Die diesjährige Jahrestagung des Landesverbandes Schleswig-Holstein des Hauptverbandes der Landwirtschaftlichen Buchstellen und Sachverständigen e. V. (HLBS) versammelte rund 50 Beraterinnen und Berater sowie Vertreter aus Verwaltung, Juristen und Fachverbänden in Rendsburg. Unter den Gästen befand sich auch Klaus-Peter Lucht vom Bauernverband Schleswig-Holstein.
Der Fachtagung vorgeschaltet war die ordentliche Mitgliederversammlung. Steuerberater Jasper Reiter wurde neu in den Vorstand gewählt, während Jörg Claußen in seinem Amt bestätigt wurde. Steuerberater Jörg Kähler schied auf eigenen Wunsch aus dem Gremium aus und wurde für seine langjährige Arbeit gewürdigt.
HLBS-Landesvorsitzender Dr. Hauke Schmidt betonte zur Eröffnung, dass landwirtschaftliche Unternehmen längst weit über die Urproduktion hinausgingen. „Unternehmerische Entscheidungen werden komplexer – in Energie, Steuern und Unternehmensstrukturen. Jeder Betrieb braucht eigene Lösungen.“ Im Mittelpunkt standen drei Themen, die die Branche aktuell besonders beschäftigen: der Netzausbau, die Wahl geeigneter Rechtsformen und die steuerlichen Möglichkeiten durch die Thesaurierungsbegünstigung.
Netzausbau in SH: Viel erreicht und noch viel vor
Till Klages, Gesamtprojektleiter der TenneT TSO GmbH, eröffnete seinen Vortrag mit einer positiven Bilanz: „Wir haben in Schleswig-Holstein schon viel erreicht!“ Die Westküstenleitung sei seit einigen Jahren in Betrieb, neue Ausspeisepunkte würden laufend errichtet, und der Netzausbau habe in den vergangenen drei bis vier Jahren nochmals deutlich an Fahrt gewonnen. Dazu gehören der Ausbau der Verbindung nach Niedersachsen und drei neue Querverbindungen, die das Netz robuster machen sollen. Eine der größten Herausforderungen bleibe jedoch der Ausbau der Umspannwerke – die „Grünen Steckdosen“ für Wirtschaft und Landwirtschaft.
Seit 2023 gingen bei TenneT über 500 Netzanschlussanfragen ein, davon rund 200 Großprojekte mit insgesamt 88 GW Anschlussleistung. Die stärkste Nachfrage komme von Batteriespeichern, gefolgt von Rechenzentren, Elektrolyseuren und Erneuerbare-Erzeugern. Dies verdeutlicht nicht nur die große Dynamik, sondern auch die knapper werdenden Kapazitäten in den Umspannwerken.
TenneT setzt weiterhin auf Einigung statt Konflikt. Frühzeitig ausgehandelte Verträge mit Eigentümern und Bewirtschaftern schaffen Planungssicherheit – etwa für Maststandorte, Überspannungen oder temporäre Baustraßen. Da große Leitungsprojekte im Schnitt sieben bis acht Jahre Bauzeit erfordern, empfahl Klages eine langfristige Einbindung der Landwirtschaft in regionale Planungsprozesse.
„Sich immer wieder
neu erfinden“
Ackerbauberater Gustav Alvermann machte Mut, die eigene Unternehmerrolle aktiv zu gestalten. Anpassung und Weiterentwicklung seien für landwirtschaftliche Betriebe ein Naturgesetz – allerdings immer im Rahmen eines klaren, neuen Modells. Die marktwirtschaftliche Praxis sei das „Entwicklungslabor“, in dem sich Ideen bewährten oder scheiterten.
Alvermann betonte die Bedeutung individueller Beratung: Jeder Betrieb habe andere Ausgangspunkte und Ziele. Sein Fazit: Aufhören sei keine Niederlage – und Weitermachen keine Pflicht. Entscheidend sei, den eigenen Weg zu kennen und offen für Veränderungen zu bleiben.
Unternehmensstrukturen im Wandel
Steuerberater Jasper Reiter, wetreu LBB Betriebs- und Steuerberatungsgesellschaft KG, zeigte, wie stark steigende Betriebsgrößen und neue Investitionsfelder die Wahl der Rechtsform beeinflussen. Seine Kernbotschaft: Die Struktur folgt dem Ziel des Unternehmers – nicht umgekehrt. Die Beratung müsse deshalb immer individuell sein und dürfe sich nicht an modische „YouTube-Holdingmodelle“ anlehnen.
