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Sorghumsilage als Option für die Milchkuhfütterung?

Öffentliche Tagung des Deutschen Maiskomitees e. V. (DMK) in Osterrönfeld, Teil 2
Von Dr. Susanne Ohl, Landwirtschaftskammer SH
Mit herkömmlicher Maiserntetechnik (li.) werden die weitaus kleineren Körner des Sorghums nicht ausreichend zerkleinert (r.) und passieren unverdaut den Verdauungstrakt der Milchrinder, sodass sie nach Kotauswaschung sichtbar werden. Fotos: Severin Fey, Mohamad Ismail

Ein Schwerpunkt der öffentlichen Tagung des DMK-Ausschusses Futterkonservierung und Fütterung lag auf dem Thema Sorghum. In zwei Vorträgen wurden die Siliereigenschaften und Qualitäten sowie die Eignung für die Milchkuhfütterung vorgestellt und diskutiert.

Silvia Schmid stellte die Silier- und Fütterungsversuche mit Sorghum am Standort Aulendorf des Landwirtschaftlichen Zentrums Baden-Württemberg vor. Foto: privat

Silvia Schmid vom Landwirtschaftlichen Zentrum Baden-Württemberg (LAZBW) informierte zunächst über den Status quo. Weltweit ist Sorghum ein wichtiges Grundnahrungsmittel und zählt zu den fünf am weitesten verbreiteten Getreidesorten. In Deutschland ist es bisher eine Nischenkultur, laut Angaben des DMK betrug 2024 die Anbaufläche 11.500 ha. Je nach Einsatzzweck werden Energiesorten für die Biogasproduktion oder Silo- und Körnersorten angebaut. Bislang ist der Einsatz zur Rinderfütterung eher unüblich, unter anderem aufgrund der antinutritiven Inhaltsstoffe. Bei abiotischem Stress bilden die Pflanzen Blausäure, in der EU besteht ein Einsatz- und Verschneidungsverbot bei Gehalten über 50 mg/kg bei 88 % Trockenmasse (TM).

Aulendorfer Silierversuche in Labor und Praxis

Im Projekt „Diversifizierung des Silo- und Energiemaisanbaus“ wurde 2022 auf 5,8 ha eine Sorghum-Silosorte angebaut. Die Witterung am Standort Aulendorf war durch ausreichende Niederschläge gekennzeichnet (Juni bis September: 430 mm). Unter diesen Rahmenbedingungen waren die Erträge mit 100 dt TM/ha für Sorghum durchschnittlich, lagen aber deutlich unter denen des Silomaises (200 dt TM/ha). Sorghum und Silomais wurden mit identischer Erntetechnik ohne Siliermittelzusatz geerntet und in baugleiche Silokammern eingelagert. Parallel dazu wurde ein Laborsilierversuch in Weckgläsern angelegt, um die Siliereigenschaften und die Wirkung verschiedener Siliermittel (homo- und heterofermentative Milchsäurebakterien MSBho, MSBhe; chemisch) zu überprüfen.

Das Erntegut war in beiden Fällen als leicht silierbar einzustufen, wobei sich Sorghum durch einen geringeren TM- und Energiegehalt, aber höheren Gehalt an Rohprotein, Zucker und Neutral-Detergenzienfaser auszeichnet (Tabelle 1). Ein ähnliches Bild ergab sich auch für die Laborsilagen, unabhängig vom Siliermitteleinsatz. Die pH-Werte lagen durchweg auf einem sehr niedrigen Niveau (Tabelle 2), wobei die Sorghumsilagen deutlich höhere Milchsäuregehalte aufwiesen. Die Behandlung mit MSBhe resultierte in einer erhöhten Essigsäurebildung. Sehr hohe Ethanolgehalte, insbesondere bei Sorghum, wiesen auf massive Hefeaktivität hin, lediglich das chemische Siliermittel zeigte eine gewisse Wirksamkeit.

Die Praxissilagen wurden begleitend zum Fütterungsversuch ab September 2023 beprobt. Verdichtungsmessungen erfolgten an jeweils drei oberen und unteren Messpunkten (fünf Termine). In beiden Silos wurden im oberen Bereich geringere Verdichtungen festgestellt, die mit höheren Temperaturen, insbesondere im Bereich des Anschnitts, einhergingen (aerober Verderb). Struktur und Haptik der Sorghumsilage unterschieden sich von der Maissilage. Bei der Entnahme mit dem Futtermischwagen wirkte die Sorghum-Anschnittsfläche mechanisch instabiler, die Silagepartikel bröckelten stärker nach.

