StartNachrichtenBetriebsführungMakroporen sind biologische Hotspots

Makroporen sind biologische Hotspots

Vortrags- und Praxisveranstaltung der FH Kiel zur Bodenstruktur
Von Prof. Conrad Wiermann, Fachhochschule Kiel
Mit der Mini-Profil-Methode wird ein Bodenmonolith gewonnen, der auch eine Beurteilung der Krumenbasis zulässt. Foto: Ragna-Marleen Fey

Eine kombinierte Vortrags- und Praxisveranstaltung zum Thema „Bodenstruktur: erkennen – beurteilen – fördern“ hat am 20. April am Fachbereich Agrarwirtschaft der Fachhochschule Kiel stattgefunden. Vor zirka 100 Besuchern aus Praxis und Beratung wurden Ergebnisse eines von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und dem damaligen schleswig-holsteinischen Land- und Umweltministerium (Melund) geförderten Forschungsvorhaben vorgestellt und diskutiert.

Im Mittelpunkt standen hierbei verschiedene Aspekte der Bodenfruchtbarkeit im Kontext von zukünftigen, resilienten Landnutzungssystemen und geeignete Möglichkeiten zu ihrer Förderung.

Bodenstruktur verbessert Ressourcennutzung

Im Einführungsreferat skizzierte Prof. Conrad Wiermann (Fachhochschule Kiel) zunächst die Herausforderungen, die zukünftige Ackerbausysteme besonders im Zusammenhang mit den Folgen des Klimawandels bewältigen müssen. Ein wesentlicher Baustein ist seiner Auffassung nach eine funktionsfähige Bodenstruktur: Nur so werde es möglich sein, einerseits die Auswirkungen von Extremwettereinflüssen (unter anderem Dürreperioden und Starkregenereignisse) langfristig zu kompensieren, andererseits aber auch Treibhausgasemissionen zu minimieren. Der Bodenstruktur kommt insofern hohe Bedeutung zu, als sie agronomische Inputs transformiert und so die Ertragsleistung maßgeblich beeinflusst wird (vergleiche Abbildung). Gute Strukturzustände fördern dieses Transformationsvermögen des Bodens und erhöhen somit die Ressourceneffizienz insgesamt.

Makroporen fördern Nutzung des Unterbodens

In ihrem Vortrag konnte Prof. Miriam Athmann von der Universität Kassel anhand von Untersuchungen zeigen, wie bedeutsam ein weitverzweigtes und bis in den Unterboden reichendes, durch biologische Aktivität entstandenes Makroporensystem ist. Diese „Hauptverkehrsadern“ des Bodens stellen ihrer Meinung nach bedeutsame „Hotspots“ als Lebensraum für Wurzeln und Regenwürmer, aber auch als Ort mikrobieller Umsetzungsprozesse dar. Sie sind somit von wesentlicher Bedeutung für die Nutzung von Wasser- und Nährstoffspeichern des Unterbodens durch Kulturpflanzenbestände. Mit atemberaubenden endoskopischen Videosequenzen demonstrierte Prof. Athmann sehr anschaulich die enge Verknüpfung von Wurzelhaaren und Porenwandungen.

Wurzeln nutzen Makroporensystem

Prof. Stephan Peth von der Universität Hannover unterstrich in seinem Vortrag die Bedeutung der Makroporen für die Nutzung von Nährstoff- und Wasserressourcen des Unterbodens. Mit seinen Untersuchungen konnte er zeigen, dass besonders die Wiederbesiedlung von biogen generierten Makroporen durch Wurzeln von Kulturpflanzenbeständen zu einer weiteren Verzweigung des Porensystems und damit zu einer besseren Erreichbarkeit von Austauscheroberflächen des Bodens führen. Sämtliche Bewirtschaftungsmaßnahmen müssten deshalb darauf abzielen, dieses weitverzweigte Porensystem zu stabilisieren, zu erhalten und weiterzuentwickeln, um langfristig die Ressource Boden effizienter und nachhaltiger nutzen zu können.

