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Das Wirtschaftsjahr aus Sicht der Mäster

Schweine aktuell: Schweinereport Schleswig-Holstein
Von Gunnar Schuldt, Schweinespezialberatung SH; Dr. Ariane von Mallinckrodt, Landwirtschaftskammer SH
Unternehmerisches Geschick beim Futterkauf entschied über das Ergebnis in den SSB-Jahresauswertungen. Foto: Karin Müller

Eine der Ferkelerzeugung vergleichbare Situation stellt sich in der Mast dar. Das betrachtete Wirtschaftsjahr (WJ) 2022/23 wird genauso wie das WJ 2020/21 in Erinnerung bleiben. Nach den Auswirkungen der Pandemie stellte das politische Weltgeschehen die Betriebe durch die damit einhergehenden Effekte vor neue Herausforderungen. Auch im Schweinereport Schleswig-Holstein von Schweinespezialberatung Schleswig-Holstein (SSB) und Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein wird dies sichtbar.

Des einen Freud ist des anderen Leid. Waren die hohen Ferkelerlöse der rettende Anker für die Ferkelerzeugung, haben diese die Mast belastet. Im Schnitt hat der Mäster 83,90 € netto für ein 30-kg-Ferkel frei Hof gezahlt, zum Jahresende konnten es auch schon mal 115 € sein. Über die vergangenen zehn Jahre gab es keine solch hohen Ferkelkosten.

Ein weiteres Extrem im vergangenen Jahr waren die Futterkosten. Mit 37,40 €/dt war es 9 € teurer als im Vorjahr (WJ 2021/22) und 14,40 € beziehungsweise 62 % teurer als vor zwei Jahren (WJ 2020/21). Dies hatte zur Folge, dass die Betriebe ihr Augenmerk auf die Futterverwertung gelegt haben. Nach zwei Jahren in Folge mit steigenden Futterverwertungen (FVW), konnte in diesem Jahr mit 1:2,77 wieder der langjährige Durchschnitt erreicht werden. Im Vorjahr führten teilweise Vermarktungsprobleme und sehr hohe Schlachtgewichte zu einer schlechteren FVW.

Besonders in den vergangenen zwei Jahren war der Futterpreis entscheidend für den Betriebserfolg. In Zeiten stark schwankender Preise war es bei einigen Betrieben unternehmerisches Können oder vereinzelt Glück, den richtigen Zeitpunkt zum Einkauf zu treffen. In der Rückschau fällt auf, dass in den vergangenen beiden Jahren die wirtschaftlich erfolgreichen Betriebe (+25-%-Gruppe) im Mittel das Futter 2-%-Punkte günstiger eingekauft haben als der Durchschnitt. Das untere Viertel (–25-%-Gruppe) hingegen hat jedes Jahr teurer eingekauft. In den vergangenen beiden Jahren war der Unterschied mit 7 und 3-%-Punkten am höchsten.

Vermarktung und Erlöse

In der Vermarktung fallen ebenfalls Extremwerte auf. So wurde am Ende des ausgewerteten Wirtschaftsjahres mit 2,50 €/kg Schlachtgewicht (SG) der bisherige Höchstwert von 2,03 €/kg SG (Jahreswechsel 2019 zu 2020) um 47 ct überboten. Durch diese hohen Notierungen konnten die Betriebe im Durchschnitt mit 2,08 €/ kg SG beziehungsweise 202 € je Mastschwein Rekordumsätze erlösen. Diese hohen Erlöse waren notwendig, um die zuvor aufgeführten Kosten zu decken.

Die Mehrheit der Schweine – etwa 94 % – wurde über den Magerfleischwert klassifiziert, gemessen in der Schale über das AutoFOM-III-Gerät. Lediglich 4,4 % der SSB-Schweine wurden nach AutoFOM klassifiziert. Diese Klassifizierung bietet bei hohen Basispreisen das Potenzial höherer Zu-, aber auch Abschläge. Durch die relative Verpreisung entwickelt sich die AutoFOM-Klassifizierung zunehmend zu einer Option für Spezialisten. Dies sah vor zehn Jahren noch anders aus, damals wurden 20 % und mehr über die AutoFOM-Klassifizierung abgerechnet.

Seit der Einführung der AutoFOM-III-Geräte konnten die Magerfleischanteile (MFA) jährlich um 0,3 % bis auf 61 % gesteigert werden. Im vergangenen WJ 2022/23 ist der MFA auf 60,6 % gefallen. Ob dies an einer geänderten Genetik oder dem Einsatz geringwertiger Futtermittel lag, konnte noch nicht abschließend geklärt werden. Aus den Auswertungen der Einzelbetriebe geht hervor, dass diese Werte ausreichend sind für eine erfolgreiche Vermarktung, weil Ergebnisse über 61 % MFA nicht zu einer besseren Bezahlung führen.

Die Erlöse je Kilogramm SG hatten immer einen hohen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit. Im Wirtschaftsjahr 2022/23 gab es zwischen der +25- %- und der –25-%-Gruppe keinen Unterschied bei den Betrieben, unabhängig davon, ob diese einen Vermarktungs- oder Markenfleischzuschlag erhalten haben oder nicht. Der Vorteil von 4 ct/kg SG wurde größtenteils über Sortierung und Klassifizierung erreicht.