Sorghumsilage im Fütterungsversuch

Für den Fütterungsversuch wurde ein kontinuierliches Design mit 29 Fleckviehkühen in zwei Gruppen gewählt. Nach einer Angewöhnungszeit und Gleichfütterung (je zwei Wochen) startete die elfwöchige unterschiedliche Fütterung der Kontroll- sowie der Versuchsgruppe. Aufgrund des deutlich geringeren Energiegehaltes der Sorghumsilage wurde der Maisanteil in der Teilmischration (PMR) der Versuchsgruppe nur zu 70 % durch Sorghum ersetzt, was 5 kg TM je Tier und Tag entsprach und das Energiedefizit durch einen höheren Getreideschrotanteil ausgeglichen hat (Tabelle 3). Weiteres Konzentratfutter wurde am automatischen Melksystem nach Laktationstag zugeteilt, die Zuteilung war in beiden Gruppen identisch.

Die Futteraufnahme der Versuchsgruppe war mit 24,4 kg TM höher als in der Kontrollgruppe (22,5 kg TM), wodurch beide Gruppen eine ähnliche Grobfutteraufnahme erzielten. Die Milchleistung war über den gesamten Versuchsverlauf ebenfalls erhöht (32,7 kg mit Sorghum-PMR versus 30,0 kg) bei vergleichbarer Milchzusammensetzung. Die Grobfutterleistung war jedoch mit 10,4 kg ECM (fett- und eiweißkorrigierte Milch) deutlich niedriger als in der Kontrolle (14,7 kg ECM).

Die Untersuchung hat gezeigt, dass bei der Fütterung von zirka 5 kg TM Sorghumsilage pro Tag an Milchkühe grundsätzlich eine hohe Futteraufnahme und Milchleistung möglich sind, wenn der geringeren Energiekonzentration durch Erhöhung des Konzentratfutteranteils in der Ration begegnet wird. Eine vorherige Kenntnis der Blausäurekonzentration ist jedoch unabdingbar.

Mais und Sorghum wurden in baugleichen Silos eingelagert und während der Entnahmephase während des Fütterungsversuches an fünf Terminen beprobt. Die Verdichtung war in den oberen Bereichen zu gering, was zu höheren Temperaturen vor allem im Bereich des Anschnitts führte. Foto: Silvia Schmid

Erfahrungen aus Schleswig-Holstein

Auch die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein beschäftigt sich seit einigen Jahren mit dem Thema Sorghum. Während in der Vergangenheit hauptsächlich TM-Gehalte und Erträge verschiedener Sorten oder des Gemengeanbaus im Fokus standen, kamen in den Jahren 2023 und 2024 auch Untersuchungen zur Verwertung dazu, da einige Sorten von den Züchtern speziell als Futtersorghum beworben werden. Um den Fragen zur Silierbarkeit der Ganzpflanzen, Silagequalität mit und ohne Siliermitteleinsatz sowie zu den Blausäuregehalten und damit zu möglichen Beschränkungen für die Fütterung nachzugehen, wurden im Labormaßstab Silierversuche mit reinem Sorghum beziehungsweise Mais-Sorghum-Gemenge durchgeführt.

Die Auswertung der Parzellenversuche am Standort Schuby ergab deutlich geringere TM-Erträge für Sorghum und auch der Mischanbau mit Mais konnte mit reinem Maisanbau nicht mithalten. Insbesondere im relativ feuchten, kühlen Jahr 2024 lagen die TM-Gehalte von Sorghum weit unter 30 %, wodurch bei der Silierung eine erhöhte Sickersaftbildung zu erwarten wäre.

Blausäuregehalt im Erntegut zu hoch

Im Jahr 2023 wurde nur eine Sorte auf den Blausäuregehalt hin untersucht, dieser lag mit 76 mg/kg bei 88 % TM zwar auf einem geringen absoluten Niveau, aber immer noch oberhalb des Grenzwertes der EU (50 mg/kg). Durch die Silierung konnte eine Abnahme verzeichnet werden, jedoch nicht unter den Grenzwert. Die Verringerung des Blausäuregehaltes bei der Silierung wird in der Literatur vielfach beschrieben, ursächlich hierfür ist der niedrige Siedepunkt von 26 °C. Bei höheren Temperaturen, die zumindest zu Beginn der Silierung zu verzeichnen sind, wird Blausäure flüchtig und entweicht. Im Jahr 2024 wurden alle angebauten Sorten auf Blausäure hin untersucht, erhöhte Konzentrationen von 57 bis zu 113 mg/kg bei 88 % TM fanden sich nur in Einzelfällen, insbesondere bei den Körnersorten. Da die Körner blausäurefrei sind, wäre das bei ausschließlicher Körnernutzung unproblematisch.

