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Eiweißversorgung mit behandelten Ackerbohnen

MobiHeat liefert erste Ergebnisse aus Fütterungsversuch
Von Anna-Kyra Kuhlmann, Dana Ohm, Liza Marie Martens, Dr. Wolfgang Junge, Institut für Tierzucht und Tierhaltung der Christian-Albrechts-­Universität zu Kiel
Die mobile Extruderanlage MobiHeat umfasst eine Kombination aus Lkw und Anhänger. Während über Letzteren die Befüllung stattfindet, wird auf dem Lkw der eigentliche Extrudiervorgang realisiert. Foto: Anna-Kyra Kuhlmann

Im August 2019 wurde das Projekt „Heimische Eiweißpflanzen“, ein EIP-Projekt der Fachhochschule Kiel, durch die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel übernommen. Das Folgeprojekt namens MobiHeat fokussiert sich nun auf die Entwicklung einer mobilen Extruderanlage zur Hitze- und Druckbehandlung. Auf diese Weise sollen lokal angebaute Eiweißpflanzen direkt auf den landwirtschaftlichen Betrieben nutritiv aufgewertet werden. Übergeordnetes Projektziel ist es, den inländischen Anbau von Proteinträgern zu unterstützen. Erste Ergebnisse liegen jetzt vor.

Anhand der technischen Umsetzbarkeit, der Effekte auf die Futtereigenschaften sowie der Wirtschaftlichkeit sollte eine umfassende Bewertung der mobilen Extruderanlage durchgeführt werden. In diesem Beitrag werden die Grundlagen der Extruderbehandlung von Körnerleguminosen sowie die Ergebnisse eines Fütterungsversuchs mit Mastschweinen auf der Basis von rohen sowie behandelten Ackerbohnen vorgestellt. Die Finanzierung des Projektes erfolgt durch die Deutsche Innovationspartnerschaft Agrar (DIP). Projektpartner sind das Institut für Tierzucht und Tierhaltung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), die Landwirtschaftliche Service GmbH Mittelholstein in Nienborstel und das Maschinenbauunternehmen Elko Nagel Mecan-Systeme GmbH, Breiholz.

Verdaulichkeit und Nährwert erhöhen – geht das?

Der Anbau und die damit verbundene Aufbereitung heimischer Körnerleguminosen sind in den vergangenen Jahren ein wichtiges Thema für Politik, Handel und Landwirtschaft geworden. Infolge fragwürdiger Anbaubedingungen und genetischer Modifikationen steht der Import von Sojaprodukten zunehmend in der Kritik, sodass die Nutzung heimischer Körnerleguminosen an Bedeutung gewinnt.

Deren Einsatz im Nutztierbereich ist jedoch mit einigen Herausforderungen verbunden. Vor allem die Gehalte antinutritiver (verdauungshemmender) Inhaltsstoffe sowie die Versorgung mit essenziellen Aminosäuren stellen – abhängig von Konzentration, Tierart und Rationsbeschaffenheit – eine Herausforderung dar. Tannine, Vicin/Convicin sowie Enzyminhibitoren wirken sich größtenteils negativ auf den Futterwert aus. Die Aminosäurezusammensetzung heimischer Körnerleguminosen erfordert in der Regel eine Substitution von Lysin und/oder Methionin, da diese in entsprechenden Rationen häufig im Mangel sind.

Um eine Verbesserung der Verdaulichkeit durch die Reduzierung antinutritiver Inhaltsstoffe zu erzielen, kommt in der Praxis regelmäßig die Extrudertechnologie zum Einsatz, welche das Kernelement des Projekts MobiHeat darstellt.

Durch das Extrudieren von Eiweißfuttermitteln wird eine Steigerung des Futterwertes erwartet, welche durch eine Optimierung der Verdaulichkeit, Verbesserung der Schmackhaftigkeit, Reduzierung antinutritiver Inhaltsstoffe sowie eine Erhöhung der Futterhygiene durch Keimabtötung erreicht werden soll.

Die Innovation von MobiHeat liegt vor allem in der Mobilität der Aufbereitung sowie den breiten Einsatzmöglichkeiten in Bezug auf die Futtermittel und die Variabilität des Produktionsprozesses. Auf diese Weise soll der Anbau von Leguminosen für Landwirtinnen und Landwirte attraktiver werden.

Nach Zuführung des geschroteten Rohmaterials durch den Einfülltrichter wird dieses mittels Dampfzugabe im Vorkonditionierer auf Temperaturen von bis zu 100 °C erwärmt. Anschließend fällt das Gut in den Extruder, bestehend aus einem Rohrschuss mit innen liegender Schnecke, welche sich zum Ende hin verjüngt. Das Material verlässt den Extruder durch eine gelochte Matrize am sogenannten Auslaufkopf. Schneckenbewegungen, Widerstände in Form von Bolzen in den Schneckenwindungen und das Pressen des Materials durch die Extrudermatrize bewirken Temperaturen von maximal 170 °C sowie Drücke von bis zu 40 bar im Extruder. Aufgrund des plötzlichen Druck- und Temperaturabfalls beim Austreten aus der Matrize expandiert das Material und erhält seine typische Struktur. Nach der Extrusion wird das Gut durch die Zudosierung von Säure auf dem Abförderband konserviert. Eine Anpassung der Prozess­parameter erfolgt maßgeblich durch die Variation der Fördermenge, der Dampfzugabe sowie durch die Wahl der passenden Matrize.

