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Internationale Bildung im Programm Erasmus+

Schwedische Austauschschüler zurück an der Lehranstalt für Forstwirtschaft Bad Segeberg
Von Dr. Jörg Hittenbeck, Landwirtschaftskammer SH
Die schwedischen Austauschschüler bei der Läuterung in einem Nadelholzmischbestand Fotos: Dr. Jörg Hittenbeck

Nachdem die letzten Gäste aus Schweden Bad Segeberg am 13. März 2020 verlassen hatten, dauerte es genau drei Jahre, bis der gegenseitige Austausch mit der Partnerschule in Schweden wieder vollständig aufgenommen werden konnte. Sechs junge Schweden verbrachten jetzt drei Wochen in Deutschland und
haben hoffentlich viel über die Arbeit im Wald und die deutsche Forstwirtschaft gelernt.

Am 13. März 2023 begannen fünf Schüler und eine Schülerin des Naturbruksgymnasiet Svenljunga gemeinsam mit zwei Lehrern ihren Deutschlandaufenthalt für drei Wochen an der Lehranstalt für Forstwirtschaft in Bad Segeberg. Schwerpunkt war die gemeinsame Arbeit mit den Auszubildenden zum Forstwirt des dritten Ausbildungsjahres. Im Rahmen der überbetrieblichen Ausbildung stand die Entwicklung von Waldrändern auf dem Lehrplan und wurde gemeinsam von deutschen und schwedischen Schülern umgesetzt.

Als besonderes Highlight gab es noch einzelne starke Fichten und Buchen zu fällen – in Dimensionen, die in ihrer schwedischen Heimat eher selten sind und dort zudem fast immer unter besonderem Schutz stehen. Dabei wurde deutlich, dass es in der Arbeitstechnik hier und da Unterschiede gibt, die Grundprinzipien aber vergleichbar sind.

Einblick in die deutsche Forstwirtschaft

Aber auch die deutschen Auszubildenden haben vom Besuch der Schweden profitiert. So arbeiteten die schwedischen Lehrer mit den hiesigen angehenden Forstwirten weiter an den Forstmaschinensimulatoren. Die deutschen Auszubildenden konnten dabei an den ersten Kontakt mit den Simulatoren aus dem November des vergangenen Jahres anknüpfen und die Zeit an den virtuellen Maschinen nutzen, um ihre ersten Erfahrungen in der Großmaschinenbedienung zu vertiefen. Für fünf der deutschen Auszubildenden geht es ab Ende April zusätzlich für sieben Wochen zum Austausch nach Svenljunga. Hier kommt zum Lernen an Simulatoren auch die Ausbildung auf echten Maschinen in den schwedischen Wäldern hinzu.

Vom Brocken aus konnte die ganze Kalamität der abgestorbenen oder bereits abgeholzten Waldflächen besichtigt werden.

Für die schwedischen Schüler war die gemeinsame Zeit mit den Auszubildenden der Lehranstalt immer wieder durch kleinere Exkursionen in die Umgebung Segebergs unterbrochen. Dazu zählte ein Besuch auf dem Wertholzplatz in Daldorf, wo die Schweden sehen konnten, welche Möglichkeiten in der Wertholzproduktion liegen. Denn hier unterscheidet sich die deutsche Waldbewirtschaftung deutlich von der schwedischen, die eher auf Massenproduktion als auf Wertholzproduktion setzt. Eine weitere Exkursion in ein schleswig-holsteinisches Laubholzsägewerk machte für die Gäste noch einmal das Verwendungspotenzial des hochwertigen Laubholzes deutlich, und in den Wäldern des Gutes Nehmten wurden Forstinventur und Waldbauplanung vorgestellt.

Besichtigung von Schadholzflächen

Das zweite Wochenende ihres Deutschlandaufenthaltes verbrachten die sechs Schweden gemeinsam mit einem deutschen Lehrer auf einer Skihütte im Harz, um sich von dort aus den Nationalpark Harz und die Bewältigung der extremen Schadholzflächen, mehrheitlich durch Borkenkäfer, anzusehen. Einen guten Anfang stellte dabei ein Aufstieg auf den Brocken dar, der entgegen dem typischen Märzwetter (27,6 Nebeltage!) sogar einen Blick in Ferne bot.