Zwischenfrüchte: Wurzelmasse oft überschätzt

Dem Zwischenfruchtanbau wird in zukünftigen Ackerbausystemen eine hohe Bedeutung beigemessen. Umfangreiche Untersuchungen zur Wirkung von Zwischenfrüchten auf Bodenfruchtbarkeitsparameter und die Ertragsleistung der nachfolgenden Hauptfrüchte im ökologischen Landbau wurden von Roman Kemper, Universität Bonn, vorgestellt. Seine Ergebnisse zeigen, dass Rettich, Rübsen und Phacelia vorhandene Bioporen nutzen und damit stabilisieren. Einen zusätzlichen Beitrag dieser Zwischenfrüchte zur weiteren Genese von Bioporen konnte er allerdings nicht feststellen. Überraschenderweise zeigten die Ergebnisse von Kemper je nach Zwischenfrucht und Mischung nur ein Wurzel-Spross-Verhältnis zwischen 0,11 und 0,32, also eine nur geringe Wurzeltrockenmasseentwicklung im Vergleich zur oberirdisch sichtbaren Sprossentwicklung. Nach seinen Erfahrungen werden Wurzel-Spross-Verhältnisse nahe 1 nur bei mehrjährigem Anbau von beispielsweise Luzerne erreicht. Damit werden auch in der Wurzel im Vergleich zum Spross nur geringe Nährstoffmengen gespeichert.

Mehr als 100 Besucher folgten den Fachvorträgen im Fachbereich Agrarwirtschaft der Fachhochschule Kiel. Foto: Peter Wesseler

Zusammenhang zwischen Ertrag und Bodenzustand

Im Schlussreferat stellte Gerrit Müller die Struktur- und Ertragsuntersuchungen der Fachhochschule Kiel auf 45 repräsentativen Ackerstandorten in Schleswig-Holstein vor. Besonders im Übergang zwischen den regelmäßig bearbeiteten Bodenhorizonten und dem Unterboden, der Krumenbasis, konnten an zahlreichen Standorten Strukturschäden nachgewiesen werden. Anhand von Wasserleitfähigkeitsuntersuchungen konnte er zeigen, dass in diesem Bereich sogenannte Plattenstrukturen vorliegen, die Infiltrations- und Wassernachlieferungsprozesse aus dem Unterboden verlangsamen können. Dies hat offensichtlich auch Auswirkungen auf die Ertragsleistung einzelner Standorte, denn parallel durchgeführte Ertragserhebungen ließen einen engen Zusammenhang zwischen Bodenfruchtbarkeitszustand (quantifiziert über den Müncheberger Bodenqualitätsindex) und Ertragsleistung erkennen.

Demonstration von Feldmethoden

Im Anschluss an die Vortragsveranstaltung wurden auf dem Lindenhof, dem Versuchsstandort des Fachbereichs Agrarwirtschaft der Fachhochschule Kiel, Methoden zur Beurteilung der Bodenstruktureigenschaften demonstriert. Neben der bekannten Spatendiagnose wurden weitere Methoden wie die VESS (Visual Estimation of Soil Structure) und die Mini-Profil-Methode vorgestellt und mit den Besuchern diskutiert. Gerade die Mini-Profil-Methode fand reges Interesse. Bei ihr wird mithilfe einer Palettengabel, die in einem Winkel von zirka 45° in den Boden eingeführt wird, ein Bodenmonolith gewonnen, der auch eine Beurteilung der Krumenbasis erlaubt. An einem fachgerecht angelegten Bodenprofil, das von Bernd Burbaum (Landesamt für Umwelt SH) vorgestellt wurde, konnten weitere Merkmale der Bodengenese und der -eigenschaften für den Standort diskutiert beziehungsweise beurteilt werden.

Fazit

Das große Interesse an der kombinierten Vortrags- und Praxisveranstaltung hat gezeigt, dass in der landwirtschaftlichen Praxis ein zunehmendes Interesse an einer Verbesserung von Bodenfruchtbarkeitseigenschaften, zu denen die Bodenstruktur maßgeblich beiträgt, besteht. Die Fachvorträge lieferten wichtige Hinweise für die nachhaltige Entwicklung und Unterstützung eines funktionalen, durch biogen entstandene Makroporen geprägtes, den Ober- und Unterboden kontinuierlich verbindendes Porensystems.

WEITERE ARTIKEL
- Anzeige -
- Anzeige -

Meistgeklickt