Für die Einschätzung der Wirksamkeit von Siliermitteln wurde in beiden Jahren die gleiche Sorghum-Sorte herangezogen (Sorghum 1), die entweder ohne (Kontrolle) oder mit einem biologischen Siliermittel (MSBho+he) in Weckgläsern einsiliert wurde. 2024 kam eine zweite Sorte (Sorghum 2) dazu, die sowohl solo als auch im Gemenge mit Mais ohne Zusätze siliert wurde.

Die frischen Sorghumganzpflanzen zeichneten sich, bedingt durch höhere Faseranteile und geringere Stärkegehalte, durch deutlich geringere Energiegehalte aus als das Gemenge (Abbildung). Allerdings lagen die Zuckergehalte teilweise auf einem sehr hohen Niveau, wodurch das Erntegut als leicht vergärbar einzustufen war. Das bestätigte sich auch in der schnellen und tiefen pH-Wert-Absenkung auf unter 4,2 bereits nach zwei Tagen.

Alkoholische Gärung bei Sorghum

Die Gärqualität zeichnete sich durch niedrige pH-Werte (unter 3,9), hohe Milchsäure-, Essigsäure- und Ethanolgehalte aus (Tabelle 5), Zucker war nahezu vollständig verbraucht. Die alkoholische Gärung der Hefen ist mit hohen Verlusten verbunden, was speziell bei der Variante Sorghum 2 sehr deutlich wird. Die heterofermentativen MSB im Siliermittel führten zu einer verstärkten Essigsäurebildung, wodurch die Hefen etwas gehemmt wurden. Gut verdichtete und länger gelagerte Silagen (90 Tage) blieben bei aerober Lagerung über zehn Tage kalt (Ausnahme Kontrolle Sorghum 1, 2023), bei suboptimalen Bedingungen erwärmten sich fast alle Silagen innerhalb von 1,3 bis 6,3 Tagen (Ausnahme Sorghum 1, 2024 mit MSBho+he). Die Mais-Sorghum-Silagen erwärmten sich zwei Tage eher als die Sorghumsilage.

Der Sorghum-Parzellenversuch in Schuby zur Ernte am 11. Oktober 2023 lässt die Unterschiede in Habitus und Ertrag zwischen Futter- (li.), Energie- (r.) und Körnersorten schon auf den ersten Blick erkennen. Foto: Dr. Susanne Ohl
Nach zwei Tagen Lagerdauer wurden die ersten Gläser des Labor-Silierversuches bereits geöffnet, um den pH-Wert zu messen. In allen Varianten fand eine sehr schnelle Ansäuerung statt. Foto: Dr. Susanne Ohl

Achtung: Betriebe zum Mitmachen gesucht!

Die Untersuchungen werden 2025 fortgesetzt, geplant sind auch Erhebungen zu Verdichtung und Blausäuregehalt unter Praxisbedingungen. Hierfür werden interessierte Betriebe gesucht, die entweder Sorghum solo oder im Gemenge mit Silomais anbauen (sohl@lksh.de).

Sorghum als Back-up für die Fütterung

In der anschließenden Diskussion wurde die Bedeutung von Sorghum für die Fütterung thematisiert. In Schleswig-Holstein und anderen Bundesländern erreicht Sorghum unter jetzigen Klimabedingungen häufig nicht die Teigreife und sowohl die Erträge als auch die Energiegehalte sind deutlich geringer als bei Silomais. An extrem trockenen Standorten oder in Regionen mit großer Verbreitung des Maiswurzelbohrers ist Sorghum schon jetzt eine Grobfutteralternative oder Ergänzung zum Silomais. Je nachdem, wie sich der Klimawandel in den kommenden Jahren bemerkbar macht, könnte der Sorghumanbau, beispielweise auf einem Drittel der Maisflächen in dürregefährdeten Regionen, zur Risikominimierung beitragen. Vor der Verfütterung an Tiere ist aber unbedingt der Blausäuregehalt zu bestimmen. Eine gemeinsame Silierung mit Silomais trägt über den Verdünnungseffekt sicherlich zu einer Reduzierung bei.

Fazit

Sorghum eignet sich, sowohl solo als auch im Gemenge mit Mais, sehr gut für die Silierung, allerdings ist mit einer stärkeren Ethanolbildung zu rechnen. Hohe Faseranteile erschweren die Verdichtung, wodurch die Silagen anfälliger für aeroben Verderb sind. Der Einsatz von chemischen oder biologischen Siliermitteln auf Basis von MSBhe trägt zur Qualitätsverbesserung bei. Für die Fütterung sind der Blausäuregehalt zu berücksichtigen und der geringere Energiegehalt auszugleichen.

Teil 1 zur Öffentlichen Tagung des Deutschen Maiskomitees wurde in Bauernblatt Ausgabe 17/25 auf den Seiten 30 bis 32 veröffentlicht.

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