Die ehrenamtlich besetzten Fachausschüsse der Landwirtschaftskammer geben Impulse in die hauptamtliche Arbeit der Fachbereiche, das gilt auch für die Arbeitnehmerberatung. In diesem Jahr widmete sich der Fachausschuss dem Thema „Mental Load“. Annkathrin Meenken-Sievers, Beraterin bei der Landwirtschaftskammer, stellte die Wichtigkeit für eine Auseinandersetzung von Betrieben und Arbeitnehmenden in Landwirtschaft und Gartenbau mit diesem sensiblen Thema heraus.
„Wer hat sich schon einmal Gedanken gemacht, welche mentale Leistung allein in einem Einkauf stecken kann?“ So startete Prozessberaterin Annkathrin Meenken-Sievers in ihren Vortrag. „Wenn man es genauer betrachtet, scheint jeder einzelne Gedanke zwar nicht viel, aber in der Masse zeigt sich eine umfängliche – nicht sichtbare – Gedankenleistung.“
Mental Load – was ist das?
„Mental Load“ bezeichnet also die unsichtbare Last alltäglicher Verantwortung. Dazu gehören die Organisation von Haushalt und Familie im Privaten, Koordination und Organisation im Beruflichen sowie die Pflege von Beziehungen und das Aufgreifen von Bedürfnissen und Befindlichkeiten in beiden Bereichen. Oft sind vor allem Frauen davon betroffen, insbesondere dann, wenn sie eine Doppelrolle in Haushalt und Beruf übernehmen. Kognitive Arbeit wird zum Mental Load, wenn sie emotionale Belastungen für die betreffende Person mit sich bringt. Dies macht auch deutlich, dass Mental Load alle Menschen treffen kann, die ohne Pause unsichtbare gedankliche Arbeit in ihrem Umfeld leisten. Im beruflichen Kontext zeigt es sich auch dadurch, dass in den letzten Jahren psychische Krankheiten als dritthäufigster Grund für Fehlzeiten angegeben werden. Die Gesunderhaltung von Mitarbeitenden ist somit zu einem wichtigen betriebswirtschaftlichen Faktor geworden.
Auch ein Thema im Agrarbereich
Auch Beschäftigte in Landwirtschaft und Gartenbau stehen nicht selten unter starkem Druck, angefangen bei der Witterung bis hin zu starkem Arbeitsanfall in Spitzenzeiten und hoher Flexibilität in Arbeitsabläufen. Die Identifikation von Mental Load ist aber schwierig, da neben vielen unsichtbaren, nie abgeschlossenen To-dos eine Menge an Mikroaufgaben auf den Betroffenen lastet, die im Einzelnen zwar nicht aufwendig erscheinen, sich in der Masse jedoch auswirken. „Da kann das Geschenk für die Schwiegermutter schon einmal zu viel sein“, so die Referentin. Zur Veranschaulichung füllte sie ein Glas mit Tennisbällen, die Aufgaben und Gedankenarbeit symbolisierten, und zeigte, wie schnell das System überfordert ist, wenn das Glas zu voll wird.
Auch fehlende Anerkennung für Leistungen und eigene Glaubenssätze verstärken das Problem. Mental Load kann zu vielfältigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie Schlafstörungen, Migräne oder erhöhtem Blutdruck führen. Fortschreitend kann dies zu Burn-out, Depressionen oder Angstzuständen führen, was in der Landwirtschaft vergleichsweise häufig der Fall ist. Daher ist es wichtig, sich präventiv beziehungsweise frühzeitig damit auseinanderzusetzen. Dies kann konkret durch die Stärkung der eigenen Resilienz geschehen. Optimismus, Akzeptanz, Lösungsorientiertheit, gute Bindungen und Netzwerke gehören hier genauso dazu wie Selbstfürsorge, positive Zukunftspläne und die Fähigkeit, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. All dies erfordere laut der Referentin viel innere Arbeit. Aber auch die äußeren Faktoren müssten entsprechend angepasst werden.
Was Kollegen und Betriebe tun können
Als Schritte für mehr Entlastung im Kollegium schlug die Beraterin vor, unsichtbare Arbeit zu thematisieren, Aufgabenpakete zu definieren, Projekte ausgewogen zu verteilen, regelmäßig Rückblicke zu veranstalten und sich gegenseitig Dank und Wertschätzung entgegenzubringen. Betriebe können unterstützen, indem sie klare Strukturen schaffen, die Kommunikation verbessern, Dokumentationen erleichtern, Verantwortung gerechter verteilen, Arbeits- und Erholungszeiten einhalten und die Gesundheit der Mitarbeitenden ernst nehmen. Die Referentin betonte, dass die Selbstfürsorge immer oberste Priorität haben sollte. „Es ist wichtig, sich selbst und die Signale des Körpers ernst zu nehmen, um leistungsfähig zu bleiben. Je tiefer man in die Burn-out-Spirale gerät, desto schwieriger wird der Weg heraus.“
Nach Ermunterung der Referentin vereinbarten der Fachausschuss und die Arbeitnehmerberaterinnen, dem Themenbereich Mental Load mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Neben einer intensiveren Aufklärung durch Artikel oder Beiträge wären entsprechende Weiterbildungsangebote für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer denkbar.
Abschließend stellte die Referentin Hilfsangebote für präventive und akute Situationen vor. Diverse Angebote von Krankenkassen, Beratungsstellen und weiteren Institutionen sowie der SVLFG stünden bereits zur Verfügung. Eine Übersicht über mögliche Hilfsangebote ist dem Internetauftritt der Arbeitnehmerberatung unter https://www.lksh.de/beratung/arbeitnehmerberatung zu entnehmen.
Weitere wichtige Infos aus der Arbeitnehmerberatung
kurz zusammengefasst:
• Zahlen der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sowie der Ausbildungsverträge in den Grünen Berufen in Schleswig-Holstein bleiben konstant
• Umstellung des Arbeitnehmer-Rundbriefs auf E-Mail für das kommende Jahr geplant
• Überarbeitung des Jobportals der Landwirtschaftskammern: Die „neue“ Agrarjobbörse geht Ende des Jahres online.
• Fortführung der Arbeitnehmer-Onlinetage im Februar 2026;
Schwerpunkte diesmal: Altersvorsorge und Themen aus dem Arbeitsrecht
• „Mitarbeiter verstehen und Potenziale nutzen“ – spannendes Seminarangebot für Arbeitgeber im Februar 2026 in Planung




