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André Thieme holt sich den vierten Sieg

Al Shira‘aa Deutsches Spring- und Dressurderby in Hamburg-Klein Flottbek
Von Lena Höfer
Mit dem Casall-Sohn Caillan gewann Rolf-Göran Bengtsson den CSI4* Grand Prix. Fotos (2): sportfotos-lafrentz.de

Fünf Tage lang drehte sich in Hamburg-Klein Flottbek wieder alles um Dressur- und Springsport. Es gab viele schöne Momente, glückliche Sieger und Platzierte, ein Wiedersehen mit Isabell Werth, aber auch einen Unfall und vor allem ein kurioses Finale, aus dem André Thieme als Sieger hervorging.

Im vergangenen Jahr nahm der Spanier Esteban Benitez Valle an den Olympischen Spielen teil – in der Vielseitigkeit. In diesem Jahr ritt er mit dem Holsteiner C the Stars zum ersten Mal im Finale des Deutschen Springderbys, blieb fehlerfrei, startete im Stechen und missachtete dann eine der entscheidenden Wegemarken. Der Knackpunkt: Er wusste nicht, dass er auch im Stechen um die Wegemarken reiten muss. Doch Regeln sind Regeln. Der Spanier, der in Hornsmühlen, Kreis Segeberg, zu Hause ist, wurde eliminiert.

Eine Situation, die André Thieme so auch noch nie erlebt hat. Er war schon auf dem Platz, als klar wurde, dass Valles Ritt nicht zählte. „Ich hatte mir einen großen Strategieplan zurechtgelegt, aber als der Stadionsprecher sagte, er habe die Wendemarke nicht genommen, war ‘ne Menge los in meinem Kopf“, schilderte der Mecklenburger nach seinem Sieg. „Damit war die Spannung natürlich komplett raus. Ich habe nur gedacht, jetzt nicht noch etwas Dummes machen. Aber Paule hat mich nicht im Stich gelassen“, freute sich Thieme, nun vierfacher Derbysieger. Sein Derbypferd Paule ist für ihn ein ganz besonderes Pferd. Die beiden sind auch in Fünfsterneprüfungen erfolgreich und siegten schon für Deutschland in Nationenpreisen.

André Thieme siegte zum vierten Mal im Deutschen Springderby. Dieses Mal saß er im Sattel von Paule. 

Neben den beiden fehlerfreien Ritten von Valle und Thieme gab es im Umlauf zwei Runden mit nur einem Abwurf. Auf den dritten Platz sprang Derbydebütant Charles Hubert Chiche aus Frankreich mit Andain du Thalie vor Frederic Tillmann mit DSP Comanche VL. Für Marvin Jüngel, der in den vergangenen beiden Jahren das Deutsche Springderby gewann, lief es in diesem Jahr mit seiner Balou‘s Erbin nicht ganz optimal: zwei Abwürfe und damit Platz neun. Als Trostpflaster an seinem 24. Geburtstag gab es ein Ständchen der Zuschauer und den Preis für das stilistisch beste Reiten.

Besonderer Moment für Bengtsson

Im CSI5*, dem Championat von Hamburg, lag Jana Wargers lange in Führung. Die Reiterin aus Nordrhein-Westfalen hatte auf der 16-jährigen Dorette gut vorgelegt. „Ich wusste aber, dass Harrie kommt, und das war auch meine große Angst“, gestand die 33-Jährige lachend. Harrie Smolders, ein niederländischer Olympiareiter, war tatsächlich 0,7 s schneller und holte sich mit dem 13-jährigen Belgier Mr. Tac den Sieg. „Ich konnte das Stechen aus dem Häuschen unseres Parcourschefs Frank Rothenberger anschauen. Es war wahnsinnig spannend“, befand Turnierchef Matthias Alexander Rath.

Den Großen Preis von Hamburg gewann zum dritten Mal Christian Ahlmann, dieses Mal im Sattel von Dourkhan Hero Z. Der 50-Jährige genoss jeden Galoppsprung der großen Ehrenrunde und den Jubel der Zigtausend Zuschauer. Platz zwei ging an Christian Kukuk mit seinem olympischen Goldpartner Checker. Dritter wurde der schwedische Topreiter Peder Fredricson auf SV Vroom de la Pomme Z.

Auch Rolf-Göran Bengtsson war wieder in Hamburg dabei. Der Schwede, der in Itzehoe eine Anlage betreibt, hatte den zehnjährigen Holsteiner Hengst Caillan für die CSI4* Classic Tour mitgebracht. Die beiden steigerten sich von Prüfung zu Prüfung und siegten schließlich mit zwei fehlerfreien Runden im CSI4* Grand Prix. Sechs Jahre zuvor hatte Bengtsson mit Caillans Vater Casall den Großen Preis von Hamburg gewonnen und damit den Ausnahmehengst im Alter von 18 Jahren aus dem Sport verabschiedet. „Natürlich denke ich heute auch an diesen Moment, als ich mit Casall hier in Hamburg ganz vorn stand. Und jetzt komme ich mit einem Sohn von ihm her und gewinne den Großen Preis der Viersternetour – das ist enorm“, freute sich Bengtsson.