Hier wurde das Ausmaß der Kalamität überdeutlich. In alle Richtungen fiel der Blick auf abgestorbene oder bereits vollständig abgeerntete Fichtenbestände. Es zeigten sich ganze Berge vollständig entwaldet. Auch in Schweden gibt es Borkenkäfer, aber aufgrund der kürzeren Vegetationsperiode und der Witterung können sie sich dort bisher noch nicht so schnell vermehren. Für die Gäste aus dem mehrheitlich mit Fichten bestockten Schweden war das sehr eindrucksvoll.

Ein Ranger informierte die Gruppe beim Aufstieg über die Idee und den bisherigen Werdegang des Nationalparks und zeigte dabei auch die natürlichen Entwicklungen auf. Angesichts der vorher flächig mit Fichten bestockten Areale wird auch die kommende Waldgeneration von Fichten geprägt sein. Bei einem genaueren Blick werden jedoch auch verschiedene Laubhölzer und die unterschiedlichen Strukturen in den neu aufwachsenden Fichten deutlich. Seitens des Nationalparks sieht man daher positiv in die Zukunft.

Begrenzung der Borkenkäferverbreitung

Am Folgetag ging es in das staatliche Forstamt Riefensbek, wo die Bewältigung der Kalamität aus forstbetrieblicher Sicht im Fokus stand. Im Bereich des Forstamtes sind in den zurückliegenden fünf Jahren, beginnend mit dem Dürrejahr 2018, weite Teile der Fichtenbestände dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen. Anders als im Nationalpark versucht man hier, möglichst viel von dem Holz zu nutzen und eine weitere rasante Verbreitung des Borkenkäfers zu begrenzen. Dazu sind die abgestorbenen und befallenen Fichten zu ernten und aus den Beständen zumindest an den Waldweg zu bringen. Angesichts der vielfach nicht befahrbaren Hanglagen hatten die schwedischen Gäste daher die Möglichkeit, einen Seilkran sowie den Einsatz eines Yarders in den Hängen des Forstamtes zu besichtigen.

Yarder-Einsatz im Forstamt Riefensbek zum Schutz der Flächen vor Erosion

Der abgebildete Yarder (oben) arbeitet dabei häufig in Bereichen, die theoretisch noch mit Harvester oder Forwarder befahren werden könnten. Hintergrund ist die besondere Bedeutung des Harzes für die Wasserversorgung bis nach Bremen und Hamburg. Durch die Befahrung mit großen Forstmaschinen kommt es häufiger zum Eintrag von Bodenmaterial in das oberflächlich ablaufende Wasser und damit zum Eintrag in die größeren Stauseen. Der Einsatz von Yarder und Seilkran ist eine kostenintensive Möglichkeit, die Holzernte besser für die Wasserspende zu gestalten. Unterstützt wird der Betrieb dabei durch die Harzwasserwerke.

Thema Wiederbewaldung

Neben der Holzernte wurde auch die Wiederbewaldung der Flächen besprochen. Auch im Forstbetrieb geht man von einer nächsten Waldgeneration mit natürlich verjüngten Fichten aus. Aber um das Risiko von neuerlichen Kalamitäten beziehungsweise deren Ausprägung zu reduzieren, setzt man im Forstamt auf die gezielte Einbringung von Baumarten, bei denen man nach heutigem Wissen davon ausgeht, dass sie mit einem fortschreitenden Klimawandel besser zurechtkommen. Ziel ist es, schneller als mit der natürlichen Waldentwicklung stabile Mischbestände für zukünftige Generationen zu schaffen.

In ihrer letzten Woche nahmen die Gäste noch am praktischen Teil des Berufswettbewerbs der Landjugend in der Sparte Forstwirtschaft teil.

Fazit

Mit dem Monat März endete auch für die sechs jungen Schweden ein abwechslungsreicher Aufenthalt in Deutschland. Alle Beteiligten freuen sich auf die Fortsetzung in Schweden. Der regelmäßige Austausch im Bereich der forstlichen Ausbildung ist ein Kernprojekt der Internationalisierungsstrategie im Bildungsbereich der Grünen Berufe. Die Landwirtschaftskammer hat als akkreditierte Organisation im EU-Förderprogramm Erasmus+ die Möglichkeit, auch andere Berufszweige im Aufbau ähnlicher Projekte zu unterstützen. Der Gewinn an Eindrücken, Wissen und Erfahrungen aus Auslandsprojekten ist den Einsatz dafür wert.

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