Aufbau des Mastschweineversuchs

Im Februar 2021 startete ein Fütterungsversuch mit 144 Mastschweinen in der ehemaligen Mastprüfungsanstalt des Instituts für Tierzucht und Tierhaltung der CAU am Standort Achterwehr. Zielsetzung des Versuches war die Untersuchung der Extrusion als Einflussfaktor auf die Mastleistung. Für die Versuchsanstellung standen 72 Doppelbuchten mit Stroheinstreu und Trockenfutterautomat sowie Nippeltränke zur Verfügung.

Die Mastläufer setzten sich aus Sauen und Borgen zusammen. Es waren sowohl reinrassige Linien als auch Hybriden der reinen Linien und Masthybriden vertreten. Die Fütterung wurde zweiphasig durchgeführt: Bis zu einem Lebendgewicht von zirka 60 kg erhielten die Tiere Vormast-, ab diesem Zeitpunkt Endmastfutter. Für den Versuch wurden die Tiere in zwei Gruppen eingeteilt. Die Mastfuttersorten der Kontrollgruppe enthielten rohe, die der Versuchsgruppe extrudierte Ackerbohnen. Unabhängig davon waren die Futtermischungen jeweils isonitrogen und isoenergetisch. Für die Bereitstellung des Versuchsfutters sind im Vorwege Ackerbohnen mithilfe der eigens entwickelten Anlage extrudiert worden.

Ergebnis: Veränderung durch die Extrusion

Durch die Extrusion der Ackerbohne konnte eine Reduktion der Tannine und der Trypsininhibitor­aktivität (TIA) erzielt werden. Der Tanningehalt konnte durch die Behandlung um 15,61 % verringert werden, bei der TIA wurde eine Reduktion um 55 % erreicht. Durch die Verwendung des Extruders konnte eine Steigerung des Stärkeaufschlussgrades um 43,10 % realisiert werden. Zur Beurteilung des Behandlungserfolges wurde als Maß die Eiweißlöslichkeit in Kaliumhydroxid (KOH) herangezogen. Hier lag der Wert nach der Behandlung mit 34 % im optimalen Bereich, sodass eine Proteinschädigung durch die Hitzebehandlung auszuschließen ist.

Die Zusammensetzung der verabreichten Rationen ist Tabelle 2 zu entnehmen.

Die Tiere wurden je Bucht randomisiert auf die Versuchsgruppe sowie die Kontrollgruppe aufgeteilt.

Die Nährstoffgehalte der ad libitum verabreichten Rationen sind in Tabelle 3 dargestellt.

Die Mastdauer erstrecke sich über durchschnittlich 105 Tage, die sich wiederum in 42 Tage Vormastdauer und 63 Tage Endmastdauer gliederten. Die Schlachtung erfolgte bei einem mittleren Lebendgewicht von 122,8 kg. Die Schweine wurden wöchentlich gewogen. Während des Versuches konnten die in Tablle 4 genannten Mastleistungen ermittelt werden.

Sowohl Einstallgewichte als auch Lebendendgewichte beider Gruppen unterschieden sich nicht voneinander. Bei fast gleichem Futteraufwand konnten die Tiere der Versuchsgruppe eine tendenziell höhere Zunahme während der gesamten Mastperiode erreichen (siehe Tabelle 4). Die Differenz lag bei annähernd 20 g pro Tag. Die tendenzielle Überlegenheit der Versuchsgruppe gegenüber der Kontrollgruppe setzt sich nach Aufgliederung der täglichen Zunahmen in Vor- und Endmast fort. Die Differenzen aller wirtschaftlich wichtigen Parameter zwischen den Gruppen konnten statistisch nicht abgesichert werden, ließen jedoch einen positiven Einfluss der mit extrudierten Ackerbohnen versetzten Futtermischungen vermuten.

Fazit

Der Prozess des Extrudierens hat eine Veränderung des Ausgangsmaterials durch Druck- und Hitzeeinwirkung zur Folge. Dieser Effekt sorgt bei Körnerleguminosen für einen verbesserten Futterwert, insbesondere durch die Zerstörung antinutritiver Inhaltsstoffe. Mithilfe der in diesem Projekt entwickelten Extruderanlage MobiHeat soll die Behandlung heimischer Eiweißträger direkt auf den landwirtschaftlichen Betrieben ermöglicht werden, um deren Anbau und Verwertung interessanter zu gestalten.

Wie bereits gezeigt werden konnte, ist die Idee eines mobilen Extruders technisch umsetzbar. In einem ersten Fütterungsversuch mit Mastschweinen wurden mit extrudierten Ackerbohnen tendenziell bessere Leistungen erzielt als mit rohen Bohnen. Weitere Fütterungsversuche mit Milchkühen und Mastschweinen folgen in den kommenden Monaten, um eine breite Datengrundlage zu schaffen.

Stetige ­Prozessoptimierungen werden die Zuverlässigkeit der Anlage langfristig verbessern, und die ersten Trends bei Schweinen lassen auf weitere positive Ergebnisse hoffen.

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