heimische Angebot an Frühkartoffeln am Markt wächst langsam.

Schlachtrinder: Die Nachfrage belebt sich bei begrenztem Angebot etwas.

Schlachtschweine/-sauen: Feiertage in anderen Bundesländern verhinderten eine Ausweitung des Angebots, das Verhältnis zur Nachfrage bleibt daher relativ ausgeglichen.

Ferkel: Ferkel gehen recht zügig in den Markt, die Mäster sind unter den gegebenen preislichen Bedingungen jedoch kaum bereit, höhere Preise zu zahlen.

Milch: Der Saisongipfel stellt sich als Plateau dar, das Milchaufkommen bleibt dauerhaft unter dem Vorjahr.

Schlachtlämmer/-schafe: Bei steigendem Angebot und leicht belebter Nachfrage werden die Vorwochenkurse fortgeführt.

Markttendenz für die Woche vom 27.6. bis 3.7.2022

Getreide: Aus den frühen Erntegebieten der Nordhalbkugel drückt der Erntefortschritt auf die Kurse, besonders deutlich in den USA.

Raps: Die Handelsaktivitäten laufen auf Minimalniveau, die neue Ernte kommt voraussichtlich zum erwarteten Zeitpunkt.

Futtermittel: Der Bedarf auf den vorderen Terminen ist gering, die Kauflust sinkt zunächst mit den Rapsschrotpreisen.

Kartoffeln: Das Angebot an festschaligen Frühkartoffeln steigt weiter an, außer es kommt nochmals zu so hohen Temperaturen wie jüngst im Süden.

Schlachtrinder: Jungbullen werden preislich fester gesehen, bei Schlachtkühen gibt es keine Aussicht auf Veränderung.

Schlachtschweine/-sauen: Das Angebot ist gut bedarfsdeckend, die Preise sollten sich mindestens stabil halten.

Ferkel: Die Preise treten auf der Stelle, obwohl die Absatzmöglichkeiten gut sind. Die freundlichere Stimmung am Schlachtschweinemarkt setzt sich hier nicht durch.

Milch: Trotz steigender Verbraucherpreise ist die Nachfrage nach Butter und Käse weiterhin gut bei nur knapp gefüllten Lagern.

Schlachtlämmer/-schafe: Das anstehende Opferfest im Juli wird die Nachfrage nach und nach beleben, einhergehend mit einer Stabilisierung des Marktes.

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