Als eine Möglichkeit, die Vermarktung zu verbessern, hat sich im vorherigen Jahr die Nachmast der Tiere bestätigt. Damit ist das aktive Umstallen der letzten Tiere aus einer Gruppe gemeint, um diese in ein besseres Schlachtgewicht zu bringen. Die Erlöse konnten um etwa 2 ct/kg SG verbessert werden (weniger Abzüge für Untergewicht), ohne die FVW nachweislich zu verschlechtern.

Betrachtung der Biologie

Besonders hohe Masttagszunahmen (MTZ) haben eher einen untergeordneten Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg. Im WJ 2022/23 hatte der durchschnittliche SSB-Betrieb mit 931 g erstmals eine höhere MTZ als die wirtschaftlichen Top-25-%-Betriebe (928 g). Diese Entwicklung zeichnete sich schon über die vergangenen Jahre ab, das obere Viertel pendelte seit dem WJ 2017/18 immer zwischen 920 g und 930 g MTZ.

Dennoch konnten die schleswig-holsteinischen Betriebe in den vergangenen zehn Jahren ihre MTZ im Mittel um fast 100 g steigern. Im Vergleich mit deutschlandweiten Zahlen der Erzeugerringdatenbank (erzeugerring.info) ist der hohe Norden um fast 50 g besser. War in der Vergangenheit dieser Unterschied einem höheren Anteil von Duroc-Anpaarungen geschuldet, erreichen nun auch die anderen Genetiken in der Regel über 900 g.

Weiterhin fallen die zurückgegangenen Verluste in der Auswertung auf. Dass gestiegenen Verlusten zusätzlich hohe Kosten (Ferkelzukauf und Futter) folgen, haben die Betriebe innerhalb der Beratung erkannt. Sie konnten im WJ 2022/23 mit 2,68 % erneut die Verluste senken und haben den zweitbesten Wert nach WJ 2017/18 (2,66 %) der vergangenen zehn Jahre erreicht. Ferner steht die Salmonellen-Kategorie im engen Zusammenhang mit den Verlusten. Zum zweiten Mal in Folge waren im unteren Viertel signifikant mehr Betriebe in der Kategorie II eingestuft.

Mittlerweile sind etwa 66 % der Mastschweine in der Initiative Tierwohl mit einem größeren Platzangebot organisiert. Zwischen 0,75 und 0,825 m² je Mastschwein war bei den Betrieben der SSB kein signifikanter Unterschied in der Biologie (MTZ, FVW, Verluste) feststellbar. Über die Erzeugerringe hatten Mastschweine mit 0,825 m² Platzangebot die beste Biologie. In der Ökonomie konnte über alle Betriebe hinweg auch bei den hohen Erlösen mit dem Mehrplatz eine bessere Wirtschaftlichkeit inklusive ITW je Quadratmeter Stallfläche erreicht werden.

Vergleich zum Bundesschnitt

In den biologischen Leistungen konnte Schleswig-Holstein wieder deutsche Spitzenwerte bei der MTZ (931 g zu 887 g) und der Futteraufnahme je Tag (2,58 kg zu 2,46 kg) erreichen. Bei der FVW gibt es mit 1:2,78 keinen Unterschied. Der Vermarktungsnachteil konnte im Lauf der Zeit reduziert werden. Während der Norden vor zehn Jahren durch die Entfernung zu den Schlachthöfen um 6,3 ct/kg SG schlechter vermarktet hat, sind es heute nur noch 3,3 ct.

Ein weiterer regionaler Nachteil ist bei den Futterkosten erkennbar. Wird nur Fertigfutter eingesetzt, ist dieses in Schleswig-Holstein etwa 1,80 €/dt teurer. Werden dann noch Nebenkomponenten (Backwaren, Molke et cetera) eingesetzt, welche regional nur sehr begrenzt verfügbar sind, wird die Differenz größer. Alle Details finden sich im Schweinereport unter lksh.de

Fazit

Die Mäster der SSB konnten mit 24,90 € Direktkostenfreier Leistung je 100 kg Zuwachs ohne Sonderzahlungen (SoZ – in der Regel ITW-Beiträge) beziehungsweise mit 36,80 € im oberen Viertel ein überdurchschnittliches Jahr (Vergleiche langjähriger Durchschnitt 21,10 € beziehungsweise 31,50 €) abschließen.

Mit 62,90 € Direktkostenfreier Leistung (DKfL) je Mastplatz ohne SoZ konnten die hohen Erlöse die gestiegenen Direktkosten decken, jedoch reichten sie nicht aus, um die Festkosten eines durchschnittlichen Betriebes mit Neubau ohne SoZ von 72,20 € (15,70 € Arbeitserledigungskosten, 39,70 € Gebäudekosten, 16,80 € Gemeinkosten und Zinsansatz) zu decken.

Die Bestandsveränderung in Höhe von 12,20 €/100 kg Zuwachs zeigt, dass der durchschnittliche Betrieb etwa 53.000 € in den Bestandsaufbau investiert hat, welcher nicht als Rückfluss der Liquidität vorhanden war. Daher hatten einige Betriebe trotz des guten Wirtschaftsjahres an dessen Ende eine angespannte Liquidität, welche erst im Herbst 2023 mit den fallenden Futterpreisen der neuen Kontrakte spürbar verbessert wurde.

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