Die EU-Kommission legt im Zollstreit mit den Vereinigten Staaten nach. Nachdem bisherige Gespräche mit der Washingtoner Administration zur Rücknahme der Zölle bisher nicht den erhofften Erfolg gezeitigt haben, hat Brüssel Ende vergangener Woche eine neue Liste mit möglichen Gegenzöllen vorgelegt. Die darin aufgeführten Produkte werden nun noch bis zum 10. Juni einer öffentlichen Konsultation unterzogen und umfassen Waren im Wert von insgesamt 95 Mio. €.
Gedacht sind sie als Reaktion auf die US-Universalzölle, die nach wie vor 10 % betragen, sowie die US-Zölle auf Autos und Autoteile in Höhe von 25 %. Auf der Grundlage der gesammelten Beiträge wird die Kommission ihren Vorschlag für die Annahme von Gegenmaßnahmen fertigstellen und die Mitgliedstaaten im Rahmen des sogenannten Komitologieverfahrens konsultieren.
Konkret handelt es sich um eine breite Palette von Industrie- und Agrarerzeugnissen aus den USA. Unter den Agrarerzeugnissen befinden sich diverse Kategorien lebender Zuchttiere wie Kühe und Färsen, Schweine sowie Hühner- und Entenküken. Auch verarbeitetes sowie unverarbeitetes Rind- und Schweinefleisch aus den USA könnten von Gegenzöllen betroffen sein. Gleiches gilt für frische sowie verarbeitete Gemüse- und Obsterzeugnisse sowie verschiedene Nüsse. Auch Sojabohnenmehl sowie Raps aus den Vereinigten Staaten werden genannt.
Parallel dazu hat die EU-Kommission bei der Welthandelsorganisation (WTO) in Genf ein Streitbeilegungsverfahren gegen die USA wegen der allgemeinen sogenannten reziproken Universalzölle und der Zölle auf Autos beantragt. Formell wurde zunächst ein Antrag auf Konsultationen gestellt. Die Kommission begründet diesen Schritt damit, dass die genannten US-Zölle „in eklatanter Weise gegen grundlegende WTO-Regeln verstoßen“. Brüssel will mit diesem Schritt die Bedeutung international vereinbarter Regeln unterstreichen.
Nun haben beide Parteien im Rahmen der WTO-Regularien bis zu zwei Monate Zeit, um eine einvernehmliche Lösung zu finden. Sollten die Konsultationen scheitern, kann die EU-Kommission die Einsetzung eines Streitschlichtungspanels beantragen. Dieses würde dann den vorliegenden Fall beurteilen.
Am 2. April hatte US-Präsident Donald Trump die Einführung „reziproker“ Universalzölle, die für EU-Waren auf 20 % festgesetzt wurden, angekündigt. Bereits kurz zuvor hatten die USA außerdem einen Zoll von 25 % auf alle Einfuhren von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen sowie von ebenfalls 25 % auf Stahl und Aluminium verhängt.
Am 9. April kündigten die Vereinigten Staaten dann eine 90-tägige Aussetzung des EU-spezifischen Universalzolls von 20 % an. Allerdings blieb eine Abgabe in Höhe von 10 % in Kraft. Daraufhin setzte die EU eine Reihe von geplanten Gegenmaßnahmen gegen die US-Zölle auf EU-Stahl- und Aluminiumimporte für 90 Tage aus. Damit will Brüssel nach wie vor Raum für Verhandlungen schaffen; demnach bleiben noch rund zwei Monate Zeit, um ein Ergebnis zu erzielen.
age