Schon seit Generationen bezeichnet man Hafer als Gesundungsfrucht. Früher bezog sich das „nur“ auf die Fruchtfolge – heute zusätzlich auch auf die menschliche Gesundheit. Und genau hier liegt das Potenzial dieser Kultur: Weniger ackerbaulicher Input, bessere Fruchtfolgeleistung, attraktive Vermarktungsmöglichkeiten.

Gesündere Fruchtfolge durch Hafer

Hafer trägt wie Grobleguminosen zur Unterbrechung von Infektionszyklen in Getreide- und Rapsfruchtfolgen bei. Man bezeichnet daher seit jeher Hafer als „Gesundungsfrucht“. Diese beansprucht zudem selbst nur geringe produktionstechnische Maßnahmen. Aus den genannten Gründen eignet sich Hafer gut zur Auflockerung enger Fruchtfolgen mit Getreide, aber auch Raps, und kann den hohen Aufwand zur Absicherung der Erträge vermindern.

Gute N-Effizienz = geringere Nitratauswaschung

Positiv in Betrieben mit Düngerzukauf ist die hohe Nährstoffeffizienz, die u. a. auch auf einer guten Durchwurzelungsleistung beruht. Selbst hohe Erträge von > 75 dt/ha können mit einem N-Aufwand von rd. 80 kg/ha erzeugt werden (Stemann 2022, Link: https://www.SAATEN-UNION.de/getreide/hafer/hafer-auch-auf-besten-boeden-anbauen/). Die so erreichten geringeren Nitratreste in der herbstlichen Sickerwasserperiode stellen besonders für ausgewiesene „Rote Gebiete“ einen wichtigen Aspekt mit zunehmender Bedeutung dar.
Hafer trägt also dazu bei, die N-Bilanzen erheblich zu entlasten.

Top-Vorfruchtwert: Mehrertrag bei Gerste und Weizen nach Hafer als Vorfrucht

Nicht zu unterschätzen ist auch der hohe Vorfruchtwert von Hafer. Nach Prof. Dr. Rolf Rauber, Georg-August-Universität Göttingen (in: Hafer: Gesund, nachhaltig, marktorientiert, Download: SAATEN-UNION.de/Download) belegen langjährige Feldversuche den hohen Vorfruchtwert des Hafers.

Hier die Ergebnisse von zwei Langzeitversuchen:
In einem über zehnjährigen Feldversuch auf sandigem Lehm in Schleswig-Holstein mit 750 mm Jahresniederschlag lag der Kornertrag von Wintergerste nach Hafer gleichauf mit dem Ertrag nach Raps und 5,3 dt/ha höher als nach Gerste oder nach Weizen. Dieser Unterschied ist statistisch signifikant. Ähnliche Ergebnisse lieferte ein ebenfalls 10jähriger Feldversuch in Bayern (Auenrendzina, 820 mm). Hier lag der
Kornertrag von Weizen nach Hafer im Mittel sogar 13 dt/ha höher als der Kornertrag des Weizens nach Weizen, Gerste oder Roggen. Der Vorfruchtwert des Hafers war hier also noch wesentlich höher als in dem Beispiel aus Schleswig-Holstein!

 

Bei Industriehafer-Produktion auf die Sorteneigenschaften achten!

Besonders wirtschaftlich ist der Anbau als Schälhafer für die Humanernährung mit einer entsprechenden Vermarktung. Hafermühlen suchen in Deutschland permanent gute Qualitäten, die sie sonst aus dem Ausland beziehen. Das gilt besonders in Zeiten, in denen bei Verbraucherinnen und Verbrauchern die Regionalität eine immer bedeutendere Rolle spielt. Hinzu kommt, dass wir uns derzeit in einer Periode weltweit historisch niedriger verfügbarer Mengen an Schälhafer befinden.
Bei der Produktion von Hafer für die Humanernährung ist das wesentliche Ziel das Erreichen der geforderten hohen Qualitäten:
Im Normalfall ist ein Hektolitergewicht von mind. 52 kg sowie ein Spelzenanteil von weniger als 26 % gefordert. Die Schälbarkeit muss gut sein. Diese Qualitäten werden jedoch nicht erreicht, wenn Hafer – wie leider so oft in der Praxis – auf undankbarsten Standorten in der schlechtesten Position in der Fruchtfolge steht. Qualitätshafer sollte auf Böden mit guter Wasserführung stehen, idealerweise nach Blattfrucht, und muss mit Sorgfalt bestellt und geführt werden. Auch bei der Sortenwahl muss von vorneherein auf Qualität und Leistungsstabilität/Sicherheit geachtet werden.

Sorteneigenschaften stehen detailliert und neutral in der Beschreibenden Sortenliste

Die Beschreibende Sortenliste sagt hier zurzeit mehr aus als die aktuellen LSV-Ergebnisse. Grund hierfür sind die extrem ungünstigen Abreife- und Erntebedingungen zur Ernte 2023 sowie das insgesamt sehr niedrige LSV-Ertragsniveau dieses – im Hinblick auf die Sommerkulturen – sehr ungünstigen Jahres.

Daher sollte man bei Betrachtung der LSV-Ergebnisse mehrjährige Bewertungen heranziehen und auch über die reine Ertragsleistung hinausschauen: Je nach Verwertung geht Qualität vor Quantität, und Ertragssicherheit ist unabhängig von der Verwertungsrichtung immer von Vorteil.

Der sehr standfeste Gelbhafer LION beispielsweise lieferte über Jahre auf nahezu allen Standorten eine stabile und überragende Kornqualität bei stabil mittelhohen Erträgen. Als Hafersorte mit Premiumqualität hat er eine europaweite Anbaubedeutung erreicht.

PLATIN hat eine sehr zügige Jugendentwicklung – ein Pluspunkt für den Ökologischen Anbau

Der frühreife PLATIN bietet ebenfalls sehr gute Qualitäten (s. unten) und liefert gleichzeitig zuverlässig hohe Erträge. PLATIN zeichnet sich darüber hinaus durch eine besondere Anpassungsfähigkeit an leichte Böden und südliche Anbaulagen aus. Im Ökoanbau ist seine überdurchschnittliche Wüchsigkeit nach dem Aufgang für eine schnellere Bodenbedeckung von Vorteil.

Zitate aus den Sortenempfehlungen der Länderdienststellen:

TLLLR 2022 über PLATIN:
„ (…) Mit hohem Hektolitergewicht und mittlerer bis hoher Tausendkornmasse sowie günstigen Einstufungen im Spelzenanteil und im Anteil nicht entspelzter Körner bringt die etwas früher reifende Sorte gute Voraussetzungen für die Schälhafererzeugung mit. (…) Von Vorteil ist die gleichmäßigere Abreife von Korn und Stroh.“

LWK NDS 2022 über PLATIN:
„Da sie neben Max jedoch die besten Qualitätseigenschaften aufweist, wird sie in erster Linie für den Qualitätshaferanbau empfohlen, zumal sie auch deutlich standfester und halmstabiler ist.”

LTZ Augustenberg 2022 zu LION:
„Lion eignet sich aufgrund des außergewöhnlich niedrigen Spelzanteils (BSL 1) und dem geringen Anteil an nicht entspelzter Körner (BSL 2) sehr gut als Schälhafer.”

Quelle: SAATEN-UNION (www.SAATEN-UNION.de)