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Standortgerechte Baumarten

Grundlagen des Waldbaus, Teil 2
Von Dr. Gerrit Bub, Landwirtschaftskammer SH

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In Ausgabe 01/24 ging es in der Serie über Grundlagen des Waldbaus um das erfolgreiche nachhaltige Wirtschaften. Der zweite Teil befasst sich mit standortgerechten Baumarten im Wirtschaftswald.

Strukturreiche Mischbestände können das Lichtangebot optimal ausnutzen.

Angesichts des Klimawandels prüft der Waldbesitzende sorgfältig, welche Wirtschaftsbaumarten die vielfältigen Ökosystemleistungen des Waldes auch zukünftig nachhaltig erfüllen können. Da viele heimische Baumarten ihr ursprüngliches Klima nicht mehr vorfinden könnten, sollte sich der Blick zunächst auf die trockentoleranten Baumartengesellschaften wie zum Beispiel die Traubeneiche (Quercus petrea) oder den Spitzahorn (Acer platanoides), die Vogelkirsche (Prunus avium) oder die Lindenarten (Tilia species) richten.

Die Rotfichte (Picea abies) wird vielerorts keinen Wuchsraum mehr finden können, da die Trockenperioden zunehmen dürften und dem Nadelbaum das Wasser entziehen. An ihre Stelle kann zum Beispiel die Douglasie (Pseudeszuga menziesii) treten. Auch Weißtanne (Abi­es alba) oder Zedernarten (Cedrus species), Türkische Tanne (Abi­es bornmuelleriana) und Baumhasel (Coryllus avellana) sowie die orientalische Buche (Fagus orientalis), die Zerreiche (Quercus cerris) oder die Esskastanie (Castanea sativa) und weitere Baumarten diskutieren derzeit forstliche Praktiker und Wissenschaftler.

Hilfreiche App für Waldbesitzer

Soll sich der Waldbesitzende für eine Waldgesellschaft entscheiden, hilft ihm dazu eine aktuelle Waldbau-App der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt. Die digitale Plattform verschneidet die Standorte mit der Klimavorhersage. Sie bietet dem Waldeigentümer eine vielfältige Baumartenpalette, die sich für den Waldort als geeignet anbieten. Der Waldbesitzende ist in der Lage, auf seiner Fläche unmittelbar zu planen. Die Waldbau-App findet sich ab Februar 2024 auf der Internetseite der Nordwestdeutschen forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt unter nw-fva.de/unter
stuetzen/software/baem

Wirtschaftswälder
vielfältig entwickeln

Die gute fachliche Forstpraxis ermuntert die Waldbesitzenden, den Wald natürlich zu verjüngen. Aktives Pflanzen oder Säen bleiben die zweite Wahl. Vorhandene Nuturverjüngung wäre, solange sie im Klimawandel geeignet erscheint, zu übernehmen. Die Samenbäume sind zumeist an den Standort angepasst, natürlich angesamte Sprösslinge sind kostenlos zu haben. Die Wurzeln der frischen Setzlinge erleiden anders als die Pflanzen keinen Pflanzschock.

Problematisch ist es, wenn der Vorbestand nicht standortgerecht ist (falsche Baumart, schlechte Herkunft). Eine Baumart ist immer dann standortgerecht, wenn sie klimatisch angepasst ist, die Standortkraft mit gutem Wachstum nutzt, den Boden gut erschließt, die Bodenkraft erhält und verbessert und sich in eine standortgerechte Lebensgemeinschaft gut eingliedert. Ist dies aber nicht so, hilft es, aktiv zu pflanzen.

Entscheidet sich der Waldbesitzende für das Pflanzen, sind folgende Gesichtspunkte nennenswert. Verwenden sollte man nur qualitativ hochwertige, herkunftsgesicherte Setzlinge. Die Triebe von gutem Pflanzgut verzweigen sich wipfelschäftig. Die Pflanze zeigt einen starken Wurzelhals und ein ausgewogenes Spross-Wurzel-Verhältnis. Die Triebe sind frisch und weisen keine Schäden auf.

Gepflanzt wird im Frühjahr oder Herbst bis in den Winter hinein. Die Kosten sind abhängig von der Pflanzengröße, der Pflanzenzahl und dem angewendeten Pflanzverfahren. Das Pflanzverfahren passt sich dem Standort und der Pflanze an, niemals umgekehrt.

Die Vorteile beim Pflanzen liegen darin, die Baumart frei wählen zu können, die Herkunft zu sichern, alle Baumarten gemäß dem Wirtschaftsziel nebeneinander systematisch anzuordnen und die Anzahl der Pflanzen festzulegen. Pflanzverfahren und Pflanzschock führen gelegentlich zu unzureichendem Entwickeln der Wurzel und damit zu späteren Stabilitätsproblemen.

Als Forstpflanzen kommt nur zugelassenes Pflanzmaterial in Betracht. Eine Liste der Arten findet sich im Forstlichen Vermehrungsgutgesetz (FoVG). Je nach Ausgangssituation der Fläche und des Standortes empfiehlt es sich, Pflanzengrößen von 50 bis 80 cm oder 80 bis 120 cm beim Laubholz und 20 bis 40 cm oder 30 bis 60 cm beim Nadelholz auszuwählen.