Für einen Schreckmoment sorgten der Fehmaraner Sven Gero Hünicke und der zwölfjährige Holsteiner My Mister. In der zweiten Qualifikation zum Derby hatten sie schon in der ersten Kombination Probleme – ein Galoppsprung statt zwei. Bei den irischen Wällen passte es auch nicht und das böse Ende nahm es dann am Wassergraben. My Mister sprang zu früh ab und das Paar stürzte. Pferd und Reiter wurden mit dem Anhänger beziehungsweise dem Krankenwagen aus dem Parcours geholt. Turniertierarzt Dr. Michael Köhler berichtete: „My Mister geht es gut. Er hat sich ein bisschen die Schulter geprellt und auf ein Bein getreten. Das kann zuerst schmerzhaft sein. Aber das Pferd ist geröntgt, da ist alles okay. Er steht jetzt in der Box und frisst sein Heu.“ Hünicke wurde im Krankenhaus versorgt, wahrscheinlich mit einem Schlüsselbeinbruch.

Duell der Olympiasiegerinnen

Für die Dressurreiter wurde zum ersten Mal eine Fünfsternetour ausgeschrieben. Im Grand Prix traf Ingrid Klimke, zweimalige Olympiasiegerin der Vielseitigkeit, auf die achtfache Dressurolympiasiegerin Isabell Werth, die zum ersten Mal seit sechs Jahren wieder in Hamburg dabei war. Klimke hatte Vayron gesattelt und zeigte sich in Bestform: Sieg mit persönlicher Bestleistung von 74,50 %. „Vayron war von Anfang an unheimlich gelassen und die ganze Zeit bei mir. Es hat total Spaß gemacht“, sagte Klimke. Ihr Vater, Dr. Reiner Klimke, gewann 15 Mal das Deutsche Dressurderby. Für Ingrid war es der erste Start in Klein Flottbek. Dritte wurde Werth mit dem zehnjährigen Special Blend. Dazwischen schob sich die Schwedin Sofie Lexner mit Inoraline W.

Lexner und die zwölfjährige Stute gewannen am Sonnabend mit 76,720 % die Grand-Prix-Kür. Ganz besonders genoss die ehemalige Hamburgerin Kathleen Kröncke ihre Runden im Viereck. Sie war mit ihrer 15-jährigen Uniteds Märchen extra aus England angereist, um in ihrer alten Heimat an den Start gehen zu können, und sicherte sich Platz zwei. Dritte wurde Susan Pape auf Harmony’s V-Plus.

Im Grand Prix Special tauschten Klimke und Werth die Plätze. Mit Viva Gold, einem neunjährigen Oldenburger Hengst, gewann Werth auch noch die Intermediaire II, den Louisdor-Preis sowie den Louisdor Grand Prix. Der Ausflug nach Hamburg sollte sich für die erfolgreichste deutsche Olympionikin also gelohnt haben.

Pferdewechsel erfolgreich gemeistert

Für das Dressurderby mit Pferdewechsel hatten sich die besten drei des Dreisterne-Grand-Prix qualifiziert: Anna-Lena Kracht aus Lübeck, Felix Kneese aus Appen, Kreis Pinneberg, und Kristin Biermann aus Niedersachsen. Kracht hatte vor elf Jahren bereits das U25-Dressurderby gewonnen. Nun war es für sie und ihren 15-jährigen, selbst ausgebildeten Florinio der erste Start in einer Dreisternetour. Beide wurden der Herausforderung gerecht: Mit 70,733 % wurde Kracht beste Reiterin im Finale und Florinio sammelte mit allen drei Reitern insgesamt die meisten Punkte. „Das ist schon ein sehr besonderes Erlebnis”, strahlte die frischgebackene Trägerin des Blauen Bandes. „Ins Finale zu kommen, war für mich schon ein ganz großer Erfolg. Und nun auch noch als glücklich Siegerin da rauszugehen, ist für mich unbeschreiblich.” Felix Kneese war mit seinem Oldenburger San Simeon nach Hamburg gereist und belegte den zweiten Platz. Auf Rang drei kam Kristin Biermann mit Queensland.

Die Hamburgerin Anna-Lena Kracht siegte mit dem selbst ausgebildeten Florinio im Deutschen Dressurderby. Foto: reitsport-hellmann.de

Als Siegerin der ersten und zweiten Qualifikation ging Lilli von Helldorff aus Niedersachsen als Favoritin in das Finale des Deutschen Ponydressurderbys. Auch dort führte kein Weg an der 14-jährigen Kaderreiterin vorbei. Im Sattel ihres 13-jährigen Routiniers Dobbi Dobsen gewann sie die Finalprüfung mit 73,250 % und erzielte zudem die zweit- und dritthöchste Wertung mit den Ponys ihrer Konkurrentinnen Lisa Marie Westrup und Carlitta Wittmann. Dobbi sei immer hoch motiviert, lobte Lilli ihren langjährigen Partner. „Es war schon immer ein Traum für mich, im Finale mitzureiten – und das hat Dobbi mir auf jeden Fall ermöglicht“, zeigte sich die Nachwuchsreiterin bescheiden.

Positiv bewertete Veranstalter Matthias Alexander Rath die Stimmung am Dressurstadion. „Das Gesamtkonzept ist nun sehr gut mit der Fünfsterne- und der Dreisternetour sowie dem Ponyderby. Ich bin fest davon überzeugt, dass in Zukunft mehr Reiter nach Hamburg kommen werden, wenn sie merken, wie gut die Bedingungen und die Zuschauer sind.“ Auch das Gesamtfazit nach seiner Derbypremiere fiel positiv aus: „Ich bin froh und glücklich, wie wir das Derby auf die Beine gestellt haben. Es geht darum, ein sehr gutes Turnier für die Reiter zu veranstalten. Die Zuschauer sind hier zudem fantastisch. Sie lassen das Stadion entstehen. Heute waren 24.000 Menschen hier, insgesamt 95.000 Menschen an dem gesamten Wochenende.“pm/fn

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