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Gut Deutsch Nienhof
Von Andrea Taube
Gut Deutsch Nienhof ist das nördlichste Bioweingut Deutschlands. Fotos: Andrea Taube

Nach tagelangem Regen wurden wir in strahlendem Sonnenschein vor dem Café des Guts Deutsch Nienhof von Theresa Pieper empfangen, einer jungen Frau mit vielseitiger Biografie und nun in erster Linie Winzerin auf dem Gut und für unsere Haus- und Parkführung verantwortlich. Die bauliche Historie der gesamten Anlage des bereits 1472 als „Nyenhov“ erwähnten Guts wurde vorgestellt. Seit Jahrhunderten wird hier verantwortungsvolle Land- und Forstwirtschaft betrieben, heutzutage mit Kultur und Tourismus verbunden. 2002 kam der Weinbau dazu, übrigens über die Pflanzrechte von Kurt Beck (SPD), dem ehemaligen Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, und den Kontakt zu Peter Harry Carstensen (CDU) nach Schleswig-Holstein gekommen. Wir befinden uns auf dem nördlichsten Bioweingut Deutschlands mit 2 ha ,Solaris‘-, ,Rondo‘- und ,Cabernet Cortis’-Reben. Aber auch die Erhaltung alter und robuster Haustierrassen ist ein wichtiges Anliegen. So ist Sven von Hedemann-Heespen Gründungsmitglied des Vereins zur Erhaltung des Englischen Parkrinds, und das in der Nachbarschaft zur Arche Warder – wunderbar!

Historie hautnah erleben

Winzerin Theresa Pieper stellt den LandFrauen die Historie der schönen Gutsanlage vor.

Nach der allgemeinen Einführung durften wir die Eingangshalle des zweigeschossigen Dreiflügelbaus in klassizistischen Formen betreten, im Kern Ende des 16. Jahrhunderts entstanden, zuerst als Wasserburg im Besitz der Familie Rantzau, später mit Umbauten unter Heinrich von Ahlefeldt und weiteren Besitzern und Baumeistern. In den verschiedenen Räumen sahen wir Porträts der Familienmitglieder. Von allen interessanten Erläuterungen zu den jeweiligen Biografien sei die Notiz herausgegriffen, dass 1742 Christian Friedrich von Hedemann das Gut kaufte, kinderlos blieb und so seinem Patensohn mit Nachnamen Heespen den Besitz vermachte. So gilt der Doppelname in achter Generation. Das Gebäudeinnere ließ 1907-1909 der damalige Besitzer, der Jurist und Historiker Paul von Hedemann-Heespen umgestalten; er förderte Kunst und Kultur. Sein Bruder Hartwig war Naturwissenschaftler und Förderer der Wandervogelbewegung. Ihr Vater Fritz forstete den Wald auf. Da beide Brüder ebenfalls kinderlos blieben, adoptierte Hartwig den Dänen Karl Ole, dessen Sohn Sven der heutige Besitzer von Gut Deutsch-Nienhof ist.

Informationen zu baulichen Details, zum Beispiel den großformatigen Kupferstichen in der Eingangshalle, der besonderen Bibliothek mit Büchern zur schleswig-holsteinischen Geschichte und Landeskunde, dem Billardzimmer mit ornithologischen Ausstellungen, der Kellerküche oder den bis zu 3 m dicken Gewölbewänden sind beeindruckend. Der Flüchtling Dr. Harry Schmidt, in den 1940er Jahren wie viele andere Flüchtlinge auf dem Gut untergekommen, schrieb dazu das Buch „Drei Schlösser am Westensee“, für Interessierte auch heute noch erwerbbar.

Unser Programm sah vor, dass wir im Anschluss an die Hausführung ein kleines Mittagessen einnehmen konnten – köstliche Quiche-Varianten im Hofcafé. Danach konnte individuell im weitläufigen, abwechslungsreichen, etwa 12 ha großen Landschaftspark, entstanden nach 1837, spazieren gegangen werden. Einst als Wildpark angelegt, wurde er später zum Englischen Garten mit Wasserläufen, Karpfenteich und altem Baumbestand.

Jagd noch zeitgemäß?

Referent Tobias Christer klärt auf, warum die Jagd auch heute noch zeitgemäß ist.

Nach dem Sitzen oder Spazierengehen in der Sonne trafen wir uns alle zu wahrlich köstlichem Kaffee-Kuchenbuffet-Genuss wieder im Hofcafé, wo dann auch der Jagd-Vortrag von Tobias Christer zu hören war. Andrea Taube zitierte einleitend Torsten Reinwald, Jäger und stellvertretender Geschäftsführer des Deutschen Jagdverbands: „Jagd ist ein emotionales Thema, weil es ums Töten geht.“ Mehr als 460.000 Menschen haben in Deutschland einen Jagdschein (11 % davon Frauen) und so gab es bei uns noch nie so viele Jägerinnen und Jäger wie aktuell. Was zieht immer mehr Menschen in die Wälder, und welche Aufgaben übernehmen sie dort wirklich? Unser Referent Tobias Christer, sowohl aktiver als auch ehrenamtlich im Kreis- und Landesjagdverband tätiger Jäger, klärte uns dazu auf.

Ob die Jagd heute noch zeitgemäß sei, erläuterte er anhand des Zusammenhangs von gesellschaftlicher und politischer Verantwortung eines jeden, der mit seinem Verhalten Entscheidungen treffen müsse, zum Beispiel bezüglich seiner Einstellung zur Erhaltung einer gesunden Artenvielfalt (Marderhunde-, Nutria-Problematik) oder des Klimaschutzes (Konflikt durch Solarparks auf Wanderkorridoren von Hirschen – durchdachte Raumplanungen seien also vorzunehmen). Diese Entscheidungen beträfen auch das Essverhalten: Das Wildfleisch als natürliches Lebensmittel sei eine echte Alternative für Verbraucher, die der Tierethik einen hohen Stellenwert geben. Ein Jäger kenne sein Revier mit der Anzahl der Wildtierarten und habe die Aufgabe, die Bestände gesund und angemessen in der Zahl zu halten – mit Abschussplänen der Unteren Jagdbehörde. Dies sei für den Schutz landwirtschaftlicher Kulturen und der Bestände an Wild und der Forstwirtschaft wichtig.

Vielen Menschen fehlt heutzutage der notwendige Kontakt zur Natur. So ist ein intensiver Austausch über Fakten sehr wichtig, damit am Ende das Fazit lautet: Ja, die Jagd ist noch zeitgemäß.

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