Die Forstpflanzen sind wurzelnackt oder im Container erhältlich. Bei jeder neuen Waldgeneration gilt grundsätzlich die Handlungsmaxime, möglichst wenig kostenintensive, bodenbelastende flächige Maßnahmen mit hohen Pflanzenzahlen durchzuführen. Um Kosten zu sparen, ist es ratsam, vorhandene passende Baumarten zu übernehmen, auf weiteres Ansamen zu hoffen und die Baumschulpflanzen möglichst extensiv auf der Fläche zu verteilen.

Bisweilen ist es bei starkem Bewuchs mit Brombeere (Rubus species) oder Traubenkirsche (Prunus serotina) geraten, den Schlagabraum zu räumen oder zu mulchen. Hier empfiehlt es sich, möglichst nicht die gesamte Fläche zu behandeln, sondern streifen- oder platzweise vorzugehen.

Artenvielfalt fördern – Betriebsrisiko senken

Es ist anzustreben, viele Baumarten im Wald zu verteilen, um das Betriebsrisiko zu mindern. Die Baumartenvielfalt soll im interaktiven Wechsel der Individuen das natürliche Wuchsverhalten unterschiedlicher Waldbäume fördern. Der Wald ist mehr als die Summe seiner Festmeter – er ist eine komplexe Lebensgemeinschaft. Dies umschließt das oberirdische Zusammenspiel der Baumkronen genauso wie das unterirdische Zusammenwirken verschiedener Pilz­typen und Feinwurzelsysteme.

Der gemischte Wald verteilt das ökonomische Risiko. Im Fall des klimabedingten Verlustes einer Baumart soll die Nachbaubaumart die Fehlstelle durch ihren Samenflug wiederbesetzen.

Der Waldbesitzende unterscheidet bereits bei der Anlage der Kultur darüber, wie sich der neue Waldbestand in seiner Vielfalt wirtschaftlich ausrichtet. Er ordnet die verschiedenen Baumarten räumlich an. Dabei unterscheidet er einzelstammweise (Buntmischung), truppweise (10 bis 15 m, halbe Baumlänge), gruppenweise (15 bis 30 m, Baumlänge), horstweise (30 bis 60 m, doppelte Baumlänge) oder flächenweise (über 60 m) Einheiten. Die Setzlinge stehen in Reihen oder Streifen.

Baumarten erreichen zeitlich versetzt unterschiedliche Erntealter. Die zeitliche Dimension ist bei einer Kultur ebenfalls zu überdenken (zeitlich versetzte Entnahme). Schnell wachsende Lichtbaumarten wie zum Beispiel die Japanische oder Europäische Lärche sowie die kurzlebige Vogelkirsche dienen beispielsweise als geeignete Vorwaldbäume. Demgegenüber sind Baumartengemenge bis in den Endbestand möglich und notwendig.

Die Eichenwaldgesellschaft beherbergt verschiedene Edellaubhölzer wie etwa den Bergahorn oder die Ulmenarten, aber auch Speierling und Elsbeere. Die Hainbuche oder die Linden dienen den Eichen im Unterstand und sorgen als dauerhafte Gesellschaft für Schaft- und Bodenpflege.

Klimastabile Wälder lassen sich nur mit angepassten Wildbeständen entwickeln. Fotos: Dr. Gerrit Bub

Das Holz
nachhaltig nutzen

Die Erträge des Forstbetriebes stammen zu über 90 % aus dem Holzeinschlag. Die Waldpflege zielt darauf, möglichst viel wertvolles, starkes Stammholz zu erzeugen. Dabei darf die Bestandesstabilität nicht leiden.

Der Waldbesitzende wirtschaftet langfristig und ökosystemgerecht. Die Forstwirtschaft basiert auf fachlich abgesichertem Planen, dem Aufnehmen des Standortes und der Baumarten, des Zehnjahresplans der forstlichen Inventur, die wiederum Pflegeeingriffe und Hiebssatz festlegt. Holz zu nutzen bedeutet also, den verbleibenden Waldbestand zu pflegen.

Wenn der Forstwirt forstliche Maßnahmen plant, fragt er sich zunächst: Was passiert, wenn nichts passiert? Kann das waldbauliche Ziel auch ohne Maßnahme erreicht werden? Wenn ja, entfällt die forstliche Maßnahme. Oder müssen wir nachsteuern? Dann ist es notwendig, Baumartenanteile zu regulieren oder beschatteten und bedrängten Bäumen Wuchsraum zu gewähren. Man unterscheidet je nach Alter des Waldbestandes folgende Pflegeeingriffe:

Kulturpflege

Jungwuchspflege: Sie hat zur Aufgabe, den Mischwuchs zu regulieren. Bedrängende, unerwünschte Baumarten gilt es gegebenenfalls zurückzudrängen. Die Jungbestandspflege beginnt mit dem Schluss der Kultur bis zu einer Mannshöhe.

Läuterung: Durch eine Negativauslese vorwiegend im Laubholz entnimmt der Forstmann schlecht geformte „Protzen“ und korrigiert im Stangenholzalter die Baum­artenanteile.

Durchforstung: Entnehmen von Bedrängern des Zukunftsstammes bei der Jungdurchforstung in Stangenhölzern und geringen Baumhölzern (bis 15 bis 20 cm Brusthöhendurchmesser (Bhd)). Die Altdurchforstung erfolgt im Baumholzstadium bis zum Einsetzen der Ernte des zielstarken Holzes (40 bis 60 cm Bhd).

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