Während Schleswig-Holstein weiterhin von kleineren Betrieben geprägt ist, steigt der Bedarf an Strukturierung – etwa durch Verbundbetriebe mit Energie-, vor- oder nachgelagerten Bereichen. Gründe für Umstrukturierungen sind Haftungsbegrenzung, klare Aufgabenverteilung, die Beteiligung externer Partner und steuerliche Optimierung.
Reiter skizzierte, dass eine GmbH oder Holding-GmbH neben der im Thesaurierungsfall mit rund 30 % zunächst relativ niedrigen Steuerbelastung Vorteile wie Haftungsabschirmung, Vermögenstrennung und die Möglichkeit bietet, Gewinne auf Ebene der Gesellschaft für künftige Investitionen gebunden zu lassen („reinvestitionsfähige Rücklagen“). Gleichzeitig steigt der organisatorische Aufwand. Wer sein Einzelunternehmen in eine GmbH einbringt, muss zudem siebenjährige Sperrfristen für die erhaltenen Anteile an der GmbH beachten und gegebenenfalls mit Grunderwerbsteuer rechnen. Reiters Fazit: Es gibt keine universelle Lösung – die Ziele des Betriebs geben die Richtung vor.
§ 34a EStG: Neue Spielräume für Landwirte
Steuerberater Mats-Ivar Jensen vom Landwirtschaftlichen Buchführungsverband stellte die ab dem Veranlagungszeitraum 2024 geänderte Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a Einkommensteuergesetzt (EStG) vor – eine Regelung, die es Einzelunternehmern und Gesellschaftern von Personengesellschaften ermöglicht, nicht entnommene Gewinne mit einem deutlich reduzierten Steuersatz zu versteuern. Ziel der Regelung ist es, Personengesellschaften im Fall der Thesaurierung eine mit Kapitalgesellschaften vergleichbare (niedrigere) Steuerbelastung zu ermöglichen.
Die Reform im Rahmen des Wachstumschancengesetzes 2024 macht die Begünstigung hinsichtlich der Steuerbelastung im Thesaurierungsfall deutlich attraktiver: Die Gewerbesteuer und die Entnahmen zur Zahlung der Thesaurierungsteuer führen nicht mehr zwingend zur Minderung des möglichen Thesaurierungsvolumens. Dadurch kann ein größerer Anteil des Gewinns zum niedrigeren Steuersatz von derzeit 28,25 % versteuert werden; bei späteren Überentnahmen fällt allerdings eine Nachversteuerung von 25 % an.
Für landwirtschaftliche Betriebe kann diese Regelung besonders interessant sein, weil größere Anschaffungen – etwa Landkäufe – häufig langfristig geplant werden und dafür ein stabiler Eigenkapitalaufbau entscheidend ist. Jensen betonte jedoch, dass die Begünstigung kein Selbstläufer sei: Sie lohne sich nur bei nachhaltig hohen Gewinnen, die im Unternehmen verbleiben, und bei einer klaren Entnahmepolitik.
Sein Fazit fiel eindeutig aus: „Für die Steuer gibt es keine Schablone.“ Die Anwendung des § 34a EStG müsse stets individuell zum Betrieb, zur Liquidität und zur langfristigen Strategie passen.
Fazit
Die HLBS-Jahrestagung 2025 machte deutlich, dass landwirtschaftliche Unternehmen sich zunehmend in einem komplexen Umfeld bewegen – zwischen Energieinfrastruktur, betriebswirtschaftlichen Strukturen und steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten. Eine Standardlösung gibt es nicht. Die richtige Entscheidung hängt jeweils vom Betrieb, seinem Eigentumsgefüge, seiner Liquidität und seinen langfristigen Zielen ab.
HLBS-Landesvorsitzender Dr. Hauke Schmidt fasste es im Schlusswort zusammen:
„Die Landwirtschaft ist heute ein hochprofessionelles Unternehmertum. Umso wichtiger sind fundierte Fachinformationen – wie sie diese Tagung bietet. Wir bleiben dran.“




